Da das
Volk ungemein fruchtbar ist und sich nicht von andern
Nationalitäten assimilieren läßt, so ist es stark im numerischen
Fortschritt begriffen und dehnt sich räumlich auf
Kosten der
Magyaren,
Szekler, Siebenbürger
Sachsen,
[* 2]Serben
und
Bulgaren aus. Die bei weitem überwiegende Zahl (etwa 9 Mill.) gehört der orthodoxen
Kirche an. Wie schon die
Sprache
[* 3] andeutet,
sind die ein Mischvolk, und es bestätigen dieses auch die von Kopernicki vorgenommenen Schädelmessungen, welche eine große
Mannigfaltigkeit ergeben. Es lassen sich drei
Haupt- und zwei Neben- und Übergangsgruppen unterscheiden.
Die zahlreichsten
Schädel zeigen den Mitteltypus, dann folgt der brachykephale und zuletzt, als am wenigsten vertreten, der
dolichokephale
Typus.
Welcker giebt den Rumänen einen Breitenindex von 80, rechnet sie also zu den Subbrachykephalen. Die
Männer
sind meist von Mittelgröße, und kleine Gestalten gehören zu den Ausnahmen. Der Wuchs ist schlank,
regelmäßig, das
Profil meist hübsch, das
Auge
[* 4] schwarz, der
Mund wohlgebildet. Die
Haare
[* 5] sind dicht, lang und dunkel. Im
Sommer
hüllt sich der
Rumäne (immer die ländliche
Bevölkerung
[* 6] als
Typus festgehalten) in Leinenstoff, der als weite
Hose und bunt
gesticktes
Hemd getragen wird.
Ein breiter Filzhut oder eine Schaffellmütze dienen als Kopfbedeckung. Im
Winter trägt er wollene
Hose,
Pelzjacke und Lodenmantel. Das rumänische Mädchen zeichnet sich durch
Schönheit der Gestalt und
Bewegung aus;
Kopf- und Gesichtsbildung
erinnern oft an antike
Statuen, die dunkeln, von langen
Wimpern beschatteten
Augen geben dem
Gesicht
[* 7] einen idealen
Ausdruck. Allgemein
üblich ist die Unsitte des
Schminkens der
Wangen und
Färbens der
Augenbrauen. Das lange, weiße
Hemd, meist
bunt gestickt, läßt gewöhnlich die
Formen deutlich erkennen.
Außer einer
Schürze ist es im
Sommer das einzige Kleidungsstück der rumänischen Bäuerin, die sonst mit
Blumen im
Haar
[* 8] und
Gold- und Silbermünzen am
Hals geschmückt ist. Während
Schönheit und Sittenreinheit dem Mädchen nachgerühmt
werden, ist dieses bei der
Frau weniger der
Fall, die eine untergeordnete
Stellung einnimmt und die
Arbeit im
Garten,
[* 9]
Feld und
Wald, das
Weben
[* 10] und
Färben der
Stoffe zu besorgen hat. Bei den Rumänen der höhern
Stände und in den großen
Städten zeigt sich
dagegen in allen Äußerlichkeiten ein starkes Nachahmen des
PariserGeschmacks, und die Bojarinnen gelten als prachtliebend
und
kokett. - Mit der geistigen
Bildung sieht es in den niedern und mittlern
Ständen des
Volkes noch schlimm aus, und erst neuerdings
geschieht in Bezug auf
Gründung von
Volksschulen in den verschiedenenLändern etwas mehr.
Der
Rumäne gilt als hinterlistig, feig, grausam und faul, Charaktereigenschaften, die seine Nachbarn übereinstimmend ihm
nachsagen; doch hat er im letzten orientalischen
Krieg (1878) sich als tapferer
Soldat gezeigt. Viele suchen im Nichtsthun
und Rakitrinken ihr größtes Lebensglück; gern sind sie Fuhrleute. Im allgemeinen ist dem Rumänen das
Streben nach Kapitalbesitz fremd. Dabei ist jedoch seine natürliche Begabung eine vorzügliche und entwickelungsfähige,
sein natürliches
Geschick zu mechanischen
Arbeiten groß, auch zeigt er große
Anlagen zum
Kunstgewerbe, und sein Formensinn
ist beachtenswert.
