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sacri cubiculi, magister officiorum, quaestor sacri cubiculi, comes sacrarum largitionum, comes rerum privatarum, comites domesticorum equitum und peditum) beweisen, mehr Hof- als Reichsbeamte waren; es wurde eine strenge Rangordnung durch die Verleihung bestimmter Ehrenprädikate (illustres, spectabiles, clarissimi, perfectissimi, egregii) eingeführt; endlich ward auch hinsichtlich der Provinzen eine neue Einrichtung getroffen, indem das Reich in 4 Präfekturen, 13 Diözesen und 116 Provinzen eingeteilt und die Militär- und Zivilverwaltung völlig getrennt wurde. Senat und Konsulat bestanden zwar zunächst noch fort, aber als völlig leere Formen, die nach und nach von selbst erloschen. Eine Zeitlang wurde ein Konsul in Rom, ein zweiter in Konstantinopel oder auch nur einer in Konstantinopel ernannt; das letzte Konsulat eines Privatmanns war das des Flavius Basilius 541, hierauf wurde der Titel Konsul nur noch vom Kaiser fortgeführt, bis auch dies im 9. Jahrhundert aufhörte.
Heerwesen und Flotte.
Die Militärverfassung erlitt im Lauf der Zeit wiederholt wesentliche Veränderungen. Ursprünglich soll das römische Heer nach Vereinigung der drei Stämme aus einer Legion, 3000 Mann stark, 1000 Mann aus jedem Stamm, und aus 300 Reitern bestanden haben; indessen kommen schon unter den Königen vor Servius Tullius mehrere Legionen vor, und auch die Reiterei wurde unter denselben Königen bis zu 1800 Mann vermehrt. Eine ganz neue Einrichtung erhielt aber die römische Streitkraft durch den König Servius.
Durch ihn wurde die Organisation der Legionen, deren Normalstärke jetzt 4200 Mann betrug, völlig auf die von ihm eingerichteten Klassen und Centurien gegründet. Alle Bürger, mit Ausnahme der Proletarier, waren zum Kriegsdienst verpflichtet, die jüngern vom 17. bis zum zurückgelegten 45. Lebensjahr zum Dienst im Felde, die ältern bis zum 60. Lebensjahr zur Bewachung der Stadt; der Dienst jener war auf 16, höchstens 20 Feldzüge bestimmt, der der Reiter auf 10 Feldzüge, und zwar wurde nicht nur die Ausrüstung von allen auf eigne Kosten bestritten, sondern sie dienten auch lange Zeit ohne Sold, indem erst 406 v. Chr. das Fußvolk und 403 die Reiterei Sold empfing. In jeder Legion aber waren sämtliche Klassen mit verschiedener Bewaffnung vertreten: die Angehörigen der ersten Klasse waren außer dem Speer (hasta) mit Helm (galea), Panzer (lorica), Schild (clipeus) und Beinschienen (ocreae) versehen und standen in den ersten Reihen;
die übrigen Reihen wurden aus den übrigen Klassen mit allmählich verminderter Bewaffnung gebildet bis auf die beiden untersten Klassen herab, welche nur Schild und Speer oder nur letztern führten.
Die Aufstellung der Legion für den Kampf war der der griechischen Phalanx ähnlich, in dichten Reihen, wahrscheinlich acht Mann hoch, so daß dieselbe mehr durch das Gewicht ihres Andranges als durch die persönliche Tapferkeit der einzelnen wirken konnte. So etwa bis zur Zeit der Verbrennung Roms durch die Gallier herab, wo wahrscheinlich durch Camillus eine bedeutende Änderung getroffen wurde. Das Wesentliche derselben bestand darin, daß nunmehr der Tapferkeit der einzelnen Raum und freie Bewegung geschafft wurde.
Auf die Klassen wurde jetzt nur insoweit Rücksicht genommen, als die Schwerbewaffneten ausschließlich aus den drei ersten Klassen entnommen wurden, während die Angehörigen der beiden letzten Klassen nur als Leichtbewaffnete (velites) dienten; die Reiterei blieb im wesentlichen unverändert, indem auch jetzt jeder Legion 300 Reiter beigegeben wurden. Die Schwerbewaffneten aber wurden nach dem Alter in drei Treffen, in die Hastati, Principes und Triarier eingeteilt, jedes Treffen zerfiel in 10 Manipeln, jeder Manipel in 2 Centurien;
die Manipeln der Hastati und Principes zählten je 120, die der Triarii je 60 Mann;
an der Spitze der ganzen Legion standen 6 von 2 zu 2 Monaten wechselnde Militärtribunen, die einzelnen Manipeln wurden von je 2 Centurionen geführt;
die Velites jeder Legion waren 1200 Mann stark und nicht in Manipeln geteilt, hatten auch keine eignen Führer, sondern wurden den Manipeln und den Führern der Schwerbewaffneten zugeteilt.
Solcher Legionen nun wurden regelmäßig jedes Jahr 4 ausgehoben, von denen je 2 unter den Oberbefehl der Konsuln gestellt wurden, welche die Kriege entweder einzeln, ein jeder mit seinen 2 Legionen, oder beide zusammen mit 4 Legionen führten; doch werden nicht selten auch viel größere Heere ausgehoben und auch die Stärke der Legionen bis zu 6000 erhöht. Zu diesen Legionen kamen, nachdem die meisten italischen Völkerschaften von den Römern durch glückliche Kriege zur Heeresfolge gezwungen worden waren, die Truppen der Bundesgenossen hinzu, deren Normalstärke sogar nicht selten die der römischen Legionen überstieg.
Zur Schlacht wurden nun aber die Legionen manipelweise, die Hastati in erster, die Principes in zweiter, die Triarii in dritter Linie und zwar so aufgestellt, daß erstens innerhalb des Manipels der einzelne Mann einen weitern Raum erhielt und zweitens die Manipeln selbst durch weitere Zwischenräume voneinander getrennt wurden; letzteres, damit die erste Linie, wenn sie von dem Feind zum Weichen gebracht wurde, sich auf die zweite und beide im Notfall sich dann auf die dritte zurückziehen konnten.
Die römischen Heere waren in der ältern Zeit eigentliche Bürgerheere, indem sie durch Aushebung gebildet und die Proletarier ausgeschlossen, die Schwerbewaffneten sogar nur aus den drei ersten Klassen genommen wurden. Dies änderte sich aber, als 107 v. Chr. Marius die Proletarier in das Heer aufnahm und die Aushebung meist durch Werbung ersetzt wurde. Infolge davon wurde der Kriegsdienst immer mehr zum Handwerk, und die Heere nahmen allmählich den Charakter von Söldnerheeren an, die daher auch von ihren Führern bald als Werkzeuge zur Erreichung ihrer ehrgeiziger Zwecke gebraucht werden konnten.
Gleichzeitig aber wurden noch mehrere andre Änderungen eingeführt. Die Legion wurde in 10 Kohorten zu je 6 Centurien eingeteilt, sie erhielt den Adler als Feldzeichen, wurde unter den Oberbefehl eines Legaten gestellt und ihre Normalstärke, von der indessen öfters Abweichungen stattfanden, auf 6000 festgesetzt, und als das römische Bürgerrecht infolge des Bundesgenossenkriegs über Mittel- und Unteritalien ausgebreitet wurde (90 v. Chr.), hörten die Truppenkontingente der Bundesgenossen auf und wurden durch Hilfstruppen (auxilia) von verschiedener Bewaffnung ersetzt, die in den Provinzen nach Belieben ausgehoben wurden.
Die Kaiserzeit endlich brachte die große Veränderung, daß sie stehende Heere einführte. Augustus verfügte gegen Ende seiner Regierung über 25 Legionen, die in den verschiedenen Provinzen stationiert waren und von den Statthaltern als Stellvertreter (legati) des Kaisers, welcher als der eigentliche Oberbefehlshaber (imperator) galt, befehligt wurden, und diese Zahl der Legionen wurde später noch bedeutend erhöht. Eine besonders wichtige Neuerung aber war
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es, daß Augustus die prätorische Kohorte, welche die Oberbefehlshaber bisher gehabt hatten, bedeutend erweiterte und sie in Rom selbst und der nächsten Umgebung ins Quartier legte, um der Stadt als Besatzung und ihm selbst als Leibwache zu dienen. So entstanden die 9 später noch vermehrten prätorischen Kohorten von je 1000 Mann unter dem Praefectus praetorio, für welche unter Tiberius ein festes Lager in der Stadt errichtet wurde und welche demnächst einen so bedeutenden Einfluß auf die Geschicke des Reichs und der Kaiser ausüben sollten, und hierzu kamen noch 3 ebenso starke städtische (urbanae) und 7 Wächterkohorten (cohortes vigilum), welche hauptsächlich polizeilichen Zwecken dienten und ebenso wie die Prätorianer ihre Station in der Stadt hatten.
Durch Diokletian und Konstantin wurde wie mit den politischen, so auch mit den militärischen Formen gebrochen. Die Stärke der Legionen wurde auf 1000 bis 1500 Mann vermindert, dagegen ward ihre Zahl bedeutend vermehrt; an der Spitze der gesamten Streitmacht standen die neugeschaffenen beiden höchsten militärischen Beamten, der Magister peditum und der M. equitum (später gab es 4 und dann 8 magistri); die eigentliche Stärke der Heere aber bestand sehr bald in den ausländischen, unter eignen Führern stehenden Hilfstruppen.
Was das Seewesen anlangt, so wurden Kriegsflotten in der frühern Zeit nur immer ausgerüstet, wenn es, wie z. B. in den Kriegen mit Karthago, das Bedürfnis erforderte. Erst unter den Kaisern wurden Stationen für stehende Flotten errichtet, die bedeutendsten derselben waren in Misenum und Ravenna; außerdem gab es deren noch in andern Seehäfen und auch auf Flüssen, wie auf dem Rhein und der Donau. Die Kriegsschiffe (naves longae im Gegensatz zu onerariae), welche sämtlich zum Stoß auf feindliche Schiffe am Vorderteil einen Schnabel (rostrum) führten, waren dieselben wie bei den Griechen und unterschieden sich je nach der Zahl der Ruderbänke; sie waren daher Biremes (oder liburnae), Triremes, Quadriremes, Quinqueremes; doch waren die Triremen am meisten im Gebrauch. Die Mannschaften der Schiffe, sowohl die Soldaten (classiarii) als die Ruderer, standen tief unter den Legionssoldaten und wurden in der Regel aus dem Stande der Sklaven und Freigelassenen entnommen.
Rechtswesen.
Die Verwaltung des Rechts lag ursprünglich in der Hand des Königs, der nach seinem Belieben ein Richterkollegium (consilium) zuzog oder auch einzelne Richter bestellte, übrigens nach der Überlieferung (so geschah es wenigstens in einem Fall) für Kapitalverbrechen auch Blutrichter (zwei duumviri perduellionis) einsetzte und von diesen die Berufung an das Volk gestattete. Noch in später Zeit gab es eine von dem Pontifex Papirius veranstaltete Sammlung von Gesetzen, die von den Königen gegeben sein sollten und deshalb Leges regiae genannt wurden.
Nach Vertreibung der Könige traten auch in Bezug auf die Handhabung des Rechts die Konsuln an ihre Stelle; 366 aber gingen die richterlichen Funktionen auf die Prätoren über, neben denen auch die Ädilen eine gewisse beschränkte Jurisdiktion hatten. Indessen waren die Befugnisse der republikanischen Magistrate im Vergleich zu denen der Könige weit geringer. In Bezug auf die Ausübung ihres Strafrechts wurde sogleich im ersten Jahr der Republik (509) durch ein Valerisches Gesetz die Berufung (Provokation) an das Volk gestattet, was nachher durch zwei andre Valerische Gesetze 449 und 300 wiederholt wurde, und außerdem wurden 454 als höchstes Strafmaß 30 Schafe und 2 Rinder festgesetzt, wofür 430 ein bestimmter Geldbetrag eingeführt wurde.
