2)
Walter, finn. Bildhauer, Sohn des vorigen, geb. zu
Borgå, bildete sich nach zurückgelegten Universitätsstudien bei Sjöstrand, ging 1858 nach
Kopenhagen,
[* 2] wo er
BissensSchüler wurde und drei Jahre im Thorwaldsenschen
Geist arbeitete, und 1861 nach
Rom,
[* 3] wo ein von ihm modellierter
Silen Aufsehen machte. 1864 in die
Heimat zurückgekehrt, arbeitete er in den folgenden drei
Jahren das
Modell zu
»Ilmarinen schmiedet
den
Mond«
[* 4] aus, zu dessen Ausführung in
Marmor er eine zweite
Reise nach
Rom antrat. Hier gingen aus seinem
AtelierApollon
[* 5] und
Marsyas,
[* 6] der schlafende
Amor und
Psyche, von
Zephyren getragen, hervor, welchen noch andre
Arbeiten nach
Motiven
aus der Psychemythe folgten. 1877 verlegte er sein
Atelier nach
Paris.
[* 7]
[* 1] die ältesten Schriftzeichen der
Germanen. Sie sind nicht, wie man früher annahm, einheimischen
Ursprungs, sondern um die Zeit von
ChristiGeburt aus dem lateinischen
Alphabet (der Kapitalschrift) hervorgegangen, dessen
Buchstaben man unter prinzipieller Vermeidung der wagerechten und krummen
Linien (diese waren zum Einritzen in
Holz
[* 8] ungeeignet)
umformte und mit bedeutsamen
Namen versah. Das älteste Runenalphabet (nach den ersten sechs
Buchstaben
futhark genannt) bestand aus 24 Zeichen:
f. u.
th.
a. r.
k. g. w. h.
n. i.
j.
eu (?).
p. z (= weich
s).
s. t.
b. e. m. l. ng.
o. d; dasselbe
läßt sich mit geringen
Abweichungen in der gleichen
Anordnung bei den Nordgermanen
(Brakteat von Vadstena),
Angelsachsen (in der
Themse gefundenes
Messer)
[* 9] und Südgermanen (Charnayspange) nachweisen, war also allen germanischen
Stämmen
gemeinsam, was für die
Goten durch die Beibehaltung einzelner Runenzeichen in dem
Alphabet des
Ulfilas und durch die in einer
WienerHandschrift erhaltenen
Namen der gotischen
Buchstaben, die mit den
Namen der angelsächsischen und
nordischen Runen übereinstimmen, für die
Franken durch das ausdrückliche
Zeugnis des
Venantius Fortunatus noch besonders erhärtet
wird. Dieses gemeingermanische
Alphabet
[* 1]
(Fig. 1) ist bei den
Angelsachsen durch Hinzufügung neuer Zeichen (welche durch die
reichere
Entwickelung des Vokalismus notwendig wurde) erweitert, bei den Skandinaviern vereinfacht worden, da in den
jüngern
Inschriften nur 16 Zeichen
(f. u. th.
o. runen k. h.
n.
i.
a.
s. t.
b. l. m. y) verwendet werden, denen man erst ganz spät
noch 7 neue Sproßformen (die sogen. punktierten Runen) hinzufügte
[* 1]
(Fig.
2-4). Eine eigentümliche
Abart des kürzern
Alphabets sind die sogen. Zweigrunen, eine Art nordischer
Geheimschrift.
Zuerst sind die Runen, denen man einen geheimnisvollen Einfluß auf die
Personen oder
Dinge, die ihre
Namen bezeichneten, zuschrieb,
nur zur
Weissagung (beim Losorakel) und zum Zauber gebraucht worden. Hieraus erklärt sich auch der
Name der Runen (rûna, altnord.
rún,
Plural rúnir, bedeutet
Geheimnis). Über das Losorakel ist uns im 10.
Kapitel der
»Germania«
[* 10] des
Tacitus
ein
Zeugnis erhalten. Man streute mit Runen (notis quibusdam) bezeichnete hölzerne Stäbchen auf ein weißes
Tuch; darauf wurden
auf gut
Glück drei dieser Stäbchen aufgehoben und gedeutet.
