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der Goldenen Aue kommende Helme [* 2] aufnimmt. Die Werra empfängt im Eisenachischen die Felda, die Ulster, die Suhl [* 3] und die Hörsel mit der Nesse. Das Amt Ostheim wird von der Streu, einem Nebenfluß der Fränkischen Saale, die Enklave Ilmenau von der Ilm bewässert. Mineralquellen besitzen Stadt-Sulza, Berka, Apolda, [* 4] Rastenberg und Luisenhall bei Stotternheim; eine indifferente kalte Quelle [* 5] hat Ruhla, ein berühmtes Kaltwasserbad Ilmenau. Das Klima [* 6] ist gemäßigt, rauh in den Thüringer Waldgegenden, mild im Saalthal, wo es selbst Weinbau gestattet. Die Luft ist allenthalben rein und gesund, endemische Krankheiten grassieren selten.
[Areal und Bevölkerung.]
Das Großherzogtum hat ein Areal von 3594,86 qkm (65,29 QM.) mit (1885) 313,946 Einw., die sich auf die drei Kreise [* 7] folgendermaßen verteilen:
Kreise | QKilom. | QMeilen | Einw. |
---|---|---|---|
Weimar | 1767 | 32.09 | 174451 |
Eisenach | 1199 | 21.78 | 89802 |
Neustadt | 629 | 11.42 | 49693 |
Am dichtesten ist hiernach die Bevölkerung [* 8] im Weimarer Kreis, [* 9] am schwächsten im Eisenacher Kreis. Gegen 1880, wo man 309,577 Einw. zählte, ist dieselbe um 1,41 Proz. gewachsen. In Bezug auf das Religionsbekenntnis waren 301,410 Protestanten, 10,831 Römisch-Katholische (wovon 8952 im Eisenacher Kreis), 1313 Israeliten (wovon wiederum allein im Eisenacher Kreis 1093). Die Bevölkerung lebt zu 39,4 Proz. in den 31 Städten des Landes und zu 60,6 Proz. in den 595 Landgemeinden. Unter den Städten sind nur 4 von mehr als 10,000 Seelen: Weimar, [* 10] Eisenach, [* 11] Apolda und Jena. [* 12] Die Bewohner gehören dem thüringischen, im Kreis Neustadt [* 13] dem vogtländischen Volksstamm an, der einen Übergang von den Thüringern und Obersachsen zu den Franken bildet.
Die Volksbildung steht auf einer hohen Stufe, und die Fortbildungsschule ist obligatorisch. Die Universität zu Jena unterhält S. gemeinsam mit den übrigen sachsen-ernestinischen Häusern; eine Kunst- (Maler-) Schule besteht zu Weimar, ebenda eine Orchesterschule; eine Hebammenschule in Jena. Gymnasien gibt es in Weimar, Eisenach und Jena und Realgymnasien in Eisenach und Weimar, Sekundärschulen in Eisenach, Apolda und Neustadt (vom Charakter der höhern Bürgerschulen), Schullehrerseminare zu Weimar und Eisenach.
Volksschulen zählte man 1884: 461, obligatorische Fortbildungsschulen für Knaben 426, Unterricht in weiblicher Handarbeit wird in 357 Orten erteilt. Die Volksschulen stehen unter 5 Schulämtern (für jeden Verwaltungsbezirk eins) und 5 Bezirksschulinspektoren. An Fachschulen bestehen 2 Baugewerkschulen (in Weimar und Stadt-Sulza), 2 Zeichenschulen (in Weimar und Eisenach), 1 Gewerbeschule und mehrere Gewerkschulen. Ferner gehören hierher das Taubstummen- und Blindeninstitut zu Weimar und das Falksche Institut für verlassene und verwahrloste Kinder.
Außer der Universitätsbibliothek zu Jena (200,000 Bände und zahlreiche Manuskripte) befindet sich eine ausgezeichnete Bibliothek in Weimar (200,000 Bände, ohne die Handschriften) mit Münz-, Medaillen-, Kunst- und Antiquitätenkabinett sowie auch eine Siegelsammlung. Das großherzogliche Museum zu Weimar (1869 eröffnet) enthält Skulpturen, Gemälde (Preller-Galerie), Kartons und Handzeichnungen (Carstens, Schwind etc.). Stiche, Miniaturen, Pasten, Gemmenabdrücke und eine kunstgewerbliche Abteilung.