Ferner galt es von Anfang der Republik an als Regel, daß über Kapitalverbrechen, d. h. über Verbrechen, bei denen es sich um das Caput des Angeklagten, also um Verurteilung zum Tod oder zur Verbannung, handelte, nur das Volk zu richten habe, und durch die Dezemvirn wurde 451 ausdrücklich festgesetzt, daß dies nur in den Centuriatkomitien geschehen sollte. Was nun die Zivilgerichtsbarkeit anlangt, so standen den Prätoren zwei stehende Gerichtshöfe zur Seite, welche unter ihrem Vorsitz und nach ihrer Instruktion Recht sprachen, nämlich das Centumviralgericht, das aus den Tribus, je 3 Richter aus jeder der 35 Tribus, gebildet wurde und hauptsächlich über Fragen des Familieneigentums und Erbrechts zu entscheiden hatte, und die Zehnmänner (decemviri stlitibus [litibus] judicandis), denen unter andern die Streitfälle über das Eigentum zugewiesen zu werden pflegten; außerdem wurden aber auch Einzelrichter für besondere Fälle von den Prätoren bestellt.
Die Verhandlungen, welche öffentlich waren und auf dem Forum und Komitium stattfanden, waren an bestimmte, meist sehr eigentümliche und komplizierte Klagformen (legis actiones) gebunden; eine derselben war z. B. die Manus injectio (s. d.). Hinsichtlich der Volksgerichte ist noch die Einführung der stehenden Gerichtshöfe (quaestiones perpetuae) zu bemerken, welche zuerst für die Anklagen wegen Erpressungen in den Provinzen 149 v. Chr. durch das Calpurnische Gesetz verordnet und dann allmählich, besonders durch Sulla, auf mehrere Prozesse ausgedehnt wurden.
Diese waren, da sie ganz an die Stelle des Volkes traten, von großer politischer Bedeutung, und ihre Zusammensetzung, aus Senatoren oder Rittern, wurde daher bald ein Hauptgegenstand des Kampfes zwischen der Senats- und der Volkspartei (s. unten, Geschichte); bei ihnen wurde 137 durch das Cassische Gesetz die geheime Abstimmung mittels Stimmtäfelchen eingeführt, deren jeder Richter drei empfing, ein verurteilendes, das mit C (condemno), ein freisprechendes, das mit A (absolvo), und ein das Urteil hinausschiebendes, das mit N L (non liquet) bezeichnet war, um eins derselben in die Stimmurne zu werfen.
Unter den Kaisern blieben diese Einrichtungen großenteils bestehen, jedoch ebenso wie die politischen meist nur der Form nach; die wichtigsten richterlichen Funktionen gingen auf den Kaiser, an den von allen Gerichten die Appellation gestattet war, sowie auf den Praefectus urbi und Praefectus praetorio über. Für das römische Recht wurde als Hauptquelle das Zwölftafelgesetz (fons omnis publici privatique juris, wie es Livius nennt) angesehen, welches noch in der letzten Zeit der Republik von den Knaben auswendig gelernt wurde.
Dasselbe wurde indes im Lauf der Zeit auf mehrfache Art erweitert und vervollkommt. Dies geschah in der Zeit der Republik und, wenn auch in geringerm Maß, noch unter den Kaisern hauptsächlich durch die Edikte der Prätoren, in welchen diese bei Antritt ihres Amtes die Grundsätze zu veröffentlichen pflegten, nach denen sie das Recht zu verwalten beabsichtigten. Es war natürlich, daß die nachfolgenden Prätoren aus den Edikten ihrer Vorgänger dasjenige in die ihrigen aufnahmen, was sich als zweckmäßig erwiesen hatte, und so sammelte sich in diesen Edikten ein reicher Schatz von anerkannten Rechtssätzen, welche von den Rechtsgelehrten mehrfach zusammengestellt und erläutert wurden. Hierzu kamen noch die Verordnungen der Kaiser
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(constitutiones) und die Aussprüche der Rechtsgelehrten, welch letztere schon unter Augustus eine große, mit der Zeit immer mehr wachsende Bedeutung für die Ausbildung des Rechts nicht nur, sondern auch für die Ausübung der richterlichen Funktionen gewannen. Alles aber, was auf diese Art das praktische Leben und die Wissenschaft an Rechtssätzen geschaffen hatten, wurde dann auf Anordnung des oströmischen Kaisers Justinian (527-565) in dem sogen. Corpus juris (s. d.) vereinigt.
Religion.
Eine besonders wichtige Seite des römischen Staatslebens bildet die Religion, welche in Rom aufs engste mit dem gesamten öffentlichen und Privatleben verknüpft ist. Sie ist aus einer Verschmelzung von latinischen, sabinischen und etruskischen Elementen hervorgegangen, im Lauf der Zeit aber hauptsächlich durch griechische Einflüsse immer mehr verändert und in Bezug auf die Götterlehre so gut wie völlig verdrängt worden. (Vgl. Römische Mythologie) Diese, die Götterlehre, unterscheidet sich in ihrer ursprünglichen Gestalt von andern Religionen vornehmlich dadurch, daß sie ebensowohl aller poetischen Ausschmückung wie einer tiefern Spekulation entbehrt.
Die Götter der alten Römer sind teils die Kräfte der Natur in den verschiedensten Beziehungen auf äußere Dinge, teils Abstraktionen der Güter und Übel, deren Gewährung oder Abwehrung man von der Gottheit erwartete. Es gab daher z. B. eine Ossipaga, d. h. eine Göttin, welche die Knochen der Kinder festzumachen hatte;
einen Statilinus und eine Statina, welche die Kinder stehen, einen Fabulinus, welcher sie reden lehrte;
einen Jugatinus, den Heiratsgott;
eine Libitina und Nänia, die Todesgöttinnen;
einen Rubigus und eine Rubigo, welche den Rost von den Saaten abwendeten;
ferner wurden die Tugenden Clementia, Concordia, Fides, die Glücksgüter Felicitas, Fecunditas, Salus, Victoria, aber auch Furcht und Schrecken (Pallor und Pavor) angerufen und verehrt, und hiermit stimmt es vollkommen überein, daß man ursprünglich keine Götterbilder kannte, und daß die Gottheiten unter äußerlichen Symbolen, z. B. Jupiter unter dem eines Kieselsteins, Mars unter dem eines Speers, verehrt wurden, wie denn noch in später Zeit das Feuer Symbol der Vesta war.
Erst durch den ältern Tarquinius (616-578) ward der kapitolinische Tempel für die drei Gottheiten Jupiter, Juno und Minerva als Nationalheiligtum gegründet und wurden den Göttern Statuen errichtet, worauf dann nach und nach der Kreis der Hauptgottheiten auf zwölf festgestellt wurde, die Ennius in folgenden Versen aufzählt:
Juno, Vesta, Ceres, Diana, Minerva, Venus, Mars, Mercurius, Jovis (Jupiter), Neptunus, Vulcanus, Apollo.
Ebenso äußerlich wie die Götterlehre war auch der Kultus, d. h. der Dienst der Götter. Derselbe bestand in einem ungemein ausgedehnten, an die strengsten Vorschriften gebundenen und mit der peinlichsten Genauigkeit beobachteten Zeremoniendienst, der über das gesamte öffentliche und Privatleben ausgebreitet war, so daß keine Gemeinschaft ihrer besondern Heiligtümer und Opfer entbehrte und kein irgend erhebliches öffentliches oder Privatunternehmen ohne religiöse Handlungen begonnen wurde, namentlich nicht ohne die Auspizien, d. h. ohne Erforschung des Götterwillens aus dem Vögelflug und aus andern Anzeichen.
Dieselben dienten nicht sowohl dazu, das eigne Verhalten danach zu bestimmen, als vielmehr nur, die Götter gewissermaßen zur Unterstützung des Unternehmens zu verpflichten, wie schon daraus hervorgeht, daß dieselben, wenn sie ungünstig ausfielen, so lange wiederholt zu werden pflegten, bis die Götter ihre Zustimmung dazu gaben. Die Aufsicht über diesen Zeremoniendienst und die Ausübung desselben für das Staatsleben galt in der Königszeit und in der ersten Hälfte der republikanischen Zeit als ein Vorrecht der Patrizier, die daher auch in ausschließlichem Besitz der öffentlichen Priesterämter waren, bis die Plebejer sich, zuletzt 300 v. Chr., den Zugang zu ihnen erkämpften.
Die wichtigsten dieser Ämter sind: die der Pontifices, der Flamines (Opferpriester), der vestalischen Jungfrauen, der Augurn, der Fetialen und der Salier;
die Opferschauer (haruspices), welche nicht selten, wenn irgend welche Unglück drohende Ereignisse (portenta) eintraten, wegen der den Göttern zu leistenden Sühne befragt wurden, stammten aus Etrurien, und ihr Amt und Geschäft wurde immer als ein fremdländisches angesehen.
Eine besondere Erwähnung verdienen aber noch die Fünfzehnmänner (quindecimviri sacris faciundis, ursprünglich 2, dann seit 367 v. Chr. 10, auf 15 wahrscheinlich von Sulla gebracht), deren Hauptobliegenheit die Bewahrung und Befragung der Sibyllinischen Bücher (s. d.) war.
Diese so beschaffene Religion hat ohne Zweifel lange wesentlich dazu beigetragen, unter den Bürgern Roms Zucht und Gehorsam gegen die Obrigkeit zu erhalten. Allein von der Zeit kurz nach dem zweiten Punischen Krieg an begann ihre Kraft nachzulassen. Zwar bestanden die Priesterämter fort, und auch der äußere Religionsdienst wurde nach wie vor geübt, nicht nur, solange die Republik erhalten blieb, sondern auch unter den Kaisern. Aber der religiöse Sinn, der Glaube an die Götter und an die Wirksamkeit der Religionsübungen, schwand immer mehr.
Der Grund hiervon ist, abgesehen von der besondern, ein wirkliches religiöses Bedürfnis in keiner Weise befriedigenden Beschaffenheit der Religion, darin zu suchen, daß der fremden Götter und Kulte in Rom immer mehr wurden, daß die gegen den religiösen Glauben überhaupt polemisierenden Schriften griechischer Philosophen immer mehr Eingang fanden, insbesondere aber darin, daß die religiösen Institutionen, vorzugsweise die Auspizien, von der Regierung vielfach gemißbraucht wurden, um mißfällige Volksbeschlüsse zu hintertreiben und überhaupt um politische Zwecke zu erreichen. Je mehr aber der alte Glaube schwand, desto mehr suchte das nie ganz zu unterdrückende religiöse Bedürfnis außerhalb desselben Befriedigung zu finden. Daher kam es, daß fremde Götter und fremde Kulte, unter ihnen namentlich der der Isis, verbunden mit Astrologie und sonstigem Aberglauben, unter den Kaisern immer allgemeiner Eingang fanden, bis endlich das Christentum der religiösen Entwickelung neue Bahnen eröffnete. - Über die Kunst bei den Römern s. Baukunst, Bildhauerkunst etc.; Über ihre Litteratur s. Römische Litteratur.
Privataltertümer.
Was die Privatverhältnisse der Römer anlangt, so war die Familie im alten Rom ein mit dem Staatsorganismus eng verknüpftes Glied. Wie jeder der drei patrizischen Stämme in 10 Kurien und jede Kurie in ebenso viele Dekurien oder Geschlechter (gentes) zerfiel, so enthielt jedes Geschlecht anfangs wohl 10 Familien. Jedes Glied einer Familie gehörte einem bestimmten Geschlecht an, und jedes männliche Mitglied hatte daher drei Namen: seinen Individualnamen (praenomen), wie z. B. Gajus, Marcus, der gewöhnlich abgekürzt geschrieben wurde, wie C., M., den Geschlechtsnamen (nomen gentile)
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oder auch nomen allein genannt), wie Julius, Tullius, und den Familiennamen (cognomen), wie Cäsar, Cicero, was sich, auch nachdem die ursprüngliche Gliederung des Volkes längst verschwunden war, als Regel bis zu Ende der Republik erhielt und erst unter den Kaisern nach und nach aufhörte. Im Innern war die Familie hinsichtlich der strengen Unterordnung unter eine höhere Gewalt das treue Abbild des Staats. Diese Gewalt (die patria potestas) lag in der Hand des Hausvaters (pater familias); sie erstreckte sich über alle Angehörige des Hauses und war so uneingeschränkt, daß sie die Befugnis einschloß, die Kinder auszusetzen, zu verkaufen und zu töten. Um die Kinder am Leben zu erhalten, war es erforderlich, daß sie der Vater, dem sie nach der Geburt zu Füßen gelegt wurden, aufhob (was suscipere oder tollere hieß); sie erhielten, die Knaben am neunten, die Mädchen am achten Tag (dies lustricus), Namen und religiöse Weihe und wurden hierauf im elterlichen Haus erzogen und unterrichtet, letzteres wohl auch durch Privatlehrer, welche für eine Mehrzahl von Kindern Schulen errichteten.
