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oder auch nomen allein genannt), wie Julius, Tullius, und den Familiennamen (cognomen), wie Cäsar, Cicero, was sich, auch nachdem die ursprüngliche Gliederung des Volkes längst verschwunden war, als Regel bis zu Ende der Republik erhielt und erst unter den Kaisern nach und nach aufhörte. Im Innern war die Familie hinsichtlich der strengen Unterordnung unter eine höhere Gewalt das treue Abbild des Staats. Diese Gewalt (die patria potestas) lag in der Hand [* 2] des Hausvaters (pater familias); sie erstreckte sich über alle Angehörige des Hauses und war so uneingeschränkt, daß sie die Befugnis einschloß, die Kinder auszusetzen, zu verkaufen und zu töten. Um die Kinder am Leben zu erhalten, war es erforderlich, daß sie der Vater, dem sie nach der Geburt zu Füßen gelegt wurden, aufhob (was suscipere oder tollere hieß); sie erhielten, die Knaben am neunten, die Mädchen am achten Tag (dies lustricus), Namen und religiöse Weihe und wurden hierauf im elterlichen Haus erzogen und unterrichtet, letzteres wohl auch durch Privatlehrer, welche für eine Mehrzahl von Kindern Schulen errichteten.
Die Knaben wurden, ursprünglich wohl nach Zurücklegung des 17., später des 16., 15. und sogar des 14. Lebensjahrs, unter feierlichen Gebräuchen durch Ablegung des Knabenkleides (der toga praetexta) und Anlegung der Männertoga (toga virilis) unter die Bürger aufgenommen und traten damit in sämtliche bürgerliche Pflichten und Rechte ein, blieben aber dessen ungeachtet in der väterlichen Gewalt, bis der Vater starb oder das Bürgerrecht, z. B. durch Verbannung, verlor; außerdem wurden sie von derselben nur befreit, wenn sie vom Vater emanzipiert wurden, was an besondere umständliche Formalitäten geknüpft war, oder zu der Würde eines Flamen gelangten.
Die Mädchen traten durch die Verheiratung wie aus dem Geschlecht, so auch aus der bisherigen väterlichen Gewalt heraus, aber nur, um in die ihres Gatten oder dessen Hausvaters überzugehen; mit der Adoption war für beide, Knaben und Mädchen, der Übertritt in die Gewalt des Adoptivvaters verbunden. Die verheirateten Frauen (matres familias und matronae genannt) nahmen zwar in Rom [* 3] eine geachtetere Stellung ein als z. B. in Griechenland; [* 4] indessen auch sie standen unter der väterlichen Gewalt ihres Gatten.
Einen der Zahl nach bedeutenden Bestandteil der Familien bildeten endlich die Sklaven, deren Zahl im Lauf der Zeit so anwuchs, daß sie im Besitz einzelner Herren zu Tausenden zählten und ihre Gesamtzahl in Rom in der Kaiserzeit mindestens das Doppelte der freien Bevölkerung [* 5] betrug. Sie wurden teils zu den verschiedensten Diensten im Haus, teils zu den Arbeiten auf dem Land verwendet, die sie großenteils gefesselt verrichteten, eine Härte, die sich erst in der Kaiserzeit allmählich milderte. Über sie hatte der Herr selbstverständlich eine vollkommen unbeschränkte Gewalt.
Für die Beschaffenheit der römischen Häuser ist das vollere Verständnis hauptsächlich erst durch die Ausgrabungen in Pompeji [* 6] und Herculaneum erschlossen worden; doch entspricht das Bild, welches wir uns hiernach zu entwerfen haben, selbstverständlich nur den römischen Häusern der ersten Kaiserzeit, in welcher die Häuser, deren Trümmer durch die Ausgrabungen ans Licht [* 7] gebracht worden, entstanden sind (vgl. den Plan auf Tafel »Baukunst [* 8] VI«, [* 9] Fig. 4-6). Die Hauptbestandteile des römischen Hauses sind: das Atrium oder Cavaedium, der Hauptversammlungsort der Familie und der Besucher, dessen Dach [* 10] in der Mitte eine Öffnung hatte, durch welche sich der Regen in ein Bassin, das sogen. Impluvium ergoß, und das hinter demselben befindliche, in der Regel etwas größere Peristylium, welches hauptsächlich aus einer Säulengalerie bestand, die einen gartenähnlichen Raum umschloß. Zu beiden Seiten des Atriums und des Peristyliums befand sich eine größere oder kleinere Zahl von Zimmern, welche zu Wohn-, Eß-, Schlafzimmern und zu wirtschaftlichen Zwecken, in der spätern Zeit auch als Bibliotheken dienten.
