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schenräumen unterbricht. Dieser Luftstrom dringt aus dem Rohr pp der Zungenpfeife [* 1] (Fig. 16), welche mit ihrem Fuß auf ein Gebläse [* 2] aufgesetzt ist, in die Messingrinne rr (Kanile), deren Schlitz von der vibrierenden Zunge l abwechselnd geöffnet und geschlossen wird, u. entweicht durch die Öffnung v ins Freie. Durch den Holzpfropfen ss, mit welchem das Zungenwerk auf das Rohr der Pfeife aufgesetzt ist, ist der Stimmdraht d gesteckt, durch dessen Niederdrücken oder Aufziehen man die Zunge höher oder tiefer stimmen kann.
Zur Verstärkung [* 3] und Abänderung des Tons kann auf die Öffnung v ein kegelförmiger Schalltrichter aufgesetzt werden, welcher, wenn er nur kurz ist, auf die Schwingungszahl der Zunge keinen Einfluß übt, bei hinreichender Länge aber dieselbe wesentlich abändert. Die Zunge ist nämlich weder so starr wie eine Stimmgabel, noch so nachgiebig wie der vibrierende Luftstrom, der eine gewöhnliche Pfeife zum Tönen bringt. Daher wird erst, wenn das Ansatzrohr genügend lang ist, die in demselben sich ausbildende stehende Wellenbewegung [* 4] die Zunge zwingen, sich ihr anzubequemen.
Eine andere Art von Zungenwerken sind die membranösen Zungenpfeifen oder Lippenpfeifen; sie werden durch zwei häutige elastische Platten oder Lippen (z. B. von Kautschuk) gebildet, welche einen schmalen, zwischen ihnen befindlichen Spalt durch ihre Schwingungen abwechselnd öffnen und schließen und so den aus dem Spalte dringenden Luftstrom unterbrechen. Durch stärkere Spannung der Lippen wird die Tonhöhe gesteigert. Das menschliche Stimmorgan ist nichts andres als eine Lippenpfeife, in der die Stimmritze die Rolle des Spalts, die Stimmbänder die Rolle der Lippen spielen.
Zusammenwirken der Töne.
Wird von zwei nebeneinander aufgespannten gleich gestimmten Saiten die eine angeschlagen, so gerät auch die andre in Bewegung; sie bleibt dagegen in Ruhe, wenn sie in ihrer Stimmung von jener auch nur wenig abweicht. Man nennt dieses Mittönen eines Körpers beim Erklingen des ihm eigentümlichen Tons Resonanz. Ein Beispiel von Resonanz ist auch das bereits besprochene Mitklingen einer Luftsäule mit einer Stimmgabel, welche denselben Ton gibt, den jene beim Anblasen geben würde. Die Töne der Saiten werden erst dann kräftig hörbar, wenn letztere über einen hölzernen Resonanzboden [* 1] (Fig. 12) ausgespannt sind, dessen Fasern durch ihr Mitklingen den Ton der Saiten verstärken. Der Wert eines Saiteninstruments ist wesentlich durch die Güte seines Resonanzbodens bedingt.
Ein Stäbchen von rechteckigem Querschnitt, welches am einen Ende A befestigt ist [* 1] (Fig. 17), kann sowohl in der Richtung ab als in der dazu senkrechten Richtung cd in Schwingungen versetzt werden, deren Schwingungszahlen sich verhalten wie die Dimensionen des Querschnitts in den betreffenden Richtungen. Durch einen schiefen Stoß werden beide Schwingungsarten gleichzeitig wachgerufen, und das freie Stabende beschreibt eine krumme Linie (Lissajous' Schwingungsfiguren, [* 1] Fig. 18), deren Gestalt von dem Verhältnis der Schwingungszahlen abhängig ist, und welche sehr schön beobachtet werden kann, wenn das Stäbchen oben ein glänzendes Knöpfchen trägt (Wheatstones Kaleidophon). Nach Lissajous' optischer Methode [* 1] (Fig. 19) können diese Figuren mittels eines Lichtstrahls auf einem Schirm entworfen werden.
