mehr
tel längs und quer gereifelt ist. Zwischen ihnen werden die Körner nach und nach immer kleiner gebrochen und fallen dann auf Siebe mit Rüttelbewegung. Das gekörnte S. trocknet man bis zu einem gewissen Feuchtigkeitsgrad, poliert es dann zur Vermehrung seiner Dauerhaftigkeit in einer hölzernen Trommel mit 3000-3600 Umdrehungen und trocknet es, auf Rahmen ausgebreitet, mittels erwärmter Luft von 72° vollständig. Sodann wird es im Staubhaus durch eine Welle mit Staubflügeln, an welchen man die etwa halb mit Pulver gefüllten Staubsäcke befestigt, ausgestaubt. Hierauf folgt das Sortieren nach Körnergrößen. In Spandau [* 2] verwendet man hierzu ein geneigtes Cylindersieb mit Achsendrehung, dessen Mantel am Füllende mit dem engen, am andern mit dem weiten Siebe bekleidet ist. Die so gewonnenen Pulversorten werden dann in den einzelnen Tagesablieferungen sowie eine Anzahl Tagesablieferungen unter sich vermengt, um ein möglichst gleichmäßiges Fabrikat zu erhalten.
Je feinkörniger und weniger dicht das S. ist, um so schneller brennt es ab, um so größer ist der momentan erzeugte Gasdruck, welcher bei großen Ladungen eine solche Höhe erreichen kann, daß die Waffe gefährdet wird. Man hat daher schon früh feineres Pulver für Gewehre und gröberes für Geschütze [* 3] angewandt. Da nun in gezogenen Geschützen das Geschoß [* 4] in seiner Bewegung einen gewissen Widerstand findet, so durfte man bei dem gewöhnlichen S. nur geringe Ladungsverhältnisse anwenden und erzielte dem entsprechend geringe Geschoßgeschwindigkeiten.
Als dann die Artillerie vor der Aufgabe stand, den Panzer zu besiegen, mußte man auf ein langsamer verbrennendes S. bedacht sein, welches mehr drückend als stoßend wirkte und dem Geschoß, solange es noch im Geschütz weilte, eine steigende Geschwindigkeit erteilte und somit auch eine Vergrößerung der Ladung gestattete, indem sich der Gasdruck nicht auf den hintern Teil des Rohrs konzentrierte, sondern sich auf das ganze Rohr verteilte. Es war also ein weniger »offensives« S. aus andern Bestandteilen oder das bisherige S. durch andre Anfertigung weniger offensiv herzustellen.
Man betrat den von den Amerikanern bereits eingeschlagenen Weg, welche bei Ausbruch des Sezessionskriegs den gemengten Pulversatz für Ladungen zu Kartuschen [* 5] und Patronen preßten, günstige Resultate aber erst erzielten, als sie diese Pulverkörper längs und quer durchbohrten. Der amerikanische Kapitän Rodman wurde durch seine Untersuchungen zu der Vermutung geführt, daß der Gasdruck grobkörnigen Pulvers in Geschützen geringer sei als der des feinkörnigen, woraus hervorgehen würde, daß man mit ersterm bei gleichem Gasdruck eine größere Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse erzielen könne, oder daß bei gleicher Leistung ersteres das Rohr weniger anstrenge als letzteres. Die Richtigkeit dieser Ansicht bewies Rodman 1860 durch seinen Gasdruckapparat, bei welchem ein Kolben D [* 1] (Fig. 2) ein Messer [* 6] C gegen die durch die Schraube A gehaltene Kupferplatte B preßt und in letzterer um so tiefere Kerben erzeugt, je stärker der Gasdruck im Rohr ist.
Rodmans
Versuche führten zur
Darstellung des ersten grobkörnigen Geschütz
pulvers, des
sogen.
Mammutpulvers,
dessen unregelmäßige
Körner 15,6-26
mm
Durchmesser haben. Die großen Zwischenräume und die ungleichmäßige
Lagerung dieses
Pulvers in den
Ladungen führten dann zum prismatischen
Pulver.
[* 1]
Fig. 3 zeigt ein solches
Korn, welches nach dem Vorgang Rußlands
als
»prismatisches
Pulver C/68« für die deutschen 15-26
cm Ringkanonen eingeführt ist. Das aus Geschütz
pulver
gepreßte
Korn mißt über
Eck 40, der
Kanal
[* 7] 4,5
mm, ist 24,8
mm
hoch und wiegt 40,5 g bei einem spezifischen
Gewicht von 1,66.
Bei der Vergrößerung der
Kaliber mußte aber ein noch langsamer verbrennendes
Pulver zur Verwendung kommen, und man führte
daher für die 28
cm und größern
Kanonen ein
Korn von 1,75 spez. Gew. und den äußern Abmessungen
des vorigen, aber mit nur einem
Kanal von 15
mm Weite als
»prismatisches
Pulver C/75« ein. Es wird mittels
Pressen hergestellt,
deren
Konstruktion von Wischnigratzki angegeben wurde.
