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ermorden und führte dann die Regierung in der Weise, wie er sie gewonnen hatte (534-510). Er brachte die Latiner durch List und Gewalt völlig unter seine Botmäßigkeit, tötete oder verbannte alle, die ihm im Weg waren, drückte das niedrige Volk durch Fronarbeiten und erregte dadurch die allgemeine Unzufriedenheit, die endlich durch den Frevel seines Sohns Sextus Tarquinius an der Lucretia zum Ausbruch kam, so daß das Volk sich unter Führung des L. Junius Brutus erhob und nicht nur Tarquinius Superbus mit seinem ganzen Geschlecht vertrieb, sondern auch das Königtum für alle Zeiten abschaffte. So endete die Zeit der Könige, deren Geschichte aber durchaus sagenhaft und wenig glaubwürdig ist, wie schon die chronologischen Verhältnisse und der fremde Ursprung der meisten Könige beweisen.
Der Ständekampf und die Eroberung Italiens (510-264).
Auch in Bezug auf diesen Zeitabschnitt beruht unsre Kenntnis auf einer Überlieferung, die zwar hinsichtlich der Hauptthatsachen und der Namen der Magistrate im ganzen glaubhaft, aber im übrigen durch National- und Familieneitelkeit und durch die Willkür der Geschichtschreiber vielfach entstellt und ausgeschmückt ist und daher noch immer einen sagenhaften Charakter hat. Zunächst hatte die junge Republik die auf Wiedergewinnung der Herrschaft gerichteten Versuche des Tarquinius Superbus abzuwehren.
Derselbe gewann zu diesem Zweck zuerst die Unterstützung der Vejenter und Tarquinienser; allein deren Unternehmen wurde noch im ersten Jahr der Republik durch die Schlacht am Wald Arsia vereitelt. Als dann Porsena von Clusium 507 Rom [* 2] angriff, um es Tarquinius zu unterwerfen, wurde er nach der Sage durch den Heldenmut des Horatius Cocles und des Mucius Scävola abgewehrt, während sich nach andrer Nachricht Rom ihm unterworfen habe. Endlich machte Tarquinius noch einen Versuch, seine Rückkehr mit Hilfe der Latiner zu erzwingen, die sich nach der Vertreibung der Könige von der Verbindung mit Rom losgesagt hatten.
Allein auch diese Hoffnung wurde 496 durch den Sieg der Römer [* 3] am See Regillus getäuscht, worauf Tarquinius sich nach Cumä zurückzog, wo er bald danach starb. Dieser Sieg hatte zugleich die Wirkung, daß 493 zwischen den Römern und Latinern ein Bündnis zu gegenseitigem Schutz und zu gemeinsamer Kriegführung abgeschlossen wurde, in welches 486 auch die Herniker nach einem über sie gewonnenen Sieg aufgenommen wurden. Während dieser Zeit hatten die Römer auch noch fortwährend schwere Kämpfe mit den Sabinern, Äquern, Volskern und Vejentern zu bestehen, und diese wurden auch weiterhin mit wechselndem Glück, jedoch so fortgeführt, daß die Überlegenheit Roms immer sichtlicher hervortrat.
Über die Sabiner und Äquer wurden 448 durch die beiden Konsuln des Jahrs glänzende Siege gewonnen, so daß nach dieser Seite hin die Kriege auf längere Zeit zur Ruhe kamen. Von den Vejentern erlitten die Römer 477 einen bedeutenden Verlust durch den Untergang der Fabier, welche den Kampf gegen Veji allein auf sich genommen hatten. Hierauf wurden mit den Vejentern noch mehrere Kriege geführt, aber ohne Entscheidung, bis diese endlich durch einen zehnjährigen Krieg (405-396) herbeigeführt wurde, der auch dadurch merkwürdig ist, daß er im Winter durch die Belagerung der Stadt Veji fortgesetzt, und daß, um dies möglich zu machen, den Truppen zuerst Sold gewährt ward. Die Stadt Veji ward nach mancherlei Wechselfällen 396 durch M. Furius Camillus erobert und zerstört. Nachdem Veji gefallen, wurden auch die Städte Capena, Falerii, Sutrium, Nepete unterworfen und damit die Herrschaft Roms über den südlichen Teil Etruriens bis zum Ciminischen Wald (dem Gebirge von Viterbo) ausgebreitet.
