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sächsischen Fürstenhauses (Albertinische Linie) nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealerbfolge; beim Erlöschen desselben succediert die Ernestinische Linie des Hauses S. In Ermangelung eines successionsfähigen Prinzen geht die Krone auf die weibliche Linie über. Der König wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahr volljährig. Er bezieht eine Zivilliste von 2,940,000 Mk., wozu noch 392,036 Mk. Apanagen des königlichen Hauses kommen.
Das königliche Haus bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche. Das königliche Hausgesetz datiert vom Für das ganze Königreich besteht eine in zwei Kammern geteilte Ständeversammlung. Mitglieder der Ersten Kammer sind:
1) die volljährigen Prinzen des königlichen Hauses;
2) ein Deputierter des Hochstifts Meißen;
3) der Besitzer der Herrschaft Wildenfels;
4) ein Vertreter der Besitzer der Schönburgschen Rezeßherrschaften;
5) ein Abgeordneter der Universität Leipzig;
6) und 7) die Besitzer der Standesherrschaften Reibersdorf und Königsbrück;
8) der evangelische Oberhofprediger;
9) der Dekan des katholischen Domstifts zu Bautzen;
10) der Superintendent zu Leipzig;
11) ein Abgeordneter des Kollegiatstifts zu Wurzen;
12) einer der Besitzer der Schönburgschen Lehnsherrschaften;
13) zwölf auf Lebenszeit gewählte Abgeordnete der Besitzer von Landgütern, die wenigstens 4000 Steuereinheiten haben;
14) zehn vom König auf Lebenszeit ernannte Rittergutsbesitzer, die ebenfalls wenigstens 4000 Steuereinheiten haben;
15) die erste Magistratsperson der Städte Dresden und Leipzig;
16) die erste Magistratsperson in sechs vom König unter möglichlichster (Anmerkung des Editors: möglichster) Berücksichtigung aller Teile des Landes zu bestimmenden Städten;
17) fünf vom König nach freier Wahl auf Lebenszeit ernannte Mitglieder. Die Zweite Kammer besteht aus 80 Abgeordneten, 35 der Städte und 45 der ländlichen Wahlkreise. Zu jenen schickt Dresden 5, Leipzig 3, Chemnitz 2, Zwickau einen Abgeordneten; die übrigen Städte sind in 24 Wahlkreise verteilt, deren jeder einen Abgeordneten wählt. Jeder Kammer steht die Wahl ihres Präsidenten zu. Der König beruft längstens alle zwei Jahre einen ordentlichen Landtag, außerordentliche, so oft es dringende Angelegenheiten erfordern.
Die Abgeordneten werden auf sechs Jahre gewählt; alle zwei Jahre scheidet ein Dritteil aus. Die Wahl ist direkt und geheim. Wahlberechtigt ist jeder Staatsangehörige vom 25. Jahr an, welcher wenigstens 3 Mk. Staatssteuern zahlt; wählbar jeder, der das 30. Lebensjahr erfüllt und wenigstens 30 Mk. Staatssteuern zu entrichten hat. Das Petitionsrecht können beide Kammern nur gemeinschaftlich, das Beschwerderecht kann, wenn keine Vereinigung zu stande kommt, jede allein, das Anklagerecht können sie nur gemeinschaftlich ausüben und zwar nur gegen die Vorstände der Ministerien und bei Verletzung der Verfassung.
Über die Anklage entscheidet ein teils vom König aus den Vorständen und Mitgliedern der höhern Gerichte ernannter, teils von den Ständen gewählter Staatsgerichtshof nach einem durch Gesetz vom geregelten Verfahren. Derselbe Staatsgerichtshof entscheidet auch, wenn sich Regierung und Stände über Auslegung der Verfassung nicht vereinigen können. Als Provinzialstände bestehen in den Erblanden die vier Kreistage der Stände des Meißener, Leipziger, Erzgebirgischen und Vogtländischen Kreises (in Gemäßheit der Kreisordnung vom und der Provinziallandtag der Oberlausitz nach Maßgabe des provinzialständischen Statuts (vom
Die obersten Staatsbehörden sind das Gesamtministerium und die einzelnen Ministerialdepartements der auswärtigen Angelegenheiten, des Innern, des Kultus und öffentlichen Unterrichts, der Justiz, der Finanzen und des Kriegs. Dem Gesamtministerium sind unmittelbar untergeordnet die seit mit erweiterten Befugnissen ausgestattete Oberrechnungskammer und das Hauptstaatsarchiv. Getrennt von dem Gesamtministerium ist das Ministerium des königlichen Hauses.
Behufs der Verwaltung ist das Königreich in vier Kreishauptmannschaften (s. oben) und 25 Amtshauptmannschaften eingeteilt. Jeder Amtshauptmannschaft ist ein Bezirksausschuß, jeder Kreishauptmannschaft ein Kreisausschuß beigegeben. Nach dem Gesetz vom bildet jede Amtshauptmannschaft einen Bezirksverband, welcher durch die Bezirksversammlung vertreten wird. Für Zwecke der Selbstverwaltung sind diese Bezirksverbände mit einem Fonds von 9 Mill. Mk. aus dem Anteil Sachsens an der französischen Kriegskostenentschädigung versehen worden.
Verwaltung und Justiz sind auch in der ersten Instanz getrennt. Für den Regal- und Kohlenbergbau sowie für das fiskalische Hüttenwesen ist das Bergamt in Freiberg kollegiale Mittelbehörde. Die Gemeindeordnung beruht auf der Städteordnung vom und der Landgemeindeordnung vom beide revidiert durch Gesetz vom Für die Städte sind nur die allgemeinen Grundzüge festgestellt, die Besonderheiten werden durch Ortsstatuten ergänzt.
An der Spitze des Stadtrats steht der Bürgermeister; die besoldeten Mitglieder des Stadtrats werden in der Regel auf Lebenszeit, die unbesoldeten stets nur auf sechs Jahre gewählt; doch kann die Wahl der erstern nach Ortsstatut anfänglich auch auf sechs, bez. zwölf Jahre erfolgen. Stadtrat u. Stadtverordnete können zu einem Stadtgemeinderat verschmelzen. In den Landgemeinden besteht der Gemeinderat aus dem Gemeindevorstand, einem oder mehreren Gemeindeältesten und einem Gemeindeausschuß unter Aufsicht des Amtshauptmanns. Die Ortspolizei wird von den Gemeinden unter Aufsicht der Regierungsbehörden, die Landespolizei von der Landesregierung gehandhabt. Die Überwachung der Sanitätszustände liegt dem Landesmedizinalkollegium und in den elf Medizinalbezirken den Bezirksgerichtsärzten ob.
Was die Gerichtsverfassung anlangt, so hat S. ein Oberlandesgericht, zu Dresden, 6 Landgerichte, zu Dresden, Leipzig, Bautzen, Chemnitz, Zwickau und Freiberg, und 103 Amtsgerichte. Für das bürgerliche Recht gilt noch das in Kraft getretene bürgerliche Gesetzbuch. Die Schönburgschen Ämter sind seit dem allgemeinen sächsischen Gerichtsverfahren unterstellt.
Über die evangelische Kirche üben, solange der König sich zur katholischen Kirche bekennt, die landesherrliche Kirchengewalt die in evangelicis beauftragten Staatsminister. Höchste Kirchenbehörde ist das durch das Kirchengesetz vom errichtete evangelische Landeskonsistorium zu Dresden; die Konsistorialbehörde für die Oberlausitz bildet die Kreishauptmannschaft zu Bautzen, für die Schönburgschen Herrschaften das Gesamtkonsistorium zu Glauchau. Gemäß der Kirchenordnung von 1868 steht die Vertretung der lutherischen Kirche einer aus 35 Laien und 29 Geistlichen zusammengesetzten Synode zu. Für die reformierte Kirche, welche zwei Parochien hat, bestehen die reformierten Konsistorien zu Dresden und Leipzig. Die
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römisch-katholische Kirche hat in den drei Bezirken Dresden, Leipzig und Zwickau (Erblanden) als oberste Behörde das apostolische Vikariat zu Dresden, dem das katholische Konsistorium zu Dresden untergeordnet ist. In der Lausitz ist nach dem Traditionsrezeß vom das Domstift St. Petri zu Bautzen nebst dem domstiftlichen Konsistorium die geistliche Behörde. Nur in der Lausitz bestehen noch zwei Nonnenklöster (zu Marienstern und Marienthal); neue Klöster dürfen nicht errichtet, auch darf kein religiöser Orden aufgenommen werden. Für die deutsch-katholischen Glaubensgenossen, deren Rechtsverhältnisse durch Gesetz vom festgestellt sind, besteht nach Gesetz vom als Mittelbehörde der Kirchenvorstand zu Dresden. Die griechische Kirche hat eine Parochie (Leipzig) mit Kapelle und einem Geistlichen. Der israelitische Kultus hat 2 Synagogen (Dresden und Leipzig) und 2 Rabbiner.
Finanzen, Wappen, Orden.
