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nicht mehr gestattet, vom Ertrag der Bodenbearbeitung allein zu leben. Im ganzen sollen in 47 Gouvernements des europäischen Rußland 7½ Mill. Arbeiter hausindustrielle Gewerbsprodukte für mindestens 1½ Milliarde Rub. jährlich erzeugen. Die auf diese Weise betriebenen Gewerbszweige sind sehr verschiedene: Leder-, Holz-, Metall-, Thonarbeiten, Pelze, Stiefel, Hüte, Häute, leinene, baumwollene, seidene Zeuge und Fabrikate, Jagdgeräte, Musikinstrumente etc. Doch ist der Gewinn ein geringer.
Vgl. Matthäi, Die Industrie Rußlands (Leipz. 1872-1873, 2 Bde.);
Cech, Rußlands Industrie (Moskau [* 2] 1885);
Orlow, Verzeichnis der Fabriken und gewerblichen Anstalten im europäischen Rußland und Polen (russ., Petersb. 1887).
Handel und Verkehr.
Der Bestand der russischen Handelsflotte zeigte das folgende Bild:
Größe der Schiffe | Zahl der | Zahl der | ||
---|---|---|---|---|
Segelschiffe | Lasten | Dampfer | Lasten | |
Unter 25 Lasten | 1789 | 31891 | 51 | 856 |
25-49 Lasten | 1291 | 43662 | 60 | 2103 |
50-99 " | 682 | 46591 | 42 | 2943 |
100-199 " | 376 | 49640 | 58 | 8612 |
200-299 " | 48 | 11249 | 27 | 6345 |
300-1499 " | 11 | 4400 | 30 | 21336 |
Zusammen | 4197 | 187433 | 268 | 42195 |
Über die Schiffsbemannung gibt es keine genauen Daten. Nach einer Schätzung der Kaiserlichen Gesellschaft zur Förderung der russischen Handelsschifffahrt dürfte ihre Zahl auf ca. 25,000 anzunehmen sein. Außer der angegebenen Zahl gehört zu Rußland noch eine Handelsflottille im Stillen Ozean, welche nach offiziellen Mitteilungen aus 15 Dampfern mit 10,000 Lasten bestehen soll. Ziemlich rege ist der Schiffbau, der im wesentlichen sich auf die Herstellung kleinerer Fahrzeuge beschränkt; 1880 wurden 6399 im Wert von 5,443,000 Rub. erbaut.
Das Netz von Wasserstraßen, welches diesem innern Verkehr dient, umfaßt eine Länge von 34,488 schiffbaren sowie von 7100 nur flößbaren Kilometern.
Im auswärtigen Handel repräsentierte 1887 die Ausfuhr über die europäische Grenze einen Wert von 568,519,724, die Einfuhr von 333,239,454 Rub. Im Handel mit Finnland betrug die Ausfuhr 17,004,778, die Einfuhr 10,818,512 Rub.; im Verkehr über die asiatische Grenze war die Ausfuhr 37,427,104, die Einfuhr 49,150,826 Rub. Der Gesamthandel über alle Grenzen [* 3] beträgt daher in der Ausfuhr 622,951,666 und in der Einfuhr 393,208,792 Rub. Dazu kommt ein Edelmetallverkehr im Betrag von 21,786,324 Rub. in der Ausfuhr und 6,264,331 Rub. in der Einfuhr.
Den größten Teil der russischen Waren erhalten Großbritannien [* 4] und Deutschland; [* 5] bedeutend weniger geht nach den Niederlanden, Frankreich, Österreich-Ungarn, [* 6] Italien [* 7] u. a. Beim Import ausländischer Waren über die europäische Grenze nimmt Deutschland die erste Stelle ein (112,5 Mill. Rub.); dann kommt Großbritannien (91,6 Mill. Rub.). Die Einfuhr aus Österreich-Ungarn (12,4 Mill. Rub.), der Türkei [* 8] (5,8 Mill. Rub.), Frankreich (13,2 Mill. Rub.), Belgien [* 9] (5 Mill. Rub.), Italien (5,9 Mill. Rub.) ist verhältnismäßig unbedeutend.
