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römisch-katholische Kirche hat in den drei Bezirken Dresden, [* 2] Leipzig [* 3] und Zwickau [* 4] (Erblanden) als oberste Behörde das apostolische Vikariat zu Dresden, dem das katholische Konsistorium zu Dresden untergeordnet ist. In der Lausitz ist nach dem Traditionsrezeß vom das Domstift St. Petri zu Bautzen [* 5] nebst dem domstiftlichen Konsistorium die geistliche Behörde. Nur in der Lausitz bestehen noch zwei Nonnenklöster (zu Marienstern und Marienthal); neue Klöster dürfen nicht errichtet, auch darf kein religiöser Orden [* 6] aufgenommen werden. Für die deutsch-katholischen Glaubensgenossen, deren Rechtsverhältnisse durch Gesetz vom festgestellt sind, besteht nach Gesetz vom als Mittelbehörde der Kirchenvorstand zu Dresden. Die griechische Kirche hat eine Parochie (Leipzig) mit Kapelle und einem Geistlichen. Der israelitische Kultus hat 2 Synagogen (Dresden und Leipzig) und 2 Rabbiner.
Finanzen, Wappen, Orden.
Der Stand der Finanzen ergibt sich aus dem für 1888/89 festgesetzten Budget wie folgt:
A. Ordentlicher Staatshaushaltsetat.
Einnahmen: | Mark |
---|---|
Nutzungen des Staatsvermögens u. der Staatsanstalten | 42838242 |
Direkte Steuern | 20939640 |
Zölle und Verbrauchssteuern | 19580432 |
Zusammen: | 83358314 |
Ausgaben: | |
Zivilliste | 2940000 |
Apanagen | 392036 |
Sammlungen für Kunst und Wissenschaft | 417879 |
Verzinsung und Tilgung der Staatsschuldv | 30982395 |
Jahresrenten | 407060 |
Ablösungen und Abfindungen | 5000 |
Landtagskosten | 126900 |
Stenographisches Institut | 30250 |
Allgemeine Regierungs- u. Verwaltungsangelegenheiten | 82300 |
Gesamtministerium | 191535 |
Departement der Justiz | 3586232 |
Departement des Innern | 9887165 |
Departement der Finanzen | 6203924 |
Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts | 8540529 |
Departement des Auswärtigen | 148970 |
Ausgaben zu Reichszwecken | 14088891 |
Pensionsetat | 3291589 |
Dotationen und Reservefonds | 2035659 |
Zusammen: | 83358314 |
B. Außerordentlicher Staatshaushaltsetat.
Ausgaben: | Mark |
---|---|
Wasser- und Eisenbahnbauten | 28744500 |
Einnahmen: | |
Ertragsüberschuß der Finanzperiode 1884/85 | 8657956 |
Aus dem mobilen Staatsvermögen | 20086544 |
Zusammen: | 28744500 |
Die
Staatsschuld beträgt einschließlich einer 1876 behufs Ankaufs von Privateisenbahnen aufgenommenen 3proz. Rentenanleihe
von 101 Mill. Mk. nominell 643½ Mill. Mk., der aber ein Staatsvermögen
von weit höherm Betrag gegenübersteht, indem allein für den
Bau der Staatsbahnen
[* 7] bis Ende 1886: 662¾ Mill. Mk.
verausgabt worden sind. Die Abgabenverwaltung führt die
Zoll- und Steuerdirektion in
Dresden, die
Erhebung der indirekten
Abgaben
geschieht durch 6
Hauptzollämter und 11
Hauptsteuerämter, für die der direkten
Steuern ist das Land in 4 Steuerkreise mit 23 Steuerbezirken
eingeteilt.
Zum Reichsheer stellt S. das 12. Armeekorps; die aktive Armee besteht aus 11 Linieninfanterieregimentern, einem Schützenregiment, 3 Jägerbataillonen, 6 Kavallerie- und 2 Feldartillerieregimentern, einem Fußartillerieregiment, einem Pionier-, einem Eisenbahn- und einem Trainbataillon. Die Friedensstärke beläuft sich auf 1261 Offiziere und 31,810 Mann. Den Korpskommandanten (gegenwärtig Prinz Georg) ernennt der Kaiser, die übrigen Generale der König.
Das Staatswappen (s. Tafel »Wappen«) [* 8] ist ein deutscher Schild, [* 9] welcher fünf schwarze Balken im goldenen Feld mit schräg rechts darübergelegtem grünen Rautenkranz [* 10] zeigt, vom Hausorden der Rautenkrone umhangen ist, von der Königskrone bedeckt und von zwei Löwen [* 11] gehalten wird. Die Landesfarben sind seit 1815 Weiß und Grün. Orden hat S. fünf: den Hausorden der Rautenkrone (s. Tafel »Orden«, [* 1] Fig. 3), gestiftet nach Annahme der Königswürde;
den Militär-Sankt. Heinrichsorden, benannt nach dem Kaiser Heinrich II. und gestiftet von Friedrich August II. zu Hubertusburg, mit neuen Statuten versehen (s. Heinrichsorden);
den Verdienstorden, gestiftet und den Albrechtsorden (s. d. 1), zum Andenken an den Stammvater der Albertinischen Linie gestiftet (s. Tafel »Orden«, Fig. 1);
den Sidonienorden, gestiftet für die von dem weiblichen Geschlecht auf dem Gebiet der freiwillig helfenden Liebe im Krieg oder im Frieden erworbenen Verdienste.
