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des leichtern Ansehens wegen in drei Streifen zerlegt ist, und eine bis auf das Kapitäl ähnliche S., deren Schaft mit 24 Kannelüren versehen ist, und deren Fuß meist der attischen Basis gleicht, jedoch noch eine quadratische Unterlagsplatte hat. Das Kapitäl bildet einen zwei- oder dreifachen Blattkelch und behält die ionischen Voluten nur als vier rankenartige Auswüchse des letztern unter den Ecken der quadratischen, an den Seiten etwas eingeschweiften Platte bei.
Eins der zierlichsten und reichsten korinthischen Kapitäler zeigt das Monument des Lysikrates [* 1] (Fig. 7 u. 7a; Tafel »Baukunst [* 2] IV«, [* 1] Fig. 8 u. 9), welches unten einen einfachen Kranz glatter, fleischiger, oben einen zweiten Kranz gerippter und gezahnter Akanthusblätter besitzt, woraus außer den rankenartigen Voluten noch mehrere spiralförmige Ranken hervorwachsen, um in der Mitte eine Palmette [* 3] aufzunehmen. Eine einfachere Form zeigt das unter den Trümmern des Apollotempels bei Milet gefundene Kapitäl, dessen einziger Blattkelch aus Akanthusblättern, woraus vier rankenartige Voluten hervorwachsen, gebildet ist und unten mit einer Perlschnur an den Säulenschaft geheftet erscheint.
Einfacher noch sind die Kapitäler vom Turm [* 4] der Winde [* 5] in Athen [* 6] (s. Tafel »Baukunst IV«, [* 7] Fig. 10), bei welchen die Rankenvoluten fehlen und aus einem Kelch von Akanthusblättern unten ein zweiter Kelch lanzettförmiger Blätter emporwächst, deren Spitzen unter der Kapitälplatte, gleichsam von der Last des darauf ruhenden Gebälks beschwert, leicht so übergeneigt sind, daß hierdurch die sonst von den Voluten bewirkte Vermittelung zwischen Wagerecht und Senkrecht (Last und Stütze) vollzogen wird.
Die S. ist noch schlanker als die ionische und hat, z. B. bei dem Monument des Lysikrates, die etwa zehnfache Höhe des untern Durchmessers, während das Verhältnis der Gebälk- zur Säulenhöhe etwa 1:4,5 beträgt. Wenn die korinthische Ordnung (das Kapitäl ausgenommen) auch keine eigenartige Ausbildung zeigt, so sind doch die vermehrte Leichtigkeit ihrer Verhältnisse, ihre reichere Ausstattung und die größere Mannigfaltigkeit ihrer Einzelformen für die Folgezeit, zunächst für die römische Baukunst, von hoher Bedeutung geworden.
Die römische Säulenordnung [* 8] schließt sich den griechischen Säulenordnungen, insbesondere, wie [* 1] Fig. 8 zeigt, der griechisch-korinthischen, mehr oder minder eng an. Die römisch-dorische Säulenordnung, unrichtig die toscanische genannt, fügt der S. eine aus Wulst und Plättchen bestehende oder die attische Basis mit quadratischer Fußplatte hinzu, bedient sich eines glatten Säulenschafts mit bandartigem Säulenhals und eines aus gegliederter Deckplatte und aus im Querschnitt viertelkreisförmigem, meist mit dem sogen. Eierstab [* 9] geziertem Echinus [* 10] zusammengesetzten Kapitäls, während der Architrav [* 11] erniedrigt, der Triglyphenfries erhöht und das Kranzgesims [* 12] mannigfaltiger gegliedert erscheint.
Die römisch-ionische Ordnung beschränkt sich auf eine steife Umgestaltung des Kapitäls und eine reichere Gliederung und Ornamentierung des Gebälks; dagegen wurde die korinthische Ordnung, wie z. B. bei dem Tempel [* 13] des Jupiter Stator in Rom [* 14] (Fig. 8), meist mit mehr Pracht ausgestattet, welche besonders dem mit Zahnschnitten und Konsolen geschmückten, reichdekorierten Hauptgesims zu gute kam. Bisweilen wurde das Kapitäl in seinem untern Teil aus korinthischen, in seinem obern Teil aus ionischen Elementen zusammengesetzt und hierdurch die unvermittelte Form des Komposit- oder römischen Kapitäls geschaffen, bisweilen auch, wie an dem Pantheon in Rom, an die Stelle des kannelierten der glatte Schaft gesetzt [* 1] (Fig. 9).
Unter den Säulen [* 15] der spätern Baustile treten diejenigen des romanischen, gotischen und Renaissancestils in den Vordergrund. Für diese Säulen blieb mit größern oder kleinern Modifikationen die mit Unterlagsplatte versehene attische Basis maßgebend, welche bei dem romanischen und gotischen Stil niedriger gehalten und energischer so profiliert wird, daß weiter hervortretende, selbst scharfe Wülste entstehen und eine tief eingeschnittene Hohlkehle zwischen denselben verbleibt. Zur Vermittelung des untern Wulstes mit den hervortretenden Ecken der Unterlagsplatte dienen bei der romanischen Basis nicht selten vier Eckblätter (s. Tafel »Baukunst IX«, [* 16] Fig. 2). Der Schaft der romanischen S. ist meist glatt, seltener mit Mustern überzogen (s. Tafel »Baukunst IX«, [* 16] Fig. 9 u. 2) und cylindrisch oder mehr oder minder stark konisch, während sich der Schaft der gotischen S. als der Komplex eines starken Säulen- oder Pfeilerkerns mit 4, 8, 12 oder mehr schlanken Säulchen (Diensten) darstellt (s. Tafel »Kölner [* 17] Dom [* 18] II«, [* 1] Fig. 6 u. 7) und der Schaft der Renaissancesäule sich wieder der römischen nähert, jedoch oft nur teilweise kanneliert und teilweise glatt (s. Tafel »Baukunst XII«, [* 19] Fig. 3) oder mit mehr oder minder abweichenden, z. B. spiralförmig gewundenen, Formen (s. Tafel »Baukunst XII«, [* 19] Fig. 5) überzogen ist. Am eigenartigsten stellt sich das romanische Kapitäl dar, welches auch eine (gegliederte) Deckplatte und einen Halsring besitzt.