Der Stand der Finanzen ergibt sich aus dem für 1888/89 festgesetzten Budget wie folgt:
A. Ordentlicher Staatshaushaltsetat.
Einnahmen: | Mark |
---|---|
Nutzungen des Staatsvermögens u. der Staatsanstalten | 42838242 |
Direkte Steuern | 20939640 |
Zölle und Verbrauchssteuern | 19580432 |
Zusammen: | 83358314 |
Ausgaben: | |
Zivilliste | 2940000 |
Apanagen | 392036 |
Sammlungen für Kunst und Wissenschaft | 417879 |
Verzinsung und Tilgung der Staatsschuldv | 30982395 |
Jahresrenten | 407060 |
Ablösungen und Abfindungen | 5000 |
Landtagskosten | 126900 |
Stenographisches Institut | 30250 |
Allgemeine Regierungs- u. Verwaltungsangelegenheiten | 82300 |
Gesamtministerium | 191535 |
Departement der Justiz | 3586232 |
Departement des Innern | 9887165 |
Departement der Finanzen | 6203924 |
Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts | 8540529 |
Departement des Auswärtigen | 148970 |
Ausgaben zu Reichszwecken | 14088891 |
Pensionsetat | 3291589 |
Dotationen und Reservefonds | 2035659 |
Zusammen: | 83358314 |
B. Außerordentlicher Staatshaushaltsetat.
Ausgaben: | Mark |
---|---|
Wasser- und Eisenbahnbauten | 28744500 |
Einnahmen: | |
Ertragsüberschuß der Finanzperiode 1884/85 | 8657956 |
Aus dem mobilen Staatsvermögen | 20086544 |
Zusammen: | 28744500 |
Die Staatsschuld beträgt einschließlich einer 1876 behufs Ankaufs von Privateisenbahnen aufgenommenen 3proz. Rentenanleihe von 101 Mill. Mk. nominell 643½ Mill. Mk., der aber ein Staatsvermögen von weit höherm Betrag gegenübersteht, indem allein für den Bau der Staatsbahnen bis Ende 1886: 662¾ Mill. Mk. verausgabt worden sind. Die Abgabenverwaltung führt die Zoll- und Steuerdirektion in Dresden, die Erhebung der indirekten Abgaben geschieht durch 6 Hauptzollämter und 11 Hauptsteuerämter, für die der direkten Steuern ist das Land in 4 Steuerkreise mit 23 Steuerbezirken eingeteilt.
Zum Reichsheer stellt S. das 12. Armeekorps; die aktive Armee besteht aus 11 Linieninfanterieregimentern, einem Schützenregiment, 3 Jägerbataillonen, 6 Kavallerie- und 2 Feldartillerieregimentern, einem Fußartillerieregiment, einem Pionier-, einem Eisenbahn- und einem Trainbataillon. Die Friedensstärke beläuft sich auf 1261 Offiziere und 31,810 Mann. Den Korpskommandanten (gegenwärtig Prinz Georg) ernennt der Kaiser, die übrigen Generale der König.
Das Staatswappen (s. Tafel »Wappen«) ist ein deutscher Schild, welcher fünf schwarze Balken im goldenen Feld mit schräg rechts darübergelegtem grünen Rautenkranz zeigt, vom Hausorden der Rautenkrone umhangen ist, von der Königskrone bedeckt und von zwei Löwen gehalten wird. Die Landesfarben sind seit 1815 Weiß und Grün. Orden hat S. fünf: den Hausorden der Rautenkrone (s. Tafel »Orden«, [* ] Fig. 3), gestiftet nach Annahme der Königswürde;
den Militär-Sankt. Heinrichsorden, benannt nach dem Kaiser Heinrich II. und gestiftet von Friedrich August II. zu Hubertusburg, mit neuen Statuten versehen (s. Heinrichsorden);
den Verdienstorden, gestiftet und den Albrechtsorden (s. d. 1), zum Andenken an den Stammvater der Albertinischen Linie gestiftet (s. Tafel »Orden«, Fig. 1);
den Sidonienorden, gestiftet für die von dem weiblichen Geschlecht auf dem Gebiet der freiwillig helfenden Liebe im Krieg oder im Frieden erworbenen Verdienste.
Residenz des Königs ist Dresden; königliche Lustschlösser sind: Pillnitz, Moritzburg und Sedlitz.
Vgl. v. Bose, Handbuch der Geographie, Statistik und Topographie des Königreichs S. (2. Aufl., Dresd. 1847);
Engelhardt, Vaterlandskunde für Schule und Haus im Königreich S. (neue Bearbeitung von Th. Flathe, 3. Aufl. 1877);
Opitz, Staatsrecht des Königreichs S. (Leipz. 1883-87, 2 Bde.);
Leuthold, Das Staatsrecht etc. (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Freiburg 1884);
Naumann und Cotta, Geognostische Beschreibung des Königreichs S. (Dresd. u. Leipz. 1845, 5 Hefte);
Credner, Die geologische Landesuntersuchung des Königreichs S. (Leipz. 1885);
v. Langsdorff, Die Landwirtschaft im Königreich S. bis 1885 (Dresd. 1889);
Jüchtzer, Handbuch der Kirchenstatistik für das Königreich S. (12. Ausg., das. 1882) und der Schulstatistik (14. Ausg., das. 1888);
»Staatshandbuch für das Königreich S.« (das. 1887);
»Zeitschrift des königlich sächsischen Statistischen Büreaus«; »Kalender und statistisches Jahrbuch für das Königreich S.« (hrsg. vom Statistischen Büreau, das. 1871 ff.).
Karten: Topographischer Atlas des Königreichs S., bearbeitet bei der königlichen Militärplankammer (Dresd. 1836-60, 20 Bl.);
Lange, Atlas von S. (Leipz. 1860-61, 12 Bl.);
Süßmilch-Hörnig, Topographische Spezialkarte des Königreichs S. (Dresd. 1858, 4 Bl.);
»Geographische Spezialkarte des Königreichs S.«, herausgegeben vom topographischen Büreau (1:25,000, in 156 Blättern, Leipz., seit 1875).
Geschichte.
Kursachsen bis zur Teilung.
Seit der Erwerbung Thüringens durch den Markgrafen Heinrich den Erlauchten von Meißen im J. 1263 (s. Meißen, Markgrafschaft) besaßen die Wettiner ein zusammenhängendes Gebiet, das von der Oder bis zur Werra, vom Erzgebirge bis zum Harz reichte. Doch die in den deutschen Fürstenhäusern üblichen Teilungen riefen auch bei den Wettinern öfters Zerwürfnisse hervor. Heinrich trat noch bei Lebzeiten seinem ältesten Sohn, Albrecht dem Entarteten, Thüringen, dem zweiten, Dietrich, Landsberg, dem jüngsten, Friedrich dem Kleinen
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(gest. 1316), Dresden ab. Als Heinrich 1288 starb, fiel die Mark Meißen an Dietrichs Sohn Friedrich Tutta von Landsberg, und nach dessen Tod (1291) nahmen Albrechts Söhne Friedrich der Freidige und Diezmann seine Länder in Besitz. Allein König Adolf von Nassau, dem Albrecht aus Haß gegen seine Söhne die Landgrafschaft Thüringen verkauft hatte, und der die Mark Meißen als ein durch Friedrich Tuttas Tod erledigtes Reichslehen ansah, bemächtigte sich mit Gewalt beider Länder.
Auch Adolfs Nachfolger, König Albrecht I., hielt den Anspruch auf diese Länder aufrecht; jedoch ein glückliches Gefecht bei Lucka und des Königs Ermordung retteten Friedrich und Diezmann den Besitz ihrer Erblande, deren Herrschaft Friedrich nach Diezmanns Ermordung (1307) und Albrechts des Entarteten Tod (1314) allein antrat; nur die Niederlausitz war 1304 an Brandenburg verkauft worden. Friedrichs des Freidigen Sohn Friedrich der Ernsthafte (1324-47) war der letzte Alleinbesitzer der Wettinschen Lande. Ihm folgten seine drei Söhne Friedrich der Strenge, Balthasar und Wilhelm I., welche gemeinschaftlich regierten. Nach Friedrichs Tod jedoch (1381) teilten dessen Söhne Friedrich der Streitbare, Wilhelm II. (gest. 1425) und Georg (gest. 1402) mit ihren beiden Oheimen die Lande so, daß jene das Osterland und Landsberg, Wilhelm I. Meißen und Balthasar Thüringen erhielten. Nach Wilhelms I. kinderlosem Tod (1407) wurde Meißen zwischen der thüringischen und osterländischen Linie geteilt.
Durch die Belehnung des Markgrafen Friedrich des Streitbaren mit dem Kurfürstentum S. 1423 (s. Sachsen, S. 125), das zwar an Areal nicht sehr bedeutend, aber wegen der mit der Kurwürde verbundenen Vorrechte von Wichtigkeit war, gelangte das Haus Wettin zu größerer Bedeutung im Reich. Nicht bloß jene Vorrechte, sondern auch der Name S. gingen seitdem allmählich auf die gesamten Wettinschen Lande über. Friedrich hatte die sächsische Kur zur Belohnung für seine eifrige Teilnahme am Kampf gegen die Hussiten erhalten, welchen er fortsetzte, doch so unglücklich, daß sein Heer 1425 bei Brüx und 1426 bei Aussig geschlagen wurde und sein Land von den Einfällen der Hussiten viel zu leiden hatte.
