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Über das asiatische Rußland s. die Einzelartikel Kaukasien, Sibirien und Turkistan.
Litteratur.
Außer den ältern Werken von Pallas, Gmelin u. a. sowie den bei den betreffenden Abschnitten bereits angeführten Werken sind wichtige Schriften über Rußland: »Beiträge zur Kenntnis des russischen Reichs« (hrsg. von Baer, Helmersen, Schrenck u. a., Petersb. 1839-73, 26 Bde.; 2. Folge 1879-86, 9 Bde.; 3. Folge, 1886 ff.);
H. Kletke, Alex. v. Humboldts Reisen im europäischen und asiatischen Rußland (Berl. 1855, 2 Bde.);
Erman, Archiv zur wissenschaftlichen Kunde Rußlands (das. 1841-66, 25 Bde.);
I. ^[Iwan] Strelbitsky, Arealbestimmungen des russischen Reichs (russ.);
Haxthausen, Studien über die innern Zustände Rußlands (Hannov. 1847-52, 3 Bde.);
Tengoborski, Études sur les forces productives de la Russie (Par. 1852-54, 3 Bde.);
Schnitzler, L'empire des Tsars (das. 1856-69, 4 Bde.);
Bodenstedt, Russische [* 2] Fragmente;
Beiträge zur Kenntnis des Staats- und Volkslebens in seiner historischen Entwickelung (Leipz. 1862, 2 Bde.);
Schedo-Feroti, Études sur l'avenir de la Russie (Berl. 1857-68, 10 Tle.);
Matthäi, Die wirtschaftlichen Hilfsquellen Rußlands (Dresd. 1883-84, 2 Bde.);
W. Stieda, Aus der Wirtschaftsstatistik Rußlands (Jena [* 3] 1883) und verschiedene Aufsätze in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie« und in Schmollers »Jahrbuch«;
v. Sarauw, Das russische Reich in seiner finanziellen und ökonomischen Entwickelung (Leipz. 1873);
Lankenau und Ölsnitz, Das heutige Rußland (2. Ausg., das. 1881, 2 Bde.);
Wallace, Rußland (deutsch, 6. Aufl., das. 1880);
A. Leroy-Beaulieu, L'empire des Tsars (Par. 1881-82, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1883);
Roskoschny, Rußland, Land und Leute (Leipz. 1882-84);
Waldeck (Fürstentum) [
![Bild 66.467: Waldeck (Fürstentum) [unkorrigiert] Bild 66.467: Waldeck (Fürstentum) [unkorrigiert]](/meyers/thumb/66/66_0467.jpeg)
* 4
Waldeck.Meyer v. Waldeck, [* 4] Rußland, Einrichtungen, Sitten und Gebräuche (das. 1882-1886);
Neelmeyer-Vukassowitsch, Rußland (das. 1887);
Reisehandbücher von Bädeker (das. 1883) und Murray (4. Aufl., Lond. 1887);
Besobrasof, Études sur l'économie nationale de la Russie (Petersb. 1883 bis 1886, 2 Bde.);
Jahnson, Vergleichende Statistik Rußlands (russ., das. 1878-81);
Semenow, Geographisch-statistisches Lexikon des russischen Reichs (russ., das. 1862 ff.);
ferner die Schriften der kaiserl.-russischen Geographischen Gesellschaft in Petersburg, [* 5] herausgegeben von Bestushew-Rjumin (1861 ff.);
die Schriften des kaiserlichen Statistischen Zentralkomitees in Petersburg (1866 ff.);
die Schriften des Departements für Landwirtschaft beim Domänenministerium, die statistischen Sammelwerke über Eisenbahnen des Ministeriums der öffentlichen Bauten, alle in russischer Sprache; [* 6]
die »Russische Revue« (jetzt Vierteljahrsschrift, seit 1872, Petersb.),
die »Baltische Monatsschrift« (Dorpat, [* 7] seit 1862),
die »Nordische Rundschau« (Reval, [* 8] seit 1884),
»St. Petersburger Kalender«.
Unter den Karten sind außer den nach genauen Messungen vom russischen Generalstab herausgegebenen großen Karten fast eines jeden der europäisch-russischen Gouvernements (russ.) und Pedischews großem »Atlas [* 9] géographique de l'empire de Russie« zu bemerken: Weiland, Karte des russischen Reichs europäischen Anteils (Weim. 1854, 4 Blätter);
Europa. Fluß- und Gebi

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Europa.Kiepert, Karte des russischen Reichs in Europa [* 10] (Berl. 1865, 6 Blätter);
Schubert, Spezialkarte des westlichen Teils der russischen Monarchie (Petersb., 59 Blätter und 3 Beiblätter);
F. Handtke, Generalkarte vom europäischen Rußland (Glogau); [* 11]
Petermann, Osteuropa (Gotha [* 12] 1875, 6 Blätter).
