Girolamo, berühmter ital.
Reformator, geb. zu
Ferrara,
[* 2] Sprössling einer angesehenen
Familie
in
Padua.
[* 3]
ErnstenGemüts, wurde er schon früh von dem eitlen
Treiben der
Welt abgestoßen und zu düsterer
Andacht hingetrieben,
welche, durch verschmähte
Liebe gesteigert, ihn veranlaßte, zu
Bologna in ein Dominikanerkloster
zu treten. Seine eifrigen
Studien belehrten ihn hier über die
Schäden der
Kirche und veranlaßten ihn zu einem Gedicht: »Über
den
Ruin der
Kirche«.
Erst mit dem Erscheinen der
Franzosen in
Italien
[* 5] und der Vertreibung der
Medici (1494) aber begann seine
großartige politische Wirksamkeit.
Geistliches und Weltliches verknüpfend, gedachte er
Staat und
Kirche zu einem theokratisch-republikanischen,
auf
Volkssouveränität sich gründenden Gemeinwesen zusammenzuschmelzen. Seine Anhänger, welche in ihm einen
Propheten verehrten,
erhielten wegen ihrer asketischen Lebensweise den Beinamen der »Mönchischen«
(frateschi) oder der »Heuler« (piagnoni),
während ihre aristokratischen Gegner die »Wütenden«
(arrabbiati) hießen, unter welchen besonders die jüngern, die sogen. »schlechten
Gesellen« (compagnacci), S. bitter haßten. Nicht minder ward dieser von den
Klerikern angefeindet. Unter seinem Einfluß erließen
die Behörden von
FlorenzGesetze zum Behuf der Bestrafung auffälliger
Laster und zur
Hebung
[* 6] der
Zucht und
Sitte:
Karten- und Würfelspiele
wurden verboten, Buhldirnen verjagt, anstößige Gemälde, musikalische
Instrumente, insbesondere auch
Exemplare des
Boccaccio
etc. am Karnevalstag unter Absingung von
Psalmen verbrannt
(»Auto da
Fé derEitelkeiten«) etc. Aber bald gab der
Wechsel der
obrigkeitlichen
Ämter den Feinden Savonarolas die öffentliche
Gewalt in die
Hände, und die
Gesellschaft der Compagnacci machte
nun einen
Anschlag, ihn am Himmelfahrtstag 1497 auf der
Kanzel zu ermorden; S. ward jedoch in dem dadurch veranlassten
Tumult
durch die Entschlossenheit einiger
Freunde gerettet.
Die
Signoria aber nahm von diesem
VorfallAnlaß, ihm das fernere Predigen zu verbieten, und der
PapstAlexander VI., den er schonungslos
angegriffen, der ihn aber anfangs für sich zu gewinnen versucht hatte, sprach 12. MaiBann über ihn aus.
S. beschäftigte sich nun mit Abfassung seiner
Schrift
»Triumph des
Kreuzes«.
Schon im
Februar 1498 aber betrat er wieder die
Kanzel, um schonungsloser als je die Verderbtheit der römischen
Kirche anzugreifen, und forderte in
Briefen
an die
Könige ein freies
Konzil.
Auch unter den
Mönchen, namentlich unter den
Franziskanern von der strengen
Observanz, hatte er sich viele Feinde gemacht.
Als nun einMönch seines
Klosters,
Fra Domenico, zum
Beweis, daß die
Lehren
[* 7] und Prophezeiungen seines
Meisters wahr seien, durch
das
Feuer zu gehen sich erbot, wenn einer von der Gegenpartei deren
Recht durch dieselbe Probe
zu erhärten
bereit sei, nahm ein Franziskanermönch die
Herausforderung an; doch kam das
Gottesurteil nicht zur Ausführung, weil Domenico
eine
Hostie mit sich ins
Feuer nehmen wollte.
Das
Volk, welches in der Erwartung, es werde zu Savonarolas gunsten ein
Wunder geschehen, in
Masse zusammengeströmt
war, fing jetzt an, an seiner göttlichen Sendung, zu zweifeln, und dadurch bekamen die Compagnacci die Oberhand. Am ward
das
KlosterSan Marco erstürmt, S. gefesselt nach dem
Palast der
Signoria geführt und vor ein
Gericht gestellt, welches aus
lauter entschiedenen Widersachern des Angeklagten bestand. Um Geständnisse zu erpressen, wandte man
die
Folter gegen ihn an. Aber selbst durch so schmähliches
Verfahren ergab sich kein hinreichender
Grund zu Savonarolas Verdammung.
Der
Papst indes, dem die
Akten mitgeteilt wurden, verurteilte ihn als
Ketzer, Schismatiker, Kirchenstörer und Volksverführer.
Darauf ward er 23. Mai mit seinen Genossen Domenico da
Pescia und
Sylvester Maruffi erst gehenkt und dann
verbrannt. 1875 wurde ihm in
Ferrara eine Marmorstatue errichtet. Eine Sammlung seiner Werke, vornehmlich solcher von philosophischem
und asketischem
Inhalt, erschien
Lyon
[* 8] 1633-40, 6 Bde.; 1846, 4 Bde.;
seine »Erwecklichen
Schriften« übersetzte
Rapp (Stuttg. 1839).