[Erwerbszweige.]
Der wichtigste Nahrungszweig für die Bewohner ist die Landwirtschaft. Von der Gesamtfläche nehmen Ackerland und Weinberge 54,99 Proz., Waldungen 25,48, Wiesen 9,06, Triften, Obstanlagen, Wege 7,51, Hofraiten und Gärten 2,12, Gewässer 0,84 Proz. ein. Landwirtschaftlich am höchsten entwickelt sind der Weimarer und der Neustädter Kreis, ferner die in der Goldenen Aue gelegenen Enklaven Allstedt und Oldisleben; der berg- und waldreiche Eisenacher Kreis steht schon zurück, mehr noch die Enklave Ilmenau, welche ein reines Berg- und Waldrevier darstellt. Anbau und Ernte [* 14] betrugen 1887:
Produkte | Hektar | Körner | |
---|---|---|---|
Doppelzentner | Doppelzentner auf den Hektar | ||
Weizen | 20740 | 250256 | 12.1 |
Roggen | 31428 | 358873 | 11.4 |
Gerste | 27736 | 351201 | 12.7 |
Hafer | 33683 | 359364 | 10.7 |
Erbsen | 3035 | 27738 | 9.1 |
Kartoffeln | 20873 | 2229032 | 106.8 |
Winterölfrucht | 2093 | 30635 | 14.6 |
Heu | |||
Futterkräuter | 25030 | 953689 | 38.1 |
Heu und Grumt | 31925 | 962947 | 30.2 |
Knollen | |||
Futterrüben | 8630 | 1327006 | 153.8 |
Sonst werden noch Flachs und Mohn in geringer Menge gebaut. Von großem Belang sind der Gartenbau und die Obstkultur. Letztere ist über das ganze Land verbreitet, am blühendsten aber um Jena, im Gleißethal von Dornburg nach Bürgel, an der untern Ilm und in einigen Teilen des Eisenacher Oberlandes. Ein bedeutender Ausfuhrartikel sind Pflaumen und Zwetschen. Förderungsmittel der Obstkultur und des Gartenbaues sind die Landesbaumschule zu Weimar und Gartenbauvereine.
Weinbau findet um Jena, Dornburg, Stadt-Sulza, Ziegenhain, Golmsdorf etc. statt. Die Wiesenkultur ist in den Kreisen Eisenach und Neustadt a. O. am ansehnlichsten. Zur Hebung [* 15] und Förderung der gesamten Landwirtschaft besteht eine landwirtschaftliche Zentralstelle zu Weimar. Eine Ackerbauschule besitzt Zwätzen, eine mit der Universität im Zusammenhang stehende Lehranstalt und landwirtschaftliche Versuchsstation Jena. Um der Landwirtschaft die Beschaffung wohlfeilen Kapitals zu ermöglichen, ward 1870 die Landeskreditkasse gegründet.
Der zweite Hauptzweig der Landwirtschaft, die Viehzucht, [* 16] ist ebenfalls in blühendem Zustand. Die Pferdezucht [* 17] ist durch die großherzogliche Stuterei zu Allstedt sehr gehoben worden. Die Rindviehzucht ist besonders stark im Neustädter Kreis, die Schaf- und Schweinezucht im Weimarer Kreis. Die Viehzählung vom ergab 17,271 Pferde, [* 18] 37 Esel und Maultiere, 110,092 Stück Rindvieh, 145,442 Schafe, [* 19] 101,443 Schweine, [* 20] 41,291 Ziegen und 15,609 Bienenstöcke.