Geologische Karten lieferten Grewingk für die Ostseeprovinzen (2. Aufl. 1880), Murchison (1845, engl.) und Helmersen (1874, russ.) für das ganze Reich. Die vollständige Litteratur über Rußland in allen Sprachen findet sich vereinigt im »Catalogue de la Bibliothèque impériale publique de St-Pétersbourg: Russica« (Petersb. 1874, 2 Bde.).
Geschichte des russischen Reichs.
(Hierzu »Karte zur Geschichte des Russischen Reichs«.)
Übersicht der Regenten.
862-1598 | Warägo-russische Herrscher aus Ruriks Stamm |
862-879 | Rurik |
879-912 | Oleg |
912-945 | Igor |
945-972 | Swjätoslaw |
980-1015 | Wladimir I. |
1019-1054 | Jaroslaw |
1054-1238 | Zeit der Teilfürsten. |
1238-1480 | Herrschaft der Mongolen. |
Moskowische Zaren: | |
1462-1505 | Iwan III. |
1505-1533 | Wassilij Iwanow. |
1533-1584 | Iwan IV., d. Schreckl. |
1584-1598 | Feodor Iwanowitsch |
1598-1613 | Thronstreitigkeiten. |
1613-1762 | Haus Romanow: |
1613-1645 | Michael Romanow |
1645-1676 | Alexei |
1676-1682 | Feodor Alexejewitsch |
1682-1689 | Iwan III. u. Peter I. |
1689-1725 | Peter I., d. Gr. |
1725-1727 | Katharina I. |
1727-1730 | Peter II. |
1730-1740 | Anna |
1740-1741 | Iwan IV. |
1741-1762 | Elisabeth. |
Haus Holstein-Gottorp: | |
1762 | Peter III. |
1762-1796 | Katharina II. |
1796-1801 | Paul |
1801-1825 | Alexander I. |
1825-1855 | Nikolaus |
1855-1881 | Alexander II. |
1881 | Alexander III. |
Flüsse

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Flüsse.[Die Gründung des Reichs.]
Die Russen (s. d.) bildeten einen Zweig des großen Völkerstammes der Slawen; derselbe umfaßte die am weitesten nach Nordosten wohnenden Völkerschaften der Slowenen, Kriwitschen, Polotschanen, Drjägowitschen, Radimitschen, Sewerjänen, Poljänen, Drewljänen, Bushanen, Duleben, Chorwaten, Ulitschen, Tiwerzen und Wjätitschen. Sie hatten das obere u. mittlere Gebiet des Dnjepr, der Oka, des Wolchow, der Düna, des Niemen u. des Bug inne, aber von keinem dieser Flüsse [* 13] das Mündungsgebiet; die Meeresküsten waren auf allen Seiten von fremden Stämmen, Finnen im Norden, [* 14] Chasaren und Petschenegen im Süden, besetzt.
Die Verbindung zwischen den gut schiffbaren Stromgebieten war eine leichte, da sie nur durch niedrige Wasserscheiden getrennt waren, über welche die Fahrzeuge bequem geschafft werden konnten. Der nördliche Teil des Landes war meist mit Wald bedeckt, der südliche fruchtbarer Kornboden, soweit er nicht in die Steppe überging. Die Russen trieben Viehzucht und [* 15] Ackerbau, Jagd und Fischerei [* 16] und lebten in Dörfern zusammen; die Dorfgemeinde bildete die Grundlage ihrer Verfassung.
Zur Sicherung ihrer Habe in Kriegszeiten errichteten sie ringartige Umwallungen (grad, später gorod), aus denen die ältesten Städte erwuchsen; andre entwickelten sich aus den Handelsplätzen an der lebhaften Handelsstraße, welche vom Finnischen Meerbusen nach dem Schwarzen Meer führte. Ihre Religion glich der der übrigen Arier, war aber wenig entwickelt. Ihre vornehmen Toten verbrannten sie und errichteten über der Asche große Grabhügel, von denen viele erhalten sind. Eine staatliche Organisation fehlte den russischen Stämmen, ebenso ein Bewußtsein ihrer nationalen Zusammengehörigkeit.
