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(Braila) und in Slanik (Bakau), die reichen Arsenquellen von Caciulata (Rimnik-Valcei).
[Industrie und Handel.]
Abgesehen von der Hausindustrie, welche auf dem Land eine große Rolle spielt, befindet sich das Gewerbe noch in den rohesten Anfängen, und nur in wenigen Zweigen ist, zum Teil unter Protektion der Regierung, ein fabrikmäßiger Betrieb eingerichtet. Es gibt über 30 Bierbrauereien, welche jedoch für den Bedarf nicht ausreichen, eine Destillieranstalt (Turnu-Severin), mehrere Tabaks- und Zuckerfabriken, 2 Tuch-, eine Aktienpapierfabrik, je eine Gips-, Fayence-, Porzellan- und Zündholzfabrik.
Unter dem ist ein Gesetz erlassen, welches Industriellen, die mit einem Kapital von mindestens 50,000 Lei eine Fabrik anlegen und darin wenigstens 25 Arbeiter beschäftigen, große Privilegien einräumt, z. B. Steuerfreiheit auf 15 Jahre, zollfreie Einfuhr von Maschinen und Rohstoffen, Ermäßigung der Eisenbahnfrachten für ihre Erzeugnisse etc. Der Handel mit dem Ausland, welcher meist in den Händen von Fremden liegt, ging früher vornehmlich über Galatz und Braila nach dem Schwarzen Meer und von hier nach England und Frankreich; seit einigen Jahren wandte er sich mit Benutzung der Donauschiffahrt und der Eisenbahnen mehr Österreich-Ungarn [* 2] und Deutschland [* 3] zu. Doch hat der Handelsverkehr mit Österreich-Ungarn seit Ablauf [* 4] des zehnjährigen Handelsvertrags und des dadurch entstandenen Zollkriegs sich vermindert.
Die Einfuhr aus Österreich-Ungarn ist von 120,7 Mill. Lei (1885) auf 53,4 Mill. Lei (1887) gesunken, desgleichen die Ausfuhr dorthin von 83,8 Mill. auf 21,2 Mill. Lei. Im allgemeinen ist jedoch die Einfuhr Rumäniens von 268,5 Mill. Lei (1885) auf 296,5 Mill. Lei (1886) und 314,6 Mill. Lei (1887), die Ausfuhr von 248 Mill. Lei (1885) auf 255,5 Mill. Lei (1886) und 265,7 Mill. Lei (1887) gestiegen. Die Hauptgegenstände der Einfuhr waren 1886: Spinnstoffe und Gewebe [* 5] 117 Mill. Lei, Metalle und Metallwaren 53,8 Mill., Sattlerwaren 23,2 Mill., Kolonialwaren und Südfrüchte 17,6 Mill., Thon- und Glaswaren 13,4 Mill., Holz [* 6] und Holzwaren 12 Mill. Lei;
zur Ausfuhr kamen vornehmlich Getreide [* 7] und Mehl [* 8] 184,2 Mill. Lei, Südfrüchte und Gemüse 20,7 Mill., Getränke 12,8 Mill. Lei. An der Einfuhr waren 1887 Deutschland mit 90 Mill. Lei, Großbritannien [* 9] mit 86,8 Mill., Österreich-Ungarn mit 53,4 Mill., Frankreich mit 25 Mill. und Belgien [* 10] mit 16,6 Mill. Lei, an der Ausfuhr Großbritannien mit 154,2 Mill. Lei, Österreich-Ungarn mit 21,2 Mill., Frankreich mit 19,7 Mill., Italien [* 11] mit 17,2 Mill., Belgien mit 15,7 Mill., Deutschland mit 8,8 Mill. Lei beteiligt. Aus Deutschland werden besonders Wollengewebe, Strumpfwaren, Tuch, Leder, Eisenbahnschienen, Bijouterien und Kurzwaren eingeführt. Die Schiffahrt konzentriert sich vornehmlich auf die Häfen Sulina, Braila, Galatz, Giurgewo und Constanza; 1884 liefen ein: 20,478 Schiffe [* 12] von 3,711,143 Ton., aus: 20,650 Schiffe von 3,678,849 T.
Das Staatseisenbahnnetz hat sich seit der Eröffnung der ersten Linie (Bukarest-Giurgewo, 78 km, 1869) immer mehr entwickelt und umfaßt (1888) 2601 km befahrene und 382 km im Bau begriffene Bahnen (zusammen 2983 km). Die letzte der Privatbahnen [* 13] (Itzkani-Roman-Jassy) ist letzthin verstaatlicht worden. Die Hauptbahnlinie durchschneidet das Land von Verciorova (an der Donau und der ungarischen Grenze) über Bukarest-Fokschani bis Itzkani-Roman (an der Bukowinaer Grenze).