Die Macht lag nach Vertreibung der Könige, an deren Stelle Konsuln, als erste L. Junius Brutus und L. Tarquinius Collatinus, getreten waren, fast ausschließlich in den Händen der patrizischen Aristokratie;
das Konsulat und der Senat waren nur Patriziern zugänglich;
die Kuriatkomitien, in welchen nur die Patrizier stimmten, bildeten die mächtigste Vertretung des Volkes;
dazu kam, daß 498 eine neue obrigkeitliche Gewalt geschaffen worden war, die ebenfalls nur von Patriziern geübt werden konnte, nämlich die Diktatur, welche die ganze königliche Gewalt in sich schloß, nur mit der Beschränkung, daß sie höchstens sechs Monate dauern durfte.
Man hatte diese eingeführt, um in Fällen außerordentlicher Kriegsgefahr die Kraft [* 4] der Regierung zu stärken, aber auch die Plebejer wirksam im Zaum zu halten, da das dem Volk vom Konsul P. Valerius eingeräumte Recht der Provokation (Berufung an das Volk) gegen den Diktator nicht galt. Zumal als jede Gefahr der Rückkehr der Tarquinier beseitigt war, brachen der Standeshochmut und die Härte der Patrizier ungescheut hervor. Die Plebejer waren durch die ununterbrochenen Kriege im Anfang der Republik mehrfach verhindert worden, ihre Ländereien zu bebauen; sie hatten ferner durch die plündernden Einfälle von Feinden öfters Schaden erlitten; sie waren daher genötigt gewesen, bei den reichen Patriziern zu borgen, und diese benutzten nun die bestehenden harten Schuldgesetze, um ihre Schuldner, wenn sie nicht bezahlen konnten, ins Gefängnis zu werfen und sonst auf alle Art zu mißhandeln und zu drücken.
Dies gab die Veranlassung, daß die Plebejer mit der Drohung, sich ganz von den Patriziern zu trennen, auf den benachbarten Heiligen Berg auszogen (secessio in montem sacrum), von wo sie erst zurückkehren, nachdem Menenius Agrippa (s. d.) sie durch die bekannte Fabel beruhigt hatte, und nachdem ihnen ein eigner Magistrat mit der Macht und der Pflicht, sie ferner vor Unbilden zu schützen, zugestanden worden war. So entstand 494 das Volkstribunat, eins der wichtigsten Institute der römischen Republik, welches vorzugsweise den weitern Gang [* 5] der innern Geschichte bestimmte.
Die 5, später (seit 457) 10 Tribunen (tribuni plebis) waren für unverletzlich (sacrosancti) erklärt und konnten durch ihr Dazwischentreten (intercessio) jeden Bürger der Gewalt der Obrigkeit entreißen;
sie erwarben sich ferner das Recht, den Versammlungen des Senats beizuwohnen und die Beschlüsse desselben durch ihr verbietendes Wort (veto) ungültig zu machen;
insbesondere aber bildeten sie eine dritte Art der Volksversammlungen, die Tributkomitien, in welchen die Plebejer das Übergewicht hatten, zu ihrem Werkzeug aus, indem sie Beschlüsse darin fassen ließen und diese immer mehr zur allgemeinen Geltung zu bringen suchten;
sie wurden seit dem Publilischen Gesetz des Volero (471) in diesen Komitien gewählt, berieten sie und hatten, mit Ausnahme bestimmter, erst später eintretender Fälle, auch den Vorsitz in ihnen.
