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stauben etc. ein. Eine quantitative Analyse preußischen Schießpulvers ergab 74,49 Salpeter, 9,72 Schwefel, 15,79 Kohle (statt 74, 10, 16). Die zu prüfende Dichtigkeit des Schießpulvers bezieht sich auf die Ermittelung des kubischen und spezifischen Gewichts. Das erstere, in Litergemäßen ermittelt, beträgt für das deutsche grobkörnige Pulver 975 g, für das Gewehrpulver M/71: 915 g pro Liter. Zur Ermittelung des spezifischen Gewichts dient ein Dichtigkeitsmesser, ein ellipsoidales, an beiden Enden mit kurzen Röhrstücken, auf welche je ein Verschlußstück mit Hahn [* 2] und Dichtungsring aufgeschraubt ist, versehenes Glasbassin. Es wird luftleer gepumpt, mit Quecksilber gefüllt und gewogen, wieder entleert, mit dem abgewogenen Untersuchungspulver und Quecksilber in gleicher Weise gefüllt, und es läßt sich nun aus der Gewichtsdifferenz das verdrängte Volumen Quecksilber und spezifische Gewicht des Pulvers berechnen.
Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts prismatischen Pulvers hat Bode in Berlin [* 3] eine Wage [* 4] konstruiert [* 1] (Fig. 4). Das auf dem Metallring stehende Glasgefäß ist mit chemisch reinem Quecksilber gefüllt. Die drei Arme der über dasselbe gehängten Wagschale haben nahe ihrem Vereinigungspunkt je eine abwärts gerichtete Stahlspitze, außerdem im Mittelpunkt zwischen diesen Spitzen eine vierte, welche durch eine Schraube 2 mm höher gestellt wird als jene. Die drei Spitzen werden auf das auf dem Quecksilber schwimmende Pulverkorn gesetzt und dieses durch Auflegen von Gewichten auf die Wagschale so weit eingetaucht, daß die mittlere Spitze die Oberfläche des Quecksilbers berührt. Das Gewicht der verdrängten Quecksilbermasse ist dann gleich dem Gewicht des Pulverkorns plus dem der Wagschale mit Gewichten, woraus sich das spezifische Gewicht in bekannter Weise berechnen läßt. - Zur Prüfung der Kraftäußerung oder ballistischen Wirkung des Schießpulvers bedient man sich jetzt allgemein des Chronoskops (s. d.) von Le [* 5] Boulangé und zwar mit der Waffenart, für welche das Pulver bestimmt ist.
Die vielerlei bisher im Gebrauch befindlichen Vorrichtungen zum Probieren des Schießpulvers, als: der Probiermörser, die gezahnte Pulverprobe, die ballistischen Pendel [* 6] etc., stehen in ihren Leistungen auf dem überholten Standpunkt der glatten Waffen [* 7] und der frühern Pulverfabrikation, weshalb ihre Resultate für die gezogenen Waffen so gut wie wertlos sind. Über die Vorgänge bei der Verbrennung des Schießpulvers sind wertvolle Versuche von Noble und Abel geliefert worden.
Sie haben in stählernen Hohlkörpern von nahezu cylindrischer Form bis zu 1 kg S. verbrannt. An Zersetzungsprodukten entstehen bei der Verbrennung im abgeschlossenen Raum 57 Proz. feste und 43 Proz. gasförmige Körper (nach Bunsen und Schischkow 68, resp. 32 Proz.). Das Volumen der Gasmenge von 1 g S., auf 0° Wärme [* 8] und 760 mm Barometerstand reduziert, beträgt nach den ältern Versuchen 330,9, nach Bunsen 193,1, nach Noble und Abel 280 ccm. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme fanden Noble und Abel zu 2200° C. (Bunsen zu 3340° C.). Die größte Gasspannung bei der Verbrennung des Schießpulvers findet dann statt, wenn dasselbe den Raum, in welchem es zur Explosion gebracht wird, vollständig ausfüllt und dieser dabei keine Vergrößerung erfährt. Noble und Abel fanden den Maximalgasdruck zu 6400 Atmosphären, zu dessen Messung sie sich des von Noble konstruierten Gasdruckmessers (crusher gauge, [* 1] Fig. 5) bedienten, welcher nach englischen Versuchen zuverlässigere Resultate liefern soll als der Rodmansche.
Die Größe des Druckes wird aus der Stauchung eines Metallcylinders B, welcher am Geschoßboden und im Ladungsraum aus Kupfer, [* 9] nach der Mündung zu aus Blei [* 10] besteht und zwischen einem Stempel A und einen Amboß C ruht, ermittelt. Bunsen ermittelte den Gasdruck des Jagdpulvers zu 4373 Atmosphären, Rumford berechnete ihn (1797) auf 54,000 Atmosphären. Nach Violett entzündet sich S. bei rascher Temperaturerhöhung bei 270-320° C., nach Horsley bei 315°, nach Laygue und Champion Geschützpulver bei 295° C.