Die Knaben wurden, ursprünglich wohl nach Zurücklegung des 17., später des 16., 15. und sogar des 14. Lebensjahrs, unter feierlichen Gebräuchen durch Ablegung des Knabenkleides (der toga praetexta) und Anlegung der Männertoga (toga virilis) unter die Bürger aufgenommen und traten damit in sämtliche bürgerliche Pflichten und Rechte ein, blieben aber dessen ungeachtet in der väterlichen Gewalt, bis der Vater starb oder das Bürgerrecht, z. B. durch Verbannung, verlor; außerdem wurden sie von derselben nur befreit, wenn sie vom Vater emanzipiert wurden, was an besondere umständliche Formalitäten geknüpft war, oder zu der Würde eines Flamen gelangten.
Die Mädchen traten durch die Verheiratung wie aus dem Geschlecht, so auch aus der bisherigen väterlichen Gewalt heraus, aber nur, um in die ihres Gatten oder dessen Hausvaters überzugehen; mit der Adoption war für beide, Knaben und Mädchen, der Übertritt in die Gewalt des Adoptivvaters verbunden. Die verheirateten Frauen (matres familias und matronae genannt) nahmen zwar in Rom eine geachtetere Stellung ein als z. B. in Griechenland; indessen auch sie standen unter der väterlichen Gewalt ihres Gatten.
Einen der Zahl nach bedeutenden Bestandteil der Familien bildeten endlich die Sklaven, deren Zahl im Lauf der Zeit so anwuchs, daß sie im Besitz einzelner Herren zu Tausenden zählten und ihre Gesamtzahl in Rom in der Kaiserzeit mindestens das Doppelte der freien Bevölkerung betrug. Sie wurden teils zu den verschiedensten Diensten im Haus, teils zu den Arbeiten auf dem Land verwendet, die sie großenteils gefesselt verrichteten, eine Härte, die sich erst in der Kaiserzeit allmählich milderte. Über sie hatte der Herr selbstverständlich eine vollkommen unbeschränkte Gewalt.
Für die Beschaffenheit der römischen Häuser ist das vollere Verständnis hauptsächlich erst durch die Ausgrabungen in Pompeji und Herculaneum erschlossen worden; doch entspricht das Bild, welches wir uns hiernach zu entwerfen haben, selbstverständlich nur den römischen Häusern der ersten Kaiserzeit, in welcher die Häuser, deren Trümmer durch die Ausgrabungen ans Licht gebracht worden, entstanden sind (vgl. den Plan auf Tafel »Baukunst VI«, [* ] Fig. 4-6). Die Hauptbestandteile des römischen Hauses sind: das Atrium oder Cavaedium, der Hauptversammlungsort der Familie und der Besucher, dessen Dach in der Mitte eine Öffnung hatte, durch welche sich der Regen in ein Bassin, das sogen. Impluvium ergoß, und das hinter demselben befindliche, in der Regel etwas größere Peristylium, welches hauptsächlich aus einer Säulengalerie bestand, die einen gartenähnlichen Raum umschloß. Zu beiden Seiten des Atriums und des Peristyliums befand sich eine größere oder kleinere Zahl von Zimmern, welche zu Wohn-, Eß-, Schlafzimmern und zu wirtschaftlichen Zwecken, in der spätern Zeit auch als Bibliotheken dienten.
Den Zugang zu dem Atrium von der Straße aus bildete das Ostium, wo der Thürwärter (janitor) seine Zelle hatte; vor dem Ostium befand sich, jedoch nur bei den Wohnungen der vornehmern Bürger, ein erhöhter Vorplatz, das Vestibulum; zwischen dem Atrium und Peristylium war das Tablinum, eins der Hauptgemächer des Hauses, welches zur Aufbewahrung des Familienarchivs, als Geschäftszimmer, aber auch wohl als Speisezimmer verwandt wurde. Hinter dem Peristyl befand sich öfters noch ein größerer bedeckter Raum (oecus) zu geselligen Zusammenkünften und dahinter wohl auch noch ein freier Garten.
Außerdem gab es auch noch im obern Stock Zimmer, welche Cenacula hießen, weil sie auch als Speisezimmer benutzt wurden, die aber sonst hauptsächlich für die Dienerschaft bestimmt gewesen zu sein scheinen. Die sämtlichen Zimmer waren meist klein und einfach und hatten schmale, niedrige Fenster; desto mehr aber wurden, als Reichtum und Geschmack zunahmen, die größern, zum Zusammensein bestimmten Räume ausgeschmückt: die Fußböden mit musivischer Arbeit, die Wände mit Malerei und die Decken (lacunaria) mit Getäfel, welches mit Elfenbein ausgelegt oder gemalt oder vergoldet oder sonst kostbar verziert war. So die Privathäuser, welche von Einer Familie bewohnt und vorzugsweise Domus genannt wurden; außerdem gab es noch Miethäuser (insulae), welche in Rom eine Höhe bis zu sieben Stockwerken erreicht haben sollen, von deren Einrichtung aber nichts Näheres bekannt ist.
Die Nationaltracht der römischen Bürger bestand aus der Tunica, einem hemdartigen Unterkleid, und der Toga, einem Überwurf, der mehrfach künstlich über die Tunika gelegt wurde und durch die Art des Umlegens eine Tasche, den Sinus, bildete. An diesen beiden Kleidungsstücken waren auch die hauptsächlichsten Ehrenzeichen der höhern Stände angebracht; die Senatoren trugen eine Tunika mit breiten, von oben nach unten laufenden Streifen, die Tunica laticlavia, und außerdem war ihre Toga, wie die der Kinder aus den höhern Ständen, mit Purpur verbrämt (toga praetexta, s. Tafel »Kostüme I«, [* ] Fig. 6); die Tunika der Ritter hatte schmale Streifen (tunica angusticlavia).
Die Toga war aber nur das bürgerliche Kleid der Römer, das Kriegskleid war das Sagum, eine Art Mantel; das der Anführer und höhern Offiziere hieß Paludamentum, unterschied sich von jenem nur durch größere Weite und feinern Stoff. Das Hauptkleid der römischen Matrone war die bis auf die Füße reichende, unten mit einem Besatz (instita) versehene Stola, welche über der Tunika getragen wurde und dieser im ganzen gleich, nur weit länger war [* ] (Fig. 7). Doch sowohl die Toga als die Stola kamen in der Kaiserzeit trotz mehrfacher deshalb ergangener Verordnungen immer mehr außer Gebrauch und wurden durch Umwürfe und Mäntel von verschiedener Form und unter verschiedenen Namen (pallium, palla, lacerna, synthesis) ersetzt; auch wurde es immer mehr üblich, statt der Wolle, welche in früherer Zeit fast den einzigen Stoff gebildet hatte, Leinen und namentlich Seide zu verwenden. Die
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gewöhnliche Fußbekleidung war der Schuh (calceus), der bei den Senatoren durch höher hinaufgehende Riemen und durch eine halbmondförmige Verzierung (lunula) ausgezeichnet war; der enger anliegende und festere Schuh der Soldaten hieß Caliga; Sandalen (sandalia oder soleae) trug man nur im Haus, oder wenn man sich zu einem Mahl begab. Litteratur über die röm. Altertümer s. S. 950.
Geschichte des römischen Staats.
(Hierzu die Karte: »Das römische Weltreich etc.«, mit Register.)
Zeittafel der römischen Geschichte:
Rom unter Königen, 753-510 v. Chr.
753-716 Romulus
715-672 Numa Pompilius
672-640 Tullus Hostilius
640-616 Ancus Marcius
616-578 Tarquinius Priscus
578-534 Servius Tullius
534-510 Tarquinius Superbus
509-30 v. Chr. Rom als Republik unter Konsuln.
Rom unter Kaisern.
30 v. Chr. bis 14 n. Chr. Augustus
14-37 Tiberius
37-41 Caligula
54-68 Nero
69 Galba, Otho, Vitellius
69-79 Vespasianus
79-81 Titus
81-96 Domitianus
96-98 Nerva
117-138 Hadrianus
138-161 Antoninus Pius
161-180 Marcus Aurelius
180-192 Commodus
193 Pertinax
193-211 Severus
211-217 Caracalla
217-218 Macrinus
218-222 Elagabalus
222-235 Alexander Severus
235-238 Maximinus
238-244 Gordianus
244-249 Philippus
249-251 Decius
251-254 Gallus
254 Ämilianus
254-260 Valerianus und Galienus
254-268 Valerianus und Galienus
268-270 Claudius
270-275 Aurelianus
275-276 Tacitus
276-282 Probus
282-283 Carus
283-284 Numerianus und Carinus
283-285 Numerianus und Carinus
284-305 Diocletianus
305-306 Constantius Chlorus und Galerius
306-324 Galerius, Maximinus, Constantinus, Licinius, Maximianus u. Maxentius
324-337 Konstantin (d. Gr.)
337-361 Die Söhne Konstantin d. Gr.: Konstantin (+ 340), Constans (+ 350) u. Constantius (+ 361).
361-363 Julianus (Apostata)
363-364 Jovianus
364-375 Valentinianus, Kaiser des Westens
364-378 Valens, Kaiser des Ostens
375-383 Gratianus
378-395 Theodosius (d. Gr.)
Teilung des Reichs
395-423 Honorius
425-455 Valentinianus III.
455 Petronius Maximus
456 Avitus
457-461 Majorianus
461-465 Libius Severus
467-472 Anthemius
474-475 Julius Nepos
475-476 Romulus Augustulus
Die Königsherrschaft (753-510 v. Chr.).
Der Ursprung Roms ist, wie der mehrerer andrer italischen Städte, durch die Sage mit dem Trojanischen Krieg, dem Mittelpunkt der griechischen Sage, in Verbindung gebracht worden. Der Trojaner Äneas, der Sohn der Aphrodite (Venus), wurde durch die Götter nach Italien geführt; sein Sohn Ascanius gründete die Stadt Albalonga, welche sich zum Haupte der latinischen Städte erhob und von hier aus gründeten etwa 400 Jahre später die Enkel des Königs Numitor, Romulus und Remus, die Söhne des Mars, 753 eine neue Stadt auf dem Palatinus, einem der sieben Hügel am linken Ufer des Tiber.
Nachdem Remus infolge eines Zwistes mit seinem Bruder den Tod gefunden, blieb Romulus als der alleinige König zurück. Er vermehrte die Zahl der Bürger, indem er auf dem Kapitolinischen Berg ein Asyl gründete und den Flüchtlingen und Unzufriedenen andrer Staaten damit eine Zuflucht eröffnete, verschaffte ihnen Frauen durch den Raub der Sabinerinnen, verdoppelte das Volk durch die Verschmelzung desselben mit den Sabinern unter dem König Tatius, mit dem er einige Jahre die Herrschaft teilte, führte glückliche Kriege mit einigen benachbarten latinischen Städten sowie mit Fidenä und Veji und wurde nach einer ruhmvollen 37jährigen Regierung (753-716) zum Himmel erhoben und unter dem Namen Quirinus unter die Götter aufgenommen.
Ihm folgte nach einem das nächste Jahr ausfüllenden Interregnum (s. Interrex) der Sabiner Numa Pompilius (715-672), der im Gegensatz gegen seinen Vorgänger eine durchaus friedliche Regierung führte und während derselben namentlich die religiöse Verfassung gründete. Die Regierung seines Nachfolgers Tullus Hostilius (672-640) ist hauptsächlich durch die Überwindung und Zerstörung von Albalonga bezeichnet. Der zwischen den beiden Städten über die Herrschaft geführte Krieg wurde erst durch den berühmten Einzelkampf zwischen den Horatiern und Curiatiern zu gunsten Roms entschieden, und als darauf der Diktator der Albaner, Mettius Fufetius, sich in einem Krieg der Römer mit Fidenä als Verräter erwies, wurde ihre Stadt zerstört und die Einwohner nach Rom übergeführt, dessen Bevölkerung hierdurch eine weitere bedeutende Vermehrung erhielt.