Schon früh waren Skandinavier (Normannen) von der Südostküste Schwedens auf dem »Ostweg« (austrvegr) bis zu den Gestaden des Finnischen Meerbusens und von da weiter landeinwärts vorgedrungen; die Finnen nannten dieselben Rus (Rodsen, »Ruderer«),
sie selbst nannten sich Vaeringjar (Wâreng, »Gefolge«),
Russisches Reich (Gesc

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Seite 14.82.aus welchen Namen die Slawen Russen und Waräger machten. Die Normannen ¶
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unter ihren Seekönigen kamen in immer größern Scharen nach dem Gebiet des Ladogasees, das sie zeitweilig unterwarfen. Obwohl es den vereinigten Finnen und Slawen gelang, sie wieder zu vertreiben, wurden dieselben doch bald, um die Mitte des 9. Jahrh., durch innere Wirren veranlaßt, von den Warägern sich Fürsten zu holen. Drei Brüder, Rurik (Hrurekr), Sineus (Sikniutr) und Truwor (Thorvadr), folgten dem Ruf und gründeten sich in Ladoga, Bjelo Osero und Isborsk Fürstentümer, welche nach dem frühen Tod seiner Brüder Rurik unter seine Herrschaft vereinigte. So entstand das russische Reich, als dessen offizielles Gründungsjahr 862 angenommen wird. Rurik verlegte seinen Sitz nach Nowgorod, von wo er seine Macht bis zum Wolok ausdehnte. Zwei seiner Mannen, die Waräger Askold und Dir, setzten sich in Kiew [* 18] fest und unternahmen von hier aus 865 mit 300 Booten und 14,000 Mann einen Raubzug gegen Konstantinopel, [* 19] der aber scheiterte.
Rurik starb 879 und hinterließ nur einen unmündigen Sohn, Igor, für den ein älterer Verwandter, Helgi oder Oleg (879-912), die Herrschaft übernahm. Dieser besetzte Smolensk im Lande der Kriwitschen, drang dann den Dnjepr abwärts in das Gebiet der Sewerjänen und bemächtigte sich 882 Kiews, nachdem er Askold und Dir hatte töten lassen. Er unterwarf mit Ausnahme der Ulitschen alle russischen Stämme. 907 zog er mit 80,000 Mann Warägern und Slawen auf 2000 Booten gegen Konstantinopel und setzte die Griechen (Rhomäer) so in Schrecken, daß deren Kaiser Leo VI. sich zu einem 911 bestätigten Handelsvertrag verstand, der den Russen große Handelsvorteile und Vorrechte zugestand.
Nach Olegs Tod folgte Ruriks Sohn Igor (912-945), der mit einer Skandinavierin fürstlichen Geschlechts, Helga oder Olga, vermählt war. Anfangs überließ er die Regierung seinem Mannen Svenald; erst später führte er sie selbst und zog 941 gegen Konstantinopel, das aber durch das griechische Feuer, welches die russische Flotte zerstörte, gerettet ward. Erst auf einem zweiten Zug erlangte Igor eine Erneuerung des Vertrags von 911. Er fiel bei einem Aufstand der Drewljänen 945 und hinterließ einen minderjährigen Sohn, Swjätoslaw (945-973), für den bis 964 Olga die Vormundschaft führte.
Dieselbe nahm an den Drewljänen grausame Blutrache, ordnete die Tributverhältnisse der unterworfenen Stämme und regelte in umsichtiger Weise den fürstlichen Haushalt. 957 zog sie mit großem Gefolge nach Konstantinopel und trat hier in Gegenwart des Kaisers Konstantin Porphyrogennetos, der ihr Pate war, zum Christentum über, wobei sie den Namen Helena empfing. Obgleich in Kiew schon vorher eine ansehnliche Christengemeinde bestand, blieb Swjätoslaw unter dem Einfluß seiner warägischen Umgebung dem Heidentum getreu.
