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der als Serir bezeichneten Wüstenform zahllose kleine, gleichmäßige und abgerundete Steinchen auf. Eine besondere Eigentümlichkeit dieser Wüsten sind die charakteristischen Inselberge, die »Zeugen« der Araber, Überbleibsel einer ursprünglich weit ausgedehnten Terrasse. Die Hochgebirge der S. stellen die Erscheinungen der Hamada in gesteigertem Maßstab [* 2] dar. Stellenweise im Winter drei Monate mit Schnee [* 3] bedeckt, sind ihre Schluchten zuweilen durch Regengüsse von brausenden Sturzbächen erfüllt, und in den Thälern ist reiche Vegetation.
Ein andrer Haupttypus der S. ist die Sand und Dünenwüste, die »Aregregion«. Doch gilt die Bezeichnung »Areg« oder »Erg« eigentlich nur für die Sanddünen des Zentrums, während man sie im W. als »Igidi«, im O. als »Remel« oder »Remla« bezeichnet. Hier sieht man nichts als ein einziges unabsehbares, fahles Sandmeer, aus dem die gewaltigen Dünen wie versteinerte Wellen [* 4] hervorragen. In der Libyschen Wüste, dem großartigsten Sandgebiet der S., erscheinen die Dünen meist zu förmlichen Gebirgsketten angeordnet.
Zwischen denselben erstrecken sich Thäler von verschiedener Breite, [* 5] die in der westlichen S., wo in geringer Tiefe angesammelte Feuchtigkeit die Existenz einer bleibenden Vegetation ermöglicht, zuweilen sehr gute Weidegründe bieten. Solange man an die ehemalige Existenz eines Binnenmeers glaubte, dachte man sich die Dünen als Ablagerungen des Wassers; indes sind dieselben vielmehr entstanden durch eine noch gegenwärtig fortwirkende chemische Zersetzung der Gesteine [* 6] durch Licht, [* 7] Hitze, Kälte, Elektrizität [* 8] etc. Bei der Gestaltung der Dünen wirkt der Wind in hervorragender Weise mit; ihre Richtung geht meist von SO. nach NW., so wie im allgemeinen die Sandstrecken der S. von O. nach W. sich ausdehnen und nirgends von N. nach Süden streichen.
Manche Dünen erreichen eine Höhe von 100 m und darüber. Während ein Fortschreiten der Dünen von Süden nach N. nicht wahrzunehmen ist, rücken dieselben langsam von O. nach W. vor und begraben zuweilen Oasen und Ortschaften, wie z. B. in der Sebcha von Inçalah ein Teil der Palmengärten bereits vom Sand begraben ist und die Orte El Menzeha im SW. von Wargla (Algerien) [* 9] sowie Es Schud westlich von Ghadames infolge des vordringenden Sandes verlassen werden mußten. Wo immer in der S. Wasser den Boden tränkt, und sei es auch Brackwasser, da entsteht eine Oase.
Man unterscheidet verschiedene Arten Oasen, je nachdem sie eine natürliche oder künstliche Bewässerung haben. Die natürlich bewässerten teilen sich wieder in solche mit oberirdisch fließendem und solche mit unterirdisch fließendem Wasser. Zu den erstern gehören z. B. die Oase des Wadi Draa (Südmarokko), die dem Draafluß ihr Dasein verdankt, und die Oasen des obern Tafilet, welche der Sis durchfließt; zu den letztern die des eigentlichen Tafilet südlich von Ertib, die meisten von der Oasengruppe des nördlichen Tuat und viele kleinere südlich vom Atlas. [* 10]
Die künstlich bewässerten sind entweder solche, wo sich nicht fließendes Wasser schon in der Tiefe von nur 1/3-2/3 m unter dem Erdboden findet, z. B. die Oase Kauar und ein Teil von Fezzan; dann solche, wo aus einer Tiefe von 4-10 m das Wasser heraufgefördert werden muß, wie in den Oasen von Suf; endlich solche, wo das Wasser aus der Ferne durch künstliche Leitung herzugeführt wird, z. B. Tidikelt. Oasen mit oberirdisch rieselndem Wasser gibt es nur an den Ausgängen großer Gebirge, namentlich am Südfuß des Atlas.