Der nächste König war Ancus Marcius (640-616), welcher die kriegerischen und friedlichen Gaben und Neigungen seiner Vorgänger in sich vereinigte. Er gründete die Hafenstadt Ostia, baute die »Pfahlbrücke« (pons sublicius) und unterwarf eine große Anzahl der latinischen Städte, deren Einwohner nach Rom übergeführt wurden, wodurch er der hauptsächlichste Begründer des plebejischen Standes geworden ist. Der folgende König, Tarquinius Priscus (616-578), stammte aus Korinth, kam aber aus Tarquinii in Etrurien, wohin sich seine Familie geflüchtet hatte, nach Rom und erwarb sich hier durch seinen Reichtum und seine Geschicklichkeit so großes Ansehen, daß der sterbende König ihn zum Vormund seiner beiden unerwachsenen Söhne einsetzte, und daß er statt dieser nach dem Tode des Königs sich der Herrschaft bemächtigen konnte.
Seine Regierung ist teils durch seine Abkunft aus der Fremde, teils dadurch merkwürdig, daß er die Zahl der Senatoren um 100 vermehrte, welche, wie es scheint, dem dritten Stamm angehörten und eine ihm völlig ergebene Partei im Senat bildeten, daß er die bei den Etruskern üblichen Ehrenzeichen des Königtums annahm und den Tempel des kapitolinischen Jupiter sowie den Bau der Kloaken begann. Er wurde auf Anstiften der von ihm aus der Herrschaft verdrängten Söhne des Ancus Marcius erschlagen; es folgten ihm aber weder diese noch seine eignen Söhne, sondern der Sohn einer gefangenen, im königlichen Palast als Sklavin lebenden Latinerin, welcher schon in seiner Jugend durch Wunderzeichen für seine künftige hohe Stellung bestimmt und deshalb vom König zum Schwiegersohn erkoren worden war, nämlich Servius Tullius (578-534), welcher die für die Entwickelung des Staats so wichtige Centuriatverfassung schuf, die Latiner zu einem Bündnis unter der Vorortschaft Roms vereinigte und die siebenhügelige Stadt als solche dadurch zum Abschluß brachte, daß er den Viminalischen und Esquilinischen Hügel hinzufügte und das Ganze mit einer Mauer und mit Wall und Graben umgab. Auch ihm war ein gewaltsamer Ausgang beschieden. Der Sohn des Tarquinius Priscus, Lucius Tarquinius, mit dem Beinamen Superbus (»der Stolze« oder »Hochmütige«),
stiftete eine Verschwörung im Senat gegen ihn, stürzte ihn vom Thron, ließ ihn
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Das Oströmische Reich nach der Teilung v. Jahre 476 n. Chr.
Zum Artikel »Römisches Reich«.
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ermorden und führte dann die Regierung in der Weise, wie er sie gewonnen hatte (534-510). Er brachte die Latiner durch List und Gewalt völlig unter seine Botmäßigkeit, tötete oder verbannte alle, die ihm im Weg waren, drückte das niedrige Volk durch Fronarbeiten und erregte dadurch die allgemeine Unzufriedenheit, die endlich durch den Frevel seines Sohns Sextus Tarquinius an der Lucretia zum Ausbruch kam, so daß das Volk sich unter Führung des L. Junius Brutus erhob und nicht nur Tarquinius Superbus mit seinem ganzen Geschlecht vertrieb, sondern auch das Königtum für alle Zeiten abschaffte. So endete die Zeit der Könige, deren Geschichte aber durchaus sagenhaft und wenig glaubwürdig ist, wie schon die chronologischen Verhältnisse und der fremde Ursprung der meisten Könige beweisen.
Der Ständekampf und die Eroberung Italiens (510-264).
Auch in Bezug auf diesen Zeitabschnitt beruht unsre Kenntnis auf einer Überlieferung, die zwar hinsichtlich der Hauptthatsachen und der Namen der Magistrate im ganzen glaubhaft, aber im übrigen durch National- und Familieneitelkeit und durch die Willkür der Geschichtschreiber vielfach entstellt und ausgeschmückt ist und daher noch immer einen sagenhaften Charakter hat. Zunächst hatte die junge Republik die auf Wiedergewinnung der Herrschaft gerichteten Versuche des Tarquinius Superbus abzuwehren.
Derselbe gewann zu diesem Zweck zuerst die Unterstützung der Vejenter und Tarquinienser; allein deren Unternehmen wurde noch im ersten Jahr der Republik durch die Schlacht am Wald Arsia vereitelt. Als dann Porsena von Clusium 507 Rom angriff, um es Tarquinius zu unterwerfen, wurde er nach der Sage durch den Heldenmut des Horatius Cocles und des Mucius Scävola abgewehrt, während sich nach andrer Nachricht Rom ihm unterworfen habe. Endlich machte Tarquinius noch einen Versuch, seine Rückkehr mit Hilfe der Latiner zu erzwingen, die sich nach der Vertreibung der Könige von der Verbindung mit Rom losgesagt hatten.
Allein auch diese Hoffnung wurde 496 durch den Sieg der Römer am See Regillus getäuscht, worauf Tarquinius sich nach Cumä zurückzog, wo er bald danach starb. Dieser Sieg hatte zugleich die Wirkung, daß 493 zwischen den Römern und Latinern ein Bündnis zu gegenseitigem Schutz und zu gemeinsamer Kriegführung abgeschlossen wurde, in welches 486 auch die Herniker nach einem über sie gewonnenen Sieg aufgenommen wurden. Während dieser Zeit hatten die Römer auch noch fortwährend schwere Kämpfe mit den Sabinern, Äquern, Volskern und Vejentern zu bestehen, und diese wurden auch weiterhin mit wechselndem Glück, jedoch so fortgeführt, daß die Überlegenheit Roms immer sichtlicher hervortrat.
Über die Sabiner und Äquer wurden 448 durch die beiden Konsuln des Jahrs glänzende Siege gewonnen, so daß nach dieser Seite hin die Kriege auf längere Zeit zur Ruhe kamen. Von den Vejentern erlitten die Römer 477 einen bedeutenden Verlust durch den Untergang der Fabier, welche den Kampf gegen Veji allein auf sich genommen hatten. Hierauf wurden mit den Vejentern noch mehrere Kriege geführt, aber ohne Entscheidung, bis diese endlich durch einen zehnjährigen Krieg (405-396) herbeigeführt wurde, der auch dadurch merkwürdig ist, daß er im Winter durch die Belagerung der Stadt Veji fortgesetzt, und daß, um dies möglich zu machen, den Truppen zuerst Sold gewährt ward. Die Stadt Veji ward nach mancherlei Wechselfällen 396 durch M. Furius Camillus erobert und zerstört. Nachdem Veji gefallen, wurden auch die Städte Capena, Falerii, Sutrium, Nepete unterworfen und damit die Herrschaft Roms über den südlichen Teil Etruriens bis zum Ciminischen Wald (dem Gebirge von Viterbo) ausgebreitet.
Die Macht lag nach Vertreibung der Könige, an deren Stelle Konsuln, als erste L. Junius Brutus und L. Tarquinius Collatinus, getreten waren, fast ausschließlich in den Händen der patrizischen Aristokratie;
das Konsulat und der Senat waren nur Patriziern zugänglich;
die Kuriatkomitien, in welchen nur die Patrizier stimmten, bildeten die mächtigste Vertretung des Volkes;
dazu kam, daß 498 eine neue obrigkeitliche Gewalt geschaffen worden war, die ebenfalls nur von Patriziern geübt werden konnte, nämlich die Diktatur, welche die ganze königliche Gewalt in sich schloß, nur mit der Beschränkung, daß sie höchstens sechs Monate dauern durfte.
Man hatte diese eingeführt, um in Fällen außerordentlicher Kriegsgefahr die Kraft der Regierung zu stärken, aber auch die Plebejer wirksam im Zaum zu halten, da das dem Volk vom Konsul P. Valerius eingeräumte Recht der Provokation (Berufung an das Volk) gegen den Diktator nicht galt. Zumal als jede Gefahr der Rückkehr der Tarquinier beseitigt war, brachen der Standeshochmut und die Härte der Patrizier ungescheut hervor. Die Plebejer waren durch die ununterbrochenen Kriege im Anfang der Republik mehrfach verhindert worden, ihre Ländereien zu bebauen; sie hatten ferner durch die plündernden Einfälle von Feinden öfters Schaden erlitten; sie waren daher genötigt gewesen, bei den reichen Patriziern zu borgen, und diese benutzten nun die bestehenden harten Schuldgesetze, um ihre Schuldner, wenn sie nicht bezahlen konnten, ins Gefängnis zu werfen und sonst auf alle Art zu mißhandeln und zu drücken.
Dies gab die Veranlassung, daß die Plebejer mit der Drohung, sich ganz von den Patriziern zu trennen, auf den benachbarten Heiligen Berg auszogen (secessio in montem sacrum), von wo sie erst zurückkehren, nachdem Menenius Agrippa (s. d.) sie durch die bekannte Fabel beruhigt hatte, und nachdem ihnen ein eigner Magistrat mit der Macht und der Pflicht, sie ferner vor Unbilden zu schützen, zugestanden worden war. So entstand 494 das Volkstribunat, eins der wichtigsten Institute der römischen Republik, welches vorzugsweise den weitern Gang der innern Geschichte bestimmte.
Die 5, später (seit 457) 10 Tribunen (tribuni plebis) waren für unverletzlich (sacrosancti) erklärt und konnten durch ihr Dazwischentreten (intercessio) jeden Bürger der Gewalt der Obrigkeit entreißen;
sie erwarben sich ferner das Recht, den Versammlungen des Senats beizuwohnen und die Beschlüsse desselben durch ihr verbietendes Wort (veto) ungültig zu machen;
insbesondere aber bildeten sie eine dritte Art der Volksversammlungen, die Tributkomitien, in welchen die Plebejer das Übergewicht hatten, zu ihrem Werkzeug aus, indem sie Beschlüsse darin fassen ließen und diese immer mehr zur allgemeinen Geltung zu bringen suchten;
sie wurden seit dem Publilischen Gesetz des Volero (471) in diesen Komitien gewählt, berieten sie und hatten, mit Ausnahme bestimmter, erst später eintretender Fälle, auch den Vorsitz in ihnen.
Der Kampf gegen die Vorrechte der Patrizier, den die Plebejer nunmehr unter Führung der Volkstribunen begannen, richtete sich zunächst auf das Staatsland (ager publicus), d. h. auf die durch Krieg gewonnenen Ländereien, deren Benutzung die Patrizier für sich allein in Anspruch nahmen, woran aber die Plebejer mit gutem Recht einen Anteil verlangten.
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Hierin war den Tribunen bereits der Konsul Sp. Cassius vorangegangen, aber dem Widerstand der Patrizier unterlegen; es folgte nun eine Reihe von Ackergesetzen der Tribunen, durch die jedoch ebensowenig etwas erreicht wurde. Hierauf aber nahm der Kampf 462 eine neue Richtung. Der Tribun Gajus Terentilius Arsa stellte in diesem Jahr den Antrag, daß die Konsuln, statt wie bisher nach Gutdünken und nach den innerhalb ihres Standes fortgepflanzten Satzungen ihr richterliches Urteil zu fällen, an bestimmte geschriebene Gesetze gebunden werden sollten.
Infolge hiervon wurde nach einem langen Kampf 451 unter Aufhebung aller bisherigen Magistrate eine Kommission von zehn Männern zur Aufzeichnung der Gesetze (decemviri legibus conscribendis) eingesetzt, welche zehn Gesetzestafeln zu stande brachten. Auch für das Jahr 450 wurden wieder Dezemvirn gewählt, und durch diese wurden noch zwei Tafeln hinzugefügt. Auf diese Art wurde das Zwölftafelgesetz, die Quelle alles öffentlichen und Privatrechts, geschaffen und damit nicht nur der Willkür der Magistrate abgeholfen, sondern auch den Plebejern die Kenntnis des Rechts eröffnet.
Die zweiten Dezemvirn hatten aber die ihnen verliehene außerordentliche Gewalt in despotischer Weise ausgeübt; sie wagten es ferner, nachdem ihr Jahr abgelaufen, ihr Amt widerrechtlich fortzuführen, und hierzu fügte Appius Claudius, das Haupt derselben, noch den empörenden Frevel an der Virginia (s. d.); es erhob sich daher ein Aufstand des Volkes gegen sie, durch welchen sie gestürzt und die alten Ordnungen wiederhergestellt wurden und nun wurden, um das aufgebrachte Volk zu beruhigen, zwei volksfreundliche Männer, L. Valerius und M. Horatius, für 448 zu Konsuln ernannt.