Viele Rumänen führen in den Gebirgsländern ein nomadisierendes
Hirtenleben, während andre in den fruchtbaren Gegenden
Siebenbürgens und des
KönigreichsRumänien
[* 11]
Ackerbauer sind, und selbst die
Popen bestellen ihre
Felder selbst;
aber die
Früchte dieser Thätigkeit fallen nur noch selten dem
Arbeiter selbst in den
Schoß, da der
Rumäne auf dem platten
Land in einem sonst in
Europa
[* 12] kaum wieder gekannten
Maß dem
Juden verschuldet ist.
Mais ist das Hauptnahrungsmittel
des Rumänen, welcher als dünner Brotkuchen genossen wird, während Schafkäse,
Speck,
Zwiebeln,
Obst und
Fische
[* 13] die Zukost
bilden.
Charakteristisch für den Rumänen ist sein starker
Aberglaube, der sein steter Begleiter auf dem ganzen Lebensgang ist. Seine
Religion ist infolge der niedrigen Bildungsstufe der
Popen eine sehr äußerliche. Im Festkalender spielt
das
Fest des Hauspatrons die größte
Rolle, und
Musik,
Gesang,
Tanz, meist von
Zigeunern ausgeführt, hören das ganze Jahr wegen
der vielen
Feiertage nicht auf. Der
Gesang der ist schwermütig und wenig melodiös.
Vgl.
Pič, Über die Abstammung der Rumänen (Leipz.
1880);
Betrachtet man von der
Donau aus die
Walachei, so türmt sie sich amphitheatralisch von der
Ebene zum Hügelland, dem Sitz der
Weinberge, und zum Hochgebirge auf. Die wichtigsten
Pässe, welche aus der
Walachei nach
Siebenbürgen führen, sind von W. nach
O. der
Vulkanpaß (850 m), Roteturmpaß (360 m),
TörzburgerPaß
[* 16] (240
m) und der Tömöspaß (1051 m), welchen
die
EisenbahnKronstadt-Predeal-Plojesti überschreitet; aus
Siebenbürgen führt unter andern nach der
Moldau der Ojtoczpaß
(846 m). Der Hauptkamm des
Gebirges im
W. an der
Donau ist durch kristallinischen
Schiefer, nach O. zu abwechselnd durch
Kalkstein-Sandstein und Konglomeratformationen gebildet. Die
Ebene gehört tertiärer, das Donauthal quaternärer
Bildung an.
Mammutknochen werden in der walachischen
Ebene, dieselben wie Dinotheriumknochen in der erwähnten Parallelkette der
Karpathen
in der
Moldau gefunden. Vom
EisernenThor bis unterhalb
Silistria bildet die
Donau die Südgrenze gegen
Bulgarien; ihr nördliches
Ufer ist flach und mit
Sümpfen und
Seen, den Überbleibseln früherer Strombetten, bedeckt. Ihr strömen
aus der
¶
mehr
Walachei Shiul, Aluta, welche die KleineWalachei von der Großen trennt, Ardschisch mit der Dimbowitza als Nebenfluß, Jalomitza,
aus der Moldau der Sereth mit den Nebenflüssen Moldowa, Bistritza, Trotusch, Putna, Buzeo, Berlad, endlich der Pruth (mit dem
Nebenfluß Schischia), Grenzfluß gegen Rußland, zu. Unterhalb Reni bildet die Donau die Grenze gegen Rußland.
