Der Ostkreis hat einen sanft gewellten
Boden und gehört dem vogtländischen Bergland an; der Westkreis dagegen ist gebirgig
und liegt teils im osterländischen Plateauland, teils auf der thüringischen Hochfläche. Jener gehört zu den fruchtbarsten
Landstrichen
Deutschlands;
[* 19] dieser hat weniger ergiebigen
Boden, aber ausgedehnte Waldungen und erreicht
nördlich von Hohendorf bei
Eisenberg eine
Höhe von 333 m. Der Ostkreis wird von
Süden nach N. von der aus dem
KönigreichSachsen kommenden und wieder in dasselbe übertretenden
Pleiße durchflossen, welche links die Sprotta, in
Sachsen aber die
im Altenburgischen, unweit der Landesgrenze, entspringende Wihra aufnimmt. Ein kleiner Teil des Ostkreises wird von der Schnauder,
einem Zufluß der
Elster,
[* 20] bewässert, welch letztere auf eine ganz kurze
Strecke den Ostkreis berührt. Im Westkreis ist die
Saale der Hauptfluß, welcher die
Orla und
Roda aufnimmt.
Teiche finden sich an mehreren
Orten. Eine
Mineralquelle
mit Badeanstalt
[* 21] hat
Ronneburg. Das
Klima
[* 22] des
Landes ist angenehm und gesund, die
Temperatur gleichmäßig.
Areal u.
Bevölkerung
[* 23] (1885):
Ostkreis
656.77
QKilom.
(11.92
QM.)
mit
111403
Einw.
Westkreis
666.98
".
(12.11
")
"
50057
".
Zusammen
1323.75
QKilom.
(24.03
QM.)
mit
161460
Einwohn.
Die Bewohner sindObersachsen, daneben im Ostkreis
ca. 20,000 germanisierte
Wenden, die
durch eigne
Tracht
und
Sitte, aber auch durch musterhaften Betrieb der
Landwirtschaft ausgezeichneten sogen.
AltenburgerBauern. Dem Religionsbekenntnis
nach waren 1885: 160,163
Protestanten, 1113 Katholiken, 140 sonstige
Christen und 39
Juden. Für die geistigeBildung ist wohl
gesorgt. Außer der mit den übrigen sachsen-ernestinischen
Ländern gemeinschaftlich unterhaltenen Landesuniversität
zu
Jena
[* 24] besitzt das Herzogtum Landesgymnasien zu
Altenburg und
Eisenberg, eine
Realschule zu
Altenburg, ein Schullehrerseminar,
eine
Handelsschule, ein
Institut für
Erziehung adliger
Fräulein (Magdalenenstift), eine höhere Töchterschule (Karolinenschule),
eine
Kunst- und Handwerksschule, eine landwirtschaftliche
Schule, 182
Bürger- und
Volksschulen, in den
Städten gewerbliche
Fortbildungsschulen, das v. Lindenausche Kunstmuseum nebst Zeichen- und Modellierschule und
wertvolle Vereinssammlungen.
[Erwerbszweige.]
Die bis in die neueste Zeit fortgeführten
Grundsteuerkataster verzeichnen folgende
Arten der Bodenbenutzung:
Was das
Eigentum am
Grund und
Boden betrifft, so waren 19,590
Hektar (14,8 Proz. der Gesamtfläche) öffentlicher
und fiskalischer Grundbesitz (inkl. des nunmehr in herzogliches Hausgut umgewandelten
Anteils am Domanialvermögen), 2715
Hektar
(2,1 Proz.) Grundbesitz der
Kirchen,
Schulen und milden
Stiftungen, 3314
Hektar (2,5 Proz.) Gemeindegrundbesitz, 106,533 (80,6
Proz.) Privatgrundbesitz und zwar unter letzterm wieder 12,986
Hektar ritterschaftlicher Grundbesitz.
Der Ostkreis liefert
Getreide
[* 25] im Überfluß, während der Westkreis der Zufuhr bedarf. Von der landwirtschaftlich benutzten
Fläche waren 1887: 8,52 Proz. mit
Weizen, 21,02 mit
Roggen, 10,44 mit
Gerste,
[* 26] 18,41 mit
Hafer,
[* 27] 9,94 mit
Kartoffeln, 10,57 mit
Futterkräutern, 13,90 mit
Heu und
Grumt, 0,82 mit Ölfrüchten, 1,54 Proz.
mit
Wicken und
Erbsen bestellt. Obstbau wird besonders im Saalthal betrieben, Gemüsebau namentlich im Ostkreis, wo die
Gärtnerei
sehr in
Blüte
[* 28] steht.
Den Viehstand anlangend, so zählte man im Herzogtum 9934
Pferde,
[* 29] 60,335
StückRindvieh, 20,996
Schafe,
[* 30] 46,387
Schweine,
[* 31] 12,420Ziegen, 5988
Bienenstöcke. Die
Forsten bestehen zum größten Teil aus Nadelholz. Im Westkreis befindet
sich ein weit ausgedehnter
Wildpark
(Hummelshain).