Nachdem Friedrich noch die Burggrafschaft Meißen erworben, hinterließ er seine Lande zu gemeinschaftlicher Regierung Friedrich II., dem Sanftmütigen, der Kurfürst wurde (1428-64), Wilhelm III., Heinrich und Siegmund. Doch 1435 starb Heinrich, Siegmund trat 1437 in den geistlichen Stand, und 1440 fiel durch Friedrichs des Friedfertigen kinderlosen Tod Thüringen an die osterländische Linie zurück. Friedrich der Sanftmütige und Wilhelm teilten nun 1445 zu Altenburg so, daß Friedrich Meißen, Wilhelm Thüringen erhielt, das Osterland geteilt wurde, die Bergwerke gemeinschaftlich blieben.
Doch hatte diese Teilung, bei der sich der von eigennützigen Räten aufgereizte Herzog Wilhelm benachteiligt glaubte, den verheerenden sächsischen Bruderkrieg zur Folge, der erst 1451 zu Pforta beigelegt wurde; ein Nachspiel desselben bildete der Sächsische Prinzenraub (s. d.). Friedrichs des Sanftmütigen Söhne, Kurfürst Ernst (1464-86) und Herzog Albrecht der Beherzte, folgten 1464 ihrem Vater gemeinschaftlich, erbten 1482 auch Wilhelms III. Lande und verstanden es, die Macht ihres Hauses nach allen Seiten hin auszubreiten.
Zwei von Ernsts Söhnen erlangten die erzbischöfliche Würde, Albrecht zu Mainz, Ernst zu Magdeburg; Albrecht, dessen Sohn Friedrich 1498 Hochmeister des Deutschen Ordens wurde erwarb im Dienste des Hauses Habsburg Ehren und Vorteile, so 1483 die Eventualbelehnung mit Jülich und Berg und später die Erbstatthalterschaft von Friesland. Im Innern nahm der Bergbau auf Silber einen großartigen Aufschwung, vermehrte den Wohlstand und die Einwohnerzahl des Gebirges und förderte Handel und Verkehr.
Durch kaiserliche Privilegien wurden die Leipziger Märkte zu Messen erhoben. Während die Städte ihre Verfassung ausbildeten und vom Landesherrn die eigne Gerichtsbarkeit erkauften, ward auch die Territorialgesetzgebung entwickelt und in Thüringen 1446, in Meißen 1482 eine Landesordnung erlassen; das kurfürstliche Hofgericht erhielt 1483 seinen bleibenden Sitz in Leipzig. Eine landständische Verfassung bildete sich, seitdem 1438 zuerst zu Leipzig eine Versammlung von Prälaten, Grafen, Rittern und Städten zusammentrat; diese bald regelmäßig berufenen Landtage bewilligten neue Abgaben, Steuern und Anleihen, übertrugen die Verwaltung der neuen Steuern einem ständischen Ausschuß u. beanspruchten, auch von den Landesherren bei wichtigen Angelegenheiten zu Rate gezogen zu werden.
Mißhelligkeiten zwischen den beiden Brüdern Ernst und Albrecht führten zur Länderteilung zu Leipzig bei welcher der ältere Bruder teilte, der jüngere wählte. Ernst erhielt außer den Kurlanden Thüringen mit den fränkischen und vogtländischen und den einen Teil des Oster- und Pleißnerlandes, Albrecht den andern Teil desselben und Meißen. Die Teilung, welche von Kaiser Friedrich III. bestätigt und 25. Juni durch den Naumburger Schied berichtigt wurde, trennte das Haus Wettin für immer in zwei Linien, die Ernestinische und die Albertinische.
Sachsen in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Kriegs.
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Aber er war nicht gesonnen, sich seinem Ernestinischen Vetter unterzuordnen, geriet mit Johann Friedrich besonders wegen der sächsischen Bistümer in offenen Streit, trat beim Ausbruch des Schmalkaldischen Kriegs 1546 in geheime Verbindung mit dem Kaiser und fiel, nachdem ihm die Übertragung der Kur versprochen worden, in dessen Lande ein, während die Verbündeten in Süddeutschland standen. Johann Friedrich eilte sofort herbei, trieb Moritz bis zur böhmischen Grenze zurück, ward aber vom nachrückenden kaiserlichen Heer bei Mühlberg geschlagen und gefangen und mußte in der Wittenberger Kapitulation auf die Kur und den größten Teil seiner Lande verzichten, mit denen 4. Juni Moritz vom Kaiser belehnt wurde. Den Ernestinern blieben nur die meisten Besitzungen in Thüringen (s. Sachsen, Ernest. Linie, S. 125). An König Ferdinand von Böhmen mußte Moritz das Herzogtum Sagan u. die Lehnshoheit über Reuß abtreten.
Um seinen Verrat an seinen Glaubensgenossen zu sühnen und die kirchliche und politische Unterjochung Deutschlands durch die Spanier abzuwehren, erhob sich Moritz 1552 gegen Karl V. und zwang ihn zum Passauer Vertrag, welcher den evangelischen Reichsständen Religionsfreiheit zusicherte. Nachdem er an der bei Sievershausen empfangenen Wunde 11. Juli gestorben war, folgte ihm sein Bruder August (1553-86) als Kurfürst. Mit seinen Ernestinischen Vettern setzte er sich durch den Naumburger Vertrag auseinander, schädigte dieselben aber schwer, indem er die Vollstreckung der Acht gegen Johann Friedrich den Mittlern übernahm, sich für die Kosten derselben vier Ämter abtreten ließ und ihnen einen großen Teil der hennebergischen Erbschaft entriß.
Aus Furcht davor, daß ihm die Kur wieder entrissen werden könne, hielt er ängstlich am Augsburger Religionsfrieden fest und schloß sich eng an das Haus Österreich an. Die Wühlereien der päpstlichen Partei für die Gegenreformation ließ er unbeachtet, und während bisher seine Universität Wittenberg mit dem streng lutherischen Jena heftige theologische Kämpfe ausgefochten hatte, wurden 1574 die Philippisten auch in S. gestürzt und durch die Einführung der Konkordienformel (1580) die lutherische Orthodoxie zur Herrschaft erhoben. Im Innern schuf August durch seine Gesetzgebung (besonders die Konstitutionen von 1572) ein wohlgeordnetes Staatswesen, organisierte die Behörden, regelte die Finanzverwaltung und beförderte, hauptsächlich durch eignes Beispiel bei der Bewirtschaftung der Kammergüter, Ackerbau, Gewerbe und Handel.
Das Gebiet seines Staats rundete er durch neue Erwerbungen ab, bei denen er in den Mitteln allerdings nicht wählerisch war. So erlangte er 1570 von den Herren von Plauen das Vogtland wieder, erwarb 1573 von den Grafen von Mansfeld deren Halberstädter Lehen und erhielt 1581 die Administration des Stifts Meißen. Das Albertinische S. bildete ein geschlossenes Territorium, das in Kreise eingeteilt war: den Kurkreis, Thüringen, Meißen, wovon 1691 der erzgebirgische Kreis abgetrennt wurde, das Osterland und das Vogtland, wozu 1588 noch der Neustädter Kreis kam.
Unter Augusts Sohn Christian I. (1586-91) strebte der Kanzler Crell, der katholischen Reaktion einen protestantischen Bund entgegenzustellen; aber der frühe Tod des Kurfürsten vereitelte denselben, und unter der Vormundschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm von Altenburg (bis 1601) für Christian II. (1591-1611) führte das Bündnis des sächsischen Adels mit der orthodox-lutherischen Partei den Sturz Crells herbei, worauf die Herrschaft des strengen Luthertums durch Einführung des Religionseides und unnachsichtliche Verfolgung des Kryptocalvinismus gesichert wurde.
Hiermit trennte sich S. ganz von den reformierten Reichsständen; es beteiligte sich nicht an dem Widerstand gegen die immer gefährlichere Gegenreformation und schloß sich der Union nicht an, verlor aber damit auch allen Einfluß in Reichs- und Religionsangelegenheiten und erwarb im jülich-klevischen E rbstreit nichts als Titel und Wappen dieser Herzogtümer. Dieser Politik blieb Christians II. Bruder, Kurfürst Johann Georg I. (1611-56), auch während des Dreißigjährigen Kriegs getreu. Er lehnte 1619 die ihm angebotene böhmische Krone nicht nur ab, sondern unterstützte auch Kaiser Ferdinand bei der Unterwerfung Schlesiens und der Lausitz und beobachtete aus Trägheit und Selbstsucht eine unfruchtbare Neutralität, bis Tillys Einbruch in S. ihn 1631 auf Gustav Adolfs Seite trieb.
Die sächsischen Truppen nahmen an der Schlacht bei Breitenfeld teil und rückten dann in Böhmen ein, woraus sie Wallenstein 1632 vertrieb. Nach dem Tod Gustav Adolfs und der Niederlage der Schweden bei Nördlingen (1634) kehrte S. jedoch im Frieden von Prag der ihm den erblichen Besitz der Lausitzen einbrachte, zu dem Bund mit dem Kaiser zurück. Für diesen Abfall nahmen die Schweden die grausamste Rache in wiederholten Einfällen, von denen dasselbe erst durch den Waffenstillstand zu Kötzschenbroda erlöst wurde. 1650 räumten die Schweden das Land gänzlich, nachdem dessen Anteil an der schwedischen Kriegskontribution, 267,107 Thlr., abgezahlt worden. Die Bevölkerung war von 3 Mill. auf die Hälfte vermindert, Wohlstand, Handel, Gewerbe und Bildung auf lange schwer geschädigt, fast vernichtet.