Diese ließen durch ein besonderes Gesetz die Unverletzlichkeit der Volkstribunen von neuem bestätigen und gaben außerdem noch zwei volkstümliche Gesetze, durch welche den Tributkomitien die gleiche Geltung mit den Centuriatkomitien verliehen und für alle Zeiten die Wahl eines Magistrats ohne Provokation verboten wurde. Einen weitern Fortschritt machte dann das Volk 445. In diesem Jahr wurde durch ein Gesetz des Gajus Canulejus die Schließung vollgültiger Ehen zwischen Patriziern und Plebejern (das Conubium zwischen beiden Ständen) gestattet und von den Tribunen ein Gesetz gegeben, wonach es zulässig sein sollte, statt der Konsuln Militärtribunen mit konsularischer Gewalt (tribuni militum consulari potestate) zu wählen, und daß zu diesem Amt auch Plebejer wählbar sein sollten.
Zwar strengten die Patrizier alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel an, um entweder die Wahl von Konsulartribunen überhaupt oder wenigstens die von Plebejern zu verhindern, und es wurde hierüber eine lange Reihe von Jahren ein erbitterter Kampf geführt; auch hatten die Patrizier die Zensur (s. d.) vom Konsulat abgeschieden und für sich vorbehalten. Indessen war doch schon damit viel gewonnen, daß die Zulassung der Plebejer zu dem höchsten Amt im Prinzip anerkannt worden war, und 400 wurde wirklich die Wahl von 4, 399 von 5 plebejischen (unter 6) Konsulartribunen durchgesetzt. Schon vorher (409) waren in ein geringeres Amt, in das der Quästoren, 3 Plebejer gewählt worden.
Alle Fortschritte nach außen und die Vorbereitungen zu einer weitern Entwickelung im Innern schienen aber zerstört zu werden, als Rom 390. v. Chr. durch den Einfall der Gallier überflutet und wenigstens für den Augenblick so gut wie völlig vernichtet wurde. Die Römer hatten dieselben, als sie in Etrurien eingefallen waren, durch eine Verletzung des Völkerrechts (s. Fabius 5) herausgefordert. Die Gallier brachen sofort gegen Rom auf, schlugen am 16. Juli 390 (der Tag galt seitdem für unheilbringend, für einen dies ater) das eilig zusammengebrachte römische Heer an der Allia, drangen in Rom ein, zündeten die Stadt an und belagerten dann die Römer, die sich auf das Kapitol geflüchtet hatten.
Hier wurde den Galliern zwar ein kräftiger Widerstand geleistet;
ein Versuch, das Kapitol in der Nacht heimlich zu ersteigen, wurde durch die Wachsamkeit der heiligen Gänse und durch den Mut und die Geistesgegenwart des M. Manlius glücklich vereitelt;
endlich aber wurde die Besatzung doch durch Hunger genötigt, in Unterhandlung zu treten;
die Gallier verstanden sich dazu, gegen ein Lösegeld von 1000 Pfd. Gold die Stadt zu räumen, und der Konsulartribun Sulpicius war eben damit beschäftigt, das Gold dem Führer der Gallier, Brennus, zuzuwägen, wobei dieser mit dem Rufe: »Vae victis!« (»Wehe den Besiegten!«) noch sein Schwert zu den Gewichten in die Wagschale warf, als Camillus mit einem mittlerweile aus den römischen Flüchtlingen gebildeten Heer erschien und den Galliern erst in der Stadt, dann noch einmal 8 römische Meilen von derselben eine völlige Niederlage beibrachte. So war zwar die Unterwerfung Roms unter die Gallier abgewendet;
allein wenn auch wirklich zuletzt jene glänzenden Siege gewonnen wurden (es gibt nämlich auch eine Überlieferung, nach welcher die Gallier mit dem ausbedungenen Lösegeld ungehindert abzogen, nur weil ihnen das ausgesogene Land den nötigen Unterhalt nicht mehr gewährte), so befand sich doch die Stadt nach dem Abzug der Feinde in der unglücklichen Lage.
Die abgebrannten Häuser mußten in aller Eile wieder aufgebaut werden, wodurch der ärmere Teil der Bevölkerung wieder in schwere Schulden geriet, und zugleich mußten die benachbarten Völker, die sich von der ungern ertragenen Herrschaft oder Oberhoheit Roms losrissen, abgewehrt und wieder unterworfen werden; es waren daher in den nächsten Jahren schwere Kriege mit den Galliern, Etruskern, Volskern, Äquern und selbst mit einem Teil der Latiner zu führen, welche hauptsächlich durch das Feldherrntalent des Camillus zu einem glücklichen Ende gebracht wurden.
Im Innern war das Volk durch seine patrizischen Gläubiger so völlig niedergedrückt, daß es nicht wagte, den Anmaßungen der Patrizier irgend einen Widerstand entgegenzustellen. Als daher 385 M. Manlius, der Retter des Kapitols, sich zum Helfer für das arme Volk aufwarf und mit Aufopferung seines Vermögens eine große Zahl Schuldner loskaufte, wurde derselbe erst ins Gefängnis geworfen und, als er, aus demselben entlassen, in seinen edlen Bestrebungen nicht nachließ, sogar auf die Anschuldigung, daß er nach der Königskrone strebe, 384 zum Tod verurteilt.
Erst 376 wurde der Kampf von den beiden Volkstribunen Gajus Licinius Stolo und L. Sextius wieder aufgenommen. Diese stellten die drei Gesetzesanträge (leges Liciniae), 1) daß von den Schulden die gezahlten Zinsen in Abzug gebracht und der Rest binnen drei Jahren bezahlt werden, 2) daß kein Bürger mehr als 500 Morgen vom Staatsland (Ager publicus) besitzen, und 3) daß wieder Konsuln gewählt werden und einer derselben ein Plebejer sein solle. Der Kampf über diese Gesetze dauerte zehn Jahre und war überaus heftig. Allein 367 wurden diese Gesetze durchgebracht, und nun wurden auch die übrigen Ämter von den Plebejern nach und nach erobert: 356 wurde zuerst ein plebejischer Diktator, 351 ein plebejischer Zensor ernannt;
337 wurde auch die
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Prätur, welche 367 für die Rechtspflege eingesetzt und den Patriziern vorbehalten worden war, mit einem Plebejer besetzt, und 300 erlangten die Plebejer endlich durch die Lex Ogulnia den Zugang zu dem Augurat und Pontifikat. Hiermit war hinsichtlich sämtlicher politisch bedeutender Ämter die völlige Gleichstellung der Plebejer mit den Patriziern erreicht. Aber auch hinsichtlich der Komitien gelangten die Plebejer zum Ziel, indem schon 339 durch die Publilischen Gesetze und noch einmal 286 durch die Lex Maenia und Hortensia wie für die Centuriat- so auch für die Tributkomitien die Notwendigkeit der Bestätigung ihrer Beschlüsse seitens der Kuriatkomitien aufgehoben wurde.
Nachdem die Gleichstellung der beiden Stände im wesentlichen erreicht worden war, zeigte sich das römische Volk nach außen kräftiger und mächtiger als je. Die wiederholten Angriffe der Gallier wurden siegreich zurückgeschlagen. Mit dem ersten Samniterkrieg (343-341) begannen die 70 Jahre dauernden Kriege, die von den Römern mit der größten Tapferkeit und Ausdauer geführt wurden und mit der völligen Unterwerfung von Mittel- und Unteritalien endeten. Nachdem der Konsul M. Valerius Corvus die Samniter am Berge Gaurus und bei Suessula besiegt hatte, wurde der Kampf mit ihnen durch den Latinischen Krieg (340-338) unterbrochen, in welchem die Latiner in der Schlacht am Vesuv durch die Konsuln T. Manlius Torquatus und P. Decius Mus besiegt und als Bürger lateinischen Rechts, die das Jus sine suffragio, das Bürgerrecht ohne Stimmrecht, d. h. die Pflichten, aber nicht die Rechte eines römischen Bürgers hatten, zu Unterthanen gemacht wurden.
Mit den Samnitern brach der Krieg (zweiter Samniterkrieg) 326 von neuem aus, der sich Schritt für Schritt über die sämtlichen sabellischen Völker, über Etrurien und Umbrien verbreitete und unter mancherlei Wechselfällen bis 304 dauerte. Das Ergebnis desselben war, daß die Samniter, Lukaner, Apulier, Picenter, Päligner, Herniker, Etrusker und Umbrer unterworfen wurden und in das Verhältnis von Bundesgenossen (socii) zu Rom traten. Noch einmal kam der Krieg mit den meisten dieser Völker 298 zum Ausbruch (der dritte Samnitische Krieg, 298-290), und dieser Krieg nahm 295 eine besonders gefährliche Gestalt dadurch an, daß die Gallier sich mit den Etruskern, Samnitern und Umbrern verbanden; indessen auch diese Gefahr wurde glücklich durch die Schlacht bei Sentinum überwunden, in welcher die Römer, nachdem Decius, der Sohn des Konsuls vom J. 343, sich für das Vaterland geopfert, einen entscheidenden Sieg gewannen.
Ein letzter großer Krieg (280-272) ging von Tarent aus, in welchem der König Pyrrhos von Epirus den Tarentinern mit einem mächtigen Heer zu Hilfe kam und die Römer bei Heraklea (280) und bei Asculum (279) besiegte, aber 275 bei Beneventum unterlag, worauf er Italien verließ und Tarent erobert wurde. Damit wurde die Unterwerfung von ganz Mittel- und Unteritalien vollendet und ein dichtes Netz von Kolonien, in denen römische Bürger und Latiner auf den Gebieten, die den besiegten Völkern abgenommen worden, angesiedelt und die durch Militärstraßen mit Rom verbunden wurden, gesichert.
Die Begründung von Roms Weltherrschaft (264-133).
Es folgte nun die Zeit der Blüte der Republik, wo im Innern, von einigen gegen Ende des Abschnitts bemerkbar werdenden Krankheitserscheinungen abgesehen, Eintracht und Vaterlandsliebe herrschten und das Volk durch Besiegung der mächtigsten Reiche rings um das Mittelmeer seine Weltherrschaft begründete. Durch die letzten Kriege hatte Rom eine außerordentliche Streitmacht erlangt; wenige Jahrzehnte später wird die waffenfähige Mannschaft, über die es zu gebieten hatte, von einem sachkundigen und zuverlässigen Geschichtschreiber auf mehr als 700,000 Mann berechnet.
Bei dem ihm einwohnenden Herrschergeist konnte es nicht fehlen, daß es nach Unterwerfung Italiens zu Kriegen mit den jenseit desselben herrschenden Reichen fortgetrieben wurde. So entstand der erste Punische Krieg (264-241) mit Karthago, welches seit langer Zeit nach dem Besitz des benachbarten Sizilien strebte und eben jetzt sich den größten Teil der Insel unterworfen hatte. Dieser Krieg wurde zuerst auf Sizilien zu Lande geführt;
260 aber schufen sich die Römer in kürzester Frist eine Kriegsflotte, mit der sie unter Führung des Gajus Duilius den Seesieg bei Mylä gewannen;
256 wagten sie es nach einem zweiten großen Seesieg am Berg Ecnomus, den Krieg nach Afrika überzutragen, erlitten aber 255 eine völlige Niederlage, in der fast das ganze Heer vernichtet ward und der Anführer Regulus (s. d.) selbst in Gefangenschaft fiel;
hierauf wurde der Krieg ohne Entscheidung fortgeführt, bis durch die patriotischen Beiträge der einzelnen Bürger, da die Staatskasse erschöpft war, von den Römern eine neue Flotte ausgerüstet wurde, welche die Karthager durch den Sieg bei den Ägatischen Inseln 241 zum Frieden zwang.