Residenz des Königs ist Dresden; königliche Lustschlösser sind: Pillnitz, Moritzburg und Sedlitz.
Vgl. v. Bose, Handbuch der Geographie, Statistik und Topographie des Königreichs S. (2. Aufl., Dresd. 1847);
Engelhardt, Vaterlandskunde für Schule und Haus im Königreich S. (neue Bearbeitung von Th. Flathe, 3. Aufl. 1877);
Opitz, Staatsrecht des Königreichs S. (Leipz. 1883-87, 2 Bde.);
Leuthold, Das Staatsrecht etc. (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Freiburg [* 12] 1884);
Naumann und Cotta, Geognostische Beschreibung des Königreichs S. (Dresd. u. Leipz. 1845, 5 Hefte);
Credner, Die geologische Landesuntersuchung des Königreichs S. (Leipz. 1885);
v. Langsdorff, Die Landwirtschaft im Königreich S. bis 1885 (Dresd. 1889);
Jüchtzer, Handbuch der Kirchenstatistik für das Königreich S. (12. Ausg., das. 1882) und der Schulstatistik (14. Ausg., das. 1888);
»Staatshandbuch für das Königreich S.« (das. 1887);
»Zeitschrift des königlich sächsischen Statistischen Büreaus«; »Kalender und statistisches Jahrbuch für das Königreich S.« (hrsg. vom Statistischen Büreau, das. 1871 ff.).
Karten: Topographischer Atlas [* 13] des Königreichs S., bearbeitet bei der königlichen Militärplankammer (Dresd. 1836-60, 20 Bl.);
Lange, Atlas von S. (Leipz. 1860-61, 12 Bl.);
Süßmilch-Hörnig, Topographische Spezialkarte des Königreichs S. (Dresd. 1858, 4 Bl.);
»Geographische Spezialkarte des Königreichs S.«, herausgegeben vom topographischen Büreau (1:25,000, in 156 Blättern, Leipz., seit 1875).
Geschichte.
Kursachsen bis zur Teilung.
Seit der Erwerbung Thüringens durch den Markgrafen Heinrich den Erlauchten von Meißen [* 14] im J. 1263 (s. Meißen, Markgrafschaft) besaßen die Wettiner ein zusammenhängendes Gebiet, das von der Oder bis zur Werra, vom Erzgebirge bis zum Harz reichte. Doch die in den deutschen Fürstenhäusern üblichen Teilungen riefen auch bei den Wettinern öfters Zerwürfnisse hervor. Heinrich trat noch bei Lebzeiten seinem ältesten Sohn, Albrecht dem Entarteten, Thüringen, dem zweiten, Dietrich, Landsberg, [* 15] dem jüngsten, Friedrich dem Kleinen ¶
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(gest. 1316), Dresden ab. Als Heinrich 1288 starb, fiel die Mark Meißen an Dietrichs Sohn Friedrich Tutta von Landsberg, und nach dessen Tod (1291) nahmen Albrechts Söhne Friedrich der Freidige und Diezmann seine Länder in Besitz. Allein König Adolf von Nassau, dem Albrecht aus Haß gegen seine Söhne die Landgrafschaft Thüringen verkauft hatte, und der die Mark Meißen als ein durch Friedrich Tuttas Tod erledigtes Reichslehen ansah, bemächtigte sich mit Gewalt beider Länder.
Auch Adolfs Nachfolger, König Albrecht I., hielt den Anspruch auf diese Länder aufrecht; jedoch ein glückliches Gefecht bei Lucka und des Königs Ermordung retteten Friedrich und Diezmann den Besitz ihrer Erblande, deren Herrschaft Friedrich nach Diezmanns Ermordung (1307) und Albrechts des Entarteten Tod (1314) allein antrat; nur die Niederlausitz war 1304 an Brandenburg [* 17] verkauft worden. Friedrichs des Freidigen Sohn Friedrich der Ernsthafte (1324-47) war der letzte Alleinbesitzer der Wettinschen Lande. Ihm folgten seine drei Söhne Friedrich der Strenge, Balthasar und Wilhelm I., welche gemeinschaftlich regierten. Nach Friedrichs Tod jedoch (1381) teilten dessen Söhne Friedrich der Streitbare, Wilhelm II. (gest. 1425) und Georg (gest. 1402) mit ihren beiden Oheimen die Lande so, daß jene das Osterland und Landsberg, Wilhelm I. Meißen und Balthasar Thüringen erhielten. Nach Wilhelms I. kinderlosem Tod (1407) wurde Meißen zwischen der thüringischen und osterländischen Linie geteilt.