Der Kampf gegen die Vorrechte der Patrizier, den die Plebejer nunmehr unter Führung der Volkstribunen begannen, richtete sich zunächst auf das Staatsland (ager publicus), d. h. auf die durch Krieg gewonnenen Ländereien, deren Benutzung die Patrizier für sich allein in Anspruch nahmen, woran aber die Plebejer mit gutem Recht einen Anteil verlangten. ¶
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Hierin war den Tribunen bereits der Konsul Sp. Cassius vorangegangen, aber dem Widerstand der Patrizier unterlegen; es folgte nun eine Reihe von Ackergesetzen der Tribunen, durch die jedoch ebensowenig etwas erreicht wurde. Hierauf aber nahm der Kampf 462 eine neue Richtung. Der Tribun Gajus Terentilius Arsa stellte in diesem Jahr den Antrag, daß die Konsuln, statt wie bisher nach Gutdünken und nach den innerhalb ihres Standes fortgepflanzten Satzungen ihr richterliches Urteil zu fällen, an bestimmte geschriebene Gesetze gebunden werden sollten.
Infolge hiervon wurde nach einem langen Kampf 451 unter Aufhebung aller bisherigen Magistrate eine Kommission von zehn Männern zur Aufzeichnung der Gesetze (decemviri legibus conscribendis) eingesetzt, welche zehn Gesetzestafeln zu stande brachten. Auch für das Jahr 450 wurden wieder Dezemvirn gewählt, und durch diese wurden noch zwei Tafeln hinzugefügt. Auf diese Art wurde das Zwölftafelgesetz, die Quelle [* 7] alles öffentlichen und Privatrechts, geschaffen und damit nicht nur der Willkür der Magistrate abgeholfen, sondern auch den Plebejern die Kenntnis des Rechts eröffnet.
Die zweiten Dezemvirn hatten aber die ihnen verliehene außerordentliche Gewalt in despotischer Weise ausgeübt; sie wagten es ferner, nachdem ihr Jahr abgelaufen, ihr Amt widerrechtlich fortzuführen, und hierzu fügte Appius Claudius, das Haupt derselben, noch den empörenden Frevel an der Virginia (s. d.); es erhob sich daher ein Aufstand des Volkes gegen sie, durch welchen sie gestürzt und die alten Ordnungen wiederhergestellt wurden und nun wurden, um das aufgebrachte Volk zu beruhigen, zwei volksfreundliche Männer, L. Valerius und M. Horatius, für 448 zu Konsuln ernannt.
Diese ließen durch ein besonderes Gesetz die Unverletzlichkeit der Volkstribunen von neuem bestätigen und gaben außerdem noch zwei volkstümliche Gesetze, durch welche den Tributkomitien die gleiche Geltung mit den Centuriatkomitien verliehen und für alle Zeiten die Wahl eines Magistrats ohne Provokation verboten wurde. Einen weitern Fortschritt machte dann das Volk 445. In diesem Jahr wurde durch ein Gesetz des Gajus Canulejus die Schließung vollgültiger Ehen zwischen Patriziern und Plebejern (das Conubium zwischen beiden Ständen) gestattet und von den Tribunen ein Gesetz gegeben, wonach es zulässig sein sollte, statt der Konsuln Militärtribunen mit konsularischer Gewalt (tribuni militum consulari potestate) zu wählen, und daß zu diesem Amt auch Plebejer wählbar sein sollten.
Zwar strengten die Patrizier alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel an, um entweder die Wahl von Konsulartribunen überhaupt oder wenigstens die von Plebejern zu verhindern, und es wurde hierüber eine lange Reihe von Jahren ein erbitterter Kampf geführt; auch hatten die Patrizier die Zensur (s. d.) vom Konsulat abgeschieden und für sich vorbehalten. Indessen war doch schon damit viel gewonnen, daß die Zulassung der Plebejer zu dem höchsten Amt im Prinzip anerkannt worden war, und 400 wurde wirklich die Wahl von 4, 399 von 5 plebejischen (unter 6) Konsulartribunen durchgesetzt. Schon vorher (409) waren in ein geringeres Amt, in das der Quästoren, 3 Plebejer gewählt worden.
Alle Fortschritte nach außen und die Vorbereitungen zu einer weitern Entwickelung im Innern schienen aber zerstört zu werden, als Rom 390. v. Chr. durch den Einfall der Gallier überflutet und wenigstens für den Augenblick so gut wie völlig vernichtet wurde. Die Römer hatten dieselben, als sie in Etrurien eingefallen waren, durch eine Verletzung des Völkerrechts (s. Fabius 5) herausgefordert. Die Gallier brachen sofort gegen Rom auf, schlugen am 16. Juli 390 (der Tag galt seitdem für unheilbringend, für einen dies ater) das eilig zusammengebrachte römische Heer an der Allia, drangen in Rom ein, zündeten die Stadt an und belagerten dann die Römer, die sich auf das Kapitol geflüchtet hatten.
