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Aber er war nicht gesonnen, sich seinem Ernestinischen Vetter unterzuordnen, geriet mit Johann Friedrich besonders wegen der sächsischen Bistümer in offenen Streit, trat beim Ausbruch des Schmalkaldischen Kriegs 1546 in geheime Verbindung mit dem Kaiser und fiel, nachdem ihm die Übertragung der Kur versprochen worden, in dessen Lande ein, während die Verbündeten in Süddeutschland standen. Johann Friedrich eilte sofort herbei, trieb Moritz bis zur böhmischen Grenze zurück, ward aber vom nachrückenden kaiserlichen Heer bei Mühlberg geschlagen und gefangen und mußte in der Wittenberger Kapitulation auf die Kur und den größten Teil seiner Lande verzichten, mit denen 4. Juni Moritz vom Kaiser belehnt wurde. Den Ernestinern blieben nur die meisten Besitzungen in Thüringen (s. Sachsen, [* 2] Ernest. Linie, S. 125). An König Ferdinand von Böhmen [* 3] mußte Moritz das Herzogtum Sagan [* 4] u. die Lehnshoheit über Reuß [* 5] abtreten.
Um seinen Verrat an seinen Glaubensgenossen zu sühnen und die kirchliche und politische Unterjochung Deutschlands [* 6] durch die Spanier abzuwehren, erhob sich Moritz 1552 gegen Karl V. und zwang ihn zum Passauer Vertrag, welcher den evangelischen Reichsständen Religionsfreiheit zusicherte. Nachdem er an der bei Sievershausen empfangenen Wunde 11. Juli gestorben war, folgte ihm sein Bruder August (1553-86) als Kurfürst. Mit seinen Ernestinischen Vettern setzte er sich durch den Naumburger Vertrag auseinander, schädigte dieselben aber schwer, indem er die Vollstreckung der Acht gegen Johann Friedrich den Mittlern übernahm, sich für die Kosten derselben vier Ämter abtreten ließ und ihnen einen großen Teil der hennebergischen Erbschaft entriß.
Aus Furcht davor, daß ihm die Kur wieder entrissen werden könne, hielt er ängstlich am Augsburger Religionsfrieden fest und schloß sich eng an das Haus Österreich [* 7] an. Die Wühlereien der päpstlichen Partei für die Gegenreformation ließ er unbeachtet, und während bisher seine Universität Wittenberg [* 8] mit dem streng lutherischen Jena [* 9] heftige theologische Kämpfe ausgefochten hatte, wurden 1574 die Philippisten auch in S. gestürzt und durch die Einführung der Konkordienformel (1580) die lutherische Orthodoxie zur Herrschaft erhoben. Im Innern schuf August durch seine Gesetzgebung (besonders die Konstitutionen von 1572) ein wohlgeordnetes Staatswesen, organisierte die Behörden, regelte die Finanzverwaltung und beförderte, hauptsächlich durch eignes Beispiel bei der Bewirtschaftung der Kammergüter, Ackerbau, Gewerbe und Handel.
Das Gebiet seines Staats rundete er durch neue Erwerbungen ab, bei denen er in den Mitteln allerdings nicht wählerisch war. So erlangte er 1570 von den Herren von Plauen [* 10] das Vogtland wieder, erwarb 1573 von den Grafen von Mansfeld deren Halberstädter Lehen und erhielt 1581 die Administration des Stifts Meißen. [* 11] Das Albertinische S. bildete ein geschlossenes Territorium, das in Kreise [* 12] eingeteilt war: den Kurkreis, Thüringen, Meißen, wovon 1691 der erzgebirgische Kreis [* 13] abgetrennt wurde, das Osterland und das Vogtland, wozu 1588 noch der Neustädter Kreis kam.
Unter Augusts Sohn Christian I. (1586-91) strebte der Kanzler Crell, der katholischen Reaktion einen protestantischen Bund entgegenzustellen; aber der frühe Tod des Kurfürsten vereitelte denselben, und unter der Vormundschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm von Altenburg [* 14] (bis 1601) für Christian II. (1591-1611) führte das Bündnis des sächsischen Adels mit der orthodox-lutherischen Partei den Sturz Crells herbei, worauf die Herrschaft des strengen Luthertums durch Einführung des Religionseides und unnachsichtliche Verfolgung des Kryptocalvinismus gesichert wurde.