Die hauptsächlichsten Gegenstände der Ausfuhr über die europäische Grenze sind Lebensmittel (350,6 Mill. Rub.) und Rohstoffe (193,2 Mill. Rub.), weniger Tiere und Fabrikate (für 24½ Mill. Rub.). Unter den erstern steht obenan Getreide [* 10] und Mehl [* 11] (307,5 Mill. Rub.). Es folgen Zucker [* 12] (13,8 Mill. Rub.), Spiritus [* 13] und Liköre (8,8 Mill. Rub.) Eier [* 14] (7,9 Mill. Rub.), Butter (3,1 Mill. Rub.), Kaviar (2 Mill. Rub.), frische, geräucherte und gesalzene Fische [* 15] (1,8 Mill. Rub.). Unter den Rohstoffen und Halbfabrikaten kommen namentlich in Betracht: Holz [* 16] (27,1 Mill. Rub.), Leinsaat (26,8 Mill. Rub.), Flachs (47,5 Mill. Rub.), Hanf (19,4 Mill. Rub.), Wolle (16,2 Mill. Rub.), Pelzwerk [* 17] (3,1 Mill. Rub.), Leder (5,8 Mill. Rub.), Naphtha (4,3 Mill. Rub.), Rapssaat (5,9 Mill. Rub.), Ölkuchen (4,1 Mill. Rub.), Hede (6,2 Mill. Rub.), Seide [* 18] (1 Mill. Rub.) und Knochen [* 19] und Knochenkohle (1,8 Mill. Rub.). Bei der Einfuhr über die europäische Grenze spielen die erste Rolle Rohstoffe und Halbfabrikate (224,4 Mill. Rub.). Dann folgen Fabrikate (57,9 Mill. Rub.) und Lebensmittel (50,3 Mill. Rub.). Ganz unbedeutend ist der Import lebender Tiere (498,000 Rub.). Unter den erstern sind wichtig: Baumwolle [* 20] (97,2 Mill. Rub.), Wolle (16,3 Mill. Rub.), Steinkohle (10,2 Mill. Rub.), unverarbeitete Metalle, namentlich Eisen [* 21] (15,8 Mill. Rub.), Farbstoffe (12,7 Mill. Rub.), Chemikalien (12,0 Mill. Rub.), Baumöl (5,6 Mill. Rub.), Häute (4,7 Mill. Rub.), Pelzwerk (3,4 Mill. Rub.), Seide (7,7 Mill. Rub.), Baumwollgespinst (9,4 Mill. Rub.). Unter den eingeführten Lebensmitteln ragen hervor: frische Früchte (2,9 Mill. Rub.), gesalzene Heringe (6,4 Mill. Rub.), Kaffee (3½ Mill. Rub.), andre Kolonialwaren (2,1 Mill. Rub.), Tabak [* 22] (3,4 Mill. Rub.), Thee (14,4 Mill. Rub.), Getränke (7,8 Mill. Rub.). Die Einfuhr von Fabrikaten ist sehr vielseitig; die wesentlichsten Artikel sind: Glaswaren (1,6 Mill. Rub.), kupferne Fabrikate (1 Mill. Rub.), Eisen- und Stahlfabrikate (9,5 Mill. Rub.), Maschinen und Apparate (13,3 Mill. Rub.), leinene und Hanffabrikate (1,7 Mill. Rub.), seidene Fabrikate (1,3 Mill. Rub.), wollene Fabrikate (2,7 Mill. Rub.), baumwollene Fabrikate (1,8 Mill. Rub.), fertige Wäsche und Kleider (1 Mill. Rub.), Uhrmacherartikel (1,9 Mill. Rub.), Bilder u. Bücher (2 Mill. Rub.).
Was die Handelswege für den äußern Handelsverkehr betrifft, so ist die Ostsee für den Export wie für den Import überwiegend. In zweiter Reihe folgt der Handel der Hafenplätze am Schwarzen und Asowschen Meer, in dritter Reihe derjenige über die Landgrenzen und schließlich derjenige über die Häfen des Weißen Meers. Für den Seehandel sind die wichtigsten Hafenplätze: Petersburg [* 23] (auf welchen Ort mehr als ein Dritteil vom Wert aller ein- und ausgeführten Waren fällt), Riga, [* 24] Odessa, [* 25] Reval, [* 26] Archangel;
ferner die baltischen Hafenplätze: Wiborg, [* 27] Helsingfors, Abo, Narwa, Baltischport, Pernau, Windau, Libau; [* 28]
die Hafenplätze am Schwarzen und Asowschen Meer: Nikolajew, Kertsch, Mariupol, Berdjansk und Taganrog;
endlich der einzige bedeutendere Handelsplatz am Kaspischen Meer: Astrachan.