Die kursächsischen Nebenlinien.
Einen erheblichen Abbruch erlitt der sächsische Staat dadurch, daß Johann Georg I. durch sein Testament seine jüngern Söhne, August, Christian und Moritz, mit ansehnlichen Gebieten ausstattete und Kurfürst Johann Georg II. (1656-80) dies im Hauptvergleich zu Dresden anerkannte. So entstanden die drei Linien S.-Weißenfels, S.-Merseburg und S.-Zeitz. Die Linie S.-Weißenfels, von Herzog August, Administrator von Magdeburg, begründet und nach dessen Residenz Halle auch S.-Halle benannt, erhielt die vier magdeburgischen Ämter Burg, Dahme, Jüterbog und Querfurt, Barby und den ganzen Thüringischen Kreis.
Nach seinem Tod (1680) fiel das Stift Magdeburg an Brandenburg, während ihm in Weißenfels sein älterer Sohn, Johann Adolf I., folgte, der jüngere, Heinrich, aber die Nebenlinie S.-Barby stiftete, die jedoch mit Heinrichs Sohn und Erben Georg Albrecht 1739 wieder erlosch. Johann Adolf trat 1687 Burg an Brandenburg ab, das dafür auf die Lehnshoheit über Dahme, Jüterbog und Querfurt verzichtete, und erlangte für letzteres, das 1688 zum Fürstentum erhoben wurde, die Reichsstandschaft, aber nicht Sitz und Stimme auf dem Reichstag. Ihm folgten 1697 sein Sohn Johann Georg und diesem 1712 sein Bruder Christian, welche das Land durch Verschwendung in große Schulden stürzten; diese tilgte der sparsame jüngste Bruder, Johann Adolf II. (1736-46), der das sächsische Heer im ersten und zweiten Schlesischen Krieg befehligte. Mit ihm erlosch die Linie S.-Weißenfels, und ihre Besitzungen fielen an Kursachsen zurück.
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Die Linie S.-Merseburg gründete Christian I.; sie erhielt außer dem Stift Merseburg die Niederlausitz und die Städte Delitzsch, Bitterfeld, Zörbig, Dobrilugk und Finsterwalde. Ihm folgten sein Sohn Christian II. (1691-94), dann dessen Sohn Moritz Wilhelm (1691-1731), nach dessen kinderlosem Tod Christians I. jüngster Sohn, Heinrich, das Land erbte, das an Kursachsen zurückfiel, als 1738 mit Heinrich die Linie S.-Merseburg erlosch. Der Gründer der dritten Linie, S.-Zeitz, Moritz, erhielt außer dem Stift Naumburg-Zeitz den Vogtländischen und Neustädter Kreis, Tautenburg und den Albertinischen Anteil an Henneberg; er erbaute in Zeitz die Moritzburg.
Ihm folgte 1681 sein Sohn Moritz Wilhelm, der 1715 auf Zureden seines Bruders, des Kardinals Christian August, katholisch wurde, deshalb seine Länder an Kursachsen abtrat und 1718, nachdem er kurz zuvor wieder zur lutherischen Kirche übergetreten, auf dem Schloß Osterburg bei Weida starb. Eine von Friedrich Heinrich, Moritz' jüngerm Sohn, gegründete Nebenlinie, S.-Neustadt, starb mit demselben 1713 wieder aus, da sein Sohn Moritz Adolf katholisch wurde und daher seine Erbrechte an Kursachsen abtrat; derselbe starb 1759 als Bischof von Leitmeritz.
Sachsen in Verbindung mit Polen.
Seit Kurfürst Johann Georg II. (1656-80) entwickelte der sächsische Hof eine Prachtliebe, welche zwar Dresden zu einem Mittelpunkt italienischer und französischer Kunst in Deutschland machte, aber die Finanzen des Staats zerrüttete; der Adel gewöhnte sich an den Genuß der Hofämter, und fremde Abenteurer sammelten sich in Dresden an. Sein Sohn Johann Georg III. (1680-91) war kriegerisch gesinnt, errichtete das erste stehende Heer in S. und nahm an den Kriegen des Kaisers und Reichs gegen die Türken, namentlich am Entsatz von Wien und am Kriege gegen Frankreich (seit 1689), hervorragenden Anteil.
Nach seinem frühen Tod folgte ihm zunächst sein älterer Sohn, Johann Georg IV. (1691-94), dann der jüngere, Friedrich August I. (1694-1733), der an Prachtliebe und Verschwendungssucht seinem Großvater glich und daher 1697 die sächsischen Ansprüche an das 1689 erledigte Sachsen-Lauenburg für 1,100,000 Gulden an Braunschweig verkaufte. Um seinen eitlen Wunsch nach einer Königskrone zu befriedigen und in Polen zum König gewählt zu werden, trat er 1697 zur katholischen Kirche über und wandte ungeheure Summen zur Bestechung des polnischen Reichstags auf.
Durch den halb erzwungenen Übertritt des Kurprinzen zum Katholizismus (1717) wurde die Albertinische Linie dauernd der römischen Kirche gewonnen, die sofort unter dem Schutz Friedrich Augusts die Propaganda in S. begann. In Dresden wurde katholischer Gottesdienst eingeführt und ein katholischer Ausländer, Fürst von Fürstenberg, zum Statthalter ernannt. Die Stände, welche, nur ihre Sonderrechte und Interessen verfolgend, mit dem Volke keinen Zusammenhang hatten und sich vom Landesherrn die schwersten Eingriffe in ihre Rechte, wie die Einführung der Generalaccise und die Einsetzung des Geheimen Kabinetts, gefallen lassen mußten, wahrten wenigstens den Bestand der evangelischen Kirche in S. durch Einsetzung des Geheimen Kirchenrats, der das Direktorium in allen Kirchensachen erhielt.
Der Übertritt Friedrich Augusts zur römischen Kirche und seine Erhebung zum König von Polen (als August II.) waren für S. von nachteiligen Folgen. Zunächst verlor das Haus Wettin für immer seine Stellung an der Spitze der Protestanten im Reich an Brandenburg. Dann verwickelte das Streben Augusts, durch einen ruhmvollen Krieg und Eroberungen die königliche Gewalt in Polen zu kräftigen, S. in den Nordischen Krieg, welcher von August zumeist auf sächsische Kosten mit sächsischen Truppen geführt wurde und Karl XII. 1706 zu einem Einfall in S. veranlaßte, der dem Land bedeutende Opfer auferlegte.
Zur Bestreitung der Kriegskosten verkaufte August nicht unbedeutende Gebietsteile an die Nachbarfürsten. Dresden allerdings wurde unter ihm eine glänzende Königsstadt mit herrlichen Palästen und Anlagen, Theater und Kunstsammlungen und auch sein Sohn Friedrich August II. (1733-1764), als König von Polen August III., pflegte die Künste, regierte aber sonst nicht zum Heil Sachsens. Er wurde beherrscht von dem allmächtigen Premierminister Grafen Brühl, der durch seine Verschwendung die Kräfte des Landes vergeudete und es in verderbliche Kriege verwickelte.
Nachdem der Kurfürst bei Beginn des österreichischen Erbfolgekriegs vergeblich versucht hatte, zur Entschädigung für das Erbrecht seiner Gemahlin, einer Tochter Kaiser Josephs I., ein österreichisches Kronland zu erlangen, schloß er sich im zweiten Schlesischen Krieg an Österreich an; doch wurden die sächsischen Truppen bei Striegau und Kesselsdorf (15. Dez.) besiegt, und S. mußte im Frieden von Dresden (25. Dez.) 1 Mill. Thlr. Kriegskosten bezahlen. Trotzdem führte hauptsächlich Brühl durch seine Ränke den Siebenjährigen Krieg herbei, in welchem Friedrich d. Gr. Sachsens Neutralität nicht beachtete, das sächsische Heer bei Pirna gefangen nahm und den Kurfürsten zwang, sich nach Polen zu begeben. S. betrachtete Friedrich nun als erobertes Land, das durch seine Kontributionen und als Kriegsschauplatz ungeheuer litt; sein Verlust wird auf 90,000 Seelen und 100 Mill. Thlr., ungerechnet die Einbuße durch die Münzverschlechterung und das Daniederliegen von Handel und Gewerbe, geschätzt. Die Schuldenlast betrug nahe an 40 Mill. Thlr., als nach siebenjähriger Abwesenheit Friedrich August 1763 in sein Land zurückkehren durfte.
Sachsen bis zum Wiener Kongreß. Königreich.
Mit Friedrich Augusts II. Tod löste sich die Verbindung mit Polen. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich Christian leitete durch Sparsamkeit und neue Begründung des Staatskredits die Heilung des Landes von seinen Wunden aufs beste ein, starb aber schon Sein Sohn Friedrich August III. (1763-1827), für den bis 1768 sein Oheim, Prinz Xaver, die Vormundschaft führte, setzte, unterstützt von dem trefflichen Minister Grafen Loß, das Werk des Vaters mit Umsicht und Erfolg fort.