Karthago mußte Sizilien abtreten und sich verpflichten, eine große Geldsumme zu bezahlen und sich jedes Angriffs auf römische Bundesgenossen zu enthalten. Die Römer machten Sizilien zu ihrer ersten Provinz, benutzten den Söldnerkrieg, in den die Karthager verwickelt waren, 238 dazu, um ihnen auch Sardinien zu entreißen, und begründeten durch die zwei Illyrischen Kriege (229-228 und 219) ihre Herrschaft in den dortigen Küstenländern. In einem mehrjährigen Kampf (225-222) besiegten sie darauf die Gallier Oberitaliens und legten in ihrem Gebiet die Kolonien Placentia und Cremona an. Als sie 219 von der Belagerung und dann von der Eroberung und Zerstörung Sagunts durch Hannibal hörten, schickten sie eine Gesandtschaft nach Karthago, welche die Auslieferung Hannibals verlangte und, als diese verweigert wurde, den Krieg erklärte. So kam es zum zweiten Punischen Krieg (218-201). Hannibals (s. d.) Absicht war auf die Vernichtung Roms gerichtet; aber seine Pläne wurden trotz der glänzenden Siege am Ticinus und an der Trebia (218), am Trasimenischen See (217) und bei Cannä (216) teils durch die unerschütterliche Standhaftigkeit, mit der die Römer immer neue, größere Streitkräfte zur Bekämpfung Hannibals aufboten, und durch die Treue ihrer meisten Bundesgenossen, teils dadurch vereitelt, daß die Versuche, ihm ein Heer aus Spanien zur Hilfe zuzuführen, lange Zeit scheiterten und endlich Hasdrubal, als er ein solches nach Italien gebracht hatte, 207 am Metaurus eine völlige Niederlage erlitt.
Die römischen Waffen gewannen nun trotz aller Feldherrntalente Hannibals nach und nach auch in Italien das Übergewicht über ihn, und als P. Cornelius Scipio nach Afrika übersetzte und die bedrängten Karthager ihren großen Mitbürger aus Italien abriefen, ward dieser 202 bei Zama von Scipio völlig geschlagen. In dem Frieden, der 201 abgeschlossen wurde, mußten die Karthager auf alle Besitzungen außerhalb Afrikas, namentlich Spanien, das römische Provinz wurde, verzichten, 10,000 Talente (etwa 50 Mill. Mk.) bezahlen und alle Kriegsschiffe bis auf zehn ausliefern.
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An den Krieg mit Hannibal knüpfte sich sogleich ein andrer mit König Philipp III. von Makedonien. Dieser hatte 215 mit Hannibal ein Bündnis geschlossen, und es war daher schon damals bis 206 zwischen ihm und den Römern Krieg geführt worden, aber matt und ohne Erfolg. Jetzt (200), wo die Römer freie Hand hatten, kündigten sie ihm den Krieg an; derselbe wurde 197 durch die Schlacht bei Kynoskephalä entschieden und durch einen Frieden beendigt, der Philipp drückende, ihn fast zu völliger Machtlosigkeit verurteilende Bedingungen auferlegte.
Mit dem syrischen König Antiochos III. (dem Großen) wurde der Krieg 191 begonnen; er wurde 190 bei Magnesia am Sipylus völlig geschlagen und darauf ebenfalls genötigt, demütigende und seine wesentlich vermindernde Friedensbedingungen anzunehmen. Hiermit war die Überlegenheit Roms wie im Westen über Karthago, so auch im Osten entschieden, und es blieb nur noch übrig, alle diese Mächte völlig zu unterdrücken und die Länder zu Provinzen zu machen. Dies geschah für Karthago durch den dritten Punischen Krieg (149-146), welcher mit der Eroberung und Zerstörung Karthagos durch den jüngern Scipio Africanus endete.
Mit Makedonien wurde 171-168 ein neuer Krieg geführt; der König Perseus wurde bei Pydna geschlagen und dann selbst gefangen genommen; Makedonien ward hierauf für frei erklärt, aber nur um 146 nach einem Aufstandsversuch zur römischen Provinz gemacht zu werden. Auch mit Griechenland wurde in derselben Zeit ein Ende gemacht. Es war ihm 196 die Freiheit verkündigt worden; allein nach Besiegung des Perseus wurden 167 erst 1000 Patrioten des Achäischen Bundes nach Rom abgeführt und daselbst festgehalten, und als auch hier, nicht ohne Mitwirkung der Römer, Krieg und Aufstand ausbrachen, schickten die Römer ein Heer dahin, vernichteten die schwache Streitmacht der Griechen, zerstörten 146 Korinth und machten das Land unter dem Namen Achaia zur Provinz. Im Osten bedurfte es keiner weitern Maßregel, da Syrien und Ägypten durch Thronstreitigkeiten und durch Kriege untereinander sich selbst zu Grunde richteten; doch wurde auch dort eine römische Provinz eingerichtet, indem man 133 das pergamenische, den größern Teil der 189 dem König Antiochos entzogenen vorderasiatischen Gebiete umfassende Reich sich aneignete und daraus die Provinz Asia bildete.
Ernsthafter und mit schweren Verlusten für Rom verknüpft waren die Kriege mit den kräftigen Naturvölkern Spaniens. Dort hatten die Römer seit der Unterwerfung des Landes 206 schon immer mit Aufständen der verschiedenen Völker zu kämpfen gehabt. Am gefährlichsten aber waren der Viriathische (148-140) und der Numantinische Krieg (143-133). Jener wurde von Viriathus an der Spitze der Lusitanier mit der größten Tapferkeit und lange Zeit mit Glück geführt, bis ihn die Römer durch Meuchelmord aus dem Weg räumen ließen. Numantia, obgleich keine große Stadt und nur im Besitz von kaum 8000 streitbaren Männern, brachte, begünstigt durch eine fast uneinnehmbare Lage, den belagernden Römern wiederholt schwere und schimpfliche Verluste bei und konnte erst, nachdem Scipio Africanus den Oberbefehl übernommen und die Disziplin im Heer hergestellt hatte, durch Hunger gezwungen werden.
Das römische Reich umfaßte am Ende dieses Abschnitts außer ganz Italien die Provinzen Sizilien, Sardinien nebst Corsica, Spanien, Afrika, Makedonien, Achaia und Asien, also fast alle Kulturländer des Altertums. Diese Provinzen, welche man in Rom mit Ausnahme einzelner privilegierter Städte als Unterthanenlande ansah, wurden für die obersten römischen Magistrate, welche sie anfangs noch während ihres Amtsjahrs, später nach demselben als Statthalter verwalteten, und für Rom überhaupt die Quellen großer Reichtümer, und es war natürlich, daß die höhern Magistrate immer mehr auch als Stufe für die Erlangung der Provinzen begehrt wurden, und daß diejenigen Familien, deren Mitglieder sich im Besitz derselben befanden, sich immer mehr gegen die übrige Bevölkerung abzuschließen suchten. Da der Senat aus den gewesenen Beamten gebildet war, so bestand er fast ausschließlich aus Mitgliedern solcher Familien. So bildete sich an Stelle des frühere Patriziats, welches seine Bedeutung verloren hatte, ein neuer Adel, die sogen. Nobilität, auch die Senats- oder Optimatenpartei genannt, welche die thatsächliche Regierung des Staats durch den Senat zu einer gesetzlichen machen wollte.
Auf der andern Seite zog aber der in Rom zusammenströmende Reichtum im Verein mit den Spielen und sonstigen Genüssen, durch welche die Nobilität sich die Gunst des Volkes zu erwerben suchte, eine immer größere Menge besitz- und gesinnungsloser Bürger nach der Hauptstadt, welche durch die ehemaligen Bauern, welche ihre Güter an die reichen Grundbesitzer (Latifundienbesitzer) verkauft hatten, noch vermehrt wurde, und da diese Menge in den Tributkomitien souverän war, so konnte es nicht ausbleiben, daß sie von ehrgeizigen Volksführern gegen die Nobilität aufgereizt und zu selbstsüchtigen Zwecken gebraucht wurde. Dadurch entstanden bald erbitterte Parteikämpfe, welche den Staat zerrütteten.
Die Parteikämpfe und Bürgerkriege (133-31).
Die beiden Brüder Tiberius und Gajus Gracchus (s. Gracchus), von väterlicher und mütterlicher Seite den vornehmsten Geschlechtern entsprossen, wurden von den edelsten Motiven getrieben, sich der Sache des Volkes anzunehmen. Der ältere Bruder begann das Werk als Volkstribun des Jahrs 133, indem er das Licinische Gesetz in betreff des Staatslandes erneuerte; er hoffte dadurch, daß er die über das gesetzliche Maß in Einer Hand vereinigten Ländereien den reichen Besitzern entzog und unter das verarmte, besitzlose Volk verteilte, einen zahlreichen Bauernstand herstellen und so wieder eine tüchtige, leistungsfähige Bürgerschaft schaffen zu können.
Sein energischerer und leidenschaftlicher Bruder (Tribun 123 und 122) ging einen bedeutenden Schritt weiter; er suchte, um die Ausführung des Ackergesetzes zu sichern, durch einige weitere Gesetze dem Senat die Staatsgewalt zu entreißen und sie auf die Volkspartei zu übertragen. Beide Brüder fanden durch Gewaltakte der Senatspartei ihren Untergang, und dies hatte die Folge, daß sich der Kampf zwischen Senats- und Volkspartei entzündete, welcher von nun an die innere Geschichte Roms bestimmen und endlich den Untergang der Republik herbeiführen sollte.
Der Sieg schwankte eine Zeitlang zwischen beiden Parteien hin und her. Zunächst herrschte die Senatspartei durch den Schrecken, den die gewaltthätige Niederschlagung der Gracchen und ihrer Anhänger im Volk verbreitet hatte. Da aber die Entartung, insbesondere die Habsucht und Bestechlichkeit der Vornehmen, immer deutlicher an den Tag kam und infolge davon der Jugurthinische Krieg (111-106) in den ersten Jahren in der schimpflichsten Weise geführt wurde, so gewann im Lauf desselben die Volkspartei das Übergewicht, so daß Gajus Marius (s. d.), ein Mann aus dem Volk, 107 zum Konsulat gelangen
mehr
und in den nächsten Jahren, in denen er den Cimbrischen Krieg durch die Siege bei Aqua Sextiä (102) und Vercellä (101) glücklich beendete, die Geschicke des römischen Staats lenken konnte.
Wiederum folgte ein Umschlag (100), als Gajus Servilius Glaucia und L. Apulejus Saturninus eine mit allen Freveln und Greueln der Pöbelherrschaft verbundene revolutionäre Bewegung hervorriefen und Marius dadurch zwangen, sich von ihnen loszusagen und sich mit der Senatspartei zu ihrer Unterdrückung zu vereinigen. Dies gab auf einige Jahre die Herrschaft wieder in die Hände der Senatspartei zurück. Zwar wurde 91 von einer gemäßigten Minorität des Senats ein Versuch gemacht, eine Ausgleichung zu stande zu bringen. Ein Hauptobjekt des Streits zwischen beiden Parteien war der Besitz der Gerichte, die Gajus Gracchus vom Senat auf die Ritter übertragen hatte, wodurch dieser durch seinen Reichtum mächtige Stand auf die Seite des Volkes herübergezogen und in den Besitz einer gefährlichen Waffe gegen die Senatspartei gesetzt worden war. In dem Sinn jener gemäßigten Minorität des Senats gab daher der Tribun M. Livius Drusus (s. d. 3) eine Reihe von Gesetzen, durch welche die Gerichte dem Senat zurückgegeben, Ritterstand und Volk aber durch mehrere Zugeständnisse versöhnt werden sollten.
Allein dieser Versuch wurde von der Majorität des Senats vereitelt und hatte nur die Folge, daß die Bundesgenossen, welchen Livius, um sie auf seine Seite zu ziehen, das ihnen schon vorher wiederholt versprochene römische Bürgerrecht in Aussicht gestellt hatte, und welche sich jetzt nochmals getäuscht sahen, zu den Waffen griffen. So entstand der Bundesgenossen- oder Marsische Krieg (90-88), welcher damit endete, daß den sämtlichen italischen Bundesgenossen das Bürgerrecht zugestanden wurde.
Infolge davon wurde die Zahl der römischen Bürger verdoppelt; dieselben waren über ganz Mittel- und Unteritalien zerstreut und konnten daher nur ausnahmsweise wenigstens annähernd vollständig in den Volksversammlungen vertreten sein, in denen vielmehr meist nur das städtische Proletariat seine das ganze Volk bindenden Beschlüsse faßte. Um so leichter konnte der Tribun P. Sulpicius Rufus 88 mehrere revolutionäre Gesetze zu stande bringen, unter andern auch den Beschluß, daß der Oberbefehl im Mithridatischen Krieg vom Konsul P. Cornelius Sulla auf Gajus Marius übertragen werden solle.