Hier wurde den Galliern zwar ein kräftiger Widerstand geleistet;
ein Versuch, das Kapitol in der Nacht heimlich zu ersteigen, wurde durch die Wachsamkeit der heiligen Gänse und durch den Mut und die Geistesgegenwart des M. Manlius glücklich vereitelt;
endlich aber wurde die Besatzung doch durch Hunger genötigt, in Unterhandlung zu treten;
die Gallier verstanden sich dazu, gegen ein Lösegeld von 1000 Pfd. Gold [* 8] die Stadt zu räumen, und der Konsulartribun Sulpicius war eben damit beschäftigt, das Gold dem Führer der Gallier, Brennus, zuzuwägen, wobei dieser mit dem Rufe: »Vae victis!« (»Wehe den Besiegten!«) noch sein Schwert zu den Gewichten in die Wagschale warf, als Camillus mit einem mittlerweile aus den römischen Flüchtlingen gebildeten Heer erschien und den Galliern erst in der Stadt, dann noch einmal 8 römische Meilen von derselben eine völlige Niederlage beibrachte. So war zwar die Unterwerfung Roms unter die Gallier abgewendet;
allein wenn auch wirklich zuletzt jene glänzenden Siege gewonnen wurden (es gibt nämlich auch eine Überlieferung, nach welcher die Gallier mit dem ausbedungenen Lösegeld ungehindert abzogen, nur weil ihnen das ausgesogene Land den nötigen Unterhalt nicht mehr gewährte), so befand sich doch die Stadt nach dem Abzug der Feinde in der unglücklichen Lage.
Die abgebrannten Häuser mußten in aller Eile wieder aufgebaut werden, wodurch der ärmere Teil der Bevölkerung [* 9] wieder in schwere Schulden geriet, und zugleich mußten die benachbarten Völker, die sich von der ungern ertragenen Herrschaft oder Oberhoheit Roms losrissen, abgewehrt und wieder unterworfen werden; es waren daher in den nächsten Jahren schwere Kriege mit den Galliern, Etruskern, Volskern, Äquern und selbst mit einem Teil der Latiner zu führen, welche hauptsächlich durch das Feldherrntalent des Camillus zu einem glücklichen Ende gebracht wurden.
Im Innern war das Volk durch seine patrizischen Gläubiger so völlig niedergedrückt, daß es nicht wagte, den Anmaßungen der Patrizier irgend einen Widerstand entgegenzustellen. Als daher 385 M. Manlius, der Retter des Kapitols, sich zum Helfer für das arme Volk aufwarf und mit Aufopferung seines Vermögens eine große Zahl Schuldner loskaufte, wurde derselbe erst ins Gefängnis geworfen und, als er, aus demselben entlassen, in seinen edlen Bestrebungen nicht nachließ, sogar auf die Anschuldigung, daß er nach der Königskrone strebe, 384 zum Tod verurteilt.
Erst 376 wurde der Kampf von den beiden Volkstribunen Gajus Licinius Stolo und L. Sextius wieder aufgenommen. Diese stellten die drei Gesetzesanträge (leges Liciniae), 1) daß von den Schulden die gezahlten Zinsen in Abzug gebracht und der Rest binnen drei Jahren bezahlt werden, 2) daß kein Bürger mehr als 500 Morgen vom Staatsland (Ager publicus) besitzen, und 3) daß wieder Konsuln gewählt werden und einer derselben ein Plebejer sein solle. Der Kampf über diese Gesetze dauerte zehn Jahre und war überaus heftig. Allein 367 wurden diese Gesetze durchgebracht, und nun wurden auch die übrigen Ämter von den Plebejern nach und nach erobert: 356 wurde zuerst ein plebejischer Diktator, 351 ein plebejischer Zensor ernannt;
337 wurde auch die ¶