[* 9]
(Zanzibar, Sanguebar, hierzu
Karte
»S. und
[* 10] das deutsch-ostafrikanische Gebiet«),
mohammedan.
Reich an der Ostküste
Afrikas, bestehend aus den
Inseln S. (1590 qkm),
Pemba (690 qkm),
Mafia (520 qkm),
Lamu (90 qkm) und einem von der Tanamündung
im N. bis
KapDelgado im
Süden reichenden Küstenstrich (20,800 qkm) nebst den Gebieten von
Kismaju,
Barawa,
Merka und Makdischu an der Somalküste, so daß das Gesamtareal 23,960 qkm (435 QM.) beträgt.
Nachdem bereits früher die Häfen
Pangani und
Dar es Salam
[* 11] der
Deutschen Ostafrikanischen
Gesellschaft seitens des
Sultans überlassen
worden waren, hat der letztere vor kurzem gegen eine Jahreszahlung die
Verwaltung des gesamten kontinentalen
Gebiets an jene
Gesellschaft abgetreten.
Die
Insel S. (bei den Afrikanern Unguja), 1590 qkm (29 QM.) groß, liegt unter 6° 39' südl.
Br. und wird vom
Festland durch einen tiefen Meereskanal getrennt. Sie ist vom
Grund eine
Koralleninsel, die nach dem Innern
bis 130 m aufsteigt; die Abhänge bedecken Gewürznelkensträuche und
Orangen; in den
Ebenen baut man
Reis,
Zuckerrohr,
Maniok, Dschowari
(Holcus
[* 12]
Sorghum) u. a. Die
Bevölkerung
[* 13] wird auf 100-200,000
Seelen geschätzt. Sie besteht größtenteils
aus
Negern; der herrschende
Stamm sind aber die Araber, als Kaufleute spielen
Inder eine große
Rolle.
Die Stadt S.,
Residenz desSultans, liegt auf der dem
Festland zugekehrten Seite der
Insel und gewährt,
vom
Meer aus gesehen, einen imponierenden Anblick. Sie ist die einzige große Stadt an der Ostküste von
Afrika
[* 14] und deren wichtigster
Handelsplatz. Zu Anfang des 19. Jahrh. standen daselbst nur einige
Hütten
[* 15] und eine
Burg, 1842 erst fünfMagazine;
jetzt zählt sie über 3000
Häuser und 80,000 Einw. Auch
mehrere
Konsuln fremder
Staaten, darunter ein deutscher
Generalkonsul,
haben daselbst ihren Sitz.
Die von Inselchen umsäumte
Bai, an welcher S. liegt, leistet in ihrer geschützten
Lage die
Dienste
[* 16] eines vortrefflichen
Hafens.
Sie wurde 1886 von 110
Schiffen von 97,179Ton., darunter 12 deutsche von 5560 T., besucht. Außerdem verkehrten
hier viele kleine Fahrzeuge unter französischer
Flagge von
Nossi Bé und
Madagaskar.
[* 17] S. ist
Station der British
India Steam
NavigationCo. und der
Messageries maritimes. Die Einfuhr wird auf 6,1 Mill., die Ausfuhr auf 4 Mill.
Dollar geschätzt.
Letztere besteht in
Gewürznelken (1 Mill.
Doll.), Kopalgummi,
Häuten, rotem
Pfeffer,
Kokosnüssen u. a. und
als Transitartikel
Elfenbein (1,5 Mill.
Doll.), erstere in Baumwollenstoffen,
Branntwein,
Pulver,
Flinten,
Perlen, Kupferdraht
u. a., welche in
Karawanen nach Innerafrika gehen. Die
Einnahmen des
Sultans fließen besonders aus
Zöllen, welche von ihm für 2 Mill.
Mk. verpachtet sind. Seine Gesamteinnahmen betragen 5-6 Mill. Mk.
Das
Heer besteht aus einer
Leibwache von 1500 und einem
Korps von 1400 Mann; der
Sultan besitzt einen Kriegsdampfer und 7 Handelsdampfer.
-
Schon im 10. Jahrh. hatten Araber Niederlassungen daselbst gegründet, die sich zu blühenden
Republiken entwickelten.
Als
Vasco da Gama 1498 dieselben besuchte, fand er gut gebaute und reiche
Städte, die lebhaften
Handel
mit
Indien trieben. 1503 erkannten die Mohammedaner auf der
Insel S. die portugiesische Oberherrschaft an, und nun wurden bald
die Küstenstädte erobert und ihr
Handel vernichtet. Zu Ende des 17. Jahrh. verloren die Portugiesen alle ihre Besitzungen
nördlich vonMosambik an den
Imam von
Maskat, unter dessen Herrschaft das Land, in zahlreiche kleine
Staaten
und Gemeinwesen zerfallend, seitdem verblieb, bis sich in neuester Zeit (1856) Seyid Medschid, ein illegitimer Sohn des
Imams
von
Maskat, zum unabhängigen
Sultan von S. machte. Nach dessen
Tod wurde ein jüngererBruder
des
Sultans, Bargasch ben
Said,
Souverän des Gebiets, und als dieser 1888 starb, folgte ihm sein zweiter
Bruder, Seyid Khalifa.