Der Schiffahrtsverkehr in den russischen Seehäfen ergab 1887 (an Segel- und Dampfschiffen):
Eingelaufene Schiffe | Tonnengehalt | |||
---|---|---|---|---|
im auswärtigen Verkehr | Kabotageverkehr | im auswärtigen Verkehr | Kabotageverkehr | |
Weißes Meer | 655 | 1073 | 170204 | 103832 |
Ostsee | 6424 | 6197 | 2929376 | 732774 |
Schwarzes und Asowsches Meer | 5434 | 20700 | 3773202 | 5300714 |
Kaspisee | 1146 | 10325 | 275920 | 2827414 |
Zusammen | 13659 | 38295 | 7148702 | 8964734 |
Unter den Schiffen des auswärtigen Verkehrs gingen mit großbritannischer Flagge 3619, mit russischer 2650, skandinavischer 1706, deutscher 1651, griechischer 983, ¶
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dänischer 917, türkischer 801, österreichischer 683, italienischer 246, französischer 142; in geringerer Zahl waren spanische, portugiesische, holländische, belgische, bulgarische, amerikanische etc. vertreten.
Die Entwickelung des innern Handels leidet noch immer unter dem Mangel an guten Verkehrswegen, obschon Rußland großartige Kanalsysteme besitzt und in neuester Zeit für Eisenbahnstraßen sehr viel gethan ist. Dazu kommt noch, daß die Anzahl der Handelsstädte im Vergleich zu der großen Ausdehnung [* 30] des Reichs viel zu gering ist. Nur in einzelnen großen Städten bildeten sich beständige Niederlagen für Manufakturen und Rohstoffe zum Verkauf im großen. Zu der Zahl solcher Städte gehören die Residenzen und einige Städte des Innern, wie Kasan, [* 31] Kiew, [* 32] Charkow, Warschau [* 33] und Jekaterinenburg.
Die erste Stelle rücksichtlich der Größe des Umsatzes im Binnenhandel nimmt Moskau ein. Als wichtige Niederlagen dienen aber auch viele andre an Flüssen gelegene Städte, wo die Produkte des Landbaues zusammengeführt und von Großhändlern aufgekauft werden. Als die wichtigsten unter diesen sind folgende zu nennen, an der Wolga: Rshew, Twer, Rybinsk, Jaroslaw, Kostroma, Nishnij Nowgorod, Kasan, Simbirsk, Samara, Saratow, Zarizyn und Astrachan;
an der Zna: Morschansk;
an der Vereinigung der Suchona mit dem Jug: Weliki-Ustjug;
am Dnjepr: Krementschug und Jekaterinoslaw.
Unter den großen Jahrmärkten in Rußland ist weltberühmt und einzig in ihrer Art die Messe von Nishnij Nowgorod (s. d.). Den zweiten Platz nimmt die Messe von Irbit (im Gouvernement Perm) ein (s. Irbit). Der dritte Rang gebührt den Messen von Charkow, Poltawa, Korennaja bei Kursk und Krolowez im Gouvernement Tschernigow; weniger bedeutend, aber immerhin noch wichtig sind die Jahrmärkte von Kiew, Berditschew, Rostow am Don und Rostow im Gouvernement Jaroslaw.
Fast alle russischen Häfen der Ostsee stehen mit Petersburg u. untereinander durch regelmäßige Dampfschiffahrten in Verbindung; außerdem vermitteln Dampfschiffkompanien den regelmäßigen Verkehr zwischen den größern russischen Häfen der Ostsee und den andern Haupthäfen der Ost- und Nordsee wie auch zwischen den Häfen des Schwarzen u. denen des Mittelmeers, [* 34] namentlich Triest [* 35] und Marseille. [* 36] Dampfer befahren den Ladogasee, den Swir und den Onegasee bis Petrosawodsk;
den Embach und den Peipus von Dorpat [* 37] bis Pskow;
die Wolga und deren Nebenflüsse von Twer bis Astrachan, Perm, Ufa, Rjäsan;
den Dnjepr abwärts von Kiew nach Jekaterinoslaw, aufwärts bis nach Pinsk am Pripet;
den Don, das Asowsche, Schwarze und Kaspische Meer.
In dem umfangreichen Kanalnetz unterscheidet man zwei Hauptgruppen von Verbindungswegen: die nordwestlichen und die südwestlichen. Zur ersten Gruppe gehören die Systeme des Kaspisees, des Weißen Meers und der Neva ^[richtig: Newa] nebst den nördlichen Seen; zur zweiten rechnet man die Flußsysteme des Dnjepr, der Düna, des Niemen und der Weichsel. Die erste Gruppe umfaßt dann ca. 21,550 km schiffbare Wege, die zweite nur 9482 km. In der ersten Gruppe liegen unmittelbar an den Wasserstraßen 23 Städte, in der zweiten 11. Als Mittelpunkt der ersten erscheint Nishnij Nowgorod, welches von Archangel 2209 km, von Astrachan 2308 km, von Orel 1418 km und von Perm 1324 km entfernt ist.
