Hauptbeschäftigung ist
Ackerbau und
Viehzucht;
[* 16] die gewerbliche
Industrie ist ganz unbedeutend. Was die
Verfassung des Ländchens
anbelangt, so geht der souveräne
GroßeRat (generale consiglio-principe), welcher mit der gesetzgebenden
Gewalt betraut ist,
nicht aus Volkswahlen hervor, sondern besteht aus 60 Mitgliedern auf Lebenszeit, die zu je einem Dritteil
dem adligen Patrizierstand, den städtischen
Bürgern und den ländlichen Grundeigentümern angehören; erledigte
Stellen werden
durch Kooptation vom
Rat selbst besetzt.
Die
vollziehende Gewalt besitzen zwei
Capitani reggenti, welche vom
GroßenRat aus seiner Mitte (der erste aus den Adligen,
der zweite aus den
Bürgern und ländlichen Grundbesitzern) gewählt werden. Jeder derselben bleibt sechs
Monate im
Amt. Eine aus zwölf Mitgliedern des
GroßenRats gebildete Congregazione economica di stato hat für die
Förderung
der
Landwirtschaft Sorge zu tragen. Sonst ist die
Staatsverwaltung unter zwei
Staatssekretäre verteilt, neben welchen ein Generalschatzmeister
und ein Oberkommandant der
Miliz bestellt sind.
Geschichte. Als
Gründer der Stadt und erster
Missionär in dieser Gegend wird ein ehemaliger
Krieger und
Einsiedler,
Marinus,
im 3. Jahrh. genannt. Im 11. Jahrh. kauften
die Bewohner
SanMarinos einige naheliegende
Dörfer, nahmen auf ghibellinischer Seite teil an den
Kämpfen zwischen
Kaiser und
Papst und traten um die Mitte des 13. Jahrh. in ein freundschaftliches
Verhältnis zu den
Grafen von Montefeltro und
Urbino,
ein
Verhältnis, das allmählich zu einem förmlichen Schutzbündnis ward.
Diesem verdankt S. seine Unabhängigkeit. Als
PapstUrban VIII. 1631 von dem Herzogtum
Urbino als heimgefallenem
LehenBesitz nahm und es dem
Kirchenstaat einverleibte, bestätigte
er den Schutztraktat mit der
Republik, erkannte deren Unabhängigkeit
an und verlieh ihr Zollfreiheit für ihre Ausfuhr nach seinen
Staaten. Auch
Napoleon I. schonte
S., und
nach der
Restauration blieb
S. ein freier
Staat unter dem
Schutz des
Papstes. Im
September 1847 wurde der
Ausschuß oder
Rat in eine
repräsentative
Kammer verwandelt, deren Mitglieder von sämtlichen Einwohnern gewählt wurden. 1850 und 1851 suchten mehrere
Flüchtlinge aus dem
Kirchenstaat in
S. eine Zuflucht, deren
Verbannung oderAuslieferung die päpstliche
Regierung verlangte.
Infolgedessen rückten im Juni 1851 mit Zustimmung der exekutiven Behörde der
Republik 800
Österreicher von
Ancona
[* 20] und 200 päpstliche
Gendarmen und Liniensoldaten in
S. ein; die politischen Verbrecher erhielten
Pässe ins
Ausland, die gemeinen wurden an die
Gerichte
des
Kirchenstaats abgeliefert. Seitdem blieb S. vollständig ruhig und verhielt sich auch bei den großen
staatlichen Umwälzungen, welche 1859 und 1860 ganz
Italien betrafen, durchaus neutral, wurde daher auch von den neuen Ereignissen
nicht berührt und in seinem Bestand nicht beeinträchtigt. Des 1862 mit
Italien abgeschlossenen Schutzvertrags wurde schon
oben gedacht.
Vgl. Delfico, Memorie della repubblica di S.
(Mail. 1804, 2 Bde.;
Flor. 1843);
GrafBruc, St-Marin,
ses institutions, son histoire (Par. 1876);