Kaiserein.Indessen die Herrschaft dieses
Kaisers, in dem sich durch einen seltsamen
Zufall die
Namen der
Gründer der Stadt
und des Kaisertums vereinigten, und mit ihm das Kaisertum selbst sollten sehr bald ihr Ende erreichen.
Schon 476 fiel
Odoaker
an der
Spitze derHeruler und der mit ihnen verbündeten
Völker in
Italien
[* 2] ein, belagerte
Orestes in
Pavia,
eroberte die Stadt, tötete
Orestes, zwang
RomulusAugustulus, sich in den Privatstand zurückzuziehen, und übernahm selbst
als König von
Italien die Herrschaft. Die
Völker aber, die mit ihm gekommen waren, wurden in
Italien angesiedelt, indem ihnen
der dritte Teil des gesamten Grundbesitzes zugeteilt ward. Dies war das Ende des weströmischen Kaiserreichs,
das dem
Namen nach 800 von
Karl d. Gr. und 962 von
Otto I. erneuert wurde und nominell im
»HeiligenRömischenReich deutscher
Nation« (s. d.) bis 1806 fortlebte. Über die weitere Geschichte von
Italien und
Rom s.
[* 3] die
ArtikelItalien, S. 67, und
Rom, S. 912.
Die Hauptquelle des römisch-katholischen
Lehrbegriffs in seinem Unterschied sowohl von dem der protestantischen
als von dem der morgenländischen
Kirche sind die
»Canones et decreta concilii Tridentini«, welche ihre Ergänzung in den Beschlüssen
des Vatikanums gefunden haben (s.
Konzil).
SymbolischeSchriften zweiter
Ordnung sind die
»Professio fidei Tridentinae«, die auf
Befehl des
PapstesPius IV. 1564 entworfen und als verpflichtende Glaubensformel für alle, die ein geistliches
Amt oder eine akademische
Funktion und
Würde annehmen, in einer doppelten, vom datierten
Bulle aufgestellt ward,
und der »Catechismus
Romanus« (s.
Katechismus).
Andre Katechismen, namentlich die beiden des
JesuitenCanisius, haben zwar ein großes Ansehen, aber keine eigentliche Bestätigung
von seiten des
Papstes erlangt. Auch der »Confutatio
Augustanae confessionis« (s.
Augsburgische Konfession),
von einem
Kollegium rechtgläubiger katholischer Theologen auf Veranlassung
KaiserKarls V. ausgearbeitet, geht jedwede eigentlich
kirchliche
Beglaubigung ab. Gesamtausgaben der symbolischen
Bücher der römisch-katholischen
Kirche gibt es von
Danz (Weim.
1835) und Streitwolf
(Götting. 1835-38, 2 Bde.). Als Zeugnisse
für die römisch-katholische Kirchenlehre können auch angesehen werden: die liturgischen
Bücher, die von der römischen
Kurie sanktioniert worden sind und in ganzen
Ländern und
Provinzen öffentliches
¶
mehr
kirchliches Ansehen erlangt haben, insbesondere das »Missale Romanum«, das unter PapstPius V. zuerst im Druck erschien (Rom 1570),
Der Lehrbegriff der römisch-katholischen Kirche ist nach den eben angeführten und den altkirchlichen Symbolen, dem apostolischen,
nicäischen und Athanasianischen, in deren Anerkennung die evangelische Kirche mit ihr übereinstimmt,
in folgenden Sätzen enthalten: Das Christentum ist eine durch Christus der Menschheit zu teil gewordene, übernatürliche Offenbarung,
deren Erkenntnis aus der Bibel,
[* 14] welche unter der besondern Einwirkung des HeiligenGeistes aufgezeichnet wurde, und aus der mündlichen
Überlieferung oder Tradition, welche seit der apostolischen Zeit unverfälscht fortgepflanzt worden ist, geschöpft
wird.
Die Auslegung der Bibel steht der fortwährend vom HeiligenGeist geleiteten und darum unfehlbaren Kirche ausschließlich zu.
Außer dem dreieinigen Gott gibt es keinen Gegenstand, dem göttliche Anbetung zu widmen wäre; doch ist es heilsam, die Maria
und die Heiligen (s. d.) als Fürsprecher bei Gott anzurufen und ihre Bilder und Reliquien zu verehren. Der
erste Mensch besaß, außer den natürlichen Geisteskräften, habituelle Heiligkeit und Unsterblichkeit als Gnadengeschenke
Gottes.
Durch den Sündenfall aber gingen Adam und seine Nachkommen jener göttlichen Gnadengeschenke verlustig, und der Wille zum Guten
war geschwächt. In solchem Zustand ist der natürliche Mensch, noch bevor er selbst sich der aktuellen
Sünde schuldig macht, vor Gott ein Sünder. Die ihm von seiner Geburt an anklebende »Erbsünde« (s. d.) besteht eben in dem
Mangel der ursprünglichen Gerechtigkeit (carentia justitiae originalis); die böse Lust ist zwar nicht an sich schon Sünde,
führt aber zur Sünde.
Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, hat der Menschheit Versöhnungmit Gott erworben, indem er durch
seinen stellvertretenden Tod Gott für die Sünden der Welt eine mehr als ausreichend Genugthuung leistete; das überschüssige
Verdienst des Erlösers ist der Kirche als ein teurer Schatz zur Disposition anvertraut. Derselbe wird gemehrt durch die überschüssigen
Verdienste der Heiligen und kommt kraft päpstlicher und priesterlicher Lösegewalt den bußfertigen Sündern
zu gute.
Denn die Folge der Wiedergeburt, welche der Mensch unter Anregung und Unterstützung durch den HeiligenGeistan sich vollbringt,
ist die Rechtfertigung, d. h. es wird dem Menschen habituelle Gerechtigkeit eingeflößt, und durch die guten Werke, die er
vermöge derselben verrichten, verdient er sich Mehrung der Gnade und ewige Seligkeit. Der so Gerechtfertigte
kann aber sogar mehr Gutes thun, als die GeboteGottes ihm auferlegen, und durch Befolgung der evangelischen Ratschläge zu
einem höhern Grad sittlicher Vollkommenheit und himmlischer Seligkeit gelangen.
Aber er kann auch durch Todsünden des Standes der Gnade verlustig gehen, wogegen die leichtern Sünden (peccata
venialia) durch eigne Satisfaktionen abgebüßt werden können. Aber selbst durch die Todsünden wird der Glaube nicht notwendig
aufgehoben. Die Wiedergeburt und Rechtfertigung des Menschen wird vermittelt durch die Sakramente, durch welche, als
durch Kanäle,
die Gnade, die Christus dem menschlichen Geschlecht zugewendet hat, dem Einzelnen zufließt, und zwar wirken
diese ex opere operato, wenn der administrierende Geistliche sie mit der Absicht (cum intentione) verrichtet, dasjenige zu
thun, was die Kirche gethan haben will.
Die verlorne Rechtfertigung wird durch Buße wiedergewonnen, welche aber nicht bloß in Reue, sondern auch im Sündenbekenntnis
an den Priester, worin alle einzelnen Todsünden, deren man sich bewußt ist, aufgezählt werden müssen
(Ohrenbeichte), und in der Leistung der vom Beichtvater auferlegten Büßungen zur Tilgung der zeitlichen Sündenstrafen besteht.
Wer stirbt, ohne volle Satisfaktion geleistet zu haben, wird in das Fegfeuer versetzt, wo er einen peinlichen Läuterungsprozeß
zu bestehen hat.
Dispensation von den Bußübungen erhalten solche, welche wahrhafte Reue bezeigen, durch den Ablaß. Dieser
sowie Seelenmessen und andre fromme Werke kürzen für die Verstorbenen die Pein des Fegfeuers ab. Die Kirche ist die unter Christi
sichtbarem Stellvertreter, dem Papst (s. d.), vereinigte Gemeinschaft aller Getauften; selbst die abgefallenen Häretiker gehören
gewissermaßen noch zur Kirche und können auf dem Weg der Gewalt zur Pflicht gegen ihre Mutter zurückgeführt
werden.
Zum Dienste
[* 16] der Kirche bedarf es besonders angestellter Personen, welche einen von den übrigen Christen (Laien) getrennten Stand
bilden, der wieder in sich gegliedert ist. Die auf der höchsten Stufe stehenden Bischöfe, unter dem Papst zu
einem allgemeinen Konzil vereinigt, repräsentieren die Kirche und entscheiden unfehlbar über Gegenstände des Glaubens und
kirchlichen Lebens. Sofern aber der Leib ohne Haupt nichts ist, wohnt die Unfehlbarkeit wesentlich dem letztern, d. h. dem Papst,
bei.
Der römisch-katholische Kultus unterscheidet sich im allgemeinen durch eine höhere, den Sinnen schmeichelnde Pracht von
dem protestantischen. Schon die Kirchen zeichnen sich im Innern wie im Äußern durch Kostbarkeit des Materials sowie durch
mehr oder weniger kunstvolle Verzierungen und Ausschmückungen mit Gemälden, Statuen, Decken, Vorhängen u. dgl. aus. Kirchen
und Kapellen sind auch außer dem Bedürfnis der Gemeinden zuweilen infolge von Gelübden (Votivkirche) oder zur
Erhaltung des Andenkens an wunderbare Begebenheiten errichtet.
Jede Kirche und Kapelle muß eine Reliquie (s. Reliquien) besitzen, so wie auch eine jede Kirche einem oder mehreren Heiligen gewidmet
und nach ihnen benannt ist. Als heilige Lokalitäten gelten auch die Friedhöfe sowie die mit einem Kruzifix, Marien- oder Heiligenbild
versehenen Stellen an Landstraßen und sonstigen Plätzen, die der frommgläubige Katholik nicht passiert,
ohne ein kurzes Gebet zu verrichten oder sich wenigstens zu bekreuzen. Als heilige Kirchengefäße und Kirchengerätschaften
sind zu nennen: der Kelch,
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