Ein von den vereinigten rheinisch-westfälischen Pulverfabriken und der Aktiengesellschaft Rottweil-Hamburg 1882 hergestelltes braunes S. gibt als prismatisches Pulver bei schweren Geschützen sehr günstige Resultate. Es verbrennt langsamer und erzeugt also geringern Gasdruck als das schwarze Pulver, so daß durch Vergrößerung der Ladung wesentlich größere Anfangsgeschwindigkeit und Stoßkraft der Geschosse erzielt wurde. Das Pulver ist auch haltbarer, weniger gefährlich und verbrennt unter geringerer Rauchentwickelung.
Das deutsche
prismatische Pulver C/82 ist identisch mit dem braunen S. der
Fabrik
Rottweil-Hamburg, besteht aus 78
Salpeter, 19 brauner
Kohle und 3
Schwefel und hat das spez. Gew. 1,86-1,87.
Das deutsche Sprengladungspulver hat
Körner von 6-10
mm
Größe und gewährt große Sicherheit gegen die
Entzündung der Geschoßladung
im Geschütz
rohr. In
England benutzt man seit 1860 für die
Armstrong-Geschütze ein
Pulver von der Korngröße
von
Haselnüssen; später wurde das
Kieselpulver (pebble powder, kieselsteinähnlich) von 1,8 spez. Gew.
und neben diesem 1867 für größere
Kaliber das Cylinderpulver
(Pellet-Pulver) eingeführt, dessen
Körner 18
mm dick und 12
mm
hoch sind, 6,43 g wiegen und 1,65-1,7
spez. Gew. haben.
Mit den Fortschritten der Kalibergröße hat man auch eine entsprechende Vergrößerung des Pulverkorns eintreten lassen. Die Gewehre von kleinem Kaliber (8 mm etc.) fordern ein S., welches wenig Rückstand hinterläßt, möglichst wenig Rauch gibt und aus kleinstem Raum eine große Kraft [* 8] entwickelt. Man benutzte ein grobkörniges, sehr festes Pulver oder verdichtete die ganze Ladung über einen Dorn, mischte auch die Ladung aus verschieden schnell verbrennendem S. (Progressivladung). Andre benutzten ein Pikratpulver (Bruyère) oder Mischungen von Schießbaumwolle, S., Salpeter etc.; doch scheint bis jetzt (1888) die Frage noch nicht zu einem befriedigenden Abschluß gelangt zu sein.
Die Untersuchung des Schießpulvers bezieht sich auf 1) seine chemische Zusammensetzung, 2) seine Beschaffenheit und 3) seine ballistische Wirkung. Bei der Anfertigung tritt eine, wenn auch unbedeutende, Veränderung des Mischungsverhältnisses durch Ver-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Rodmans Gasdruckmesser.
Fig. 3. Prismatisches Pulverkorn.] ¶
mehr
stauben etc. ein. Eine quantitative Analyse preußischen Schießpulvers ergab 74,49 Salpeter, 9,72 Schwefel, 15,79 Kohle (statt 74, 10, 16). Die zu prüfende Dichtigkeit des Schießpulvers bezieht sich auf die Ermittelung des kubischen und spezifischen Gewichts. Das erstere, in Litergemäßen ermittelt, beträgt für das deutsche grobkörnige Pulver 975 g, für das Gewehrpulver M/71: 915 g pro Liter. Zur Ermittelung des spezifischen Gewichts dient ein Dichtigkeitsmesser, ein ellipsoidales, an beiden Enden mit kurzen Röhrstücken, auf welche je ein Verschlußstück mit Hahn [* 10] und Dichtungsring aufgeschraubt ist, versehenes Glasbassin. Es wird luftleer gepumpt, mit Quecksilber gefüllt und gewogen, wieder entleert, mit dem abgewogenen Untersuchungspulver und Quecksilber in gleicher Weise gefüllt, und es läßt sich nun aus der Gewichtsdifferenz das verdrängte Volumen Quecksilber und spezifische Gewicht des Pulvers berechnen.
Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts prismatischen Pulvers hat Bode in Berlin [* 11] eine Wage [* 12] konstruiert [* 9] (Fig. 4). Das auf dem Metallring stehende Glasgefäß ist mit chemisch reinem Quecksilber gefüllt. Die drei Arme der über dasselbe gehängten Wagschale haben nahe ihrem Vereinigungspunkt je eine abwärts gerichtete Stahlspitze, außerdem im Mittelpunkt zwischen diesen Spitzen eine vierte, welche durch eine Schraube 2 mm höher gestellt wird als jene. Die drei Spitzen werden auf das auf dem Quecksilber schwimmende Pulverkorn gesetzt und dieses durch Auflegen von Gewichten auf die Wagschale so weit eingetaucht, daß die mittlere Spitze die Oberfläche des Quecksilbers berührt. Das Gewicht der verdrängten Quecksilbermasse ist dann gleich dem Gewicht des Pulverkorns plus dem der Wagschale mit Gewichten, woraus sich das spezifische Gewicht in bekannter Weise berechnen läßt. - Zur Prüfung der Kraftäußerung oder ballistischen Wirkung des Schießpulvers bedient man sich jetzt allgemein des Chronoskops (s. d.) von Le [* 13] Boulangé und zwar mit der Waffenart, für welche das Pulver bestimmt ist.