Für die Abtragung der Schulden wurde Sorge getragen, der Staatshaushalt (die jährliche Einnahme betrug 2,351,174 Thlr.) musterhaft geordnet, Gewerbfleiß und Handel unterstützt, Ackerbau und Viehzucht gehoben, der Bergbau durch rationellen Betrieb einträglicher gemacht. Die Rechtspflege und das Unterrichtswesen wurden gebessert. Da der Kurfürst auf die bayrische Allodialerbschaft Ansprüche erhob, so nahm er 1778 an Preußens Seite am bayrischen Erbfolgekrieg teil und erhielt im Frieden von Teschen 1779 eine Entschädigung von 6 Mill. Gulden, die er zur Einlösung verpfändeter Ämter und zur Errichtung einer Sekundogenitur mit 85,000 Thlr. Rente verwendete. S. trat 1785 dem Fürstenbund bei, beteiligte sich aber am Kriege gegen Frankreich 1792 nur mit seinem Reichskontingent und schloß
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1796 einen Neutralitätsvertrag. Im Krieg von 1806 stießen 22,000 Sachsen zu dem preußischen Heer Hohenlohes und fochten bei Saalfeld und bei Jena. Nach dieser Niederlage mußte es S. als ein Glück betrachten, daß Napoleon ihm 17. Okt. gegen die Zahlung von 25 Mill. Frank Kriegskontribution Neutralität anbot. Im Frieden von Posen nahm der Kurfürst die königliche Würde an, trat als souveräner Fürst dem Rheinbund bei und verpflichtete sich zur Stellung eines Bundeskontingents von 20,000 Mann; 20. Dez. erfolgte die Proklamation des neuen Königreichs S. unter dem König Friedrich August I.
Die Gunst des kaiserlichen Protektors verschaffte dem neuen König den Besitz des im Frieden von Tilsit geschaffenen Herzogtums Warschau, das 1809 durch Neugalizien und Krakau vergrößert wurde; außerdem erhielt S. 1807 den von Preußen abgetretenen Kottbuser Kreis, wofür es einige Ämter an das Königreich Westfalen abtrat. Dafür war S. dem Willen Napoleons völlig unterworfen und opferte seine Kräfte an Menschen und Geld in dessen Eroberungskriegen auf. Während die sächsischen Truppen 1809 an der Donau gegen Österreich kämpften, durchzog das Streifkorps des Herzogs von Braunschweig das entblößte Land. 1812 rückten 21,000 Sachsen nach Rußland, kehrten aber, da sie dem 7. Armeekorps Reyniers und mit diesem der Schwarzenbergschen Armee beigegeben wurden, die weniger litt, meist nach der Heimat zurück.
Als im Frühjahr 1813 die Verbündeten S. als den ersten Rheinbundstaat zum Abfall von Napoleon aufforderten, wagte der König nicht, sich zu entscheiden, und floh nach Prag, während sich die sächsische Armee in die Festung Torgau zurückzog. Kaum aber hatte Napoleon den Sieg von Großgörschen erfochten, als der König zu ihm nach Dresden eilte (12. Mai) und ihm seine Truppen zur Verfügung stellte. Während dieselben bei Großbeeren und Dennewitz unglücklich kämpften und schwere Verluste erlitten, war S., besonders die Umgegend von Dresden, dann die von Leipzig, vom August bis zum Oktober Kriegsschauplatz. In der Schlacht bei Leipzig ging 18. Okt. zwar ein Teil der sächsischen Truppen zu den Verbündeten über, Friedrich August wurde aber gleichwohl, als er nach der Abreise Napoleons 19. Okt. in Leipzig zurückblieb, von den Verbündeten für kriegsgefangen erklärt und nach Friedrichsfelde abgeführt. Der russische General Fürst Repnin übernahm als Generalgouverneur die Verwaltung des Landes, das nach der Kapitulation von Dresden (11. Nov.) und Torgau (27. Nov.) und der Erstürmung Wittenbergs vollständig in den Händen der Verbündeten war, und setzte die Kräfte desselben sofort zum fernern Kampf gegen Frankreich in Thätigkeit. Das reorganisierte sächsische Korps nahm unter dem Befehl des Herzogs von Weimar am Feldzug in den Niederlanden teil.
S. war durch Verabredung zwischen Rußland und Preußen zur Entschädigung des letztern für seine Abtretungen polnischen Gebiets bestimmt; dem sächsischen Königshaus war ein Länderbesitz am Rhein zugedacht. Rußland überließ daher das Generalgouvernement in S. den preußischen Ministern v. d. Reck und v. Gaudy, und alle Anstrengungen des sächsischen Hofs und eines Teils der Bevölkerung für die Erhaltung Sachsens würden vergeblich gewesen sein, wenn nicht aus dem Wiener Kongreß der schlaue Talleyrand im Namen Frankreichs und der Legitimität für S. eingetreten wäre und auch Österreich und England für die Erhaltung Sachsens, die dann auch eine Beschränkung der polnischen Erwerbungen Rußlands bedingte, gewonnen hätte.
Nach langen und heftigen Verhandlungen, die im Januar 1815 beinahe zum Kriege geführt hätten, griff man im Februar zu dem Ausweg einer Teilung Sachsens; Preußen sollte die Niederlausitz und einen Teil der Oberlausitz (jetzt zu Schlesien und der Mark gehörig), den Kurkreis, den Thüringischen und Neustädter Kreis, Naumburg und Merseburg (jetzt der Regierungsbezirk Merseburg und ein Teil von Erfurt), zusammen 20,000 qkm mit 864,404 Einw., erhalten, der Rest, 15,000 qkm mit 1,182,744 Einw., Friedrich August als Königreich verbleiben. Nach längerm Sträuben mußte sich der König 6. April dem entschiedenen Willen der Mächte fügen, 18. Mai Teilungsvertrag in Form eines Friedens mit Preußen abschließen und 22. Mai seine abgetretenen Unterthanen ihrer Pflicht entlassen; die definitive Auseinandersetzung zwischen Preußen und S. über die Grenzen, Schulden, Stiftungen, Salzlieferung etc. erfolgte durch die Hauptkonvention vom
Diese Lösung der sächsischen Frage erregte bei der Bevölkerung große Mißstimmung, da durch die Teilung seit Jahrhunderten zusammengehörende Länder auseinander gerissen und auch viele materielle Interessen gefährdet wurden. Ja, als in Lüttich der Befehl, die sächsischen Regimenter bei der Blücherschen Armee nach der nunmehrigen Staatsangehörigkeit zu teilen, ausgeführt werden sollte, widersetzte sich 2. Mai ein Grenadierregiment und bedrohte Blücher selbst; doch erfolgte nach Erschießung von sieben Rädelsführern die Teilung, und die in Osnabrück neuformierte sächsische Armee nahm, 16,000 Mann stark, 1815 noch an der Blockade von Schlettstadt und Neubreisach teil. Am 7. Juni kehrte der König Friedrich August nach Dresden zurück und trat 8. Juni dem Deutschen Bund bei. Mit der gleichzeitigen Stiftung des Zivilverdienstordens wurden neue Nationalfarben, Weiß und Grün, angenommen.
Sachsen seit Verleihung der Verfassung.
König Friedrich August I. und sein Minister Graf D. Einsiedel waren zwar bemüht, in der nun folgenden Friedenszeit die Wunden des Kriegs zu heilen und die Finanzen und den Wohlstand des Landes zu heben, scheuten aber vor Reformen zurück und ließen namentlich die bestehenden Verfassungsverhältnisse mit den in Kurien eingeteilten Feudalständen unverändert. Auch sein Nachfolger, sein bereits 71jähriger Bruder Anton (1827-36), ließ nicht nur alles beim alten, sondern behielt auch den verhaßten Minister Einsiedel bei, so daß es im September 1830 unter dem Eindruck der Pariser Julirevolution in Leipzig und Dresden zu Unruhen kam, infolge deren, nachdem Prinz Maximilian dem Thronrecht entsagt hatte, dessen Sohn Prinz Friedrich August zum Mitregenten ernannt, an Stelle Einsiedels Lindenau an die Spitze des Geheimen Kabinetts berufen und eine Reform der Verfassung verheißen wurde.
Demgemäß wurden mit den 1831 zusammentretenden Ständen die Verfassungsurkunde vom die Städteordnung vom und das Ablösungsgesetz vom 17. März d. J. vereinbart; an die Stelle des Geheimen Kabinetts trat ein in sechs Departements geteiltes verantwortliches Staatsministerium, an die Stelle der Feudalstände zwei Kammern. Einen wichtigen Schritt that der erste konstitutionelle Landtag, welcher eröffnet wurde, indem er den Anschluß Sachsens an den preußischen Zollverein genehmigte; der Aufschwung, den Handel und Industrie infolgedessen in S. nahmen, widerlegte nicht
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nur die Befürchtungen der Leipziger Kaufmannschaft, sondern übertraf alle Erwartungen und fand in dem Bau der Leipzig-Dresdener Eisenbahn eröffnet) seine Bestätigung.