Edelwild findet sich als Standwild nur in den Forsten der Inspektionsbezirke Eisenach, Ilmenau und Zillbach. Ungefähr die Hälfte aller Waldungen des Landes sind im großherzoglichen Domanialbesitz, nämlich 43,533 Hektar; die vorherrschenden Holzarten sind Buche, Kiefer und Fichte, [* 21] welch letztere namentlich in den Thüringer Waldbezirken oft reine, ausgedehnte Bestände bildet. Die oberste technische Forstbehörde ist die Forsttaxationskommission zu Eisenach; sonst bestehen unter dem Finanzdepartement des Ministeriums, dem das gesamte Forstwesen unterstellt ist, sechs Forstinspektionen, die wieder in Reviere abgeteilt sind. Eine Forstlehranstalt besteht zu Eisenach. ¶
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Was die industrielle Thätigkeit betrifft, so ist der Berg- und Hüttenbetrieb gegen früher zurückgegangen. Erwähnung verdienen die in Bürgel für den Export fabrizierten Topfwaren; Betriebe für Porzellanfabrikation und -Veredelung gab es 1882: 39. Glashütten sind in Ilmenau und dem benachbarten Stützerbach. Was die Metall verarbeitenden Gewerbe anbetrifft, so wurden gezählt im ganzen Land: 24 Goldarbeiterwerkstätten, 22 Kupferschmieden, 62 Betriebe für Erzeugung und Verarbeitung von Metalllegierungen aller Art, 4 Eisengießereien, 83 Betriebe für Fabrikation von Maschinen und Apparaten, 77 für Instrumente und Apparate (darunter die renommierte Zeißsche Werkstätte für Mikroskope [* 23] in Jena und ansehnliche Fabriken von Glasinstrumenten im Amt Ilmenau), 39 Betriebe für Musikinstrumente, 11 für chemische Erzeugnisse und 10 für Harze und Firnisse.
Von hervorragender Bedeutung im wirtschaftlichen Leben des Großherzogtums sind die mannigfachen Zweige und Arten einer ausgebreiteten Textilindustrie. Was zunächst die Wollspinnerei und -Weberei anlangt, so zählte man in derselben 760 Betriebe, worunter 695 Hauptbetriebe waren, in denen 2398 Personen beschäftigt wurden; zu 80 Proz. fällt diese Tuchindustrie allein auf Neustadt a. O. und den dazu gehörigen Amtsbezirk, sonst befindet sich ein bedeutendes Etablissement der Art in Wenigenjena bei Jena.
Eine große Kammgarnspinnerei, die größte des Großherzogtums überhaupt, ist die der Firma Eichel u. Cramer in Eisenach. Der Kammgarnwebereibetrieb ist besonders im Neustädter Kreis heimisch. Gemischte Weberei [* 24] findet sich in Blankenhain und Weida. Von europäischem Ruf ist die Strumpfwirkerei Apoldas (s. d.). Im ganzen zählte man im Großherzogtum 1607 Betriebe für Strumpfwarenfabrikation, von denen 1523 Hauptbetriebe mit 4490 darin beschäftigten Personen waren.
Außerhalb Apolda kommt Strumpfwarenfabrikation konzentrierter noch in Stadt-Remda vor; von hier ging auch die sogen. Waldwollfabrikation aus, die jetzt dort schwunghaft betrieben wird. Ferner zählte man 41 Betriebe für Posamenten, 133 für Seilerwaren, 10 Papier- und Pappefabriken etc. (größtes Etablissement zu Oberweimar) sowie 27 Betriebe für Steinpappe und Papiermachéfabrikation, zahlreiche Gerbereien (besonders im Neustädter Kreis) und bedeutende Pfeifen- und Meerschaumwarenfabrikation in Ruhla. Im Eisenacher Kreis findet sich das Gewerbe der Korkschneider, welches in 151 Betrieben, ganz besonders aber als Hausindustrie betrieben wird (Hauptorte sind Geisa und Dermbach). In Empfertshausen bei Dermbach ist eine Schnitzschule für Pfeifen und andre feine Holzschnitzereien.
Ferner gab es 2 Rübenzuckerfabriken, 257 Brauereien (die bedeutendsten in Weimar, Ehringsdorf, Eisenach, Berka a. W., Ilmenau, Apolda, Allstedt, Wickerstedt bei Apolda, Jena; auch die sogen. Weißbierdörfer, die bedeutende Quantitäten versenden, verdienen erwähnt zu werden), Handschuhfabriken in Weimar und Ilmenau und Tuchschuhfabriken in Weida. Buchdruckereien und Steindruckereien zählte man 45 (die bedeutendsten in Weimar und Jena). Ein geographisches Institut besteht in Weimar.
