Schilf und Röhricht, welches er selbst auf der
Reise kaum verläßt, ist ungemein beweglich, singt angenehm und sehr fleißig,
nährt sich von
Insekten,
[* 2] nistet etwa 1 m über dem Wasserspiegel im Röhricht und legt Ende Mai oder im Juni 4-5 bläulich-
oder grünlichweiße, sehr dunkel gefleckte und punktierte
Eier
[* 3] (s. Tafel
»Eier I«),
welche von beiden
Geschlechtern ausgebrütet werden. In der Gefangenschaft
ist er meist hinfällig. Der dem vorigen sehr ähnliche, aber kleinere
Teichrohrsänger(A. arundinaceusBchst.) findet sich in
Europa,
[* 4] Westasien und Nordafrika, geht im
Winter bis zum
Kap, weilt bei
uns von April bis
August, lebt wie der vorige im Röhricht, aber auch in benachbartem Gebüsch und auf
Bäumen und nistet im Röhricht. Er ist weiter verbreitet als der vorige, dehnt sein Wohngebiet mehr und mehr aus und
nimmt auch an
Menge merklich zu. Die
Eier sind grünlich blauweiß, dunkel gefleckt (s. Tafel
»Eier I«).
Der Uferschilfsänger(A. phragmitisKaup.), 14
cm lang, 20
cm breit, oberseits fahlbräunlich,
Bürzel rostbräunlich,
auf
Mantel undSchultern dunkel gefleckt, Oberkopf schwarzbraun mit fahlbräunlich dunkel gestrichelten Längsstreifen, mit
gelbem Augenstreif, unterseits rostgelblich,
Kehle und
Bauch
[* 5] weißlich; das
Auge
[* 6] ist hellbraun, der
Schnabel oberseits schwarz,
der
Fuß grau. Er bewohnt in
Europa und Westasien mit hohem
Riedgras bewachsene
Ufer, weilt bei uns von April
bis
Oktober und
November, bewegt sich mäuseartig im
Ried und hält sich stets soviel wie möglich verborgen. Er nistet am
Boden
im
Gras und legt im Juni 4-6 schmutzig weiße, dunkelbraun gefleckte und punktierte
Eier, welche von beiden Eltern
ausgebrütet werden (s. Tafel
»Eier I«). Er ist schwer zu fangen, hält sich aber in der Gefangenschaft recht gut.
Unter dem Vorwand, sein
Regiment im Feldmanöver zu üben, verließ er mit demselben ohne Vorwissen des
KönigsBerlin und setzte sich gegen die
Elbe in
Marsch. Eine Anzahl
Offiziere und eine
Kompanie Fußjäger folgten ihm. Aber schon
vor
Wittenberg
[* 17] stieß das kleine
Korps auf einigen
Widerstand, und da die
Stimmung in
Sachsen
[* 18] für S. keineswegs günstig war,
so wandte er sich auf das linke
Ufer der
Elbe nach den anhaltischen
Landen. Bei
Dodendorf, unweit
Magdeburg,
[* 19] hatte S. 5. Mai das
erste
Gefecht mit einer Abteilung derMagdeburgerGarnison zu bestehen. Da der König Schills »unglaubliche
That« öffentlich mit den schärfsten
Ausdrücken mißbilligte, erhielt
dieser keinen Zuzug und mußte
vor der wachsenden Macht
der Feinde zurückweichen. Er wandte sich also durch die
Altmark nach
Mecklenburg,
[* 20] um nach
Rostock
[* 21] und
Wismar
[* 22] zu gelangen, wo
er von seiten derEngländer Unterstützung zu finden hoffte.
Von holländischen und dänischen
Truppen bedrängt, rettete sich S. nach
Stralsund,
[* 23] wo er in Eile die verfallenen Festungswerke
herzustellen suchte. Aber schon 31. Mai erschienen die vereinigten
Holländer und
Dänen 6000 Mann stark
vor der Stadt und drangen
unter einer heftigen
Kanonade, trotz tapferer Gegenwehr, in dieselbe ein.
In denStraßen entspann sich
ein blutiger
Kampf, in welchem S., nachdem
er den holländischen
General Cateret, obwohl selbst aus mehreren
Wunden blutend,
vom
Pferd
[* 24] gehauen, durch mehrere Flintenschüsse den
Tod fand.
JohannChristophFriedrich von, der populärste und gefeiertste deutsche Dichter, wurde zu
Marbach am
Neckar geboren. Er stammte von Handwerkern, auf väterlicher und mütterlicher Seite hatte er
Bäcker zu Vorfahren.