Nach dem Tode des Königs Anton folgte Friedrich August II. (1836-54). Unter ihm setzten Regierung und Landtag anfangs ihre gesetzgeberische Thätigkeit, welche durchgreifende Reformen vermied, aber innerhalb des Rahmens der ständischen Verfassung und des büreaukratischen Verwaltungsorganismus die bessernde Hand anzulegen suchte, fort. 1843 aber wurde der Minister v. Lindenau durch den Einfluß der Aristokratie verdrängt und durch Könneritz ersetzt, der in ein reaktionäreres Fahrwasser einlenkte, die Presse maßregelte, Schriftsteller auswies u. dgl. Hierdurch wurde die liberale Strömung, welche in ganz Deutschland das Bürgertum beherrschte, verstärkt und die von Braun geleitete Opposition in der Zweiten Kammer zu schärferm Auftreten angespornt.
Als nun die Regierung auch gegen die religiöse Bewegung der Deutschkatholiken und Lichtfreunde einschritt, vermutete die mißtrauische öffentliche Meinung dahinter die Spuren einer geheimen jesuitischen Propaganda, deren Haupt der Prinz Johann, Bruder des Königs, sei. Daher kam es bei einer Revue, die der Prinz Johann über die Leipziger Kommunalgarde abhielt, zu einem Tumult, bei welchem das Militär voreilig feuerte und acht Menschen tötete. Dies rief eine unbeschreibliche Erbitterung hervor und reizte die Opposition in der Kammer zu verstärkten Angriffen auf das Ministerium.
Nach dem Ausbruch der Februarrevolution bestürmten die Behörden der größern Städte, voran Leipzig, den König mit Adressen, in denen eine völlige Änderung des Regierungssystems gefordert wurde. Das Ministerium suchte die Bewegung erst durch einzelne Zugeständnisse zu beschwichtigen, nahm aber, als dies vergeblich war, seine Entlassung, und Braun bildete ein neues, dessen hervorragendste Mitglieder v. d. Pfordten, Georgi und Oberländer waren, und das 16. März Erfüllung aller liberalen Forderungen verhieß.
Aber schon waren nicht mehr die gemäßigten Liberalen, sondern die radikalen Demokraten die Herren der Lage, wie die Ergänzungswahlen zum Landtag und die Wahlen für das Frankfurter Parlament bewiesen. Im Landtag zwar, der am 18. Mai eröffnet wurde, begnügte sich die Opposition damit, daß die Regierung in der Frage der Verfassung und der Justizreform nur die allgemeinen Grundsätze festsetzte und über die Presse, das Vereins- und Versammlungsrecht und über ein neues Wahlrecht für beide Kammern Gesetzentwürfe vorlegte, die angenommen wurden; das neue Wahlgesetz schrieb allgemeine, direkte Wahlen, für die Erste Kammer mit einem Zensus, vor. Im Land aber herrschte die demokratische Partei und siegte 1849 bei den Wahlen für den ersten nach dem neuen Gesetz zu wählenden Landtag fast ausnahmslos; die Ungeschliffenheit, Selbstüberhebung und Verblendung, womit sie in demselben bei den Debatten auftrat, verschafften dem Landtag den Namen des Unverstandslandtags.
Ein erbliches und unverantwortliches Oberhaupt für das neuzuschaffende Deutsche Reich verwarf die Mehrheit durchaus, verlangte aber die sofortige Verkündigung der deutschen Grundrechte. An einer erfolgreichen Wirksamkeit verzweifelnd, reichte das Ministerium Braun seine Entlassung ein (Februar 1849) und wurde durch ein Übergangsministerium ersetzt, an dessen Spitze der Oberappellationsrat Held stand, und in das v. Beust, Weinlig und v. Rabenhorst eintraten.
Dies gewährte die Publikation der Grundrechte (2. März) und die ständische Initiative, befriedigte aber damit noch nicht die Radikalen, welche besonders wegen der Nichtverhinderung des Todes von R. Blum die Abberufung des sächsischen Gesandten in Wien verlangten. Während die Linke früher die monarchische Reichsverfassung verworfen hatte, verlangte sie nun, nachdem der König von Preußen die Kaiserkrone abgelehnt, plötzlich die sofortige Anerkennung der Verfassung, und die Kammern beschlossen demgemäß, sowie daß über den 30. April hinaus die Steuern nicht forterhoben werden dürften. Dies gab dem durchaus partikularistisch gesinnten König den erwünschten Vorwand, 30. April die Kammern aufzulösen. Nun erhielten die Deputationen von Leipzig und andern Städten, welche die Anerkennung der Reichsverfassung forderten, vom König abschlägliche Antwort. Als deshalb Held und Weinlig ihre Entlassung gaben, wurde Zschinski, an die Spitze eines neuen Ministeriums berufen, in welches Beust und Rabenhorst übertraten (2. Mai).
Das Verbot einer Demonstration der Dresdener Bürgerwehr für die Reichsverfassung, welches die neuen Minister erließen, gab 3. Mai die Losung zum Aufstand (Dresdener Maiaufstand). Ein tobender Volkshaufe griff das Zeughaus an, wurde aber zweimal blutig zurückgewiesen. Jetzt wurden die Sturmglocken geläutet, überall feste Barrikaden errichtet und auf dem Rathaus ein Sicherheitsausschuß eingesetzt, welcher die Bürgerwehren andrer Städte und Freischaren nach Dresden entbot.
Die Regierung verfügte nur über 1900 Mann Truppen, da der größere Teil des sächsischen Heers in Schleswig-Holstein stand, wo die Sachsen im Verein mit den Bayern 13. April die Düppeler Schanzen gestürmt hatten. Sie beorderte sofort alle erreichbaren Truppenteile nach der Hauptstadt und wandte sich um Hilfe nach Berlin. Inzwischen aber eroberten die Aufständischen die ganze Altstadt mit Ausnahme des Zeughauses und des Schlosses. Daher begab sich 4. Mai König nebst seiner Familie und den Ministern nach dem Königstein.
Auf die Kunde hiervon wurde eine provisorische Regierung, aus den Abgeordneten Tzschirner, Heubner und Todt bestehend, gebildet, welche die Anerkennung der Reichsverfassung als ihr Ziel bezeichnete und sich unter den Schutz der Frankfurter Nationalversammlung stellte, unter der aber die heimlichen Urheber des Aufstandes, die internationalen Revolutionäre, Bakunin an der Spitze, die rote Fahne zu entfalten wagten. Da die Erhebung nun einen republikanisch-sozialistischen Charakter annahm, zog sich der Bürgerstand von ihr zurück; von den aus andern Städten herbeigeeilten Bürgerwehren kehrten die meisten, als sie den wirklichen Stand der Dinge erfuhren, wieder um und halfen in ihrer Heimat die Ordnung aufrecht zu erhalten.
Inzwischen schöpfte die Regierung wieder Mut und Kraft; die Minister v. Beust und v. Rabenhorst kehrten nach der Neustadt zurück, aus Leipzig und Chemnitz trafen Verstärkungen ein, und aus Berlin erschien, als Vorbote weiterer entscheidender Hilfe, ein Bataillon Preußen. Am Morgen des 6. Mai ward der Kampf erneuert. Drei Tage lang verteidigten sich die Aufständischen hinter ihren ausgezeichnet angelegten Barrikaden; als sie durch Anzündung des alten Opernhauses das Schloß in Brand zu stecken suchten, ging ein Zwingerpavillon mit der Naturaliensammlung in Flammen auf. Nach einem hartnäckigen und blutigen Straßen- und Häuserkampf erstürmten die Truppen am Morgen des 9. Mai, noch vor Tagesanbruch, den Postplatz und die große
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Barrikade am Eingang des Altmarktes, und damit war der hartnäckige Widerstand der Freischaren gebrochen. Der Verlust der Truppen betrug 31, der der Aufständischen 178 Tote. Auf der Flucht wurden noch viele, darunter auch Heubner und Bakunin, gefangen genommen, während Tzschirner entkam. Außerdem wurden viele Verhaftungen Kompromittierter vorgenommen, so daß sich die Zuchthäuser und Gefängnisse mit Verurteilten füllten. Aber die Ordnung war hergestellt.
Die Politik Beusts.
Unter dem Eindruck der von Preußen geleisteten rettenden Hilfe trat S. 26. Mai dem Dreikönigsbündnis mit Preußen bei, machte aber hinterlistigerweise den Vorbehalt, daß auch die süddeutschen Königreiche ihm sich anschließen müßten, welche Beust gleichzeitig vom Beitritt abzuhalten suchte. Da inzwischen Österreich erstarkt war und einen Rückhalt bot, sagte sich S. von der Union los, schrieb die Wahlen für das Erfurter Parlament nicht aus und schloß mit Hannover, Bayern und Württemberg das Vierkönigsbündnis zur Herstellung des Bundestags, während die formelle Lossagung vom Dreikönigsbündnis erst 25. Mai erfolgte.
Nicht zufrieden mit dem Scheitern der preußischen Union, bedauerte Beust nichts mehr, als daß Österreich Ende 1850 seine vermeintliche militärische Übermacht nicht zur völligen Unterwerfung Preußens benutzte, sondern sich mit der Demütigung desselben in Olmütz begnügte. Auf den Dresdener Konferenzen half er eifrigst Österreichs Übergewicht im wiederhergestellten Deutschen Bund begründen und war sogar bereit, es in den Zollverein aufzunehmen. Doch mußte er 1853 den Zollverein auf den alten Grundlagen erneuern, da Preußen mit Kündigung desselben drohte.