Das Wort Oase ist den Bewohnern der S. unbekannt; sie gebrauchen dafür das arabische Ain (»Quelle«, [* 11] berberisch »Tit«, im Tibbu »Galle«); ein tiefer Brunnen [* 12] heißt Bir. In der ganzen S. gibt es kein einziges Flußbett mit beständig über der Erde fließendem Wasser. Der Name für Flußbett ist »Ued« oder »Wadi«, für Fluß »Irharhar«. Auffallend ist der Reichtum der S. an Seebecken, ja an Seen selbst und zwar nicht bloß in Depressionen, sondern auch auf höhern Teilen der Wüste, z. B. in Fezzan.
Die unterirdischen Zuflüsse müssen hier sehr massenhaft sein, um bei der unausgesetzten Verdunstung den See mit Wasser gefüllt zu halten. Der Boden ausgetrockneter Seen wird zur Sebcha, d. h. Sumpf und Schlamm bedecken sich mit einer harten, weißlichgrauen Kruste von salzhaltiger Erde, bei manchen auch, wie bei dem Seeboden von Bilma, von reinem Salz. [* 13] Diese Oberfläche der Sebcha zerklüftet in regelmäßigen, meist sechseckigen Polygonen oder wirft sich, wo der Boden sehr salzhaltig ist (z. B. bei der Sebcha von Tamentit), in unregelmäßigen, oft senkrecht emporstehenden Schollen übereinander. Bis hoch in den Norden [* 14] der S. auf den Hochebenen des Atlas kommt Sebchabildung (dort meist »Schott« genannt) vor. Nach Chavanne verteilt sich die Oberfläche der S. auf 3,6 Mill. qkm Hamada und Serir, Felsen und Berge 2 Mill., Steppen und Weiden 1,5 Mill., Sanddünen 850,000 und Oasen und Kulturland 200,000 qkm.
[Klima.]
Was die klimatischen Verhältnisse betrifft, so ist die S. das Gebiet der ungehemmt herrschenden Passatströmung, wo aus der dampfleeren Atmosphäre fast niemals Niederschläge fallen. Daß aber die Wasserlosigkeit der Oberfläche nicht aus dem geologischen Bau Nordafrikas, sondern aus den Bewegungen der Atmosphäre zu erklären sei, geht am deutlichsten aus den Verhältnissen der Südgrenze der Wüste gegen den Sudân hervor, wo die tropischen Sommerregen gerade so weit reichen, als der Passatwind in dieser Jahreszeit von äquatorialen Luftströmungen unterbrochen wird, ohne daß die Gestaltung und Mischung des Erdbodens sich ändern.
Caillié traf Nordostwind im Meridian von Timbuktu unablässig wehend, Panet ebenso auf seiner Reise von Senegambien nach Marokko im westlichen Teil der S. Lenz dagegen hatte auf der Strecke zwischen Taudeni und Timbuktu Nordwest- und Südwinde, niemals aber Nordostwind. Ob die heißen Winde, [* 15] Samum oder Harmattan, in Ägypten [* 16] Chamsin genannt, als Scirocco über das Mittelmeer bis nach Sizilien [* 17] und Süditalien [* 18] dringen, ist nach neuerer Forschung fraglich und wird von vielen ganz verneint.
Jedenfalls ist die
Ansicht, daß der
Föhn (s. d.) ihr nördlichster
Ausläufer sei, entschieden zu verwerfen.
Aus welcher Himmelsrichtung aber auch in der S. der
Wind wehen möge, keine
Feuchtigkeit kann er herbeiführen, wenn er aus
der
Wüste selbst kommt. Dazu ist der Dampfgehalt der
Atmosphäre ihrer Oberfläche zu geringfügig, und nirgends auf der
Erde
hat man die
Luft trockner gefunden als hier und zwar dauernd und allgemein. Im
Gefolge der trocknen
Winde
treten elektrische
Erscheinungen auf;
Gewitter sind zwar in der eigentlichen S. äußerst selten, desto häufiger aber wetterleuchtet
der
Himmel
[* 19] an den südlichen Rändern der
Wüste. Bei vollkommener
Windstille, die indessen nur an sehr wenigen
Tagen
stattfindet, hat die
Luft eine ungemeine
Transparenz, so daß man entfernte
Gegenstände viel deutlicher als in andern
Ländern
wahrnehmen kann.
Luftspiegelungen sind häufig und zwar sowohl in der
Ebene als den gebirgigen Teilen der S. So normal die
barometrischen Schwankungen in der S. sind, so bedeutend variiert der
Stand des
Thermometers.