Allein Sulla zog an der Spitze seines in Kampanien versammelten Heers nach Rom, lieferte dort in der Stadt seinen Gegnern eine Schlacht, tötete oder vertrieb sie, verließ dann Rom und Italien und führte den Krieg gegen Mithridates (s. d.), ohne sich zunächst um die Vorgänge in Rom zu bekümmern. Mittlerweile bemächtigten sich die Marianer unter Führung des L. Cornelius Cinna der Herrschaft in Rom, die sie bis zu Sullas Rückkehr behaupteten. Marius selbst kehrte aus Afrika zurück, wohin er sich geflüchtet hatte, um für 86 noch einmal das Konsulat, das siebente, freilich nur auf wenige Tage, zu übernehmen.
Als Sulla 83 zurückkam, stellten ihm die Marianer zahlreiche Heere entgegen; sie wurden aber in dem blutigen, verheerenden ersten Bürgerkrieg 83-81 völlig geschlagen, und nun ließ sich Sulla die Diktatur übertragen, die er dazu benutzte, die Macht der Senatspartei wieder fest zu begründen, zu welchem Zweck er namentlich die Gerichte und die Provinzialverwaltung dem Senat zurückgab, den Tributkomitien das Recht der Initiative in der Gesetzgebung nahm und die Volkstribunen zu einer machtlosen Stellung herabdrückte. Als er hierdurch eine aristokratische Verfassung begründet zu haben glaubte, legte er 79 die Diktatur nieder und starb bald darauf.
Sulla hatte das erste Beispiel der Entscheidung bürgerlicher Kämpfe durch das Heer gegeben. Dieses war dadurch zu einem bereiten Werkzeug für herrschsüchtige Anführer gemacht worden, daß Marius als Konsul 107 zuerst die Proletarier in die Legionen aufgenommen hatte, welche fortan den Hauptbestandteil derselben bildeten und den römischen Heeren den Charakter von Söldnerheeren aufdrückten. So war es also von nun an das Heer, welches über den Besitz der Herrschaft in Rom entschied.
Zunächst aber erhob sich in der Stadt der Widerstand gegen die von Sulla eingeführten Beschränkungen der Volksmacht. Der Konsul des Jahrs 78, M. Ämilius Lepidus, hielt in Rom aufrührerische Reden, sammelte dann ein Heer in Etrurien und führte es gegen die Stadt. Er wurde zwar besiegt, allein die innern Unruhen dauerten fort bis 70, wo Gnäus Pompejus, der dem Kriege gegen Sertorius (80-72) und in Gemeinschaft mit Crassus dem Sklavenkrieg gegen Spartacus (73-71) ein Ende gemacht hatte, die wesentlichen Forderungen des Volkes befriedigte und die Beschränkungen des Tribunats und der Tributkomitien aufhob sowie den Rittern und dem Volk einen Anteil an den Gerichten einräumte.
Dafür wurde er mit außerordentlichen Vollmachten (67 durch das Gabinische und 66 durch das Manilische Gesetz) zum Oberfeldherrn gegen die Seeräuber und dann gegen Mithridates ernannt, und nach der glücklichen Beendigung dieser Kriege (63), in welchen er die Provinzen Pontus, Kilikien und Syrien eroberte, würde es ihm möglich gewesen sein, sich vermittelst des Heers zum Herrn von Rom zu machen. Allein er entließ sein Heer, sobald er (61) den Boden von Italien betrat, und nun setzte ihm der Senat, dessen Selbstbewußtsein mittlerweile durch die Unterdrückung der Catilinarischen Verschwörung (s. Catilina) gesteigert worden war, in Bezug auf seine Anordnungen in Asien und auf die Belohnung seines Heers einen unüberwindlichen Widerstand entgegen, welcher ihn bewog, mit Gajus Julius Cäsar und M. Licinius Crassus eine Verbindung, das erste Triumvirat (60), einzugehen, um seine Forderungen durchzusetzen.
Nun herrschten die drei Männer gemeinschaftlich; aber 53 fiel Crassus gegen die Parther, und 49 brach der Krieg (zweiter Bürgerkrieg, 49-45) zwischen Pompejus und Cäsar aus; Cäsar besiegte mit seinem im Gallischen Krieg (58-50) zur höchsten Tüchtigkeit ausgebildeten Heer erst die Legaten des Pompejus in Spanien, dann Pompejus selbst 48 bei Pharsalos und die Reste der Pompejanischen Partei 46 bei Thapsos in Afrika und 45 bei Munda in Spanien. Hiermit hatte er sich in den unbestrittenen Besitz der Alleinherrschaft in Rom gesetzt.
Durch seine Ermordung (44) ward das Schicksal des Staats noch einmal auf die Entscheidung der Waffen gestellt. Gajus Octavianus, der Adoptivsohn Cäsars, bekämpfte erst in Verbindung mit der Senatspartei M. Antonius im Mutinensischen Krieg, wendete sich aber dann gegen die Senatspartei und schloß 43 das zweite Triumvirat mit M. Antonius und M. Ämilius Lepidus; die Vorfechter der Senatspartei, M. Brutus und Gajus Cassius, wurden 42 bei Philippi besiegt; Antonius verzehrte hierauf seine Kraft in Schwelgereien am Hof der Kleopatra oder in ruhmlosen Kriegen mit den Parthern und Armeniern, während Oktavian in Italien den Widerstand des L. Antonius, des Bruders von Marcus, in dem Perusinischen Krieg brach (40), Sextus
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Pompejus, den Sohn des großen, im Sizilischen Krieg (38-36) besiegte, was ihm auch Gelegenheit gab, M. Lepidus zu beseitigen, und sein Heer durch Feldzüge gegen die benachbarten Völker im Nordosten von Italien kriegstüchtiger machte. Endlich kam es nach langer Spannung zwischen den beiden Nebenbuhlern zum Krieg. Antonius wurde in der Seeschlacht bei Actium besiegt (31) und gab sich, von allen verlassen, in Ägypten selbst den Tod (30). So fiel Oktavian der letzte entscheidende Sieg und damit die Alleinherrschaft in Rom zu.
Das römische Reich unter dem Julischen Kaiserhaus (31 v. Chr. bis 68 n. Chr.).
Im Innern ließ Oktavian, um die republikanischen Erinnerungen zu schonen, die bisherigen Formen und Ämter fortbestehen, sorgte aber dafür, daß ihm vom Senat die wesentlichen Befugnisse allmählich übertragen wurden (s. oben S. 935). Auch wurde ihm 27 v. Chr. zur Bezeichnung seiner die übrigen Bürger überragenden Stellung der Ehrenname Augustus vom Senat beigelegt, mit dem er seitdem benannt wurde. Sein Hauptaugenmerk war auf die Herstellung von festen Ordnungen in dem durch die langen Bürgerkriege zerrütteten Reich und auf die Gewöhnung der römischen Bürger und der übrigen Angehörigen des Reichs an die neue Staatsform gerichtet. Er war von kriegerischem Ehrgeiz frei und suchte daher Kriege zu vermeiden.
Dennoch wurde er genötigt, 27-19 in Spanien einen Krieg zu führen, in welchem die ganze Halbinsel unterworfen wurde, und die Germanen an der Donau und am Rhein zu bekämpfen. Seine Stiefsöhne Tiberius und Drusus eroberten das Gebiet der Alpen bis zur Donau (Rätien, Vindelizien und Noricum), und auch das Land rechts des Rheins wurde durch Feldzüge und geschickte Verhandlungen unterworfen, ging aber durch die Niederlage des Varus im Teutoburger Wald (9 n. Chr.) wieder verloren.
Die im ganzen glückliche und wohlthätige Regierung des Augustus, welche auch für Kunst und Litteratur eine Blütezeit war (Augusteisches Zeitalter), endete 19. Aug. 14 n. Chr., an welchem Tag er zu Nola in Kampanien starb. Es folgte Tiberius, der adoptierte Stiefsohn des Augustus. Im Anfang seiner Regierung unternahm sein Neffe Germanicus (s. d.) mehrere Feldzüge nach Deutschland (14-16). Tiberius selbst enthielt sich aller kriegerischen Unternehmungen; er hielt sich bis 26 in Rom oder der nächsten Umgebung und von da an auf der Insel Capreä (Capri) auf, immer mit Regierungsangelegenheiten beschäftigt.
Seine Regierung war für die Provinzen nicht weniger wohlthätig als die seines Vorgängers; desto drückender lasteten seine Verschlossenheit, sein Mißtrauen und seine Menschenverachtung auf Rom. Der Senat wurde von ihm zur knechtischsten Unterwürfigkeit herabgebracht und von ihm dazu benutzt, auf die Anklagen der sogen. Delatoren, d. h. niedriger Denunzianten, die unter ihm zuerst emporkamen, eine große Zahl der angesehensten Männer verurteilen zu lassen.
Seine Hauptwerkzeuge dabei waren der Präfekt der Prätorianer, L. Älius Sejanus, der die Prätorianer, um sich ihrer desto sicherer zu seinen Zwecken bedienen zu können, 23 in einem festen Lager in der Stadt vereinigte, und nach dessen Sturz (31) Macro. Nach Tiberius' Tod folgte ihm sein Großneffe Gajus Caligula (37-41), der, vom Cäsarenwahnsinn befangen, seine kurze Regierung unter den unsinnigsten Ausschweifungen und Schwelgereien sowie unter Grausamkeiten verbrachte und von den Prätorianern ermordet wurde.
Nun folgte, von den Prätorianern erhoben (das erste Beispiel dieser Art), Tiberius Claudius Nero, der Bruder des Germanicus, der selbst vom besten Willen beseelt, aber von einer an Blödsinn grenzenden Schwäche des Verstandes war und sich deshalb ganz von seinen Frauen, erst der sittenlosen Messalina, dann seit 49 der herrschsüchtigen Agrippina, und von seinen Freigelassenen leiten ließ, wodurch auch unter seiner Regierung Rom zum Schauplatz von Ausschweifungen und Grausamkeiten gemacht wurde.
Agrippina ließ Claudius 54 vergiften, nachdem er ihren Sohn Nero adoptiert hatte, und hob diesen auf den Thron. Auch ihn verführte nach wenigen Jahren das Bewußtsein schrankenloser Gewalt zu Grausamkeiten, sinnlosen Ausschweifungen und schamloser Entwürdigung seiner hohen Stellung, bis das Heer in Gallien und Spanien sich gegen ihn erhob und Nero, vom Senat verlassen, sich selbst tötete (68). Mit ihm erlosch das Julische Kaiserhaus nach hundertjähriger Herrschaft, unter der die vorzügliche Organisation des Reichs sich noch immer durch neue Eroberungen (Mauretanien, Britannien, Armenien) bewährte.
Die Herrschaft der Flavier und Antonine (68-180).
Die Legionen in Gallien und Spanien hatten Galba zum Kaiser ausgerufen, der in Rom von der Herrschaft Besitz ergriff, aber im Januar 69 von M. Salvius Otho mit Hilfe der Prätorianer gestürzt wurde; Otho unterlag darauf A. Vitellius, welcher von den Legionen des untern Germanien zum Kaiser ernannt worden war, und tötete sich selbst (16. April 69); gegen Vitellius wurde aber von den Legionen im Osten T. Flavius Vespasianus, der eben mit dem Jüdischen Krieg in Palästina beschäftigt war, als Kaiser ausgerufen, der im Dezember 69 durch Besiegung des Vitellius zur Herrschaft gelangte.
Durch ihn (69-79) wurde Zucht und Ordnung im Heer und im Reich wiederhergestellt; unter seiner Regierung wurde von Titus 70 der Jüdische Krieg durch die Eroberung und Zerstörung Jerusalems beendet; ferner wurde in demselben Jahr ein Aufstand der Bataver, der von Civilis erregt worden war und sich über einen großen Teil von Gallien verbreitet hatte, durch Petilius Cerealis unterdrückt und die Unterwerfung von Britannien, namentlich (seit 77) durch Gnäus Julius Agricola, über einen größern Teil der Insel erstreckt.