Vgl. außer den ältern
Biographien von
Rudelbach (Hamb. 1835) und F. K.
Meier (Berl. 1836) besonders
Villari, La storia di G.
S.
e de' suoi tempi (2. Aufl.,
Flor. 1887, 2 Bde.;
deutsch, Leipz. 1868, 2 Bde.);
Die Savoyarden, ein armes, aber ehrliches, genügsames und fleißiges
Volk, sprechen ein französisches
Patois, unter das italienische
Wörter gemischt sind, und gehören der römisch-katholischen
Kirche an. Da sie im Land keinen ausreichenden
Unterhalt finden, so wandern sie massenweise in andre
Länder oder nach dem innern
Frankreich, besonders nach
Paris,
[* 13] um in niedern
Diensten, als Schornsteinfeger, Schuhputzer etc., sich einiges
Geld zu erwerben, womit sie dann in die
Heimat, an der sie sehr
hängen, zurückzukehren pflegen. Das ehemalige sardinische Herzogtum S. bildet gegenwärtig die beiden
französischen
DepartementsObersavoyen und S.
berühmte Thal
[* 17] von Chamonix), außer dem Genfer See, von welchem 190 qkm hierher gehören, noch den See von Annecy sowie zahlreiche
Mineralquellen und wird vom Rhône (Grenzfluß im W. gegen das DepartementAin), der Arve, Drance und mehreren andern Nebenflüssen
desselben bewässert. Dampfschiffahrt findet auf dem Genfer und dem Annecysee statt. Die Bevölkerung
[* 18] belief
sich 1886 auf 275,018 Einw. Von der nur zum kleinern Teil produktiven Bodenfläche kommen 13,216
Hektar auf Acker- und Gartenland, 44,448 auf künstliche, 34,791 auf natürliche Wiesen, 110,084 auf Waldungen, 8582 Hektar auf
Weinland.
Das Departement S. umfaßt den südlichen Teil des Landes, grenzt im N. an das DepartementObersavoyen, im O. und Süden an die
italienische ProvinzTurin und das DepartementOberalpen, im W. an die DepartementsIsère und Ain und umfaßt 5759 qkm
(104,57 QM.). Es ist ein hochalpines Land und enthält als Hauptfluß
die Isère, welche hier viele kleine Nebenflüsse aufnimmt. Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 267,428 Einw. (1861: 275,039).
Der Boden ist zum Ackerbau wenig geeignet, nur ein Drittel ist anbaufähig.
Von der Gesamtfläche kommen 90,028 Hektar auf Acker- und Gartenland, 65,033 auf künstliche Wiesen, 55,482 auf natürliche
Wiesen, 122,615 auf Waldungen, 9912 Hektar auf Weinland. Die wichtigsten Bodenprodukte sind außer Getreide
[* 28] (ca. 1 Mill. hl): Kartoffeln,
Tabak, Hanf, Kastanien und Wein (ca. 140,000 hl). Bei dem ausgedehnten Weideland ist die Viehzucht, namentlich
auf Rinder
[* 29] und Schafe
[* 30] (1882 von erstern 140,375, von letztern 89,533 Stück), sehr lohnend, auch die Seidenkultur ist nennenswert.
S. (Sapaudia) wird schon im 4. Jahrh. v. Chr., als von Allobrogern bewohnt, erwähnt. 122 unterwarfen es die
Römer
[* 33] und vereinigten es mit Gallia, von dem es später die ProvinzAlpes Graiae et Poeninae bildete. 437 n. Chr.
wurde es von den Burgundern besetzt, gelangte mit dem Untergang des burgundischen Reichs an das Frankenreich und wurde 880 dem
arelatischen Reich (s. Burgund) einverleibt, mit dem es 1032 endlich an Deutschland
[* 34] kam. Seit 880 ward es durch Grafen als Vasallen
des Reichs verwaltet.
Als der mächtigste in dieser Zeit wird
der Markgraf von Susa genannt, dessen Linie jedoch schon 1036 erlosch.
Seine Macht vererbte sich auf die Grafen von Maurienne, welche als Stammväter der Herzöge von S. angesehen werden. Der erste
bekannte derselben, Humbert I., mit den weißen Händen, der durch seinen Vater, den Sachsen
[* 35] Bertold, von
Widukind abstammen, nach andern ein Sohn Irmengards, der zweiten Gemahlin König Rudolfs III. von Burgund, aus erster Ehe gewesen
sein soll, ward von Rudolf III. 1016 zum Statthalter ernannt und von KaiserKonrad II. 1034 mit Chablais und andern Besitzungen
belehnt.
Sein zweiter Sohn, Oddo, erwarb durch seine Vermählung mit Adelheid, einer Tochter Maginfrieds, Susa, Aosta
und Turin; sein Sohn Amadeus II. (gest. 1080), der Bruder der KaiserinBertha, erhielt für seinen Beistand bei dem ZugHeinrichs IV.
nach Canossa 1076 von diesem reichen Lohn. Sein Sohn Humbert II. unterwarf sich 1097 die Herrschaft Tarantaise. Unter Amadeus
III., Humberts Sohn, wurden dessen Besitzungen 1111 von Heinrich V. zur Reichsgrafschaft erhoben; er war der erste, welcher
neben seinem Titel eines Markgrafen von Turin auch noch den eines Grafen von S. führte.