Vgl.
Burton,
Zanzibar, city, island and coast (Lond. 1872, 2 Bde.);
(eigentlich Samskrita, wobei aber das m
wie n im franz. an zu sprechen ist, »zurechtgemacht«,
d. h. richtig gebildet, oder für heilige
Handlungen geeignet, heilig), die alte heilige
Sprache
[* 20]
Indiens, die jetzt in der
Regel,
ähnlich wie früher in
Europa
[* 21] das
Latein, nur noch von den
Gelehrten in ganz
Ostindien
[* 22] gesprochen und geschrieben
wird, wenn auch hier und da gelehrte
Radschas bestrebt sind, sie wieder in den täglichen
Gebrauch einzuführen. So erzählt
der Sanskritist M.
Williams in seinem Reisewerk über
Indien, daß der
Maharadscha von
Kaschmir
[* 23] ihm das
Schauspiel eines
Manövers
seiner
Soldaten bereitete, wobei alle
Kommandos in S. gegeben wurden, und erst neuerdings wurde in dem
Staat Udaypur durch eine
Verordnung das S. als offizielle Amtssprache eingeführt. Volkssprache war jedoch das S. nur in dem
ältesten Zeitraum der indischen Geschichte, als die indischen
Arier, ein
Zweig des großen indogermanischen Völkerstammes,
kurz nach ihrer von Nordwesten her erfolgten
Einwanderung in
Indien die religiösen Werke abfaßten, die
später unter dem
Namen der
Wedas gesammelt wurden und als heilige
Offenbarungen galten. Sie sind
¶
nebst der dazu gehörigen theologischen Litteratur fast durchaus in Nordindien entstanden, und ihre ältesten Bestandteile
gehören der Zeit an, als die S. redenden Stämme noch nicht über das Gebiet des Pandschab hinaus vorgedrungen waren, etwa
2000-1500 v. Chr. Mit der Kultur und religiösen Litteratur der arischen Inder verbreitete sich aber das
S. nicht nur schon früh über ganz Indien, sondern es wurde auch durch den Buddhismus einerseits nach Tibet, China
[* 27] und bis nach
Japan verpflanzt, wo kürzlich durch die Bemühungen MaxMüllers Sanskrithandschriften entdeckt worden sind, anderseits gelangte
es nebst dem Pâli nach Hinterindien.
[* 28]
Das S. der Wedas büßte im Lauf der Zeit manche seiner besonders im Verbum höchst zahlreichen Beugungen
ein oder schliff sie ab, und durch diese Vereinfachung der Grammatik und entsprechende Änderungen des Wortschatzes entstand
schließlich aus dem wedischen das sogen. klassische S., zu dem übrigens schon in den spätern
wedischen Werken manche Übergänge vorliegen. Das klassische S. erfuhr dagegen, außer in Bezug auf
den Stil, der einer stets wachsenden Künstelei verfiel, die Satzbildung durch unförmliche Komposita verdrängte und die noch
übrigen alten Verbalformen außer Gebrauch setzte, keine Veränderungen mehr und hält noch heutzutage genau an den Normen
fest, die der berühmte indische GrammatikerPânini (s. d.) mehrere Jahrhunderte vor Christo dafür aufstellte.
Dagegen entwickelten sich aus dem wedischen S. zunächst das buddhistische Pâli und das Prâkrit (s. d.), dessen älteste
bekannte Überreste dem 3. Jahrh. v. Chr. angehören, weiterhin die modernen indischen Volkssprachen (s. Indische Sprachen).
Das S. ist eine sehr wohllautende, vokalreiche Sprache; neuere Berechnungen haben ergeben, daß das a,
der klangvollste aller Vokale, der Häufigkeit seines Vorkommens nach ungefähr 28 Proz. aller überhaupt vorkommenden
Laute ausmacht.
Das Hauptinteresse des S. liegt aber, abgesehen von dem Reichtum seiner Litteratur, für die europäische Wissenschaft in seiner
ungemeinen Wichtigkeit für die älteste Geschichte der indogermanischen Sprachen, unter denen es an Altertümlichkeit,
an Fülle der grammatischen Formen und an etymologischer Durchsichtigkeit der Wortbildungen obenan steht. So können, während
nach Curtius das Griechische von einem Verbum 507, das Lateinische 143, das Gotische nur 38 Formen bilden kann, im wedischen S.
von einem gebräuchlichen Verbum allein im Präsens, und zwar mit Ausschluß der Partizipien und Infinitive, 336 Formen
gebildet werden, und die ganze Anzahl der möglichen Formen geht weit in die Tausende hinein. In ähnlicher Weise haben das
Substantivum, Adjektivum und Pronomen je acht Kasus und neben der Einzahl und Mehrzahl auch eine Zweizahl (Dualis), während das
Latein sechs Kasus, aber keinen Dualis, das Griechische einen Dualis, aber nur fünf Kasus hat.
