(Rhume),
Fluß im preuß. Regierungsbezirk
Hildesheim,
[* 7] entspringt bei Ruhmspringe im nördlichen
Eichsfeld als
eine der stärksten
QuellenDeutschlands,
[* 8] fließt nordwestlich, nimmt rechts die Oder mit der
Sieber und die Söse vom Oberharz
her, links die
Eller und Hahle auf und mündet unterhalb
Northeim
[* 9] rechts in die
Leine.
HeinrichDaniel,
Mechaniker, geb. 1803 zu
Hannover,
[* 10] wo er seine Lehrjahre durchmachte,
arbeitete in
Paris
[* 11] und
London
[* 12] und ließ sich 1839 in ersterer Stadt nieder. 1844 stellte er zuerst einen thermo-elektrischen
Apparat mit wesentlichen Verbesserungen auf, 1849 folgte dann ein sehr sinnreicher
Apparat, um die
magnetische Drehung der Polarisationsebene
zu zeigen.
David, einer der größten Philologen seines
Jahrhunderts, geb. zu oder bei
Stolpe in Hinterpommern,
vorgebildet zu
Königsberg
[* 13] i. Pr., studierte seit 1741 in
Wittenberg,
[* 14] seit 1744 unter
Hemsterhuis in
Leiden
[* 15] und blieb daselbst, verglich 1754-55 in
ParisHandschriften, wurde 1757 zur Entlastung
Hemsterhuis' Praelector publicus der
griechischen Litteratur, 1761
Professor der Universalgeschichte und
Beredsamkeit, 1774 auch Bibliothekar und starb Ruhnken verbindet
mit dem
Ruhm eines der scharfsinnigstenKritiker den eines der bedeutendsten Latinisten.
Unter seinen Werken sind hervorzuheben: »Epistolae criticae«
(Leiden 1749-1751; neue Aufl., Leipz. 1827);
die
Ausgaben von
Timäos'
»Lexicon vocum Platonicarum«
(Leiden 1754, 2. Aufl. 1789; neu vonKoch, Leipz. 1828 u. 1833),
womit er
Platon den Philologen
erschloß, des Homerischen
»Hymnus in Cererem«
(Leiden 1780),
des
Rutilius Lupus (das. 1768; neu von Frotscher
undKoch, Leipz. 1831 u. 1841),
der
»Opera« von
Muret
(Leiden 1789,
3 Bde.) und die Vollendung von
Albertis »Hesychius« (das. 1746-66, 2 Bde.);
ferner das
»Elogium Tiberii Hemsterhusii« (das. 1768 u.
öfter; zuletzt von
Frey, Leipz. 1875) und die »Opuscula oratoria,
philologica, critica«
(Leiden 1797; vervollständigt von
Bergmann, Leipz. 1823, 2 Bde.,
und von Friedemann, Braunschw. 1828, 2 Bde.).
Als Kollegienhefte erschienen: »Lectiones academicae in antiquitates romanas« (von
Eichstädt,
Jena
[* 16] 1818-32, 22 Hefte);
»Dictata
in Terentium« (von Schopen,
Bonn
[* 17] 1825);
»Dictata in Ovidii
Heroidas« (von Friedemann, Leipz. 1831).
Vgl.
Wyttenbach,
Vita Ruhnkenii
(Leiden 1799; zuletzt von Frotscher,
Freiberg
[* 18] 1846;
dazu: »Supplementum cum auctario ad Ruhnkenii opuscula et epistolas« von
Bergmann,
Leiden 1874);
H. Petrich, D. (in der
»Zeitschrift für das Gymnasialwesen«, Berl. 1880, S. 81-111).
(Dysenteria), eine schwere, endemisch oder epidemisch herrschende
Krankheit, welche sich anatomisch als diphtheritische
Entzündung der Dickdarmschleimhaut charakterisiert.
