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den Speisen befördert die Verdauung derselben, und der menschliche Instinkt hat diesen Zusatz als etwas Unentbehrliches zu allen Zeiten und bei allen Völkern herausgefühlt. Es ist bemerkenswert, daß unter den Tieren nur die Pflanzenfresser ein Bedürfnis nach Chlornatrium zeigen, nicht aber die Fleischfresser. Dies hängt von der Zusammensetzung der Asche der Nahrungsmittel [* 2] ab, und unter Berücksichtigung des Verhaltens der Aschebestandteile zu einander ergibt sich, daß die Bedeutung des Salzes für Pflanzenfresser und für den Menschen darin zu suchen ist, daß es sie in den Stand setzt, den Kreis [* 3] ihrer Nahrungsmittel zu erweitern. In chemischer Hinsicht liefert das S. im Organismus die Salzsäure des Magensafts und vielleicht auch das Natron der Galle; es scheint in sehr inniger Beziehung zum Zellenbildungsprozeß zu stehen und wird bei gehinderter Zufuhr vom Organismus sehr fest zurückgehalten.
Man schätzt den Bedarf eines Menschen an S. jährlich auf 7,75 kg. Über die Wirkungen des Salzes in der Agrikultur sind die Ansichten noch geteilt, ein Übermaß davon zerstört die Keimkraft der Samen [* 4] und erzeugt unfruchtbaren Boden. Unter gewissen Umständen scheint aber ein Salzgehalt im Boden indirekt als Dünger dadurch günstig zu wirken, daß derselbe gewisse für die Ernährung der Pflanzen vorteilhafte Bestandteile (Kalksalze, Phosphate etc.) in löslichen Zustand versetzt oder Stoffe, die als Dünger auf die Oberfläche des Ackers gebracht wurden, befähigt, tiefer in den Boden einzudringen.
In der Technik benutzt man S. zur Bereitung der Soda, des Chlors, des Salmiaks, in der Loh- und Weißgerberei, zur chlorierenden Röstung der Silbererze, in der Aluminiumfabrikation, zur Darstellung des Natriums, zum Aussalzen der Seife, zur Herstellung von Tabaksfabrikaten, Mineralwässern, Bädern, zum Glasieren der Thongeschirre, zum Konservieren von Schiffbauholz und Eisenbahnschwellen, zum Einsalzen der Fische, [* 5] des Fleisches, der Butter, auch zum Konservieren der Häute, welche nicht alsbald gegerbt werden sollen, etc. In der Landwirtschaft benutzt man S. als Dünger und bei der Viehfütterung.
Die jährliche Salzproduktion beträgt durchschnittlich in England 2 Mill. Ton., in Rußland 1,200,000, in Frankreich 500,000, in Italien [* 6] 242,000, Portugal [* 7] und Spanien 700,000, Schweiz [* 8] 35,000, Österreich [* 9] 130,000 T. Im deutschen Zollgebiet wurde im Etatsjahr 1887/88 S. in 11 Anlagen bergmännisch, auf 64 Salinen aus wässerigen Lösungen und in 10 Fabriken als Nebenprodukt gewonnen und zwar im ganzen 884,188 T. und zwar 51,385 T. Kristallsalz, 334,944 T. andres Steinsalz, 486,460 T. Siedesalz.
Davon entfielen auf Preußen [* 10] 440,865, Bayern [* 11] 43,413, Württemberg [* 12] 180,296, Baden [* 13] 30,870, Thüringen 60,205, Anhalt [* 14] 51,288, Elsaß-Lothringen [* 15] 54,135 T. Ausgeführt wurden 126,884, eingeführt 26,112 T. Verbraucht wurden als Speisesalz 360,341 T., zur Viehfütterung 108,498, zur Düngung 2811, in Soda- und Glaubersalzfabriken 220,810, in chemischen und Farbenfabriken 21,100, zur Seifen- und Kerzenfabrikation [* 16] 6781, in der Lederindustrie 12,232, in der Metallwarenindustrie 8825, in der Glas- und Thonwarenindustrie 1608, sonst in der Technik 5420 T.
Die Gewinnung des Salzes war früher meistens regalisiert, d. h. sie wurde als ein Vorrecht des Staatsfiskus in Anspruch genommen, welcher dann die Ausbeute (Salzgerechtigkeit) regelmäßig gegen bestimmte Abgaben an Private verlieh, und zwar erstreckte sich das Salzregal sowohl auf Steinsalz, indem es insoweit auch einen Teil des Bergregals überhaupt bildete, als auch auf die Salzquellen (sogen. Salinenregal); doch ist dasselbe inzwischen, wie die meisten Regalien (s. d.), durch die moderne Gesetzgebung beseitigt worden.
Ebenso ist in Deutschland [* 17] das Salzmonopol, d. h. die ausschließliche Berechtigung des Staats zum Salzverkauf, abgeschafft und seit 1867 eine Verkaufssteuer eingeführt (s. Salzsteuer). Bei der Wichtigkeit und Notwendigkeit des Salzes erscheint das sogen. Salzhoheitsrecht, welches in einer besondern Beaufsichtigung der Salzwerke durch den Staat besteht, als gerechtfertigt. Dasselbe erstreckt sich namentlich auf die Genossenschaften, welche die Ausbeutung der Solen betreiben und gewöhnlich Pfännerschaften genannt werden.
Die Anteile der einzelnen Pfänner an der Saline, deren meistens 111 unterschieden werden, heißen Pfannen, auch Koten (»Kote« eigentlich s. v. w. Siedehaus) oder Salzkörbe. Zuweilen kommen auch noch die Bezeichnungen Salzbeerbte, Salzherren, Erbsälzer, Salzjunker für diejenigen Inhaber von Salzwerken vor, welche ihr Recht nicht durch eine Belehnung erhalten haben, während man den mit der Wahrnehmung der landesherrlichen Gerechtsame in Ansehung eines Salzwerkes betrauten Beamten früher Salzgraf zu nennen pflegte.
Vgl. Karsten, Salinenkunde (Berl. 1846-47, 2 Bde.);
Kerl, Salinenkunde (Braunschw. 1868);
kulturgeschichtlich: Meyn, Das S. im Haushalt der Natur (Leipz. 1857);
Hehn, Das S. (Berl. 1873);
Möller, Das S. in seiner kulturgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Bedeutung (das. 1874);
Schleiden, Das S. (Leipz. 1875);
Schmidt, Das S., volkswirtschaftliche und finanzielle Studie (das. 1874);
Hrdina, Geschichte der Wieliczkaer Saline (Wien [* 18] 1842);
Kopf, Beschreibung des Salzbergbaues zu Hall [* 19] in Tirol [* 20] (Berl. 1841);
v. Schwind, Der Abbau unreiner Salzlagerstätten in Österreich (Prag [* 21] 1870).