An der deutschen und europäischen
Politik nahm
KarlAugust ebenfalls hervorragenden
Anteil und stand 1806 als
General im preußischen
Heer. Der unglückliche
Krieg traf zumal S. sehr
hart, und nur mit Mühe wurde besonders durch das Eintreten
der Herzogin für ihren Gemahl das Herzogtum vor dem
Zorn des französischen
Kaisers gerettet. Auf demWiener Kongreß
ward S. zum Großherzogtum erhoben und sein Gebiet um 1700 qkm
(Weida und
Neustadt)
[* 6] vergrößert; hierzu kam durch Abtretung
von den sächsischen
Herzögen noch
Oldisleben.
Als erster deutscher
Fürst verlieh
KarlAugust 1816 dem Land eine freisinnige
Verfassung, welche er nach den
Karlsbader Beschlüssen
mit Mühe gegen die Reaktionsbestrebungen
Metternichs verteidigte; den Bundesbeschlüssen über die
Universitäten,
die Knebelung der
Presse
[* 7] u. a. mußte sich S. unterwerfen. Obwohl die
RegierungKarlFriedrichs (1828-53) wohlwollend und fürsorglich
war, kam es 1848 auch in
Weimar zu tobenden Kundgebungen des Volkswillens, und der
Großherzog willigte in die
Berufung des
Führers der
Opposition imLandtag, v.
Wydenbrugk, ins
Ministerium sowie in die Verschmelzung des
Kammervermögens
mit dem landschaftlichen; er erhielt nur eine
Zivilliste von 280,000 Thlr., welche er später freiwillig auf 250,000 Thlr.
herabsetzte.
Ein neues Wahlgesetz wurde erlassen, und der nach diesem gewählte
Landtag beschloß 1849-50 eine
Reform des Gerichtswesens
und der
Staatsverwaltung. Zwar konnte sich auch S. nicht ganz der reaktionären Strömung der damaligen
Zeit entziehen. Das Wahlgesetz von 1848 wurde wieder abgeändert und das
Gesetz über die Domänenfrage infolge eines
Protestes
der
Agnaten 1854 dahin modifiziert, daß das
Eigentum des
Haus- und
Staatsguts wieder geschieden werde, die
Verwaltung aber dem
Staat allein verbleiben solle.
In der deutschen
Frage hatte sich S. 1849 entschieden der preußischen Unionspolitik angeschlossen. In der
schleswig-holsteinischen
Frage trat S. unter Zustimmung des
Landtags für die
Rechte des Augustenburgers mit besonderm
Eifer
ein und schickte 1866 auch sein
Kontingent nach
Mainz,
[* 10] während es 14. Juni am
Bundestag gegen den österreichischen
Antrag stimmte
und nach der
Schlacht von
Königgrätz
[* 11] dem preußischen Bundesreformprojekt beitrat(5. Juli), aus
dem
DeutschenBund aber 9. Juli ausschied. Nachdem es dem Norddeutschen
Bund sich angeschlossen, wurde sein
Kontingent gemäß der
Militärkonvention mit
Preußen
[* 12] vom in das preußische Infanterieregiment Nr. 94 umgewandelt.
Die innere
Entwickelung wurde durch ein neues Wahlgesetz (1874) und die selbständige
Organisation derKirche gefördert.
Vgl.
Schütz, Das Staatsleben des Großherzogtums S. (Weim. 1861);
(Emendasaxonica), die
Entschädigung, die nach altem sächsischen
Rechte derjenige zu fordern berechtigt
war, welcher ungerechterweise gefangen gehalten worden war, und die nach dem Herkommen 40
Groschen Konventionsgeld
für jeden
Tag und jede
Nacht betrug.
(sächsische Frist), nach früherm sächsischen
Recht ein Zeitraum von 6
Wochen und 3
Tagen, erwachsen aus
der üblichen Verdreifachung der gewöhnlichen Gerichtsfrist von 14
Tagen.