Andre durch Sublimatgebrauch entstandene
Entzündungen des
Dickdarms können
zwar in ihren
Symptomen, besonders in Bezug auf die häufigen mit
Stuhlzwang verbundenen, auch wohl blutigen
Durchfälle, der
echten Ruhr mehr oder weniger ähneln und werden dann als unechte Ruhr bezeichnet; sie unterscheiden sich aber
von der eigentlichen Ruhr durch den Mangel einer nachweisbaren
Ansteckung.
Die Ruhr steckt zwar nicht von
Person zu
Person an; dagegen ist es möglich, daß durch Darmentleerungen der Ruhrkranken und
durch damit in Berührung gekommene Gegenstände die
Krankheitübertragen werden kann. Die Ruhr kommt besonders
häufig an
Orten vor, wo
Wechselfieber für gewöhnlich heimisch sind, und auch endemisch an andern
Orten, wie z. B. in gewissen
Gegenden
Frankreichs, welche im
Feldzug 1870/71 wiederholt schlimme Krankheitsherde bildeten, während die sonst unter ganz
gleichen Verhältnissen in benachbarten
Orten lagernden
Truppen von Ruhr verschont blieben und erst ergriffen
wurden, wenn sie die
Quartiere des Seuchebezirks bezogen.
Außerdem begünstigt die Anhäufung vieler
Menschen auf verhältnismäßig engem
Raum, wenn zugleich ungünstige
Ernährungs-
und Witterungsverhältnisse, namentlich andauernde
Feuchtigkeit mit unvermeidlichen Durchnässungen, hinzukommen, das Entstehen
verheerender Ruhrepidemien. Man hat auch große
Strapazen, den
Genuß unreifen
Obstes etc. als
Ursachen der
Ruhr aufgeführt; doch scheint hierdurch nur die
Disposition zur Erkrankung geschaffen und eventuell gesteigert zu werden.
Dem
Ausbruch der
Krankheit gehen zuweilen mehrere
Tage vorher Unregelmäßigkeiten in der
Verdauung, Appetitlosigkeit, leichte
Kolikschmerzen und
Neigung zu
Durchfall voraus.
In den meistenFällen beginnt die Ruhr mit einem
Durchfall
unter mäßigem
Leibschmerz und fast ohne
Stuhlzwang. Je häufiger aber die
Durchfälle aufeinander folgen, um so heftiger und
anhaltender werden die kolikartigen
Schmerzen, welche einige Zeit
vor der Ausleerung beginnen und kurz vor dem
Eintritt derselben
eine quälende
Höhe erreichen. Die Entleerungen selbst sind von einem überaus peinigenden und schmerzhaften
Drängen auf den
Mastdarm begleitet, wozu sich häufig
Harnzwang gesellt. Es werden dabei immer nur geringe
Mengen nicht kotiger,
sondern schleimiger, hellgrau gefärbter
Massen (weiße Ruhr) oder schleimig-blutiger
Massen (rote Ruhr), zuweilen auch reines
Blut entleert.
Unmittelbar nach der Entleerung fühlt sich der Kranke
¶
mehr
erleichtert und hat nur Schmerz bei Druck auf den Leib; bald aber beginnt der Leibschmerz von neuem, es tritt wieder Stuhlzwang
und eine Entleerung ein. Dies wiederholt sich in 24 Stunden wohl 20-30mal. Im Verlauf der Krankheit gesellen sich allemal Fiebererscheinungen
hinzu. Selbst bei den leichtesten Graden der Ruhr werden die Kranken durch den beträchtlichen Säfteverlust,
durch die Schmerzen und die Schlaflosigkeit sehr angegriffen; sie bekommen ein bleiches Ansehen, der anfangs volle Puls wird
klein, die Stimmung sehr niedergeschlagen, die Mattigkeit sehr groß; die Kranken erholen sich äußerst langsam.
Bei den höhern Graden der Ruhr, wo alle Symptome vom Unterleib her heftiger werden, ist der Puls sehr frequent
und wird bald klein. Das Allgemeinbefinden ist schwer gestört, es ist starkes Fieber, völlige Appetitlosigkeit, trockne
Zunge, höchste Entkräftung und mutlose Stimmung, oft auch Benommenheit der Sinne und leichtes Delirium vorhanden. Tritt hierbei
der Tod an Entkräftung ein, so findet sich die Schleimhaut des Dickdarms in großer Ausdehnung
[* 20] durch flache
diphtheritische Geschwüre zerstört, zuweilen brandig abgestorben und verschorft.