Der Handelsverkehr des Großherzogtums ist ein sehr lebhafter. Dasselbe gehört zum Thüringer Zoll- und Handelsverein, mit Ausnahme der Enklave Ostheim, die unter bayrischer, und der Enklaven Allstedt und Oldisleben, die unter preußischer Zollverwaltung stehen. Ansehnlichere Handelsplätze sind Weimar und Eisenach. Die Hauptausfuhrartikel bilden Getreide, [* 25] Obst, Holz, [* 26] Wacholderbeeren, Pottasche, Wildbret, Wolle, Woll-, Baumwoll- und Leinenwaren, Strumpfwaren, Barchent, Ruhlaer Kurzwaren, Eisenacher und Ilmenauer Fabrikate, Wurstwaren, Porzellan, Glas [* 27] und Töpferwaren etc. 16 Eisenbahnlinien durchziehen das Großherzogtum in einer Gesamtlänge von 376 km. Darunter sind die frühere Thüringische Bahn, jetzt Preußische Staatsbahn (auf 74 km) im Weimarer und Eisenacher Kreis, die Werrabahn (auf 18 km) im Eisenacher Kreis, die Saalbahn, die Saal-Unstrutbahn, die Linien Erfurt-Sangerhausen und Weimar-Gera im Weimarer Kreis, die Linien Gera-Eichicht, Weida-Mehltheuer, Wolfsgefärth-Weischlitz, Weida-Werdau im Neustädter Kreis; die Enklave Ilmenau wird berührt durch die Eisenbahnen von Arnstadt [* 28] nach Ilmenau und von Ilmenau nach Großbreitenbach.
Ferner bestehen Sekundärbahnen von Weimar nach Blankenhain und Sömmerda (mit beschlossener Fortsetzung nach Kranichfeld), ferner von Weimar nach Horstenberg und Großrudestedt sowie die Feldabahn im Eisenacher Oberland von Salzungen nach Vacha, Dermbach und Kaltennordheim. Im Bau ist die Bahn von Triptis nach Blankenstein im Neustädter Kreis. Die Länge der Chausseen betrug Ende 1886: 1913 km. In der Stadt Weimar bestehen eine Bank und die schon oben erwähnte Landeskreditkasse. Ende 1886 zählte man ferner im Großherzogtum 18 Sparkassen, in denen 27,985,372 Mk. hinterlegt waren; außerdem gibt es an mehreren Orten auf Selbsthilfe gegründete Vorschuß- und Kreditvereine, staatliche Leih- und Pfandhäuser zu Eisenach und Weimar.
[Verfassung und Verwaltung.]
Das Großherzogtum hat eine konstitutionell-monarchische Verfassung, welche vom datiert (also die erste in ganz Deutschland) [* 29] und durch das Grundgesetz vom revidiert worden ist. Danach besitzt der Großherzog (gegenwärtig Karl Alexander, geb. regiert seit alle Rechte der Staatsgewalt, soweit dieselben nicht durch die deutsche Reichsverfassung von 1871 auf das Reich übergegangen sind, ist jedoch bei Ausübung der Landesgesetzgebung und Besteuerung an die entscheidende Mitwirkung des Landtags gebunden.
Der Großherzog wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahr großjährig. Das großherzogliche Haus bezieht eine Zivilliste von 930,000 Mk. Der Thron [* 30] ist nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge im Mannesstamm des großherzoglichen sächsischen Hauses erblich, des ältesten Zweigs der Ernestinischen Linie des Gesamthauses Sachsen. [* 31] Zwischen den Gliedern dieser Familie besteht ein enger Hausverband, wonach der älteste Fürst als Senior fungiert und beim Aussterben des einen oder des andern Zweigs die übrigen in der Regierung folgen.
Auch steht die Ernestinische Linie mit der Albertinischen oder dem königlich sächsischen Haus in Erbverbrüderung. Der Großherzog bekennt sich zur evangelisch-lutherischen Kirche. Der Landtag des Großherzogtums besteht aus 31 Abgeordneten, von denen einer aus der Wahl der begüterten ehemaligen Reichsritterschaft, 4 aus der Wahl der Besitzer eines inländischen Grundeigentums von wenigstens 3000 Mk. jährlicher Rente, 5 aus der Wahl derjenigen Staatsunterthanen, welche aus andern Quellen als dem Grundbesitz ein jährliches Einkommen von wenigstens 3000 Mk. beziehen, und 21 aus allgemeinen, indirekten Wahlen hervorgehen. Nach dem Wahlgesetz vom ist Urwähler und kann Wahlmann werden jeder, der die allgemeinen Eigenschaften eines Wählers hat, 25 Jahre ¶