Hiermit trennte sich S. ganz von den reformierten Reichsständen; es beteiligte sich nicht an dem Widerstand gegen die immer gefährlichere Gegenreformation und schloß sich der Union nicht an, verlor aber damit auch allen Einfluß in Reichs- und Religionsangelegenheiten und erwarb im jülich-klevischen E rbstreit nichts als Titel und Wappen [* 15] dieser Herzogtümer. Dieser Politik blieb Christians II. Bruder, Kurfürst Johann Georg I. (1611-56), auch während des Dreißigjährigen Kriegs getreu. Er lehnte 1619 die ihm angebotene böhmische Krone nicht nur ab, sondern unterstützte auch Kaiser Ferdinand bei der Unterwerfung Schlesiens und der Lausitz und beobachtete aus Trägheit und Selbstsucht eine unfruchtbare Neutralität, bis Tillys Einbruch in S. ihn 1631 auf Gustav Adolfs Seite trieb.
Die sächsischen Truppen nahmen an der Schlacht bei Breitenfeld [* 16] teil und rückten dann in Böhmen ein, woraus sie Wallenstein 1632 vertrieb. Nach dem Tod Gustav Adolfs und der Niederlage der Schweden [* 17] bei Nördlingen [* 18] (1634) kehrte S. jedoch im Frieden von Prag [* 19] der ihm den erblichen Besitz der Lausitzen einbrachte, zu dem Bund mit dem Kaiser zurück. Für diesen Abfall nahmen die Schweden die grausamste Rache in wiederholten Einfällen, von denen dasselbe erst durch den Waffenstillstand zu Kötzschenbroda erlöst wurde. 1650 räumten die Schweden das Land gänzlich, nachdem dessen Anteil an der schwedischen Kriegskontribution, 267,107 Thlr., abgezahlt worden. Die Bevölkerung [* 20] war von 3 Mill. auf die Hälfte vermindert, Wohlstand, Handel, Gewerbe und Bildung auf lange schwer geschädigt, fast vernichtet.
Die kursächsischen Nebenlinien.
Einen erheblichen Abbruch erlitt der sächsische Staat dadurch, daß Johann Georg I. durch sein Testament seine jüngern Söhne, August, Christian und Moritz, mit ansehnlichen Gebieten ausstattete und Kurfürst Johann Georg II. (1656-80) dies im Hauptvergleich zu Dresden [* 21] anerkannte. So entstanden die drei Linien S.-Weißenfels, S.-Merseburg und S.-Zeitz. Die Linie S.-Weißenfels, von Herzog August, Administrator von Magdeburg, [* 22] begründet und nach dessen Residenz Halle [* 23] auch S.-Halle benannt, erhielt die vier magdeburgischen Ämter Burg, Dahme, Jüterbog [* 24] und Querfurt, Barby und den ganzen Thüringischen Kreis.
Nach seinem Tod (1680) fiel das Stift Magdeburg an Brandenburg, [* 25] während ihm in Weißenfels [* 26] sein älterer Sohn, Johann Adolf I., folgte, der jüngere, Heinrich, aber die Nebenlinie S.-Barby stiftete, die jedoch mit Heinrichs Sohn und Erben Georg Albrecht 1739 wieder erlosch. Johann Adolf trat 1687 Burg an Brandenburg ab, das dafür auf die Lehnshoheit über Dahme, Jüterbog und Querfurt verzichtete, und erlangte für letzteres, das 1688 zum Fürstentum erhoben wurde, die Reichsstandschaft, aber nicht Sitz und Stimme auf dem Reichstag. Ihm folgten 1697 sein Sohn Johann Georg und diesem 1712 sein Bruder Christian, welche das Land durch Verschwendung in große Schulden stürzten; diese tilgte der sparsame jüngste Bruder, Johann Adolf II. (1736-46), der das sächsische Heer im ersten und zweiten Schlesischen Krieg befehligte. Mit ihm erlosch die Linie S.-Weißenfels, und ihre Besitzungen fielen an Kursachsen zurück. ¶
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Die Linie S.-Merseburg gründete Christian I.; sie erhielt außer dem Stift Merseburg [* 28] die Niederlausitz und die Städte Delitzsch, [* 29] Bitterfeld, [* 30] Zörbig, Dobrilugk und Finsterwalde. Ihm folgten sein Sohn Christian II. (1691-94), dann dessen Sohn Moritz Wilhelm (1691-1731), nach dessen kinderlosem Tod Christians I. jüngster Sohn, Heinrich, das Land erbte, das an Kursachsen zurückfiel, als 1738 mit Heinrich die Linie S.-Merseburg erlosch. Der Gründer der dritten Linie, S.-Zeitz, Moritz, erhielt außer dem Stift Naumburg-Zeitz den Vogtländischen und Neustädter Kreis, Tautenburg und den Albertinischen Anteil an Henneberg; er erbaute in Zeitz [* 31] die Moritzburg.