Den Zugang zu dem Atrium von der Straße aus bildete das Ostium, wo der Thürwärter (janitor) seine Zelle [* 11] hatte; vor dem Ostium befand sich, jedoch nur bei den Wohnungen der vornehmern Bürger, ein erhöhter Vorplatz, das Vestibulum; zwischen dem Atrium und Peristylium war das Tablinum, eins der Hauptgemächer des Hauses, welches zur Aufbewahrung des Familienarchivs, als Geschäftszimmer, aber auch wohl als Speisezimmer verwandt wurde. Hinter dem Peristyl befand sich öfters noch ein größerer bedeckter Raum (oecus) zu geselligen Zusammenkünften und dahinter wohl auch noch ein freier Garten. [* 12]
Außerdem gab es auch noch im obern Stock Zimmer, welche Cenacula hießen, weil sie auch als Speisezimmer benutzt wurden, die aber sonst hauptsächlich für die Dienerschaft bestimmt gewesen zu sein scheinen. Die sämtlichen Zimmer waren meist klein und einfach und hatten schmale, niedrige Fenster; desto mehr aber wurden, als Reichtum und Geschmack zunahmen, die größern, zum Zusammensein bestimmten Räume ausgeschmückt: die Fußböden mit musivischer Arbeit, die Wände mit Malerei und die Decken (lacunaria) mit Getäfel, welches mit Elfenbein ausgelegt oder gemalt oder vergoldet oder sonst kostbar verziert war. So die Privathäuser, welche von Einer Familie bewohnt und vorzugsweise Domus genannt wurden; außerdem gab es noch Miethäuser (insulae), welche in Rom eine Höhe bis zu sieben Stockwerken erreicht haben sollen, von deren Einrichtung aber nichts Näheres bekannt ist.
Die Nationaltracht der römischen Bürger bestand aus der Tunica, einem hemdartigen Unterkleid, und der Toga, [* 13] einem Überwurf, der mehrfach künstlich über die Tunika gelegt wurde und durch die Art des Umlegens eine Tasche, den Sinus, bildete. An diesen beiden Kleidungsstücken waren auch die hauptsächlichsten Ehrenzeichen der höhern Stände angebracht; die Senatoren trugen eine Tunika mit breiten, von oben nach unten laufenden Streifen, die Tunica laticlavia, und außerdem war ihre Toga, wie die der Kinder aus den höhern Ständen, mit Purpur verbrämt (toga praetexta, s. Tafel »Kostüme [* 14] I«, [* 15] Fig. 6); die Tunika der Ritter hatte schmale Streifen (tunica angusticlavia).
Die Toga war aber nur das bürgerliche Kleid der Römer, [* 16] das Kriegskleid war das Sagum, eine Art Mantel; das der Anführer und höhern Offiziere hieß Paludamentum, unterschied sich von jenem nur durch größere Weite und feinern Stoff. Das Hauptkleid der römischen Matrone war die bis auf die Füße reichende, unten mit einem Besatz (instita) versehene Stola, welche über der Tunika getragen wurde und dieser im ganzen gleich, nur weit länger war [* 1] (Fig. 7). Doch sowohl die Toga als die Stola kamen in der Kaiserzeit trotz mehrfacher deshalb ergangener Verordnungen immer mehr außer Gebrauch und wurden durch Umwürfe und Mäntel von verschiedener Form und unter verschiedenen Namen (pallium, palla, lacerna, synthesis) ersetzt; auch wurde es immer mehr üblich, statt der Wolle, welche in früherer Zeit fast den einzigen Stoff gebildet hatte, Leinen und namentlich Seide [* 17] zu verwenden. Die ¶
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gewöhnliche Fußbekleidung war der Schuh (calceus), der bei den Senatoren durch höher hinaufgehende Riemen und durch eine halbmondförmige Verzierung (lunula) ausgezeichnet war; der enger anliegende und festere Schuh der Soldaten hieß Caliga; Sandalen [* 19] (sandalia oder soleae) trug man nur im Haus, oder wenn man sich zu einem Mahl begab. Litteratur über die röm. Altertümer s. S. 950.