Höchst wahrscheinlich geschah diese Deutung in metrischer Form (in allitterierendem Spruch). Die Verwendung der
Runen zum Zauber ist besonders im
Norden
[* 11] bezeugt. Es gab Zauberrunen für bestimmte
Zwecke, so Siegrunen, Bierrunen, Bergerunen
(zur
Geburtshilfe), Seerunen (zum
Schutz der
Schiffe),
[* 12] Rederunen (um klug zu sprechen), Löserunen (bei Gefangenschaft), Runen zum
Besprechen (Stumpfmachen) der
Schwerter
[* 13] u. dgl. Zu zusammenhängender
Schrift sind die Runen von denDeutschen
des
Kontinents nur in geringem
Umfang gebraucht worden (die einzigen erhaltenen Runendenkmäler sind Schmuckgegenstände, die
durch die Runen den Wert von
Amuletten erhielten, und
Waffen),
[* 14] und auch in
England war ihre Verwendung zu diesem
Zweck nicht häufig
(das umfangreichste Denkmal, die
Inschrift auf dem
Kreuz
[* 15] von Ruthwell, stammt bereits aus christlicher
Zeit). Im skandinavischen
Norden, wo die lateinische
Schrift erst verhältnismäßig spät bekannt wurde, haben die Runen dagegen
sehr ausgedehnte Verwendung gefunden, besonders zu Grabinschriften auf
Steinen.
Die
Schrift geht entweder von links nach rechts oder umgekehrt, zuweilen auch in beiden
Richtungen abwechselnd. Die ältesten
Denkmäler (die
Zwinge von Thorsbjärg, das
Diadem von Straarup u. a.) gehören wahrscheinlich dem 5. Jahrh.
an; das berühmte
»goldene Horn« von Gallehus bei
Tondern, die
Steine von
Tune,
Strand, Varnum, Tanum u. a. stammen aus dem 6. Jahrh.
Vgl.
Fr.
Burg, Die ältern nordischen Runenschriften (Berl. 1885).
Die
Inschriften im kürzern
Alphabet beginnen etwa um 800 (z. B. die
Steine von Helnäs und Flemlöse auf
Fünen). Ganz sicher datierbar sind jedoch erst die zweifellos jüngern Jällingesteine ^[richtig: Jellingesteine] aus
dem 10. Jahrh. Sie sind besonders zahlreich in
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1. Das gemein-germanische Runenalphabet.
Fig. 2.
Angelsächsische Runen (nach der
Inschrift des
Kreuzes von Ruthwell). Die hier stehenden Zeichen,
durch () eingeschlossen, sind aus dem
Alphabet des Runenliedes hinzugefügt.
Fig. 3. Das jüngere nordische Runenalphabet.
Fig. 4. Das jüngste nordische Runenalphabet mit den »punktierten«
Runen (nach dem
Codex runicus).
¶
mehr
Schweden
[* 17] und reichen bis in späte Zeit hinab, auf Gotland bis ins 16. Jahrh.; einige (z. B. der Karlevistein
auf Öland und der Rökstein in Ostgotland) enthalten stabreimende Verse. Der Gebrauch der Runen zu litterarischen Zwecken (in Handschriften)
ist selten und nur als eine gelehrte Spielerei zu bezeichnen (das umfangreichste Denkmal, der sogen.
»Codex runicus« mit dem schonischen Recht aus dem 14. Jahrh., ist faksimiliert hrsg. von
P. G. Thorsen, Kopenh. 1877). Besonders lange wurden Runen auf Kalenderstäben gebraucht.
- Von älterer Litteratur seien nur erwähnt: Worm, Runir (Kopenh. 1636);
Liljegren gab in »Run-Lära« (Stockh. 1832)
und »Run-Urkunder« (das. 1833) eine gute Zusammenstellung.
Zur Orientierung empfiehlt sich: v. Liliencron und Müllenhoff, Zur Runenlehre (Halle
[* 18] 1852). Über das Alphabet handelten: Kirchhoff,
Das gotische Runenalphabet (2. Aufl., Berl. 1854), und Zacher, Das gotische Alphabet Vulfilas' und das Runenalphabet (Leipz.
1855). Unter den neuesten Schriften ist die bedeutendste Ludv. Wimmers Buch »Runeskriftens oprindelse ok
udvikling i norden« (Kopenh. 1874; deutsch von Holthausen, Berl.
1887). Die große Sammlung von Stephens: »The old northern runic monuments of Scandinavia and England« (Lond. u. Kopenh.
1866-84, 3 Bde.; abgekürzte Ausg.
1884, 3 Bde.) ist wertvoll durch ihre vorzüglichen
Abbildungen, dagegen sind die Deutungen der Runeninschriften fast sämtlich verfehlt.
Ergänzt wird dieses Werk für die speziell schwedischen (jüngern) Inschriften durch Dybeck, Svenska Run-Urkunder (Stockh.
1855-59) und Sverikes Run-Urkunder (das. 1860-76), für die dänischen Inschriften durch P. G. Thorsen, »De danske Rune-Mindesmærker«
(Kopenh. 1864-81). Eine neue, groß angelegte Sammlung der dänischen Runeninschriften
wird seit längerer Zeit von Wimmer vorbereitet, eine Monographie über die südgermanischen RunenvonRud. Henning. Sonst haben
sich um die Runenkunde verdient gemacht: W. Grimm (1821, 1828), Lauth (1857), K. Hofmann (Münch. 1866), Fr. Dietrich;