Durch die Belehnung des Markgrafen Friedrich des Streitbaren mit dem Kurfürstentum S. 1423 (s. Sachsen, [* 18] S. 125), das zwar an Areal nicht sehr bedeutend, aber wegen der mit der Kurwürde verbundenen Vorrechte von Wichtigkeit war, gelangte das Haus Wettin zu größerer Bedeutung im Reich. Nicht bloß jene Vorrechte, sondern auch der Name S. gingen seitdem allmählich auf die gesamten Wettinschen Lande über. Friedrich hatte die sächsische Kur zur Belohnung für seine eifrige Teilnahme am Kampf gegen die Hussiten erhalten, welchen er fortsetzte, doch so unglücklich, daß sein Heer 1425 bei Brüx und 1426 bei Aussig geschlagen wurde und sein Land von den Einfällen der Hussiten viel zu leiden hatte.
Nachdem Friedrich noch die Burggrafschaft Meißen erworben, hinterließ er seine Lande zu gemeinschaftlicher Regierung Friedrich II., dem Sanftmütigen, der Kurfürst wurde (1428-64), Wilhelm III., Heinrich und Siegmund. Doch 1435 starb Heinrich, Siegmund trat 1437 in den geistlichen Stand, und 1440 fiel durch Friedrichs des Friedfertigen kinderlosen Tod Thüringen an die osterländische Linie zurück. Friedrich der Sanftmütige und Wilhelm teilten nun 1445 zu Altenburg [* 19] so, daß Friedrich Meißen, Wilhelm Thüringen erhielt, das Osterland geteilt wurde, die Bergwerke gemeinschaftlich blieben.
Doch hatte diese Teilung, bei der sich der von eigennützigen Räten aufgereizte Herzog Wilhelm benachteiligt glaubte, den verheerenden sächsischen Bruderkrieg zur Folge, der erst 1451 zu Pforta beigelegt wurde; ein Nachspiel desselben bildete der Sächsische Prinzenraub (s. d.). Friedrichs des Sanftmütigen Söhne, Kurfürst Ernst (1464-86) und Herzog Albrecht der Beherzte, folgten 1464 ihrem Vater gemeinschaftlich, erbten 1482 auch Wilhelms III. Lande und verstanden es, die Macht ihres Hauses nach allen Seiten hin auszubreiten.
Zwei von Ernsts Söhnen erlangten die erzbischöfliche Würde, Albrecht zu Mainz, [* 20] Ernst zu Magdeburg; [* 21] Albrecht, dessen Sohn Friedrich 1498 Hochmeister des Deutschen Ordens wurde erwarb im Dienste [* 22] des Hauses Habsburg Ehren und Vorteile, so 1483 die Eventualbelehnung mit Jülich und Berg und später die Erbstatthalterschaft von Friesland. Im Innern nahm der Bergbau [* 23] auf Silber einen großartigen Aufschwung, vermehrte den Wohlstand und die Einwohnerzahl des Gebirges und förderte Handel und Verkehr.
Durch kaiserliche Privilegien wurden die Leipziger Märkte zu Messen erhoben. Während die Städte ihre Verfassung ausbildeten und vom Landesherrn die eigne Gerichtsbarkeit erkauften, ward auch die Territorialgesetzgebung entwickelt und in Thüringen 1446, in Meißen 1482 eine Landesordnung erlassen; das kurfürstliche Hofgericht erhielt 1483 seinen bleibenden Sitz in Leipzig. Eine landständische Verfassung bildete sich, seitdem 1438 zuerst zu Leipzig eine Versammlung von Prälaten, Grafen, Rittern und Städten zusammentrat; diese bald regelmäßig berufenen Landtage bewilligten neue Abgaben, Steuern und Anleihen, übertrugen die Verwaltung der neuen Steuern einem ständischen Ausschuß u. beanspruchten, auch von den Landesherren bei wichtigen Angelegenheiten zu Rate gezogen zu werden.
Mißhelligkeiten zwischen den beiden Brüdern Ernst und Albrecht führten zur Länderteilung zu Leipzig bei welcher der ältere Bruder teilte, der jüngere wählte. Ernst erhielt außer den Kurlanden Thüringen mit den fränkischen und vogtländischen und den einen Teil des Oster- und Pleißnerlandes, Albrecht den andern Teil desselben und Meißen. Die Teilung, welche von Kaiser Friedrich III. bestätigt und 25. Juni durch den Naumburger Schied berichtigt wurde, trennte das Haus Wettin für immer in zwei Linien, die Ernestinische und die Albertinische.
Sachsen in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Kriegs.
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