Durch Hinzufügung dieser S. zur Jahresfrist entstand
das sogen. sächsische oder
Sachsenjahr (JahrundTag), bestehend aus 1 Jahr, 6
Wochen und 3
Tagen.
fränkischen Reichs hatte das Recht, abgesehen von einzelnen Stadt- und Hofrechten und von den Lehnrechten, sich fast nur durch
die Übung, wie sie in Urkunden und den Urteilen der Volksgerichte bezeugt wird, in Kenntnis erhalten und lediglich auf diesem
Weg eine Fortbildung erfahren. Die sehr spärliche gesetzgeberische Thätigkeit der Reichsregierung bezog
sich fast ausschließlich auf öffentliche Verhältnisse, und die Territorialgewalt war noch nicht hinlänglich erstarkt,
um solcher Thätigkeit sich zuzuwenden.
Dem hierdurch gegebenen Bedürfnis einer zusammenfassenden Aufzeichnung des geltenden Rechts kam zuerst der S. entgegen. Er
bezweckt eine Darstellung des geltenden sächsischen Rechts (Land- und Lehnrecht) und nennt sich selbst
»Spiegel
[* 23] der Sachsen«. Das Landrecht ist ursprünglich lateinisch, dann in niedersächsischer Mundart von dem sächsischen RitterEike v. Repgow (s. d.) um 1230, das Lehnrecht von demselben als Überarbeitung seines sogen. »Vetusauctor de beneficiis« geschrieben.
Obwohl lediglich Privatarbeit, erlangte der S. großes Ansehen und ausgedehnte Geltung. SeinGebrauch hat sich
auch über die Grenzen
[* 24] von Deutschland
[* 25] hinaus, auf der einen Seite bis in die Niederlande,
[* 26] auf der andern bis nach Polen und
Livland,
[* 27] erstreckt, und selbst die 1374 gegen den S. vom PapstGregor XI. erlassene Bulle schadete seinem Ansehen nicht. Er wurde
mehrmals in das Lateinische, ins Polnische und Holländische
[* 28] übersetzt. Der allgemeine Gebrauch dieses Rechtsbuches
hatte eine Reihe von Arbeiten zu gleichem Zweck zur Folge, welche sich näher oder entfernter an dasselbe anschließen.
Dahin gehören: der Deutschenspiegel, welcher um die Mitte des 13. Jahrh. in Süddeutschland
entstand;
das Rechtsbuch des Ruprecht von
Freising.
[* 29] In unmittelbarem Anschluß an den S. verfaßte der märkische RitterJohann v. Buch nach 1325 eine Glosse, worin er
das deutsche Recht mit dem römischen zu vereinigen suchte, und die von verschiedenen Seiten überarbeitet
ward.
Der praktische Gebrauch des Sachsenspiegels, obgleich er die Grundlage des sächsischen Rechts ist, hat heutzutage geringe
Bedeutung. Er hat noch Geltung in den großherzoglich und herzoglich sächsischen Ländern, im Anhaltischen, in Schwarzburg,
[* 30] Reuß,
[* 31] Schlesien,
[* 32] Holstein, Lauenburg,
[* 33] in der Stadt Lüneburg
[* 34] und in Wolfenbüttel.
[* 35] Von neuern Ausgaben des
Sachsenspiegels sind hervorzuheben die von Homeyer (Berl. 1827; 2. Ausg., mit dem Lehnrecht, 1835-44, 3 Bde.; 3. Ausg.
des 1. Teils 1861), Weiske (6. Aufl., Leipz. 1882), Sachße, mit hochdeutscher
Übersetzung (Heidelb. 1848), Göschen (Halle
[* 36] 1853), Lübben
[* 37] (Oldenb. 1879), in der niederländischen Rezension von de Geer (Haag
[* 38] 1888).
Ficker, Über die
Entstehungszeit des Sachsenspiegels (Innsbr. 1859);
Winter in den »Forschungen zur deutschen Geschichte« (Bd. 14 und
18, Götting. 1874-78).
Die Untersuchungen über die Glosse des Sachsenspiegels sind
zum Abschluß gebracht durch Steffenhagen, Die Entwickelung der
Landrechtsglosse des Sachsenspiegels (Wien
[* 39] 1881-1887, 9 Hefte).