Rumänien, Bulgarien, S

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Bulgarien.Nachdem er 964 die Herrschaft selbst angetreten, unternahm er einen Feldzug gegen die Chasaren, deren wichtigste Städte er einnahm, und deren Macht er für immer brach, besiegte darauf die Wjätitschen und zog 968, vom byzantinischen Kaiser Nikephoros durch eine große Geldsumme gewonnen, mit 60,000 Mann gegen die Donaubulgaren. Er eroberte einen großen Teil ihres Gebiets, mußte aber dann nach Kiew zurückkehren, das von den Petschenegen hart bedrängt wurde. Er besiegte dieselben, teilte aber dann sein russisches Reich unter seine drei unmündigen Söhne, Jaropolk, Oleg und Wladimir, und zog 970 wieder nach Bulgarien, [* 20] das er für sich erobern wollte. Er drang bis über den Balkan vor, wurde aber dann von den Byzantinern bei Arkadiopol und bei Drstr (Silistria) geschlagen und mußte, in Drstr eingeschlossen, den Kaiser Johann Tzimisces um Frieden bitten, der ihm freien Abzug gewährte. Auf dem Rückweg nach Kiew wurde Swjätoslaw von den Petschenegen erschlagen (973).
Nach seinem Tod brach zwischen seinen Söhnen Zwist aus; Jaropolk von Kiew vertrieb 977 Oleg, der auf der Flucht ertrank, und Wladimir, der über das Meer zu den Warägern floh, aber bald von da mit einem Warägerheer zurückkehrte, Jaropolk aus Kiew verjagte und dann meuchlings töten ließ (980). Nun ward Wladimir der Heilige (980-1015) Alleinherrscher. Er war anfangs ein eifriger Anhänger des Heidentums und ließ den von ihm in Kiew neuaufgerichteten Götzenbildern Menschenopfer darbringen.
Krim (Geschichte)

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Krim.Der anmaßenden Waräger wußte er sich zu entledigen, indem er sie nach Byzanz schickte, und unterjochte darauf die Wjätitschen, Radimitschen und Wolgabulgaren. Von den byzantinischen Kaisern gegen einen Aufstand zu Hilfe gerufen, schickte er ihnen ein warägisches Heer und zog selbst nach der Krim, [* 21] wo er Cherson eroberte. Auf sein Verlangen erhielt er die griechische Prinzessin Anna, Schwester der deutschen Kaiserin Theophano, zur Gemahlin, worauf er Cherson zurückgab und selbst zum Christentum übertrat (989). Die Götzenbilder in Kiew ließ er zerschlagen, das des höchsten Gottes Perun in den Dnjepr werfen und befahl, daß alles Volk sich taufen lasse. In Kiew und der Umgegend wurde dem Befehl bereitwillig Folge geleistet, während der Norden und Osten Rußlands erst später sich vom Heidentum lossagten. Dadurch, daß die Russen das Christentum und damit die höhere Kultur von Byzanz empfingen, erlangten sie zwar manche Vorteile für ihren Handel und Verkehr, traten aber zu dem Abendland in einen Gegensatz, der ihre Entwickelung hemmte, zumal das griechische Kaiserreich, von dem ihre Kultur nun abhängig wurde, bereits im Verfall war.
Wladimir beförderte die Ausbreitung des Christentums durch die Verkündigung desselben in slawischer Sprache und durch volkstümliche Gestaltung der christlichen Feste. Als er 1015 starb, stritten sich seine acht Söhne um die Herrschaft. Swjätopolk warf sich zum Herrn in Kiew auf und ließ drei seiner Brüder, Boris, Gleb und Swjätoslaw, ermorden, ward aber 1016 von seinem ältern Bruder, Jaroslaw von Nowgorod, am Dnjepr besiegt und gezwungen, bei seinem Schwiegervater Boleslaw Chrobry von Polen Zuflucht zu suchen.
Zwar wurde er von diesem nach einem Sieg über Jaroslaw am Bug (1017) zurückgeführt, konnte sich aber, als Boleslaw wieder nach Polen abzog, nachdem er sich der tscherwenischen Städte bemächtigt hatte, nicht halten, wurde trotz seines Bundes mit den Petschenegen 1019 von Jaroslaw an der Alta besiegt und floh ins Ausland, wo er starb. Jaroslaw (1019-1054) mußte seinem Neffen Brjätschislaw von Polozk die Städte Witebsk und Usjwät und seinem Bruder Mstislaw von Tmutarakan nach einer Niederlage bei Listwen (1023) das Land östlich vom Dnjepr abtreten (1026). Darauf wurden die Esthen unterworfen und den Polen 1031 die tscherwenischen Städte wieder entrissen, und nach Mstislaws Tod (1034) wurde Jaroslaw Alleinherrscher. Er machte durch einen glänzenden Sieg die Petschenegen für immer unschädlich, während ein Zug seines Sohns Wladimir gegen Konstantinopel mit völliger Vernichtung des russischen Heers endete. Das Christentum befestigte er durch den Bau steinerner Kirchen in Kiew u. a. O., und ¶