In der zweiten Gruppe spielt eine ähnliche Rolle Kiew, nur daß die Entfernungen von den Endpunkten viel geringere sind. Von den sieben Kanalsystemen verbinden drei die Newa und die Wolga: das Mariensystem, das Tichwinsche System, das Wyschnij-Wolotschok-System (s. d.). Das erste ist der längste Weg (von Petersburg bis Rybinsk allein sind es 1151 km), ist aber doch die Hauptader, auf welcher die Waren sich von der Wolga aus nach Petersburg bewegen, wegen seines Wasserreichtums, seiner Tiefe und Breite. [* 38]
Auf dem Wyschnij-Wolotschok-Kanal ist nur die Bewegung nach Petersburg möglich wegen der Wasserfälle auf der Msta. Der Tichwinsche Kanal [* 39] ist der kürzeste, aber eng und flach. Der vierte, der »Herzog Alexander von Württemberg-Kanal« (s. d.), verbindet die Wolga mit der Dwina. Die drei andern Kanäle sind Verbindungen des Dnjepr, d. h. des Schwarzen Meers, mit der Ostsee. Das Beresinasystem (s. d.) verbindet Dnjepr und Düna, das Oginskische (s. d.) Dnjepr und Niemen, der Königskanal (s. d.) Dnjepr und Weichsel. Die Gesamtlänge der eigentlichen Kanäle und derjenigen Flußstrecken, auf denen künstliche Vorrichtungen befindlich sind, beläuft sich auf 2854 km.
Das russische Eisenbahnnetz bestand aus 23,054 km, von denen 2295 dem Staat und 20,579 Privaten (48 verschiedenen Gesellschaften) zugehörten. Im Bau begriffen waren 1289 km und konzessioniert 672 km. Die Bruttoeinnahmen beliefen sich 1886 auf 232 Mill. Rub. (1884: 229¾ Mill. Rub.), der Reinertrag auf 87,3 Mill. Rub. (1884: 86¼ Mill.). Der Reinertrag pro Werst betrug 1886: 4050 Rub. (1884: 3832 Rub.; 1872-83 durchschnittlich jährl. 3113 Rub.). Die Richtung der Eisenbahnlinien ist nach acht Marschrouten geführt:
1) die Petersburg-Kaukasische, die das ganze europäische Rußland durchschneidet, von der Newastadt nach SO. bis Wladikawkas am Nordfuß des Kaukasus;
2) die Petersburg-Odessaer, von der Residenz nach SW. zum Schwarzen Meer;
3) zwischen den beiden vorigen die Wologda-Krimsche, von N. nach S., mit ihren Verzweigungen;
4) die Riga-Zarizynsche, vom Rigaer Meerbusen nach SO., dem untern Lauf der Wolga;
5) die Wjäsma-Orenburgische, aus dem Smolenskischen zur Wolga bei Sysran;
6) die Nishnij Nowgorod-Warschauer, von der mittlern Wolga zur mittlern Weichsel;
7) die Baltische, von Petersburg und der Station Tosna an der Nikolaibahn über sämtliche Städte im S. des Finnischen Meerbusens bis nach Reval und Baltischport;
8) die Finnische, von Petersburg an der Nordküste des Finnischen Meerbusens bis zum Kap Hangöudd im SW. Finnlands. Von folgenden Seestädten an der Ostsee führen Schienenstränge ins Innere des Reichs: Libau, Riga, Baltischport, Reval, Narwa, Oranienbaum, Peterhof, Petersburg, Wiborg und Helsingfors, und von den Städten des Schwarzen und Asowschen Meers: Odessa, Nikolajew, Sebastopol, [* 40] Rostow am Don und Taganrog. Zu den Landgrenzen nach W. führen Bahnlinien über Wirballen, über Alexandrow, über Graniza, über Sombkowizy nach Kattowitz [* 41] in Preußen, [* 42] über Radziwilow und Wolotschisk nach Österreich [* 43] und über Ungheni nach Rumänien. [* 44] Die Länge der Telegraphenlinien betrug 1886: 116,792 km mit 267,514 km Leitung, darunter 107,575 km Staatslinien;
auf die anglo-indische Linie entfielen 3634 km.
Die Zahl aller Postanstalten: Ämter, Kontore etc., betrug 1885 im Ressort des Postdepartements 4830, die Zahl der Postbeamten 17,004. Die Länge der Postwege war 168,257 km; die Gesamteinnahme der Postverwaltung bezifferte sich auf 16,594,576, die ¶