Von der Hauptlinie geht bei Plojesti eine Linie über Predeal nach Siebenbürgen, von Bukarest [* 14] eine nach Giurgewo (gegenüber Rustschuk, dem Anfangspunkt der bulgarischen Linie Rustschuk-Warna), eine andre nach Fetesci an der Donau, gegenüber Czernavoda (mit noch zu bauenden Donaubrücke) zum Anschluß an die nach dem am Schwarzen Meer gelegenen Hafenplatz Constanza führende Bahn. Nach Rußland führt die Bahn Jassy-Ungheni-Kischinew. Alle Distrikte haben jetzt ihre Bahnverbindungen mit der Hauptbahn, was für Entwickelung des Verkehrs von großer Wichtigkeit ist.
Der Frachtverkehr ist auf den rumänischen Eisenbahnen in den Jahren 1880-85 von 783,000 Ton. auf 1,589,000 T. gestiegen; der Personenverkehr beläuft sich auf 1 ⅓ Mill. Reisende. Auch gute Landstraßen sind neuerdings in den meisten Landesteilen gebaut und mehr als 40 Postrouten für Personenbeförderung eingerichtet worden; doch ist der Fahrpreis (0,90-1,20 Mk. für die deutsche Meile) teuer. Mit der Post wurden 1886: 18,8 Mill. Briefe und Postkarten und über ⅓ Mill. Pakete befördert;
es gab 188 Postbüreaus.
Die Länge der Telegraphenlinien betrug 1886: 5319 km. Die Münzeinheit in Rumänien [* 15] bildet der Leu (»Löwe«) à 100 Bani (Para) = 1 Frank. Man prägt Goldmünzen zu 20 Lei und Silbermünzen zu 5, 2, 1 Leu und 50 Bani. Seit 1880 ist das französische Maß- und Gewichtssystem allgemein eingeführt.
[Staatsverfassung und Verwaltung.]
Rumänien bildet einen konstitutionellen Staat unter der erblichen Dynastie des Königs Karl I. von Hohenzollern-Sigmaringen (seit 1866). Die Verfassung beruht auf der Konstitution von 1866, welche 1884 revidiert wurde. Hiernach übt das Volk alle Staatsgewalten durch Delegation aus. Die Exekutive gehört dem König (rege), der mittels seiner verantwortlichen Minister regiert. Die gesetzgebende Gewalt wird ausgeübt von dem König, dem Senat (120 Mitglieder) und der Abgeordnetenkammer (183 Mitglieder), welche 27. Nov. jedes Jahrs zu einer dreimonatlichen regelmäßigen Session zusammentreten.
Die Zentralverwaltung zerfällt in die acht Departements des Innern, des Kultus und des Unterrichts, der Justiz, der Finanzen, der Domänen (des Ackerbaues, Handels und der Industrie), der öffentlichen Arbeiten, des Kriegs und des Äußern. Hinsichtlich der innern Verwaltung zerfällt in 32 Distrikte oder Kreise, [* 16] 163 Bezirke oder Arrondissements u. 3070 Gemeinden, darunter 72 städtische. Dem Distrikt steht ein Präfekt, dem Bezirk ein Unterpräfekt und den Kommunen je ein Primar (Maire) vor.
Dem Präfekten zur Seite stehen ein zwölfgliederiger Distriktsrat und in dessen Abwesenheit ein dreigliederiger ständiger Ausschuß. An die Distriktsverwaltung reiht sich die Verwaltung der Kommunen, die in Stadt- und Landgemeinden zerfallen. Dem Primar steht zur Seite ein Gemeinderat, dessen Mitgliederzahl je nach der Einwohnerzahl zwischen 9 und 17 schwankt. Die Beschlüsse des Gemeinderats können teils selbständig ausgeführt werden, teils bedürfen sie der Zustimmung des ständigen Ausschusses und des Ministers des Innern (Budget etc.), teils auch der königlichen Genehmigung (Steuern etc.). Der Primar wird auf den Antrag des Ministers aus der Mitte der gewählten Gemeinderäte vom König ernannt; er ist zugleich Agent der Zentralverwaltung, leitet die Gemeindepolizei, in sechs Städten auch die Ortspolizei, redigiert die Wahllisten und besorgt die Führung der Standesregister und die Eintreibung der direkten Staatssteuern. - An der Spitze der herrschenden griechischen Kirche steht die heilige Synode, welcher die beiden Erzbischöfe und Metropoliten zu Bukarest und Jassy sowie sechs Bischöfe zu Rimnik, ¶
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Waltscha, Buzau und Ardschisch in der Walachei und zu Roman, Husi und für die untere Donau in der Moldau angehören. Die weltliche Geistlichkeit zählt 22,178 Personen mit 6765 Gotteshäusern; die Zahl der Klöster, welche in den beiden letzten Jahrzehnten sehr zurückgegangen ist, beläuft sich noch auf 168 mit 1429 Mönchen und 2709 Nonnen. Die Katholiken haben einen Erzbischof in Bukarest und einen Bischof in Jassy; protestantische Gemeinden finden sich in Bukarest, Plojesti, Pitesti, Turnu Severin, Krajowa etc. Die Juden besitzen 422, die Türken 238 Gotteshäuser.
