mehr
die Kreuztragung Christi (Brüssel) [* 2] und die heil. Cäcilia (Berlin). [* 3] Ganz frei und eigentümlich erscheint der Künstler in der Behandlung des klassischen Altertums, dem er eine große Zahl von Bildern entnahm, zum Teil aus der Göttergeschichte, besonders aus dem bacchischen Kreis [* 4] (zahlreiche Bacchanalien), zum Teil aus der Heroengeschichte (Decius Mus in Wien). [* 5] Hervorzuheben sind: der Raub der Töchter des Leukippos, die Amazonenschlacht und der sterbende Seneca (München), [* 6] das Venusfest und Boreas und Oreithyia (Wien), Jupiter und Kallisto (Kassel), [* 7] Neptun und Amphitrite, die gefesselte Andromeda und Bacchanal (Berlin), das Urteil des Paris [* 8] (Madrid) [* 9] und Neptun auf dem Meer (Dresden, [* 10] ein Teil der unter Rubens' Leitung ausgeführten Dekorationen zum Einzug des Kardinal-Infanten Ferdinand zu Antwerpen, [* 11] 1635). Mit gleicher Wärme [* 12] und Liebe umfaßte Rubens die Darstellung des Naturlebens und des fröhlichen Treibens der Kinder.
Das vortrefflichste Bild letzterer Art sind die sieben Kinder in der Pinakothek zu München, welche einen mächtigen Fruchtkranz tragen. In seinen Tierbildern, die zum Teil in Gemeinschaft mit F. Snyders entstanden sind, entfaltet Rubens ebenfalls das höchste Maß von Lebendigkeit und dramatischer Kraft. [* 13] Es sind zumeist Jagden, unter denen die Löwenjagd in München, die Wolfsjagd bei Lord Ashburton, die Wildschweinsjagd in Dresden und die Hirschjagd der Diana in Berlin in erster Reihe stehen.
Auch für die Landschaftsmalerei war Rubens bahnbrechend, weil er Größe der Auffassung mit Tiefe und Kraft der Stimmung verband. Es gibt sowohl solche Landschaften von ihm, welche, mit Zuziehung einiger Motive aus der Natur aus freier Phantasie hervorgegangen, die Elemente in ihrem Aufruhr zeigen (Odysseus an der Küste der Phäaken in Florenz, [* 14] Überschwemmung mit Philemon und Baucis in Wien), als solche, die den idyllischen Charakter von Rubens' reichgesegnetem Heimatsland darstellen (Landschaft mit dem Regenbogen in München, Abendlandschaft in Petersburg). [* 15]
Seine wenigen Genrebilder zeichnen sich durch eine geistreiche Auffassung und eine freie Behandlung aus (Bauernkirmes und Turnier im Louvre, Bauerntanz in Madrid). Von den Konversations- und Schäferstücken existiert der Liebesgarten in vielen Exemplaren, von denen aber das Bild in Madrid, nicht das in Dresden, als das Original zu betrachten ist. Ein andres Konversationsstück befindet sich unter dem Namen »der Schloßpark« im Belvedere zu Wien. Unter seinen zahlreichen Bildnissen gehört das Bild im Palast Pitti zu Florenz, bekannt unter dem Namen der vier Philosophen, welches Justus Lipsius, Hugo Grotius, Philipp Rubens und den Künstler selbst vorstellt, seiner frühsten Zeit an. Ausgezeichnet sind auch die Bildnisse von Rubens und seiner Frau im Schloß zu Windsor, bedeutender aber noch sind dessen Familienporträt in der Nationalgalerie zu London, [* 16] das Bild seiner Frau mit Kind in München und das Doppelbildnis seiner Söhne in der Galerie Liechtenstein [* 17] zu Wien.
Eins seiner vollendetsten Bildnisse ist das des Doktors van Tulden in der Pinakothek zu München; ausgezeichnet durch sein magisches Helldunkel ist das unter dem Namen des Strohhuts bekannte Bildnis eines Mädchens in der Nationalgalerie zu London und meisterhaft in der Modellierung des Fleisches das Bildnis der nur mit einem Pelz bekleideten Helene Fourment in Wien. Wenige Künstler haben auf ihre Zeit einen so mächtigen, unwiderstehlichen Einfluß geübt wie es gibt keinen Zweig der niederländischen Malerei, auf den er nicht bestimmend eingewirkt hätte.
Die Zahl seiner Schüler war außerordentlich groß. Die bedeutendsten sind: van Dyck, Soutman, Th. van Tulden, M. Pepyn, A. Diepenbeek, C. Schut, E. Quellinus, J. ^[Justus] van Egmont, J. ^[Jan] van Hoeck etc. Außerdem aber hat er auch eine Schule von ausgezeichneten Kupferstechern herangezogen, wie Vorsterman, S. a Bolswert, Pontius etc., die seine Werke auf seine Kosten für den Verkauf in Kupfer [* 18] stachen, während Chr. Jegher sie in Holz schnitt. [* 19] Auch war er selbst der Radierkunst mächtig, und überdies hat er eine große Zahl von Zeichnungen für Büchertitel, Bücherverzierungen u. dgl. angefertigt. Er hat zahlreiche Handzeichnungen hinterlassen (in London, Paris und Wien). Rubens war ein Mann von universeller gelehrter Bildung, welcher mit zahlreichen Zeitgenossen in Briefwechsel stand.
Vgl. Michel, Histoire de la vie de Rubens (Brüssel 1771);
Waagen, Kleine Schriften (Stuttg. 1875);
Sainsbury, Original unpublished papers illustrative of the life of Rubens (Lond. 1858);
Bakhuizen van den Brink, Les à Siegen [* 20] (Haag [* 21] 1861);
Michiels, Rubens et l'école d'Anvers (4. Aufl., Par. 1877);
Gachard, Histoire politique et diplomatique de Rubens (Brüssel 1877);
Génard, P. P. Rubens (Antw. 1877);
Hymans, Histoire de la gravure dans l'école de Rubens (Brüssel 1879);
Rosenberg, Rubensbriefe (Leipz. 1881);
Goeler v. Ravensburg, [* 22] Rubens und die Antike (Jena [* 23] 1882);
Rooses, en Balth. Moretus (Antwerp. 1884);
Derselbe, L'œuvre de Rubens (das. 1887 ff., 4 Bde.);
Rosenberg, Die Rubensstecher (Wien 1888 ff.);
Ruelens, Correspondance de Rubens (Antwerp. 1888 ff.).