Vom Standpunkt der einzelnen Sprache aus betrachtet, ist der Ursprung der meisten Wortstämme in den europäischen Sprachen
dunkel; die Vergleichung des S. hat z. B. gezeigt, daß Vater (pater) ursprünglich »Beschützer«, Bruder (frater) »Erhalter«
heißt u. dgl. Die aus einem semitischen Alphabet entsprungene, aber sehr eigentümlich entwickelte Schrift,
mit der das S. gewöhnlich auch in Europa immer geschrieben und gedruckt wird, heißt Devanâgarî (s. d.); vgl. die Schrifttafel
bei Artikel »Schrift«.
Die sehr zahlreichen europäischen Grammatiken des S. lassen sich in zwei Klassen einteilen, je nachdem sie sich genau an das
System und die Regeln der indischen Grammatiker anschließen oder eine mehr den europäischen
Anschauungen
entsprechende Methode zur Anwendung bringen. Zu der ersten Klasse gehören namentlich die Grammatiken von Colebrooke (Kalk. 1805),
Benfey (»Vollständige Grammatik der Sanskritsprache«, Leipz. 1852; in kürzerer Fassung, das.
1855),
das ausführliche, vortreffliche Werk von Whitney (deutsch von Zimmer, das. 1879),
Bühlers »Leitfaden für den Elementarkursus des S.« (Wien
[* 30] 1882) und Geigers »Elementarbuch der Sanskritsprache«
(Münch. 1888). Sehr beliebt zur ersten Einführung ins S. ist auch das eine Chrestomathie mit Glossar enthaltende »Elementarbuch
der Sanskritsprache« von Stenzler (5. Aufl., Bresl. 1885). Ein meisterhaftes ausführliches
Wörterbuch lieferten Böhtlingk u. Roth (Petersb. 1853-1875, 7 Bde.),
ein kürzeres haben Böhtlingk (Petersb. 1879 ff.) und Cappeller
(Straßb. 1886 ff.) begonnen. Anthologien lieferten namentlich Lassen (3. Aufl., Bonn
[* 31] 1868) und Böhtlingk (2. Aufl., Petersb.
1877).
Die Sanskritlitteratur.
Auch die Sanskritlitteratur zerfällt in zwei der Zeit und dem Wesen nach voneinander verschiedene Epochen: die Periode des
Weda und die des klassischen S. Genaue chronologische Daten für die Abgrenzung der beiden Perioden lassen
sich bei der großen Unsicherheit der indischen Chronologie überhaupt nicht geben; dazu kommt, daß wir von der zweiten Periode
aus allen Litteraturzweigen nur die Werke übrig haben, die den Höhepunkt der ganzen Gattung bezeichnen, so daß wir in die
Entwickelung derselben gar keinen Blick thun können.
In der ersten Periode werden alle Gegenstände nur in ihrer Beziehung auf rituelle Vorgänge behandelt; erst in der zweiten
treten wissenschaftliche und künstlerische Gesichtspunkte hervor. Über die erste Periode s. Weda. Der Anfang der zweiten Periode
wird ins 5. oder 6. Jahrh. v. Chr. gesetzt werden müssen, als die Volksdialekte sich immer selbständiger
zu entwickeln begannen und die Sprache, in welcher die Brâhmana und Sûtra der wedischen Periode abgefaßt waren, die sogen.
Bhâschâ, immer mehr ausschließliches Eigentum der Gebildeten und schließlich eine nur zu litterarischen Zwecken verwendete
tote Sprache wurde, welche noch heute in Indien zu schriftlicher Darstellung gebraucht wird.
Besonders charakteristisch für die Sanskritlitteratur ist der Mangel einer prosaischen Darstellung, indem
sämtliche wissenschaftliche Werke in metrischer Form abgefaßt sind; so sind die Anfänge der Prosa, wie sie in den Brâhmana
der ersten Periode vorliegen, gänzlich verkümmert, und es gibt kaum etwas Schwerfälligeres als die Prosa der spätern indischen
Romane, Kommentare und Inschriften. Die gebräuchlichste metrische Form ist der epische Vers (Sloka), eine
Doppelzeile, aus je 16 Silben bestehend, die nur in ihren beiden letzten Füßen sicher iambischen Rhythmus hervortreten läßt.
Die epische Poesie zerfällt in zwei Gruppen, die Itihâsa-Purâna und die Kâwya. Zur ersten Gruppe, legendarisch-epischen Sammelwerken,
die in ihrem Grundstock in die wedische Periode hinaufreichen, gehören das »Mahâbhârata« (s. d.) und
die »Purâna« (s. d.), mythische Erzählungen kosmogonischen und theogonischen Inhalts, in der uns vorliegenden Gestalt den
letzten 1000 Jahren angehörig und vielfach durchsetzt mit theologischen und philosophischen
¶