Um die mancherlei Übelstände des schwarzen Schießpulvers zu beseitigen, sind in neuerer Zeit unzählige Zusammensetzungen von Pulver für verschiedene Gebrauchszwecke empfohlen worden. Aus allem geht hervor, daß das bisherige S. der jetzigen verbesserten Fabrikation durch keine der vorgeschlagenen und versuchten Mischungen ersetzbar ist, wenn es sich um das Schießen [* 11] aus Feuerwaffen handelt; als Sprengpulver ist es dagegen meist vorteilhaft durch die zahlreichen Nitroverbindungen verdrängt worden.
Bennet bereitet Sprengpulver mit sehr festem Korn aus 65 Kalisalpeter, 10 Kohle, 10 Schwefel, 7 Kalk;
Neumeyer in Taucha aus 72 Salpeter, 18 Kohle, 10 Schwefelblumen, mit 40 Proz. Wasser gemengt, das sich gut bewährt haben soll;
Schäffer und Budenberg aus 30-38 Kalisalpeter, 40 Natronsalpeter, 8-12 Schwefel, 7-8 Holzkohle, 3-4 Steinkohle, 4-6 Seignettesalz;
Matteen aus 47 Natron-, 18 Kalisalpeter, 17 Schwefel, 12 Sägemehl, 6 kohlensaurem Natron.
Viele Vorschläge wollen statt Kohle Kleie, Lohe u. dgl. m. verwendet wissen. Augendres Weißpulver besteht aus 50 chlorsaurem Kali, 25 Blutlaugensalz, 25 weißem Zucker. [* 12] Unter den zum Schießen verwendeten Nitropräparaten hat das Schultzesche Pulver die meiste praktische Bedeutung nächst der Schießbaumwolle (s. d.) erlangt. Von allen Saftbestandteilen gereinigten Holzstoff [* 13] hat Schultze in einer Mischung von Salpetersäure und Schwefelsäure [* 14] und nach dem Auswaschen mit dünner Sodalösung und Trocknen mit einer Lösung von Kalisalpeter und Blutlaugensalz getränkt. Es wirkt sehr offensiv, gibt aber wenig und nicht übelriechenden Rauch und wurde daher bei Jagdgewehren und zur Zimmerfeuerwer-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 4. Bodesche Quecksilberwage.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 5. Nobles Gasdruckmesser.] ¶
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kerei benutzt. In neuester Zeit soll es verbessert worden sein und nun auch gleichmäßiger wirken. Das Uchatiussche Pulver besteht aus Kartoffelstärke, die mit 8 Teilen rauchender Salpetersäure und 16 Teilen Schwefelsäure übergossen, in Wasser gewaschen und dann getrocknet wurde. Auch das Pikratpulver von Designolle, dessen Hauptbestandteil pikrinsaures Kali neben etwa 10 Proz. Kalisalpeter ist, hat sich trotz vieler Versuche nicht zum Schießen geeignet herstellen lassen; dagegen wurde es zur Ladung der Torpedos [* 16] in Frankreich eingeführt. - Über die Erfindung des Schießpulvers ist nichts Sicheres bekannt.
Die Chinesen und Araber haben schon in den ältesten Zeiten Zündmischungen gekannt, auch zu Brandpfeilen verwendet. Marcus Gräcus, der zwischen dem 8. u. 12. Jahrh. lebte, gibt in seinem »Liber ignium ad comburendos hostes« genaue Anleitung zur Bereitung von Raketen [* 17] und Petarden aus Gemischen von Salpeter, Schwefel und Kohle. Das griechische Feuer, das durch Kallinikos nach Konstantinopel [* 18] kam, und die Zündmittel der Sarazenen, welche den Kreuzrittern so großen Schrecken einflößten, waren ähnliche Zündmischungen, meist mit Ballisten geworfen.
Die Araber sollen zuerst mit S. aus Kanonen geschossen haben. Bei der Belagerung von Baza 1323 durch den König von Granada [* 19] wurden Kanonen gebraucht. Albertus Magnus und Roger Bacon berichten ausführlich über das S. Wann das S. in Deutschland [* 20] bekannt wurde, ist nicht nachweisbar; sicher ist, daß 1340 in Augsburg, [* 21] 1344 in Spandau [* 22] und 1348 in Liegnitz [* 23] eine Pulverfabrik bestand. Über Berthold Schwarz als Erfinder des Schießpulvers s. Schwarz, Berthold.
Vgl. Rutzky, Theorie der Schießpräparate und innern Ballistik (Wien [* 24] 1870);
Upmann, Das S., dessen Geschichte etc. (Braunschw. 1874);