Die Milz ist geschwollen, Nieren und Leber zeigen jene sogen. parenchymatöse Trübung, die eine stete Begleiterin aller akuten
ansteckenden Krankheiten ist. Geht die Krankheit in die chronische Form über, so hört das Fieber auf,
es wechseln Durchfälle mit Verstopfung ab; zuweilen wird aber auch noch eine eiterige Flüssigkeit entleert, weil die Verschwärung
der Darmschleimhaut fortschreitet. Die Kranken magern im höchsten Grad ab und gehen dabei nach monatelangem Siechtum, häufig
unter Hinzutritt allgemeiner Wassersucht, zu Grunde.
Heilen endlich die auf der Darmschleimhaut entstandenen Substanzverluste, so leidet der Patient für den
Rest seines Lebens an habitueller Verstopfung und den mannigfachen lästigen Folgen derselben. In den heißen Ländern gesellen
sich zur Ruhr häufig Leberabscesse, denen die Kranken erliegen. Die einzelnen Ruhrepidemien sind nach ihrer Schwere verschieden;
in manchen Fällen erfordern sie nur wenige Opfer, in andern, namentlich bei lange kampierenden Heeren und
belagerten Städten, erreichen sie die Mortalität der schwersten Typhusepidemien, ja überschreiten dieselbe. Es ist wichtiger,
die Ruhr zu verhüten, als sie zu behandeln, wenn sie einmal ausgebrochen ist.
Die von Ruhrkranken benutzten Gegenstände, namentlich Betten und Wäsche, dürfen unter keiner Bedingung von andern Personen
gebraucht werden. Die Entleerungen von Ruhrkranken müssen in besondere Gruben geschüttet und mit einer
Lösung von Eisenvitriol versetzt werden. Alle Schädlichkeiten, welche die Disposition für die Ruhr steigern, müssen sorgfältig
vermieden und die geringsten Darmkatarrhe auf das genaueste überwacht werden. Die Diät muß eine besonders geregelte sein.
Ist die Ruhr aber einmal ausgebrochen, und tritt sie dabei in milder Form auf, so ist zunächst
der Darm
[* 21] durch einen LöffelRizinusöl oder etwas Tamarindendekokt von Zeit zu Zeit von seinen Kotmassen zu befreien. Der Kranke
muß unbedingt das Bett
[* 22] hüten, darf nichts Festes genießen, sondern muß sich von Suppen nähren. Ist der
Patient kräftig und vollsaftig, so ist eine schleimige Wassersuppe das Beste; ist er aber schwächlich, so muß von vornherein
für Erhaltung derKräfte durch konzentrierte Fleischsuppen, Wein etc. gesorgt werden.
Die Applikation von warmen Umschlägen oder unter Umständen von Blutegeln auf den Leib und an den After leistet gegen die
Schmerzen gute Dienste.
[* 23] Klystiere von Stärkemehl mit
Opium sind oft zu wiederholen. Wenn diese Behandlung nicht ausreicht, sowie
bei schwereren Fällen der in welchen örtliche Blutentziehungen fast immer nötig werden, wird die innere Anwendung von Kalomel
mit Opium oder von essigsaurem Blei
[* 24] mit Opium sehr empfohlen. Bei den höchsten Graden der Ruhr bleibt in der
Regel jede Behandlung erfolglos; man muß sich dann darauf beschränken, durch Chinin, Wein, Kampfer, Moschus den Kräfteverfall
aufzuhalten. Gegen die chronische Ruhr sind, wenn der Stuhlzwang aufgehört hat, adstringierende Klystiere (mit Tannin, salpetersaurem
Silber etc.) oder auch dieselben adstringierenden Mittel innerlich anzuwenden.