Geschichte des römischen Staats.
(Hierzu die Karte: »Das römische Weltreich etc.«, mit Register.)
Zeittafel der römischen Geschichte:
Rom unter Königen, 753-510 v. Chr.
753-716 Romulus
715-672 Numa Pompilius
672-640 Tullus Hostilius
640-616 Ancus Marcius
616-578 Tarquinius Priscus
578-534 Servius Tullius
534-510 Tarquinius Superbus
509-30 v. Chr. Rom als Republik unter Konsuln.
30 v. Chr. bis 14 n. Chr. Augustus
14-37 Tiberius
37-41 Caligula
54-68 Nero
69-79 Vespasianus
79-81 Titus
81-96 Domitianus
96-98 Nerva
117-138 Hadrianus
161-180 Marcus Aurelius
180-192 Commodus
193 Pertinax
193-211 Severus
211-217 Caracalla
217-218 Macrinus
218-222 Elagabalus
235-238 Maximinus
238-244 Gordianus
244-249 Philippus
249-251 Decius
251-254 Gallus
254 Ämilianus
254-260 Valerianus und Galienus
254-268 Valerianus und Galienus
268-270 Claudius
270-275 Aurelianus
275-276 Tacitus
276-282 Probus
282-283 Carus
283-284 Numerianus und Carinus
283-285 Numerianus und Carinus
284-305 Diocletianus
305-306 Constantius Chlorus und Galerius
306-324 Galerius, Maximinus, Constantinus, Licinius, Maximianus u. Maxentius
324-337 Konstantin (d. Gr.)
337-361 Die Söhne Konstantin d. Gr.: Konstantin (+ 340), Constans (+ 350) u. Constantius (+ 361).
361-363 Julianus (Apostata)
363-364 Jovianus
364-375 Valentinianus, Kaiser des Westens
364-378 Valens, Kaiser des Ostens
375-383 Gratianus
378-395 Theodosius (d. Gr.)
395-423 Honorius
425-455 Valentinianus III.
456 Avitus
457-461 Majorianus
461-465 Libius Severus
467-472 Anthemius
475-476 Romulus Augustulus
Die Königsherrschaft (753-510 v. Chr.).
Der Ursprung Roms ist, wie der mehrerer andrer italischen Städte, durch die Sage mit dem Trojanischen Krieg, dem Mittelpunkt der griechischen Sage, in Verbindung gebracht worden. Der Trojaner Äneas, der Sohn der Aphrodite [* 20] (Venus), wurde durch die Götter nach Italien [* 21] geführt; sein Sohn Ascanius gründete die Stadt Albalonga, welche sich zum Haupte der latinischen Städte erhob und von hier aus gründeten etwa 400 Jahre später die Enkel des Königs Numitor, Romulus und Remus, die Söhne des Mars, [* 22] 753 eine neue Stadt auf dem Palatinus, einem der sieben Hügel am linken Ufer des Tiber.
Nachdem Remus infolge eines Zwistes mit seinem Bruder den Tod gefunden, blieb Romulus als der alleinige König zurück. Er vermehrte die Zahl der Bürger, indem er auf dem Kapitolinischen Berg ein Asyl gründete und den Flüchtlingen und Unzufriedenen andrer Staaten damit eine Zuflucht eröffnete, verschaffte ihnen Frauen durch den Raub der Sabinerinnen, verdoppelte das Volk durch die Verschmelzung desselben mit den Sabinern unter dem König Tatius, mit dem er einige Jahre die Herrschaft teilte, führte glückliche Kriege mit einigen benachbarten latinischen Städten sowie mit Fidenä und Veji und wurde nach einer ruhmvollen 37jährigen Regierung (753-716) zum Himmel [* 23] erhoben und unter dem Namen Quirinus unter die Götter aufgenommen.