Ihm folgte 1681 sein Sohn Moritz Wilhelm, der 1715 auf Zureden seines Bruders, des Kardinals Christian August, katholisch wurde, deshalb seine Länder an Kursachsen abtrat und 1718, nachdem er kurz zuvor wieder zur lutherischen Kirche übergetreten, auf dem Schloß Osterburg bei Weida starb. Eine von Friedrich Heinrich, Moritz' jüngerm Sohn, gegründete Nebenlinie, S.-Neustadt, starb mit demselben 1713 wieder aus, da sein Sohn Moritz Adolf katholisch wurde und daher seine Erbrechte an Kursachsen abtrat; derselbe starb 1759 als Bischof von Leitmeritz.
Sachsen in Verbindung mit Polen.
Seit Kurfürst Johann Georg II. (1656-80) entwickelte der sächsische Hof [* 32] eine Prachtliebe, welche zwar Dresden zu einem Mittelpunkt italienischer und französischer Kunst in Deutschland [* 33] machte, aber die Finanzen des Staats zerrüttete; der Adel gewöhnte sich an den Genuß der Hofämter, und fremde Abenteurer sammelten sich in Dresden an. Sein Sohn Johann Georg III. (1680-91) war kriegerisch gesinnt, errichtete das erste stehende Heer in S. und nahm an den Kriegen des Kaisers und Reichs gegen die Türken, namentlich am Entsatz von Wien [* 34] und am Kriege gegen Frankreich (seit 1689), hervorragenden Anteil.
Nach seinem frühen Tod folgte ihm zunächst sein älterer Sohn, Johann Georg IV. (1691-94), dann der jüngere, Friedrich August I. (1694-1733), der an Prachtliebe und Verschwendungssucht seinem Großvater glich und daher 1697 die sächsischen Ansprüche an das 1689 erledigte Sachsen-Lauenburg für 1,100,000 Gulden an Braunschweig [* 35] verkaufte. Um seinen eitlen Wunsch nach einer Königskrone zu befriedigen und in Polen zum König gewählt zu werden, trat er 1697 zur katholischen Kirche über und wandte ungeheure Summen zur Bestechung des polnischen Reichstags auf.
Durch den halb erzwungenen Übertritt des Kurprinzen zum Katholizismus (1717) wurde die Albertinische Linie dauernd der römischen Kirche gewonnen, die sofort unter dem Schutz Friedrich Augusts die Propaganda in S. begann. In Dresden wurde katholischer Gottesdienst eingeführt und ein katholischer Ausländer, Fürst von Fürstenberg, zum Statthalter ernannt. Die Stände, welche, nur ihre Sonderrechte und Interessen verfolgend, mit dem Volke keinen Zusammenhang hatten und sich vom Landesherrn die schwersten Eingriffe in ihre Rechte, wie die Einführung der Generalaccise und die Einsetzung des Geheimen Kabinetts, gefallen lassen mußten, wahrten wenigstens den Bestand der evangelischen Kirche in S. durch Einsetzung des Geheimen Kirchenrats, der das Direktorium in allen Kirchensachen erhielt.