Obwohl die seit November 1849 wieder versammelten Kammern sich besonnen und nachgiebig zeigten, wurden sie doch, sobald sie Miene machten, die deutsche Frage vor ihr Forum zu ziehen, aufgelöst. Hierauf that das Ministerium, welches sich durch v. Friesen als Minister des Innern und Behr als Finanzminister ergänzt hatte, einen entscheidenden Schritt. Drei Verordnungen vom hoben das freie Vereins- und Versammlungsrecht auf, stellten die Presse unter strenge Polizeiaufsicht und beriefen den Landtag von 1848 wieder ein, um ein andres Wahlgesetz zu beraten.
Obwohl es schwer war, diesen Landtag in beschlußfähiger Anzahl zusammenzubringen, wurde er doch 22. Juli eröffnet und zeigte nicht nur in der Beseitigung aller 1848 und 1849 erlassenen Gesetze die größte Willfährigkeit, sondern lehnte selbst die von der Regierung vorgeschlagene Revision der Verfassung von 1831 ab. Damit hatte die Reaktion völlig gesiegt. Da die Bevölkerung, gleichgültig und eingeschüchtert, sich vom politischen Leben fern hielt, fielen die Neuwahlen für den Landtag 1851 ganz im Sinn der Reaktion aus: die indirekten Gemeindewahlen, das Konskriptionssystem und die Stellvertretung im Heer wurden hergestellt;
gegen die Reform der Justiz und der Verwaltung sprach sich die Erste Kammer entschieden aus.
König Friedrich August II. verunglückte bei Brennbüchl in Tirol, und ihm folgte sein Bruder Johann (1854-73); doch erlitt das Regierungssystem vorläufig keine Änderung. Gegenüber dem einseitigen feudalen Standpunkt der Ersten Kammer vertraten Regierung und Zweite Kammer wenigstens in der Frage der Justiz- und Verwaltungsreform die Sache des gemäßigten Fortschritts, hatten aber hartnäckige Kämpfe zu bestehen, bis diese wichtige Angelegenheit 1864 zum Abschluß gebracht war.
Nach Zschinskys Tod (1858) übernahm Beust den Vorsitz im Ministerium und schlug allmählich liberalere Bahnen ein. Eitel und ehrgeizig, strebte nämlich Beust danach, eine große politische Rolle an der Spitze der deutschen Mittelstaaten zu spielen. Nachdem ein Versuch in dieser Richtung während des Krimkriegs (auf den Bamberger Konferenzen 1854) gescheitert war, glaubte Beust seine Zeit gekommen, als der italienische Krieg von 1859 die österreichischen Sympathien in S. von neuem belebt und die Notwendigkeit einer Bundesreform, namentlich in militärischer Beziehung, bewiesen hatte. Er trat selbst mit einem Bundesreformprojekt hervor, welches die beiden Großmächte im Gleichgewicht hielt und neutralisierte, die Entscheidung aber den vier Königreichen übertrug, für welches er die übrigen Mittel- und Kleinstaaten auf den Würzburger Konferenzen (1860 und 1861) zu gewinnen bemüht war.
Der Ruf eines nicht bloß nationalen, sondern auch freisinnigen Staatsmanns schien ihm für die Erlangung seines Ziels unentbehrlich, und so legte er 1860 dem Landtag ein liberaleres Wahlgesetz vor, welches das unverhältnismäßige Übergewicht des Grundbesitzes verringerte, den Zensus herabsetzte und das Wahlverfahren vereinfachte. Die Abschaffung der Konduitenlisten über die städtischen Behörden wurde versprochen, die Gewerbefreiheit eingeführt, das Jagdablösungswerk vollendet, Presse und Vereinswesen von den engen Fesseln befreit und 1865 auch endlich eine Amnestie für 1849 erlassen. Beust erreichte seinen Zweck, indem die Kammern seiner deutschen Politik bedingungslos zustimmten.
In der kurhessischen Frage zwar sprach sich die Zweite Kammer 1862 gegen den Bundestag aus und erklärte sich für die Errichtung einer starken deutschen Zentralgewalt; in der Zollvereinskrisis 1862-64 wollten weder die Zweite Kammer noch das Land von einer Zerreißung dieses Bundes, welche Sachsens Handel und Industrie unheilbare Wunden geschlagen hätte, etwas wissen. Dagegen billigte der Landtag in der schleswig-holsteinischen Frage die Politik der Regierung durchaus. S. erklärte sich 1863 nach dem Tode des Königs Friedrich VII. von Dänemark für das Recht des Herzogs von Augustenburg und übernahm im Dezember mit Hannover die Besetzung Holsteins durch 12,000 Mann sächsisch-hannöversche Truppen unter dem sächsischen General v. Hake.
Beust wurde ausersehen, den Deutschen Bund 1864 auf der Londoner Konferenz zu vertreten. Aber seine zu Würzburg von Bayern und Württemberg genehmigten Anträge, die Bundestruppen in Holstein zu verstärken, die Stände daselbst zu berufen und dem Herzog Friedrich die Regierung zu übertragen, wurden vom Bundestag abgelehnt, und S. mußte Ende 1864, nach der Abtretung der Elbherzogtümer an Österreich und Preußen, seine Truppen aus Holstein zurückziehen. Um so eifriger war Beust bemüht, den Zwist zwischen den beiden Großmächten über die Elbherzogtümer zu schüren und Österreich für eine Verständigung mit den Mittelstaaten zu gewinnen. Anfang 1866 gelang ihm dies, indem Österreich die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Frage dem Bundestag übertrug.
S. war der erste Mittelstaat, der militärische Vorkehrungen traf; die Rekruten wurden zum einberufen. Der Landtag billigte im April einstimmig die Regierungspolitik und bewilligte die für die Rüstungen erforderlichen Mittel. Auch in der
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sächsischen Bevölkerung war die Stimmung überwiegend gegen Preußen; die von den Leipziger Stadtbehörden an die Regierung gerichtete Bitte, jede Kriegsrüstung rückgängig zu machen, wurde von dieser als eine Kompetenzüberschreitung scharf gerügt. Die Armee, 32,000 Mann, wurde im Mai um Dresden vereinigt und Kronprinz Albert zum Befehlshaber ernannt. Am 14. Juni stimmte S. am Bundestag für den Antrag Österreichs, die außerpreußischen Bundesarmeekorps mobil zu machen, und lehnte 15. Juni das preußische Ultimatum, welches Neutralität und Anschluß an die preußische Bundesreform forderte, aber Integrität versprach, ab. Sofort erfolgte die preußische Kriegserklärung und 16. Juni der Einmarsch preußischer Truppen bei Strehla und Löbau. S. rief die Bundeshilfe, natürlich vergeblich, an, und da eine Verteidigung Sachsens nicht im österreichischen Kriegsplan lag, so zog sich die Armee, welche der König begleitete, 18. Juni nach Böhmen zurück. In S. wurde eine Landeskommission (v. Falkenstein, v. Friesen, Schneider und v. Enge) zurückgelassen.
Die Besetzung des Landes durch die Preußen ging nun ohne Hindernis von statten; ein Generalgouverneur wurde ernannt, die Befestigung Dresdens angeordnet und die Zahlung von 10,000 Thlr. täglich verlangt. Währenddessen hatten die sächsischen Truppen bei Gitschin (29. Juni) und bei Königgrätz, wo sie den linken Flügel des österreichischen Heers bildeten und 59 Offiziere und 1500 Mann verloren, tapfer, aber unglücklich gekämpft, dennoch aber ihre gute Ordnung auf dem Rückzug nach Wien bewahrt. Beust übernahm für den Kaiser Franz Joseph eine Sendung nach Paris und erlangte auch Napoleons Fürsprache bei den Nikolsburger Verhandlungen. Noch wirksamer für die Verhinderung der völligen oder teilweisen Annexion Sachsens durch Preußen war aber das feste Eintreten Österreichs, das die Erhaltung Sachsens für einen Ehrenpunkt erklärte, von dem es nicht weichen könne. Bei den Verhandlungen über den Frieden verbat sich Preußen Beust als Unterhändler, worauf v. Friesen und Graf Hohenthal zu Vertretern Sachsens in Berlin ernannt wurden, wo 21. Okt. der Friede unterzeichnet ward. Danach trat S. dem Norddeutschen Bund bei, von dessen Heer die sächsische Armee einen Teil bilden solle, übergab die Festung Königstein an Preußen, trat an den Bund Post und Telegraphenwesen ab, stimmte der Umgestaltung der Zollvereinsverfassung zu und zahlte 10 Mill. Thlr. Kriegskontribution. Bis zur Ausführung des Friedens und der Reorganisation der sächsischen Truppen blieb S. von preußischen Truppen besetzt; erst gegen Ende 1867 wurde es mit Ausnahme des Königsteins geräumt.
Sachsen als Glied des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs.