Für die Justizpflege bestehen ein Kassationshof (Bukarest), 4 Appellhöfe (in Bukarest, Jassy, Krajowa und Fokschani), 34 Tribunale (darunter 2 mohammedanische in der Dobrudscha) und 163 Friedensrichter (einer in jedem Bezirk). Für Strafsachen ist die Jury eingeführt, die Todesstrafe abgeschafft. Die Richter werden vom König ernannt, und nur die Räte des Kassationshofs sind unabsetzbar. Das Verfahren ist durchweg öffentlich und mündlich. Die Gesetze sind seit Cusa kodifiziert u. den französischen nachgebildet.
Die Finanzen leitet der betreffende Minister; für die Kontrolle besteht ein Rechnungshof. Die Umlegung der direkten Steuern geschieht alle fünf Jahre. Das Budget für 1888/89 beziffert die Einnahmen wie die Ausgaben auf 181,066,324 Lei. Unter den Einnahmen sind die direkten Steuern auf 27,500,000, die indirekten auf 39,055,000, die Erträge aus den Staatsmonopolen (Tabak, [* 18] Salz, [* 19] Zündhölzchen) auf 41,305,000, aus den Domänen auf 22,916,533 Lei veranschlagt. Unter den Ausgaben erfordert die öffentliche Schuld 66,015,450, die Armee 32,817,711, Kultus u. Unterricht 14,253,401, die Finanzen 9,633,679, Inneres 10,211,142 Lei. Die Staatsschuld beträgt (1889) 788¾ Mill. Lei (wovon ¾ produktiv angelegt), darunter 34 ⅓ Mill. Lei Schatzscheine.
In militärischer Hinsicht wird Rumänien eingeteilt in vier Armeekorpsbezirke (Krajowa, Bukarest, Galatz, Jassy) und einen Divisionsbezirk (Dobrudscha). An der Spitze des Heers steht der König, während die Verwaltung vom Kriegsminister geleitet wird. Das Heer (Friedensstärke 33,714 Mann und 1430 Offiziere; Kriegsstärke, ohne Milizen, 2638 Offiziere, 113,500 Mann, 16,500 Pferde, [* 20] 370 Geschütze) [* 21] umfaßt drei Elemente:
1) das stehende Heer: Infanterie, Jäger, Kavallerie, Artillerie, Genie, Train;
2) die Territorialarmee: 33 Infanterieregimenter (Dorobanzen), 12 Regimenter Kavallerie (Kalaraschi), 18 Batterien;
3) die Miliz (32 Bataillone). Wehrpflichtig sind alle Rumänen vom 21. bis 46. Jahr; die Dienstzeit für das stehende Heer ist 3 Jahre aktiv, für die Territorialarmee bei den Dorobanzen 5 Jahre, bei den Kalaraschi 4 Jahre. Das Los entscheidet, ob jemand in das stehende Heer oder die Territorialarmee eintritt. Die aus der aktiven Armee Entlassenen gehören bis zum 30. Lebensjahr der Reserve, bis zum 46. Lebensjahr der Miliz an. Die Dorobanzen werden nur monatlich zehn Tage zum Dienst herangezogen; die Miliz übt Sonntags.