Ihm folgte nach einem das nächste Jahr ausfüllenden Interregnum (s. Interrex) der Sabiner Numa Pompilius (715-672), der im Gegensatz gegen seinen Vorgänger eine durchaus friedliche Regierung führte und während derselben namentlich die religiöse Verfassung gründete. Die Regierung seines Nachfolgers Tullus Hostilius (672-640) ist hauptsächlich durch die Überwindung und Zerstörung von Albalonga bezeichnet. Der zwischen den beiden Städten über die Herrschaft geführte Krieg wurde erst durch den berühmten Einzelkampf zwischen den Horatiern und Curiatiern zu gunsten Roms entschieden, und als darauf der Diktator der Albaner, Mettius Fufetius, sich in einem Krieg der Römer mit Fidenä als Verräter erwies, wurde ihre Stadt zerstört und die Einwohner nach Rom übergeführt, dessen Bevölkerung hierdurch eine weitere bedeutende Vermehrung erhielt.
Der nächste König war Ancus Marcius (640-616), welcher die kriegerischen und friedlichen Gaben und Neigungen seiner Vorgänger in sich vereinigte. Er gründete die Hafenstadt Ostia, baute die »Pfahlbrücke« (pons sublicius) und unterwarf eine große Anzahl der latinischen Städte, deren Einwohner nach Rom übergeführt wurden, wodurch er der hauptsächlichste Begründer des plebejischen Standes geworden ist. Der folgende König, Tarquinius Priscus (616-578), stammte aus Korinth, [* 24] kam aber aus Tarquinii in Etrurien, wohin sich seine Familie geflüchtet hatte, nach Rom und erwarb sich hier durch seinen Reichtum und seine Geschicklichkeit so großes Ansehen, daß der sterbende König ihn zum Vormund seiner beiden unerwachsenen Söhne einsetzte, und daß er statt dieser nach dem Tode des Königs sich der Herrschaft bemächtigen konnte.
Seine Regierung ist teils durch seine Abkunft aus der Fremde, teils dadurch merkwürdig, daß er die Zahl der Senatoren um 100 vermehrte, welche, wie es scheint, dem dritten Stamm angehörten und eine ihm völlig ergebene Partei im Senat bildeten, daß er die bei den Etruskern üblichen Ehrenzeichen des Königtums annahm und den Tempel [* 25] des kapitolinischen Jupiter sowie den Bau der Kloaken begann. Er wurde auf Anstiften der von ihm aus der Herrschaft verdrängten Söhne des Ancus Marcius erschlagen; es folgten ihm aber weder diese noch seine eignen Söhne, sondern der Sohn einer gefangenen, im königlichen Palast als Sklavin lebenden Latinerin, welcher schon in seiner Jugend durch Wunderzeichen für seine künftige hohe Stellung bestimmt und deshalb vom König zum Schwiegersohn erkoren worden war, nämlich Servius Tullius (578-534), welcher die für die Entwickelung des Staats so wichtige Centuriatverfassung schuf, die Latiner zu einem Bündnis unter der Vorortschaft Roms vereinigte und die siebenhügelige Stadt als solche dadurch zum Abschluß brachte, daß er den Viminalischen und Esquilinischen Hügel hinzufügte und das Ganze mit einer Mauer und mit Wall und Graben umgab. Auch ihm war ein gewaltsamer Ausgang beschieden. Der Sohn des Tarquinius Priscus, Lucius Tarquinius, mit dem Beinamen Superbus (»der Stolze« oder »Hochmütige«),
stiftete eine Verschwörung im Senat gegen ihn, stürzte ihn vom Thron, [* 26] ließ ihn ¶