Der Übertritt Friedrich Augusts zur römischen Kirche und seine Erhebung zum König von Polen (als August II.) waren für S. von nachteiligen Folgen. Zunächst verlor das Haus Wettin für immer seine Stellung an der Spitze der Protestanten im Reich an Brandenburg. Dann verwickelte das Streben Augusts, durch einen ruhmvollen Krieg und Eroberungen die königliche Gewalt in Polen zu kräftigen, S. in den Nordischen Krieg, welcher von August zumeist auf sächsische Kosten mit sächsischen Truppen geführt wurde und Karl XII. 1706 zu einem Einfall in S. veranlaßte, der dem Land bedeutende Opfer auferlegte.
Zur Bestreitung der Kriegskosten verkaufte August nicht unbedeutende Gebietsteile an die Nachbarfürsten. Dresden allerdings wurde unter ihm eine glänzende Königsstadt mit herrlichen Palästen und Anlagen, Theater [* 36] und Kunstsammlungen und auch sein Sohn Friedrich August II. (1733-1764), als König von Polen August III., pflegte die Künste, regierte aber sonst nicht zum Heil Sachsens. Er wurde beherrscht von dem allmächtigen Premierminister Grafen Brühl, der durch seine Verschwendung die Kräfte des Landes vergeudete und es in verderbliche Kriege verwickelte.
Nachdem der Kurfürst bei Beginn des österreichischen Erbfolgekriegs vergeblich versucht hatte, zur Entschädigung für das Erbrecht seiner Gemahlin, einer Tochter Kaiser Josephs I., ein österreichisches Kronland zu erlangen, schloß er sich im zweiten Schlesischen Krieg an Österreich an; doch wurden die sächsischen Truppen bei Striegau [* 37] und Kesselsdorf (15. Dez.) besiegt, und S. mußte im Frieden von Dresden (25. Dez.) 1 Mill. Thlr. Kriegskosten bezahlen. Trotzdem führte hauptsächlich Brühl durch seine Ränke den Siebenjährigen Krieg herbei, in welchem Friedrich d. Gr. Sachsens Neutralität nicht beachtete, das sächsische Heer bei Pirna [* 38] gefangen nahm und den Kurfürsten zwang, sich nach Polen zu begeben. S. betrachtete Friedrich nun als erobertes Land, das durch seine Kontributionen und als Kriegsschauplatz ungeheuer litt; sein Verlust wird auf 90,000 Seelen und 100 Mill. Thlr., ungerechnet die Einbuße durch die Münzverschlechterung und das Daniederliegen von Handel und Gewerbe, geschätzt. Die Schuldenlast betrug nahe an 40 Mill. Thlr., als nach siebenjähriger Abwesenheit Friedrich August 1763 in sein Land zurückkehren durfte.
Sachsen bis zum Wiener Kongreß. Königreich.
Mit Friedrich Augusts II. Tod löste sich die Verbindung mit Polen. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich Christian leitete durch Sparsamkeit und neue Begründung des Staatskredits die Heilung des Landes von seinen Wunden aufs beste ein, starb aber schon Sein Sohn Friedrich August III. (1763-1827), für den bis 1768 sein Oheim, Prinz Xaver, die Vormundschaft führte, setzte, unterstützt von dem trefflichen Minister Grafen Loß, das Werk des Vaters mit Umsicht und Erfolg fort.
Für die Abtragung der Schulden wurde Sorge getragen, der Staatshaushalt (die jährliche Einnahme betrug 2,351,174 Thlr.) musterhaft geordnet, Gewerbfleiß und Handel unterstützt, Ackerbau und Viehzucht [* 39] gehoben, der Bergbau [* 40] durch rationellen Betrieb einträglicher gemacht. Die Rechtspflege und das Unterrichtswesen wurden gebessert. Da der Kurfürst auf die bayrische Allodialerbschaft Ansprüche erhob, so nahm er 1778 an Preußens [* 41] Seite am bayrischen Erbfolgekrieg teil und erhielt im Frieden von Teschen 1779 eine Entschädigung von 6 Mill. Gulden, die er zur Einlösung verpfändeter Ämter und zur Errichtung einer Sekundogenitur mit 85,000 Thlr. Rente verwendete. S. trat 1785 dem Fürstenbund bei, beteiligte sich aber am Kriege gegen Frankreich 1792 nur mit seinem Reichskontingent und schloß ¶