Fallen
[* 20]
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oder Steigen desselben um 20° im Lauf eines Tags ist zu jeder Jahreszeit das Gewöhnliche. So kann im Winter das Thermometer [* 22] in Fezzan auf -3° C. fallen und noch an demselben Tag nachmittags auf +20° im Schatten [* 23] steigen. Die stärkste in der S. vorkommende Kälte dürfte -3° bis -4° C. sein; dagegen steigt z. B. in Kauar während der heißen Jahreszeit das Thermometer nachmittags im Schatten auf mehr als +50° C. Lenz hatte in der Dünenregion mittags 45°, sonst durchschnittlich 28-30° C. im Schatten. Die Durchschnittstemperatur der ganzen S. läßt sich noch nicht ermitteln. Trotz der in einzelnen Gebieten herrschenden großen Hitze ist doch im allgemeinen das Klima [* 24] ein gesundes. Die fast absolute Trockenheit der Luft übt keinen nachteiligen Einfluß auf die Gesundheit des Menschen aus, sie scheint vielmehr wohlthuend auf die Lungen zu wirken und sich sogar bei vorgeschrittener Tuberkulose als besonders heilsam zu erweisen.
[Naturerzeugnisse.]
Die Meinung, daß die S. außerhalb ihrer Oasen des organischen Lebens fast ganz entbehre,
hat zwar insofern
guten Grund, als die Wüste wegen ihrer Wasserlosigkeit unbewohnbar ist und nur wenigen Tieren genügendes
Futter bietet; aber man muß die Vorstellung zurückweisen, als ob es hier unermeßliche Räume gäbe, wo auch nicht ein Grashalm
gedeihen könne. Allerdings zeigen die steinige Hamada und die Sanddünen des Areg oft weite Strecken,
denen jeder Pflanzenwuchs fern
bleibt; aber überall, wo Wadis einschneiden (und das ist so ziemlich durch die ganze S. der
Fall), treten auch Gewächse auf, die freilich den armen Charakter der Wüstenflora zeigen.
Vor allem ist aber die S. ausgezeichnet dadurch, daß sie (nach Grisebach) die Heimat der Dattelpalme ist, deren dicht geschlossene Wälder, Inseln im Ozean vergleichbar, allerdings durch die Kultur der Nomaden angepflanzt werden. Nur innerhalb des großen Wüstengebiets (Arabien und das Land bis zum Indus eingeschlossen) reift die Dattel. Neben ihr besitzt die Wüste auch eine Zwergpalme (Hyphaene Argun); von Bäumen werden sonst noch eingedrungene Mimosen und die vom Gestade des Mittelmeers [* 25] eingewanderte, dem salzhaltigen Boden folgende Tamarix gallica bemerkt.
Auf dem salzfreien Boden der Wüste sind es zuerst die blattlosen Sträucher der Spartium-Form (Retama, Calligonum, Epheda), welche hier in einer gewissen Mannigfaltigkeit des Wuchses und Blütenbaues auftreten. Durch die Trockenheit ihres Gewebes und die beschränkte Verdunstung der Oberfläche sind sie dem dürren Erdreich, in dem sie wurzeln, ganz entsprechend. Auf natriumhaltigem Boden zeigen sich die Halophyten. Einige unter diesen sind blattlose echte Sukkulenten (Halocnemum. Arthocnemum), wobei es bemerkenswert erscheint, daß nur solche Saftpflanzen, bei denen der Salzgehalt zu der Zurückhaltung des Wassers im Gewebe [* 26] mitwirkt, das Klima der Wüste ertragen.
Saftige Blätter an holzigen Achsenorganen gehören zu den häufigsten Erzeugnissen des Salzbodens der S., und die Salsoleen und Zygophylleen zeigen sich öfters. Die Reihe dieser Formen wird endlich durch verholzende Staticeen (Limoniastrum) und durch strauchartige Tamarisken geschlossen. Die Gräser [* 27] der S. stimmen zum Teil mit jenen der asiatischen Steppen überein, und einige wachsen, wie dort, in großen, wenn auch vereinzelten Rasen (Pennisetum). Die starken Halme einer Stipacee (Aristida pungens) erreichen sogar eine Höhe von 2 m und sind als Kamelfutter eins der wichtigsten Wüstengräser.