Der Urgroßvater
Johannes S. war von Großheppach im Remsthal nach dem bei der kleinen Staufenstadt
Waiblingen gelegenen Dorf
Bittenfeld gezogen; dort wohnte sein gleichnamiger Sohn als
Bäcker und
Schultheiß, dem 1723 ein Sohn,
JohannKaspar, geboren wurde, der
Vater des Dichters.
Früh verwaist, ward
JohannKaspar in die
Lehre
[* 30] zum Klosterbarbier von
Denkendorf gethan; noch
Jüngling, nahm er als
Feldscher
in bayrischen
Diensten am österreichischen
Erbfolgekrieg teil und ließ sich dann 1749, nach dem
Frieden
heimgekehrt, in
Marbach als Wundarzt nieder. Hier heiratete er im Juli d. J. die Tochter des
Bäckers und Löwenwirts Kodweis,
ElisabethDorothea. Schillers
Vater war ein ehrenfester, den gewesenen
Soldaten in
Haltung und Gebaren bekundender Mann, ein strenger
Anhänger des lutherischen Bekenntnisses, bei hausbackener Verstandesmäßigkeit nicht ohne tiefgemütliche
Charakterelemente. Die
Mutter war eine sanfte
Natur;
Demut und Pflichttreue, daneben innige
Religiosität und ein reger
Sinn für
das
Schöne in
Natur und
Poesie bildeten die Grundzüge ihres
Wesens. Die Dürftigkeit seines
Einkommens ließ den Chirurgus S.
1757, als ihm eben sein erstes
Kind, die Tochter Christophine, geboren war, wieder
Kriegsdienste nehmen
und als württembergischer
Fähnrich gegen
¶
mehr
den großen Preußenkönig nach Schlesien
[* 32] mitziehen. Während er, nach der Heimkehr 1759 zum Leutnant befördert, nahe bei
Kannstatt
[* 33] im Übungslager stand, gebar ihm seine Gattin im Haus ihrer Eltern zu Marbach den ältesten Sohn, unsern Dichter. Der
Militärdienst des Vaters führte die Familie während der nächsten Jahre an verschiedene Orte, endlich 1765 nach
Lorch, von wo aus der zum Rang eines Hauptmanns beförderte Schiller in der benachbarten Reichsstadt Gmünd
[* 34] das Werbegeschäft
zu treiben beauftragt war. In Lorch erhielt der Knabe bei dem Ortspfarrer Moser (dem ein Erinnerungszeichen in den »Räubern«
gilt) den ersten regelmäßigen Unterricht, ohne schon damals hervorragende Begabung zu zeigen. 1768 wurde
der Vater zur Garnison nach Ludwigsburg
[* 35] zurückberufen, zwei Jahre später übertrug ihm HerzogKarl die Aufsicht über die um
sein Lustschloß Solitüde gelegenen Baumpflanzungen und Gärten. S. blieb, seinen Schulkursus zu beendigen, in Ludwigsburg zurück,
wo er bei dem strengen MagisterJahnWohnung und Kost hatte, bis ihn der Herzog zu Anfang 1773 als Zögling
in seine mit einer Abteilung für künftige Zivildiener verbundene militärische Pflanzschule auf der Solitüde kommandierte.
S. hatte damals unter dem Einfluß der Mutter und der idyllischen Jugendumgebungen den Plan gefaßt, Theologie zu studieren,
und brachte, indem sein Eintritt in die Karlsschule das Aufgeben dieses Studiums bedingte und er sich zunächst
für die Jurisprudenz zu entscheiden hatte, in seiner Weise den Plänen des HerzogsKarl ein Opfer.
Doch wurde weder dieses Opfer allzu hart empfunden, noch darf verkannt werden, daß die HoheKarlsschule nach mehr als einer
Richtung hin für Schillers Gesamtausbildung segensreich wirkte. Daß der in beschränkten Verhältnissen
geborne Knabe eine freie Weltbildung erwarb, war wesentlich der halb militärischen, halb wissenschaftlichen Lieblingsanstalt
des HerzogsKarl zu danken. Die Einrichtung derselben und die persönliche Teilnahme des Herzogs an dieser eigentümlichen Schöpfung
führten der Phantasie des werdenden Poeten sehr bedeutende Eindrücke zu, das Erziehungssystem unterdrückte
jedenfalls keine wesentliche geistige Begabung und Regung. In einer Charakteristik, welche die Zöglinge einer vom andern
zu entwerfen hatten, ward neben Verstand, Bescheidenheit und Fleiß des Knaben seine Einbildungskraft und seine Neigung für Poesie
gerühmt, dagegen Mangel an Reinlichkeit vorgeworfen.