Während bei dem dorischen, ionischen und korinthischen Kapitäl, bei den beiden letztern unter Mitwirkung von Voluten, vorzugsweise die quadratische Deckplatte die Vermittelung zwischen dem runden Schaft und dem eckigen Architrav vollzieht, übernimmt sie hier der zwischen Deckplatte und Halsring befindliche Teil desselben, welcher eine Durchdringung von Würfel und Halbkugel bildet, wovon der erstere sich an die viereckige Deckplatte, die letztere an den runden Halsring anschließt. Dieser Vermittelungskörper, welcher das romanische Würfelkapitäl [* 20] (Knauf) [* 21] charakterisiert, tritt beim romanischen Baustil in den verschiedensten Abwandlungen und mit den verschiedensten, aus vegetabilischen, animalischen und aus beiden Elementen zusammengesetzten Ornamenten (s. Tafel »Baukunst IX«, [* 16] Fig. 1, 2 u. 11) auf.
Auch die Kelche des gotischen Kapitäls vollziehen jene Vermittelung zwischen den eckigen Deckplatten und den runden Diensten, indem sie aus dem Runden in das Eckige übergehen und mit meist naturalistischen Pflanzengebilden bekleidet sind, welche jene Vermittelung unterstützen (s. Tafel »Kölner Dom [* 18] I«, rechts unten); jedoch treten sie bei dem gotischen Stil, wobei S. und Gewölbe [* 22] fast ineinander übergehen, mehr in den Hintergrund, da das Kapitäl hier mehr die Stelle eines Trennungsglieds als eines Vermittelungskörpers zwischen Last und Stütze übernimmt. Das Renaissancekapitäl enthält fast stets Anklänge an das korinthische, hat jedoch in der Regel nur eine Reihe von Akanthusblättern, während die Mitte und die Ecken oft durch Palmetten, Rosetten, Tiergestalten oder phantastische Gebilde ausgezeichnet werden. In der Zeit des Barockstils geht in einer nicht selten widersinnigen Form der Begriff der S. als Stütze meist verloren.
Unter Halbsäule versteht man eine nur teilweise aus einer Wandfläche vorspringende S., wie sie an den Pseudodipteraltempeln der Griechen, z. B. an dem Zeustempel zu Agrigent, vorkommt; unter einer gekuppelten S. (s. Abbild. S. 352) eine aus zwei dicht ¶
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nebeneinander stehenden Säulen gebildete Stütze, welche den Griechen unbekannt war und erst bei den Römern unter Antoninus Pius Eingang fand, um Gebäuden das Ansehen größern Reichtums zu geben. Auch in der Renaissance findet die gekuppelte S. nicht selten Anwendung, um breitere Bogenkämpfer aufzunehmen oder breitere Wandstreifen zu maskieren (s. Tafel »Baukunst XI«, [* 24] Fig. 1, und Tafel XII, [* 15] Fig. 2 u. 4). Bei der Unterbrechung starker Mauern durch Bogenstellungen, z. B. in der romanischen Periode, werden die Bogenkämpfer nicht selten durch zwei hintereinander gestellte Säulchen oder Doppelsäulen unterstützt. Knotensäulen, die in der romanischen Architektur vorkommen, sind dünne, in halber Höhe durch eine Knotenverschlingung verbundene Säulen (s. Abbild.).
Von Spezialwerken vgl. außer Vitruvius' »De architectura libri X« (deutsch von Reber, Stuttg. 1865): J. M. ^[Johann Matthäus] v. Mauch, Die architektonischen Ordnungen (6. Aufl., Berl. 1872, Nachtrag 1873);
K. Bötticher, Die Tektonik der Hellenen (2. Aufl., das. 1869 ff.);
Bühlmann, Die Säulenordnungen (Stuttg. 1872);
Moller, Denkmäler der deutschen Baukunst (Darmst. 1815-31, 2 Bde.; Bd. 3 von Gladbach, [* 25] 1845);
Mezger, Formenlehre zur Rundbogenarchitektur (Münch. 1851);
Hoffstadt, Gotisches ABC-Buch (Frankf. 1863);
Rosengarten, Die architektonischen Stilarten (3. Aufl., Braunschw. 1874);
Lübke, Geschichte der Architektur (6. Aufl., Leipz. 1884);
Derselbe, Abriß der Geschichte der Baustile (4. Aufl., das. 1878);
Durms »Handbuch der Architektur«, 2. Teil: »Die Baustile« (Darmst. 1881 ff.).
[* 15] ^[Abb.: Gekuppelte [* 26] Säulen. Knotensäulen.]