Die Armee ist zum größten Teil mit Martiny-Gewehren bewaffnet, die Artillerie hat Kruppsche Kanonen. Es bestehen eine Militärwaffenfabrik, eine Offizierschule (Bukarest), eine Unteroffizierschule (Bistritza) und 14 Militärspitäler. Seit 1885 wird Bukarest in eine starke Festung [* 22] mit 18 Gürtelforts umgeschaffen. Ebenso ist die Befestigung der Serethlinie nach Schumannschem System in Angriff genommen. Die Kriegsmarine besteht aus einem Torpedokreuzer, 2 Radavisos, 6 Kanonenbooten, 5 Torpedofahrzeugen, einem Schulschiff und 10 Schaluppen; die Bemannung zählt 1751 Mann (darunter 46 Offiziere und Ingenieure). - Das Wappen [* 23] Rumäniens (s. Tafel »Wappen«) ist ein schwarz und weiß quadrierter Mittelschild;
im ersten, blauen Felde des Hauptschildes befindet sich ein gekrönter goldener Adler [* 24] mit silbernem Kreuz [* 25] im Schnabel (dem alten Wappen der Walachei entnommen), im zweiten, roten Feld ein schwarzer Stierkopf mit goldenen Hörnern, zwischen denen ein goldener Stern steht (für die Moldau);
im dritten, roten Feld steigt aus einer Königskrone ein doppelschwänziger goldener Löwe zur Hälfte hervor;
im vierten, blauen Feld zwei mit den Köpfen gegeneinander gekehrte Delphine.
Schildhalter sind zwei Löwen; [* 26] darunter die Devise: »Nihil sine Deo«. Die Landesfarben sind Blau, Gelb und Rot; die Flagge ist vertikal gestreift (s. Tafel »Flaggen [* 27] I«). [* 28] An Orden [* 29] bestehen: der Stern von Rumänien (seit 1877) und die Krone von Rumänien (seit Haupt- und Residenzstadt ist Bukarest.
Vgl. Neigebaur, Beschreibung der Moldau und Walachei (Bresl. 1854, 2 Bde.);
Obédénare, La Roumanie économique (Par. 1876);
Henke, Rumänien, Land und Volk (Leipz. 1877);
Beaure u. Mathorel, La Roumanie (Par. 1878);
Aurelian, Terra nostra (Bukar. 1880);
Filek v. Wittinghausen, Das Königreich Rumänien (2. Aufl., Wien [* 30] 1881);
W. Götz, Das Donaugebiet mit Rücksicht auf seine Wasserstraßen (Stuttg. 1882);
Samuelson, Roumania past and present (Lond. 1882);
E. de Laveleye, La péninsule des Balcans (Brüssel [* 31] 1886; deutsch, Leipz. 1888 ff.);
Blaramberg, Essai comparé sur les institutions, les lois et les mœurs de la Roumanie (Par. 1886);
Bergner, Rumänien, Land und Leute (Bresl. 1887);
»Statistica din Romania« (offizielles Sammelwerk);
»Annuaire de Roumanie«.
Eine Generalkarte der Walachei (1:288,000) des militärgeographischen Instituts in Wien erschien 1867 in 6 Blättern. Eine systematische Landesaufnahme fehlt bis jetzt.
Geschichte.
Die Ufergebiete der untern Donau waren in den ältesten Zeiten von dem thrakischen Volk der Geten oder Dacier, der östliche Teil zeitweilig auch von den Skythen bewohnt. Zur Abwehr der häufigen Einfälle der kriegerischen Dacier in die benachbarten römischen Provinzen hatte Rom [* 32] wiederholt seine Legionen gegen sie zu schicken. Kaiser Trajan eroberte in zwei großen Feldzügen (101-106) Dacien, verwandelte es in eine römische Provinz und kolonisierte es mit Römern.
Die Blüte [* 33] dieser Ansiedelungen dauerte bis zu den Einfällen der Goten (270). Kaiser Aurelianus zog die Legionen aus Dacien zurück und führte einen großen Teil der Kolonisten jenseit der Donau nach Mösien über, das fortan Aurelianisches Dacien hieß. Nunmehr ergoß sich der Strom der Barbaren über dieses Gebiet. Hunnen, Gepiden (450), Avaren (555), Slawen, Bulgaren (680), Ungarn [* 34] (830), Petschenegen (900), Kumanen (1050) besetzten es nacheinander. Die germanischen Stämme verschwanden nach kurzem Aufenthalt, die slawischen und finnischen verschmolzen sich mit den dako-römischen Elementen allmählich zu dem rumänischen Volk, über dessen Schicksale während fast eines Jahrtausends wir wenig wissen (s. den Artikel Rumänen). Im 10. und 11. Jahrh. bildeten sich in verschiedenen Teilen Daciens kleinere Herzogtümer (Banate), von denen die in Siebenbürgen und an der Theiß gelegenen von den Ungarn unterworfen wurden. Die Fürstentümer südlich und östlich von den Karpathen widerstanden den Petschenegen, Kumanen und Tataren, bis sie sich im 14. Jahrh. zu zwei selbständigen Staaten, Moldau und Walachei, unter Führung kriegerischer Häuptlinge ¶