Bergbau
[* 32] wird betrieben auf
Braunkohlen und
Torf, und zwar waren nach der Berufszählung
von 1882 in 32 Braunkohlenbergwerken und Braunkohlenbrikettfabriken 1246, in 19 Torfgräbereien 143
Personen beschäftigt;
dieser Betrieb gehört durchaus dem Ostkreis an. In zahlreichen
Brüchen werden vortreffliche
Steine
(Sand-
und Kalkarten) gebrochen.
Was die
Industrie betrifft, so zählte man 1882: 134 Ziegeleien und Thonröhrenfabriken und 46 Betriebe zur Porzellanfabrikation
und
-Veredelung. Die Porzellanindustrie gehört zum weitaus größten Teil dem Westkreis an. In
Altenburg bestehen bedeutende
Fabriken und Werkstätten für
Geschirr und Wagenbeschläge sowie für feuerfeste
Geldschränke.
Ferner wurden
im Herzogtum gezählt: 130 Betriebe für Fabrikation von
Maschinen und
Apparaten, 31 Betriebe für
Musikinstrumente. Was die
Textilindustrie betrifft, so
gab es 13 Betriebe für Wollspinnerei, 310 Betriebe für Wollweberei und 217 Betriebe für Leinweberei.
Papier- und Pappefabriken zählte man 5,
Gerbereien 62. Die Holzindustrien
¶
mehr
sind zahlreich vertreten, allein für Dreh- und Schnitzwaren sind 1606 Personen in 89 Hauptbetrieben thätig; beträchtlich
ist die Steinnußknopfdreherei der StädteSchmölln, Gößnitz etc. Brauereien wurden 75 gezählt, darunter die Altenburger Aktienbrauerei
zu Kauerndorf bei Altenburg. In der Tabaksfabrikation, die fast ganz in den Ostkreis fällt und zwar besonders in
und um Altenburg zu Hause ist, waren in 155 Hauptbetrieben 1062 Personen beschäftigt. In Altenburg existieren ferner ansehnliche
Hut- und Filzwarenfabriken; auch ist es der Vorort einer als Hausindustrie weit über die Grenzen
[* 34] des Herzogtums hinausgreifenden
Handschuhfabrikation.
Die Schuhmacherei wird besonders in Eisenberg schwunghaft betrieben. Buch- und Steindruckereien gab es 20 (darunter
die Pierersche Hofbuchdruckerei). Der Handelsstand ist stark und mit zum Teil bedeutenden Firmen vertreten, besonders ist
der Detailhandel von Belang. Ausfuhrartikel sind im Ostkreis vorzugsweise Getreide, Vieh, landwirtschaftliche Milchprodukte,
Braunkohlen, Briketts, Torf, Glas,
[* 35] Handschuhe etc.; im Westkreis Nutz- und Brennholz, Holzwaren, Porzellan, Schamottesteine, Leder
etc. Der wichtigste Handelsplatz ist Altenburg.
Die Verfassung des Landes ist die konstitutionell-monarchische und beruht auf dem Grundgesetz vom und
dem Gesetz vom Der gegenwärtige Herzog Ernst, geb. regiert seit Die
Landstände sind nach dem Gesetz vom neu organisiert und setzen sich aus 30 Abgeordneten zusammen, welche sämtlich
aus direkter Wahl hervorgehen, und zwar werden gewählt 9 Abgeordnete von der Stadtbevölkerung, 12 von den Bewohnern des
platten Landes, 9 von den Höchstbesteuerten.
Wähler ist jeder selbständige männliche Staatsbürger, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat und eine direkte Steuer
an den Staat entrichtet. Die passive Wählbarkeit ist an die Bedingung geknüpft, daß der zu Wählende mindestens drei Jahre
lang dem Staatsverband des Herzogtums angehört habe. Die Abgeordneten werden auf drei Jahre gewählt. Die
oberste Behörde für die Staatsverwaltung ist das Ministerium, das in drei Abteilungen zerfällt: Inneres, Justiz und Finanzen.
Der Finanzetat ist für die dreijährige Finanzperiode 1887/89 mit jährlich 2,735,974 Mk. Einnahme und 2,725,078 Mk. Ausgabe
festgestellt worden. Der Vermögensbestand bei der Staatsverwaltung des Herzogtums ergab am 6,754,686 Mk. Aktiva,
1,050,766 Mk. Passiva, Überschuß 5,703,920 Mk. Die definitive Regulierung
der Rechtsverhältnisse an dem bedeutenden Domänenvermögen (man schätzt es auf 24 Mill. Mk.)
erfolgte durch Gesetz vom nach welchem es zu zwei Dritteilen dem herzoglichen Haus, zu einem Dritteil dem Land
zu ausschließlichem Eigentum überwiesen ward.
Der Anteil des herzoglichen Hauses ist dadurch volles Privateigentum desselben geworden und hat unter dem Namen
»Domänenfideikommiß des herzoglichen Hauses S.« die Eigenschaft eines Haus- und Familienfideikommisses. Damit ist das Recht
des regierenden Herzogs auf den Bezug einer Zivilliste (Domanialrente) und aller andern Leistungen, welche dem Staatsfiskus
außerdem noch für die Hofhaltung des regierenden Herzogs und die Unterhaltung der Herzogsfamilie oblagen, erloschen.