Die vielerlei bisher im Gebrauch befindlichen Vorrichtungen zum Probieren des Schießpulvers, als: der Probiermörser, die gezahnte Pulverprobe, die ballistischen Pendel [* 14] etc., stehen in ihren Leistungen auf dem überholten Standpunkt der glatten Waffen [* 15] und der frühern Pulverfabrikation, weshalb ihre Resultate für die gezogenen Waffen so gut wie wertlos sind. Über die Vorgänge bei der Verbrennung des Schießpulvers sind wertvolle Versuche von Noble und Abel geliefert worden.
Sie haben in stählernen Hohlkörpern von nahezu cylindrischer Form bis zu 1 kg S. verbrannt. An Zersetzungsprodukten entstehen bei der Verbrennung im abgeschlossenen Raum 57 Proz. feste und 43 Proz. gasförmige Körper (nach Bunsen und Schischkow 68, resp. 32 Proz.). Das Volumen der Gasmenge von 1 g S., auf 0° Wärme [* 16] und 760 mm Barometerstand reduziert, beträgt nach den ältern Versuchen 330,9, nach Bunsen 193,1, nach Noble und Abel 280 ccm. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme fanden Noble und Abel zu 2200° C. (Bunsen zu 3340° C.). Die größte Gasspannung bei der Verbrennung des Schießpulvers findet dann statt, wenn dasselbe den Raum, in welchem es zur Explosion gebracht wird, vollständig ausfüllt und dieser dabei keine Vergrößerung erfährt. Noble und Abel fanden den Maximalgasdruck zu 6400 Atmosphären, zu dessen Messung sie sich des von Noble konstruierten Gasdruckmessers (crusher gauge, [* 9] Fig. 5) bedienten, welcher nach englischen Versuchen zuverlässigere Resultate liefern soll als der Rodmansche.
Die Größe des Druckes wird aus der Stauchung eines Metallcylinders B, welcher am Geschoßboden und im
Ladungsraum aus Kupfer,
[* 17] nach der Mündung zu aus Blei
[* 18] besteht und zwischen einem Stempel A und einen Amboß C ruht, ermittelt.
Bunsen ermittelte den Gasdruck des Jagdpulvers zu 4373 Atmosphären, Rumford berechnete ihn (1797) auf 54,000
Atmosphären. Nach Violett entzündet sich S. bei rascher Temperaturerhöhung bei 270-320° C., nach Horsley bei 315°, nach
Laygue und Champion Geschütz
pulver bei 295° C.
Um die mancherlei Übelstände des schwarzen Schießpulvers zu beseitigen, sind in neuerer Zeit unzählige Zusammensetzungen von Pulver für verschiedene Gebrauchszwecke empfohlen worden. Aus allem geht hervor, daß das bisherige S. der jetzigen verbesserten Fabrikation durch keine der vorgeschlagenen und versuchten Mischungen ersetzbar ist, wenn es sich um das Schießen [* 19] aus Feuerwaffen handelt; als Sprengpulver ist es dagegen meist vorteilhaft durch die zahlreichen Nitroverbindungen verdrängt worden.
Bennet bereitet Sprengpulver mit sehr festem Korn aus 65 Kalisalpeter, 10 Kohle, 10 Schwefel, 7 Kalk;
Neumeyer in Taucha aus 72 Salpeter, 18 Kohle, 10 Schwefelblumen, mit 40 Proz. Wasser gemengt, das sich gut bewährt haben soll;
Schäffer und Budenberg aus 30-38 Kalisalpeter, 40 Natronsalpeter, 8-12 Schwefel, 7-8 Holzkohle, 3-4 Steinkohle, 4-6 Seignettesalz;
Matteen aus 47 Natron-, 18 Kalisalpeter, 17 Schwefel, 12 Sägemehl, 6 kohlensaurem Natron.
Viele Vorschläge wollen statt Kohle Kleie, Lohe u. dgl. m. verwendet wissen. Augendres Weißpulver besteht aus 50 chlorsaurem Kali, 25 Blutlaugensalz, 25 weißem Zucker. [* 20] Unter den zum Schießen verwendeten Nitropräparaten hat das Schultzesche Pulver die meiste praktische Bedeutung nächst der Schießbaumwolle (s. d.) erlangt. Von allen Saftbestandteilen gereinigten Holzstoff [* 21] hat Schultze in einer Mischung von Salpetersäure und Schwefelsäure [* 22] und nach dem Auswaschen mit dünner Sodalösung und Trocknen mit einer Lösung von Kalisalpeter und Blutlaugensalz getränkt. Es wirkt sehr offensiv, gibt aber wenig und nicht übelriechenden Rauch und wurde daher bei Jagdgewehren und zur Zimmerfeuerwer-
[* 9] ^[Abb.: Fig. 4. Bodesche Quecksilberwage.]
[* 9] ^[Abb.: Fig. 5. Nobles Gasdruckmesser.] ¶