Den stärksten Einfluß auf Schillers Richtung und Bildung gewannen aber Plutarch und J. J. Rousseau. Am
erstern nährte er denZug
seiner Natur zur realistischen Charakteristik, am andern eine überschwengliche Naturbegeisterung, einen
ebenso ungestümen wie unbestimmten Freiheitsdrang. Die Karlsschule war 1775 von der Solitüde nach Stuttgart
[* 36] verlegt und bei
dieser Gelegenheit auch eine medizinische Fakultät an ihr errichtet worden. S. ging jetzt vom Rechtsstudium
zu dem der Medizin über; teils äußere Verhältnisse, teils ein gewisser Instinkt, daß der Arzt der Natur näher stehe als
der Rechtsgelehrte, entschieden diesen Berufswechsel.
Wahrhaft Ernst war es dem werdenden Dichter nur um seine Poesie. Seit 1776 erschienen im »SchwäbischenMagazin« einzelne Proben seiner Lyrik. 1777-78 begann die Ausarbeitung einer neuen Tragödie: »Die Räuber«, an deren Vollendung
ein Kreis
[* 37] jugendlicher Bewunderer (Scharffenstein, Kapf, Petersen u. a.) in atemloser SpannungAnteil nahm. Um den litterarischen
Bestrebungen freier huldigen zu können, ersehnte S. seine alsbaldige Entlassung aus der HohenKarlsschule.
Aber die 1779 eingereichte Abhandlung »Philosophie der Physiologie« erregte um ihres »zu vielen Feuers«
und ihrer exzentrischen Ausdrücke willen die Aufmerksamkeit des HerzogsKarl, der ein pädagogisches Experiment nach seiner Weise
beliebte und befahl, daß S. zur Abkühlung und Abdämpfung noch ein Jahr in der Akademie zu verweilen habe. Gewiß ist in
dieser Episode der erste Grund des spätern Mißverhältnisses Schillers zu seinem Fürsten, dem er bis dahin
eine vollkommen aufrichtige Dankbarkeit und Hingebung gewidmet hatte, zu suchen.
Während des erzwungenen Jahrs beendete S. eine Umarbeitung seiner »Räuber« und sah bei Gelegenheit des Besuchs, den HerzogKarlAugust und Goethe dem württembergischen Hof
[* 38] und der Karlsschule auf der Rückkehr von ihrer gemeinsamen
Schweizerreise Ende 1779 abstatteten, den nachmaligen großen Dichterfreund zum erstenmal. Im Dezember 1780 erlangte er endlich
auf Grund zweier Probeschriften, deren eine ein medizinisches, die andre ein naturphilosophisches Thema behandelte, die Entlassung
aus der Karlsschule. Er wurde zum Medikus ohne Portepee beim Grenadierregiment des GeneralsAugé mit 18 Guld.
Monatsgage ernannt und erfuhr damit, da HerzogKarl eine gute Versorgung in Aussicht gestellt hatte, eine neue schmerzliche
Enttäuschung.
Allerdings ließ ihm das schlecht besoldete Amt Muße genug zu litterarischen Studien und dichterischen Anläufen. Er übernahm
die Redaktion einer kleinen Zeitschrift und begann nach einem Verleger für die »Räuber« zu suchen, der
sich nicht finden wollte, so daß der Autor zuletzt, wie Goethe bei seinem »Götz«, zum Selbstverlag genötigt war. Von neuen
Dichtungen entstanden in dieser Zeit hauptsächlich die überschwenglichen Oden »An Laura«, zu denen eine Stuttgarter Hauptmannswitwe,
FrauVischer, den ersten Anlaß gegeben haben mag.
Eine gewisse Kraftgenialität, ein Streben nach dem Ungewöhnlichen und Packenden, noch ohne jede Läuterung des Geschmacks,
war inzwischen nicht nur den lyrischen Dichtungen Schillers in dieser Zeit eigentümlich, sondern durchhauchte auch das ganze
persönliche Leben und Treiben seines Kreises. Die Terminologie wie die geselligen Formen zeigten die Mischung
von wüster Renommage und blitzendem Geist, welche noch in einzelnen Szenen der »Räuber« erhalten ist.
Diese geniale Jugendtragödie Schillers erschien 1781. In ihr gipfelte der die Zeit erfüllende Entfesselungsdrang, der sich
in Leben und Dichtung gegen die sozialen und geistigen Schranken der Despotie, der Mode und der Heuchelei
empörte. Diese Opposition hatte in zahlreichen poetischen Erzeugnissen jener Tage bereits Ausdruck gefunden, als Schillers
dramatischer Erstling vor die Öffentlichkeit trat; aber während in den meisten Dichtungen gleicher Tendenz das Fratzenhafte,
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