Die rumänische Tiefebene ist gegen die Lombardei, mit der sie manche Ähnlichkeit
[* 18] hat, dadurch im Nachteil, daß sie den Nordostwinden
schutzlos preisgegeben ist.
hat einen Flächeninhalt von 131,357 qkm (nach andern nur 129,947 qkm = 2360 QM.)
mit einer Bevölkerung von 6,218,000 Seelen. Diese Zahl beruht auf amtlicher Schätzung; die letzte Volkszählung
(1864) ergab eine Bevölkerung von 4,424,961 Seelen. Die Einwanderung ist viel stärker als die Auswanderung, die mittlere Volksdichtigkeit
beträgt 47 Seelen auf 1 qkm. Das Verhältnis der männlichen Geburten zu den weiblichen stellt sich im Durchschnitt wie 1160 zu
1000, der Überschuß der Geburten schwankte in den Jahren 1883-86 zwischen 80-90,000 Seelen.
Der Ackerbau befindet sich trotz der großen Fruchtbarkeit des Bodens auf verhältnismäßig niedriger Stufe.
Die seit dem 16. Jahrh. bestehende Robotpflichtigkeit der Bauern ist 1864 aufgehoben, und die Bauern (406,898 Familien) haben
seit
1880 die gesetzlich bestimmte Ablösung (107,247,852 Lei) den Grundbesitzern ausgezahlt, wofür sie
Eigentümer des von ihnen besessenen Grund und Bodens (1½ Mill. Hektar) wurden. Seitdem sind noch 244,183 Hektar aus den ausgedehnten
Staatsdomänen an 52,055 Bauernfamilien unter günstigen Bedingungen verkauft worden.
Überhaupt bildet der allmähliche Verkauf der Staatsländereien an Bauern seit 1878 den Hauptpunkt der rumänischen
innern Sozialpolitik. Neben den Bauernwirtschaften gibt es aber in Rumänien viele ausgedehnte Güter des Staats und der Privatbesitzer
welche leider an Pachter mit kurzzeitigen (fünfjährigen) Kontrakten vergeben werden, die das Land nur mit Rücksicht auf
hohen Ertrag bewirtschaften. Die wichtigsten Bodenfrüchte sind Mais und Weizen (über ¾ des bebauten Bodens),
Roggen, Gerste,
[* 26] Hafer
[* 27] und Hirse.
[* 28] Die Ausfuhr von Getreide
[* 29] betrug 1884: 1,107,119 Ton., 1885: 1,538,874 T., 1886: 1,452,199 T. (83,63
Proz., resp. 85,63 Proz.,
85,18 Proz. der Gesamtausfuhr). Im J. 1886 wurden ausgeführt:
Die Obstzucht nimmt mit jedem Jahr zu. Der Weinbau hat in der Walachei sehr viel von der Phylloxera gelitten. Der Weinexport
betrug 1886: 4699 Ton. Seit der Übernahme der Verwaltung des Tabaksmonopols durch den Staat (1879) hat sich der Anbau des
Tabaks ungemein gehoben; 1885 wurden auf 5609 Hektar 3,416,133 kg Tabak
[* 30] gewonnen, und der Bruttoertrag des Monopols ist von 12 Mill.
Lei (1872) auf 27½ Mill. Lei (1885) gestiegen. In der Viehzucht,
[* 31] die noch auf niedriger Stufe steht, spielt das Rindvieh die
wichtigste Rolle.
Der Bergbau besteht in den reichen in den Karpathen gelegenen, dem Staat allein gehörenden Salzbergwerken
(Ocna in der Moldau; Slanic, Doftana, Ocnele mare in der Walachei) und den zahlreichen ausgiebigen, zwischen Staat und Privatbesitzern
sich teilenden Petroleumquellen. Die Salzbergwerke werden systematisch betrieben und ergaben 1862: 47,354 Ton., 1872: 75,191
T., 1882: 76,720 T., 1887: 82,946 T., wovon 51,528 T. dem inländischen Verbrauch und 31,418 T. zur Ausfuhr
dienten.