Die Austrocknungsfähigkeit, die schon bei den Gräsern, die selten befeuchtet werden, einen hohen Grad erreicht, hat bei zwei andern Erzeugnissen der S. allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen: es sind dies die sogen. Jerichorose (Anastatica hierochontica) und die eßbare Mannaflechte (Parmelia esculenta), welche, durch Stürme vom Boden losgerissen, als Mannaregen in kleinen erbsenähnlichen Stückchen niederfällt. Unter den Schutzmitteln der Pflanzen gegen das trockne Wüstenklima ist die häufige Bildung der Dornen und starke Bekleidung mit Haaren hervorzuheben.
Dornig sind die meisten laubtragenden Sträucher (Zizyphus Alhagi) sowie auch einige Stauden (Cynareen). Die ungemein kurze Zeitdauer der vegetativen Prozesse, welche durch die Seltenheit der Niederschläge bedingt ist, gibt sich auch bei den Zwiebelgewächsen zu erkennen; sie sind in der S. selten und zeichnen sich auch durch die Kleinheit der unterirdischen Organe aus, deren Umfang von der Zeit abhängt, in welcher die Blätter thätig sind. Die Zwiebeln der für die S. charakteristischen Gattung Erythrostictus erreichen nur die Größe einer Kirsche.
Einige Pflanzenformen der S. scheinen nur auf bestimmte Landschaften derselben beschränkt zu sein. Es sind dies zum Teil eingewanderte Gewächse aus dem Atlas und andern Grenzbezirken, wie die Oleanderform (Nerium, Rhus) und die Pistazien (Pistacia atlantica) der algerischen S. So wächst auch der Oschurstrauch des Sudân (Calotropis), allmählich an Häufigkeit abnehmend, längs der Karawanenstraße durch Fezzan bis Tripolis. Die einzigen annähernd vollständigen Pflanzenverzeichnisse aus der S. besitzt man von Ägypten und Algerien; aber nur die algerischen geben einen richtigen Maßstab für die Bestandteile der Flora, da der Nil zu viel Fremdartiges herbeiführt. Cosson schätzt die Zahl der in der algerischen S. einheimischen Gewächse auf 500 Arten.
In zoologischer Beziehung ist die S. nach Wallace ein strittiges Land, da dieselbe von N. wie von Süden her bevölkert wurde. Ihr nördlicher Teil gehört nämlich der Mittelmeerfauna an, während der südliche den Charakter der ostafrikanischen Fauna trägt. Die Grenzlinie zwischen den beiden zoologischen Provinzen verläuft etwa mit dem Wendekreis. Die Antilopenarten, welche die Savannen der südafrikanischen Hochflächen bevölkern, kommen hier nur in wenigen Arten und in kleinen Trupps vor, während im O. von Wiederkäuern die Giraffen am häufigsten sind.
Größere Raubtiere, [* 28] namentlich Löwen, [* 29] sind nicht Bewohner des Innern der S., wo sie weder die zu ihrer Existenz nötige Fleischnahrung noch zureichend Wasser finden. Doch findet man den mähnenlosen Löwen häufig in Aïr. Von wilden Säugetieren gibt es außer den genannten Wiederkäuern nur wilde Esel, Hasen und Feneks (Wüstenfüchse), von Vögeln Strauße und in der Nähe der östlichen Oasen Krähen; von Amphibien in den dürren Strecken Vipern, an den flachern Stellen zunächst der Küste sehr viel Austern.
In den Sümpfen des Ahaggargebirges fand v. Bary Krokodile, [* 30] als letzte Überbleibsel aus den Zeiten einer größern Wasserverbreitung; von Insekten [* 31] Heuschrecken, [* 32] die den Nomaden überall zur Speise dienen, endlich zahllose lästige Fliegen. [* 33] Von Mollusken [* 34] erscheinen in manchen Strecken, am meisten im O. bei Siwah, unermeßliche Anhäufungen einer weißen, zur Gattung Helix gehörenden Landschnecke. Von gezähmten Tieren ist das Kamel das häufigste und zwar ausschließlich das einbucklige. Außerdem besitzt die Bevölkerung [* 35] Rinder, [* 36] vortreffliche Pferde [* 37] und Ziegen, die Tuareg treffliche Schafe [* 38] mit Fettschwänzen. An Mineralprodukten ist ¶