Zwei Stimmgabeln R und S, von welchen jene vertikal, diese horizontal aufgestellt ist, tragen bei C und B kleine Spiegel. [* 5] Der von der Lampe [* 6] A kommende Lichtstrahl AB wird von B nach C, von C auf einen Schirm bei D geworfen und zeichnet hier, wenn beide Gabeln in Ruhe sind, einen Lichtpunkt. Schwingt die Gabel R allein, so erscheint statt des Lichtpunkts ein vertikaler, dagegen, wenn S allein schwingt, ein horizontaler Lichtstreifen; schwingen aber beide Stimmgabeln gleichzeitig, so erblickt man eine Lichtkurve, aus deren Gestalt auf das Schwingungsverhältnis der beiden Stimmgabeln geschlossen werden kann. Auf dasselbe Prinzip gründet sich das Vibrationsmikroskop von Lissajous [* 1] (Fig. 20). Es besteht aus einer Stimmgabel BG, deren eine Zinke das Objektiv L eines Mikroskops M, die andre ein Gegengewicht trägt. Blickt man durch das am Gestell des Apparats befestigte Mikroskoprohr, so sieht man, wenn die Stimmgabel schwingt, einen hellen
[* 1] ^[Abb.: Fig. 16. Zungenpfeife.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 17. Zusammengesetzte Schwingungen eines Stäbchens.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 18. Lissajous' Schwingungsfiguren.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 19. Lissajous' optische Methode der Vergleichung von Stimmgabeln.] ¶
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Punkt in eine vertikale Linie verwandelt. Befindet sich dieser helle Punkt, etwa ein Stärkemehlkörnchen, auf einem Körper, welcher selbst in einer zur Bewegung der Stimmgabel senkrechten Richtung schwingt, z. B. auf einer vertikal aufgespannten Saite, so erblickt man die aus beiden Bewegungen resultierende Schwingungsfigur, welche auf das Schwingungsgesetz des zu untersuchenden Körpers zu schließen gestattet. Die Stimmgabel wird in Bewegung erhalten durch die Thätigkeit eines Elektromagnets E E, um welchen ein elektrischer Strom kreist, der durch eine Stimmgabel, welche mit der des Vibrationsmikroskops gleiche Schwingungsdauer hat, bei jeder Schwingung [* 8] unterbrochen wird. - Um die Schwingungen einer Stimmgabel graphisch darzustellen, versieht man eine ihrer Zinken mit einer Spitze [* 7] (Fig. 21 r) aus dünnem Messingblech und führt diese Spitze, während die Stimmgabel schwingt, über eine berußte Glasplatte, oder man dreht einen berußten Cylinder (T T), welcher sich während der Drehung vermöge des Schraubengewindes Ab in der Richtung seiner Achse langsam verschiebt, vor der fest aufgestellten Stimmgabel. Die Schreibspitze zeichnet eine Wellenlinie [* 7] (Fig. 22) in den Ruß, welche der treue Ausdruck für das Bewegungsgesetz der Stimmgabel ist.
Dieser Phonautograph gestattet, die Schwingungszahl einer Stimmgabel genau zu bestimmen;
man führt nämlich von dem Gestell des Cylinders und vom Fuß der Gabel Drähte nach einem Induktionsapparat und schaltet in diese Leitung ein Sekundenpendel derart ein, daß es bei jeder Schwingung den elektrischen Strom auf einen Augenblick schließt;
in diesem Moment springt von der Schreibspitze ein Fünkchen auf den Cylinder über und hinterläßt auf der gezeichneten Kurve eine Marke [* 7] (Fig. 22 a, b, c);
man kann nun leicht zählen, wieviel Schwingungen die Stimmgabel während einer Sekunde gemacht hat. Um auch Luftwellen mittels des Phonautographen aufzuzeichnen, wird statt der Stimmgabel ein paraboloidisch geformter Schalltrichter vor dem berußten Cylinder aufgestellt, dessen verengertes Ende mit einer elastischen Membran überzogen ist, die ein leichtes, die Rußfläche sanft berührendes Schreibstielchen trägt (Phonautograph von Scott und König). - Zwei Schallwellen von gleicher Tonhöhe und gleicher Stärke [* 9] können sich durch Interferenz gegenseitig aufheben, d. h. Stille erzeugen, wenn sie mit einem Gangunterschied von einer halben Wellenlänge zusammentreffen.
Dies beobachtet man z. B. bei zwei gleichgestimmten, nebeneinander auf denselben Windkasten gesetzten offenen Pfeifen; die Luftbewegung in denselben regelt sich alsdann so, daß, wenn in dem Schwingungsknoten der einen eine Verdichtung eintritt, gleichzeitig in dem der andern eine Verdünnung stattfindet; ein etwas entferntes Ohr [* 10] empfängt daher gleichzeitig eine Verdichtungs- und eine Verdünnungswelle und vernimmt den Grundton der Pfeifen nicht, wohl aber die Obertöne, [* 11] für welche ein solcher Gegensatz der Bewegungen nicht stattfindet.
[* 7] Fig. 23 stellt einen Interferenzapparat dar, welcher dazu bestimmt ist, den Ton einer Stimmgabel auszulöschen;
zwei gabelförmige Glasröhrenstücke o b a c und n e d f sind einerseits durch einen kurzen (a d), anderseits durch einen längern Kautschukschlauch f q p c miteinander verbunden;
wird das Ende o des Apparats in das Ohr eingesetzt, so hört man eine vor das offene Ende des Kautschukschlauchs n r s gebrachte Stimmgabel nicht, wenn das Schlauchstück f q p c gleich einer halben Wellenlänge des Stimmgabeltons ist;
man hört dagegen den Ton, wenn man dieses Stück mit den Fingern zudrückt. - Treffen zwei Töne zusammen, deren Schwingungszahlen nur wenig voneinander abweichen, so vernimmt man periodisch abwechselnde Anschwellungen, Senkungen der Tonstärke, welche Schwebungen [* 12] oder Stöße genannt werden.
Klingen z. B. zwei Stimmgabeln zusammen, deren eine 440, die andre 436 Schwingungen pro Sekunde macht, und befinden sich in einem Augenblick ihre Bewegungen derart in Übereinstimmung, daß beide gleichzeitig eine Verdichtungswelle ins Ohr senden, so empfängt dieses einen verstärkten Eindruck. Dasselbe wiederholt sich nach je ¼ Sekunde, da in dieser Zeit die erste Gabel 110, die zweite 109 ganze Schwingungen vollendet; nach 1/8 Sekunde hat jene 55, diese nur 54½ Schwingungen gemacht; letztere ist also um eine halbe Schwingung gegen erstere zurückgeblieben und
[* 7] ^[Abb.: Fig. 20. Vibrationsmikroskop.
Fig. 21. Phonautograph.
Fig. 22. Wellenlinie, von einer Stimmgabel gezeichnet.
Fig. 23. Interferenzapparat.] ¶