Während der Friedensverhandlungen hatte Beust seinen Abschied genommen und war in österreichische Dienste übergetreten. Den Vorsitz im Ministerrat übernahm Falkenstein, Friesen die Finanzen und das Auswärtige, den Krieg Fabrice und das Innere v. Nostitz-Wallwitz. Der König, der am 26. Okt. nach Pillnitz zurückgekehrt war, eröffnete 15. Nov. den Landtag mit einer Thronrede, die den festen Entschluß der Regierung betonte, mit der gleichen Treue wie zu dem frühern, so auch zu dem jetzt zu bildenden neuen Bund zu halten.
Die Ehrlichkeit, mit der das Königshaus, die Regierung und der Landtag diesen Entschluß ausführten, und die von Preußen durch vertrauensvolles Entgegenkommen erwidert wurde, erleichterte und beschleunigte die Versöhnung und die Einordnung in die neuen Verhältnisse. In der Bevölkerung überzeugte man sich bald, daß die geistigen und materiellen Interessen des Landes im neuen Bund völlig gewahrt waren. Der Besuch des Königs und des Kronprinzen in Berlin im Dezember 1866 wurde im Februar 1867 durch einen Besuch des Königs Wilhelm und seines Sohns in Dresden erwidert.
In der Militärkonvention vom beschränkte Preußen seine Oberbefehlsbefugnisse auf das Unerläßlichste und gewährte S. eigne Kriegsverwaltung, Militärbildungsanstalten u. a.; vom ab bildete die sächsische Armee das 12. norddeutsche Bundeskorps, dessen Oberbefehl Kronprinz Albert erhielt. Der Landtag genehmigte die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, nachdem er schon 1866 den Friedensvertrag mit Preußen und das Wahlgesetz des Norddeutschen Bundes einstimmig angenommen hatte.
Mit Rücksicht auf sein Verhältnis zum Norddeutschen Bund lehnte S. 1867 die Einladung Frankreichs und Rußlands zu internationalen Kongressen ab. Auch die zeitgemäße Umgestaltung der Verfassung und Gesetzgebung kam durch die neuen Verhältnisse in Fluß. Die Regierung legte 1867 dem Landtag ein neues Wahlgesetz vor, das für die Wahlen zur Ersten Kammer den Unterschied zwischen Rittergutsbesitzern und bäuerlichen Besitzern aufhob und für die Zweite Kammer das ständische Prinzip völlig aufgab; die Zweite Kammer setzte sich aus 45 ländlichen und 35 städtischen Abgeordneten zusammen, für welche der Zensus auf 2 Thlr. für das aktive und 10 Thlr. für das passive Wahlrecht festgesetzt wurde; die Legislaturperiode sollte sechsjährig, die Budgetperiode zweijährig sein.
Nach Annahme des Wahlgesetzes wurde die Einführung von Geschwornengerichten und die Zuziehung von Schöffen zu den Bezirksgerichten vom Landtag genehmigt. In der nach dem neuen Wahlgesetz 1869 gewählten Zweiten Kammer hatten die vereinigten liberalen Parteien die Majorität, in der Ersten Kammer aber die konservativen Partikularisten; an deren Widerspruch scheiterte die Aufhebung des Patronatsrechts u. a., so daß 1870 nur ein Preßgesetz zu stande kam. Der Krieg gegen Frankreich 1870/71 unterbrach den Kampf zwischen beiden Kammern über die innere Entwickelung. Die sächsischen Truppen kämpften unter Führung des Kronprinzen und, nachdem dieser zum Befehlshaber der Maasarmee ernannt worden, unter der des Prinzen Georg mit Auszeichnung und glänzendem Erfolg bei St.-Privat, Sedan und Villiers; der sächsische Kriegsminister v. Fabrice war 1871 Höchstkommandierender der deutschen Okkupationsarmee in Frankreich.
Dem im Dezember 1871 eröffneten Landtag wurden wichtige Angelegenheiten vorgelegt: die Beschlüsse der ersten allgemeinen Landessynode der evangelisch-lutherischen Kirche Sachsens, welche 9. Mai bis 26. Sept. getagt hatte, über die Errichtung des Oberkonsistoriums, das Verhältnis der Kirche zur Schule und das Patronatsrecht, die neue Organisation der Verwaltungsbehörden, eine revidierte Städteordnung, eine Landgemeindeordnung, ein Volksschulgesetz und eine Steuerreform. Nach langem, heftigem Kampf zwischen der feudal-konservativen Mehrheit der Ersten und der liberalen Mehrheit der Zweiten Kammer kamen die Organisationsgesetze, das Volksschulgesetz und die Steuerreform durch Einführung einer Klassen- und Einkommensteuer 1873 zu stande. In demselben Jahr starb 29. Okt. König Johann, und ihm folgte König Albert, der die Regierung unter treuem Festhalten an den Pflichten gegen das Reich und mit
Maßstab 1:1150000.
Provinz Sachsen zum Artikel
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sorgsamer Pflege der geistigen und materiellen Interessen fortführte. Das Ministerium, in welches schon früher v. Gerber für den Kultus und Abeken für die Justiz eingetreten waren, erfuhr keine durchgreifenden Veränderungen. 1876 trat v. Friesen zurück und wurde in dem Vorsitz durch Fabrice, in den Finanzen durch v. Könneritz ersetzt, nachdem er, um dem Reichseisenbahnenprojekt zuvorzukommen, die Leipzig-Dresdener und dann auch die meisten übrigen Privatbahnen angekauft hatte, so daß die sämtlichen Bahnen Sachsens ein geschlossenes Staatsbahnnetz bildeten.
Allerdings waren die Bahnen zu hohen Preisen angekauft worden und ergaben bei dem Rückgang der Geschäfte anfangs erhebliche Mindereinnahmen (11,000 Mk. für das Kilometer, statt früher 14,000 Mk.), so daß sie schon 1876: 7½ Mill. Zuschuß erforderten und ein Zuschlag von 50 Proz. zur Einkommensteuer notwendig wurde. Der Staatshaushalt wies mehrere Jahre hindurch einen Ausfall von mehreren Millionen auf, besserte sich aber allmählich, indem die Ansprüche des Reichs an Matrikularbeiträgen sich infolge der neuen Zollgesetzgebung verminderten und die Schutzzölle vorzugsweise der sächsischen Industrie zu gute kamen, so daß die Einkünfte an Steuern und die Erträge der Eisenbahnen stetig wuchsen. Die Einnahmen des Staats vermehrten sich 1882-83 um fast 23 Mill. Mk. und gestatteten den völligen Wegfall des Zuschlags zur Einkommensteuer, die Ermäßigung der Eisenbahngütertarife und die Aufhebung des Chausseegeldes, ferner den Bau neuer Bahnen und erhebliche Aufwendungen für Unterricht, Kunst und Wissenschaft.
In den Parteiverhältnissen der Zweiten Kammer hatte sich inzwischen ein Umschwung vollzogen. Der Rückgang der Liberalen seit 1878 machte sich auch in S. geltend, wo die Konservativen in der Zweiten Kammer immer mehr zunahmen und schließlich die entschiedene Mehrheit erlangten, zumal die Liberalen sich in Nationalliberale und Fortschrittler spalteten und sich heftig bekämpften; 1885 zählten die Konservativen 50 Mitglieder gegen 25 Liberale. Bedenklich wurde das Anwachsen der Sozialdemokratie, welche bei jeder Reichstagswahl mehr Mandate in S. eroberte und auch im Landtag 1885: 5 Mitglieder zählte.
Daher vereinigten sich bei den Reichstagswahlen im Februar 1887 die Konservativen mit den gemäßigten Liberalen zu gemeinschaftlichem Handeln und erreichten es auch, daß kein Sozialdemokrat und nur ein Deutschfreisinniger in den Reichstag gewählt wurde. Dies Wahlbündnis hatte auch für die partiellen Landtagswahlen im Oktober 1887 Gültigkeit und bewirkte, daß auch bei diesen die Sozialdemokraten bloß einen, die Deutschfreisinnigen keinen Sitz behaupteten. Regierung und Landtagsmehrheit huldigten derselben politischen Richtung.
Vgl. Weiße, Geschichte der kursächsischen Staaten (Leipz. 1802-12, 7 Bde.);
Meynert, Geschichte des sächsischen Volkes (das. 1833-35, 2 Bde.);
Gretschel, Geschichte des sächsischen Volkes (fortgesetzt von Bülau, 2. Ausg., das. 1863, 3 Bde.);
Böttiger, Geschichte des Kurstaats und Königreichs S. (2. Aufl., neubearb. von Flathe, Gotha 1867-73, 3 Bde.);
v. Witzleben, Die Entstehung der konstitutionellen Verfassung des Königreichs S. (Leipz. 1881);
Schuster und Francke, Geschichte der sächsischen Armee (das. 1885, 3 Bde.);
Köhler, Das Königreich S. und seine Fürsten (das. 1886);
Gersdorf, Codex diplomaticus Saxoniae regiae (fortgesetzt von Posse, Ermisch und Knothe, das. 1864 ff.);
»Archiv für die sächsische Geschichte« (hrsg. von K. v. Weber, das. 1862-79, 21 Bde.) und »Neues Archiv« (hrsg. von Ermisch, Dresd. 1880 ff.);
Tutzschmann, Atlas zur Geschichte der sächsischen Länder (Grimma 1852).