Mit Vespasian aber begann eine längere, bis 180 reichende, nur durch Domitian unterbrochene Reihe trefflicher Fürsten, unter denen sich das römische Reich einer großen materiellen Wohlfahrt erfreute. Sein älterer Sohn, Titus Flavius Vespasianus, erwarb sich während seiner kurzen Regierung (79-81) durch die vielen Beweise von Wohlwollen und Herzensgüte die Liebe des Volkes in hohem Grad, obwohl das Glück der Zeit durch mehrere schwere Unglücksfälle getrübt wurde, namentlich durch die furchtbare Eruption des Vesuvs (24. Aug. 79), durch welche das schöne und fruchtbare Land am Meerbusen von Neapel verwüstet und die Städte Pompeji und Herculaneum verschüttet wurden.
Die Regierung des jüngern Sohns des Vespasian, T. Flavius Domitianus (81-96), war wieder, wie die des Caligula und Nero, eine Kette von Ausschweifungen, Schwelgereien und Grausamkeiten, besonders seit 93, nachdem die Verschwörung des Saturninus entdeckt worden war; auch die Kriege gegen die Katten, Sarmaten und Dacier, die er aus Eitelkeit unternahm, um glänzende Triumphe zu feiern, gereichten dem römischen Namen nur zur Schande; dem rühmlichen Krieg des Agricola aber, welcher unter ihm weitere große
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Fortschritte in Britannien machte, setzte er 83 aus Neid durch dessen Abberufung ein Ziel. Die Schäden seiner Regierung wurden, soweit möglich, durch M. Coccejus Nerva (96-98), hauptsächlich aber durch M. Ulpius Trajanus (98-117) geheilt. Der erstere war vom Senat aus seiner eignen Mitte gewählt worden und erwarb sich durch seine wohlwollende und milde Ausübung der Herrschergewalt ein großes Verdienst. Trajans Regierung war gleich ausgezeichnet durch die Weisheit und Milde, mit der er die bürgerliche Verwaltung führte, wie durch den Glanz, den er durch seine ruhmvollen Kriege über das Reich verbreitete. Er fügte demselben durch zwei Kriege (101 bis 102 und 105-106) die große Provinz Dacien jenseit der Donau hinzu, unterwarf in einem langen Krieg 113-117 Armenien der römischen Herrschaft wieder, eroberte Mesopotamien, überschritt den Tigris und nahm Ktesiphon, die Hauptstadt des parthischen Reichs, womit das römische Reich seine größte Ausdehnung erlangte.
Sein Nachfolger P. Älius Hadrianus war ihm an Neigungen und Talenten ganz unähnlich; indes war seine Regierung (117-138) ebenfalls wohlthätig für das Reich, indem er mit Aufopferung der Eroberungen Trajans jenseit des Euphrat den Frieden herstellte und zur Sicherung desselben die Grenzwälle in Britannien und Germanien anlegte. Auf seinen Reisen durch alle Teile des Reichs, welche einen großen Teil seiner Regierung (15 Jahre) ausfüllen, war er unablässig für die materielle und geistige Wohlfahrt des Reichs thätig.
Die Regierung seines Nachfolgers Antoninus Pius (138-161) war durchaus friedlich und ebenso beachtet nach außen wie glücklich im Innern, und von gleicher Vortrefflichkeit des Charakters war sein Adoptivsohn und Nachfolger Marcus Aurelius Antoninus (161-180); aber seine Regierung war keineswegs ebenso glücklich. Er war lange Zeit (bis 169, wo derselbe starb) durch seinen Mitkaiser Lucius Verus behindert, der, ihm selbst sehr unähnlich, nur für Wohlleben und Schwelgereien Sinn hatte. An einen mit Erfolg geführten Partherkrieg knüpfte sich 166 das Unglück einer lange Jahre dauernden, die meisten Provinzen verödenden Pest, die von dem siegreichen Heer aus dem Orient mitgebracht wurde. Sodann aber brachen 167 die Kriege an der Donau mit immer neuen dort andringenden, vornehmlich germanischen, Völkern aus, die den Kaiser von da an fast ununterbrochen in Anspruch nahmen und trotz zahlreicher Siege doch nicht völlig bewältigt werden konnten.
Verfall des Reichs.
Der Verfall des Reichs, der schon unter Marcus Aurelius trotz der Vortrefflichkeit dieses Kaisers sich gleichsam angekündigt hatte, trat nach dessen Tod immer deutlicher hervor. Im Norden des Reichs wurde das Andrängen der germanischen Volksstämme immer drohender und furchtbarer und auch in Asien steigerte sich die Gefahr dadurch, daß 226 das kräftigere neupersische Reich an die Stelle des gestürzten Partherreichs trat. Die römischen Heere waren daher fast immer mit der Abwehr der Angriffe von außen beschäftigt, und dies hatte, abgesehen davon, daß die Verteidigung keineswegs immer eine glückliche war, die notwendige Folge, daß der militärische Charakter des Kaisertums sich immer ausschließlicher geltend machte, daß für die eigentliche Verwaltung des Reichs wenig geschah, und daß für siegreiche Heere unter tüchtigen Führern die Versuchung nahelag, diese auf den Kaiserthron zu erheben, und daher Bürgerkriege ausbrachen, die das Reich vollends zerrütteten.
Der nächste Kaiser, Commodus (180-192), schloß mit den Markomannen sofort einen schimpflichen Frieden und eilte nach Rom, um sich dort den niedrigsten Lüsten und Vergnügungen hinzugeben. Er fand endlich seinen Tod durch eine Verschwörung seiner nächsten Umgebung; sein Nachfolger, der vom Senat gewählte Pertinax, wurde nach einer Regierung von 87 Tagen in einem Aufstand der mit seiner Strenge unzufriedenen Prätorianer ermordet, und nun ging der Übermut der Prätorianer so weit, daß sie den Thron um den Preis von 25,000 Sestertien (etwa 5000 Mk.) für den Mann an den reichen Senator Didius Julianus verkauften.
Allein gegen diesen erhoben sich in verschiedenen Provinzen drei Gegenkaiser, Pescennius Niger, Clodius Albinus und Septimius Severus, von denen der Letztgenannte als Sieger aus dem Kampf um den Thron hervorging. Septimius Severus (193-211) stellte das Ansehen des Reichs nach außen durch einen Feldzug gegen die Parther wieder her (198), seine Macht stützte er ausschließlich auf das Heer und insbesondere auf die Prätorianer, deren Zahl er bis zu 50,000 vermehrte.
Sein Sohn Caracalla (211-217), ein grausamer Wüstling, der, um seine Einnahmen zu steigern, 212 allen freien Bewohnern des Reichs das römische Bürgerrecht verlieh, ward 217 von Macrinus (217-218), dem Präfekten der Prätorianer, getötet; Macrinus aber wurde bald von den Truppen verlassen und auf der Flucht getötet, und nun wurde der Großneffe des Septimius Severus, Elagabalus (Heliogabalus, 218-222), zum Kaiser ausgerufen, ein 14jähriger Knabe, der aber Caracalla an Lastern und Ausschweifungen noch überbot.
Nachdem dieser von den Prätorianern getötet worden war, folgte ihm Alexander Severus (222-235), auch ein 14jähriger Knabe und Großneffe des Septimius Severus, welcher aber von seiner Mutter mit Einsicht geleitet wurde und sich nachher selbst zu einem wohlwollenden und verständigen Herrscher entwickelte, aber in einer Meuterei seiner Truppen erschlagen wurde. Der Anstifter dieser Meuterei, Maximinus, ein Thraker von niedriger Geburt und von rohen Sitten, bemächtigte sich jetzt der Herrschaft und begann nun den Krieg, den er während seiner ganzen Regierung (235-238) erst gegen die Germanen, dann gegen die Sarmaten mit Tapferkeit und Glück führte.
Durch seine Härte und Grausamkeit und durch seine Habsucht erregte er aber die allgemeinste Unzufriedenheit, so daß zuerst in Afrika ein Aufstand ausbrach, infolge dessen die beiden Gordianus, Vater und Sohn, genötigt wurden, den Kaisertitel anzunehmen, und als dieser Aufstand durch den Statthalter von Mauretanien niedergeschlagen worden und die beiden Gordiane ihren Tod gefunden, ernannte der Senat in Rom zwei seiner Mitglieder, Pupienus und Balbinus, zu Kaisern.
Maximinus zog nun gegen Rom, wurde aber bei der Belagerung von Aquileja von seinen Soldaten getötet; Pupienus und Balbinus wurden von den Prätorianern erst genötigt, den 13jährigen dritten Gordianus, den Enkel des ersten, zum Mitkaiser anzunehmen, und dann ermordet, so daß Gordianus III. als alleiniger Kaiser (238-244) zurückblieb, der 242-243 einen rühmlichen Feldzug gegen die Perser machte, dann aber von dem Präfekten der Prätorianer, Philippus, einem gebornen Araber (daher Arabs zubenannt), ermordet wurde. Philippus, der nun folgte (244-249), wurde von Decius (249-251) gestürzt, der seinen Nachruhm durch blutige Verfolgung der Christen befleckte, übrigens sich aber als ein tüchtiger Herrscher und Feldherr erwies;
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nachdem dieser in einer großen Schlacht gegen die Goten gefallen, folgte Gallus (251-254), erst zusammen mit dem vom Senat ernannten Hostilianus, dann nach dessen Tod (252) allein, hierauf Ämilianus (254), endlich Valerianus (254-260) und sein von ihm zum Mitkaiser ernannter Sohn Gallienus (254-268). Neben diesen beiden letztgenannten Kaisern erhoben sich aber überall in den Provinzen, oft durch ihre Truppen gezwungen, Gegenkaiser, so daß man deren, allerdings nicht ohne Übertreibung, 30 zählt, die sogen. 30 Tyrannen, die das Reich durch die Kriege untereinander zerrütteten; dazu kamen die feindlichen Einfälle der Franken, Alemannen, Goten und Perser, welche die Provinzen ausplünderten und verwüsteten, endlich eine furchtbare Pest, welche 15 Jahre lang (251-265) wütete und die Hälfte der Bevölkerung des Reichs hinwegraffte, so daß diese Zeit zu den unglückseligsten gehört, von welchen die Weltgeschichte zu berichten weiß.
Valerian wurde 260 von den Persern geschlagen und gefangen genommen; Gallienus bekümmerte sich weder um diese Schmach noch um das Elend des Reichs, sondern lebte nur den Genüssen einer schwelgerischen, üppigen Muße, bis er 268 durch eine Verschwörung in seinem eignen Heer den Tod fand. Die nächstfolgenden Kaiser, Claudius (268-270), Aurelianus (270-275), Tacitus (275-276) und Probus (276-282), machten zwar der Vielherrschaft ein Ende und kämpften auch gegen die äußern Feinde mit Tapferkeit und nicht ohne glückliche Erfolge; aber einen dauernden bessern Zustand vermochten sie nicht herzustellen, um so weniger, als ihrer Herrschaft meist durch Meutereien in ihren Heeren und ihre Ermordung ein kurzes Ziel gesetzt wurde.
Aurelianus verzichtete zwar auf das jenseit der Donau gelegene Dacien, wußte aber an der Donau die Goten kräftig abzuwehren, brachte den Alemannen, die sogar nach Italien vorgedrungen waren, mehrere Niederlagen bei und machte 271 (in welchem Jahr auch Rom mit der nach Aurelian benannten Mauer umgeben wurde) dem von Odänathos gegründeten, von Zenobia längere Zeit kräftig verteidigten palmyrenischen Reich ein Ende. Probus vertrieb die Germanen aus Gallien und verfolgte sie bis tief ins Innere ihres Landes, verstärkte die von Hadrian vollendete Befestigungslinie vom Rhein zur Donau durch eine Mauer und schlug mehrere Aufstände in den Provinzen nieder.
Gleichwohl fand auch er durch einen Soldatenaufstand den Tod. Sein Nachfolger Carus (282-283) ward auf einem Feldzug gegen die Perser, auf dem er siegreich bis Ktesiphon vordrang, vom Blitz erschlagen oder nach einer andern Nachricht durch Verschworne getötet; von seinen Söhnen starb Numerianus (283-284) auf der Rückreise aus diesem Feldzug, worauf Gajus Aurelius Valerius Diocletianus vom Heer als Kaiser ausgerufen wurde; der andre Sohn des Carus, Carinus (283-285), lieferte 285 Diokletian eine Schlacht in Mösien, ward aber während derselben von seinen eignen Truppen erschlagen, so daß Diokletian nunmehr der alleinige Kaiser war.
Neuorganisation des Reichs.
Mit Diokletians Regierung (284-305) beginnt eine neue Epoche der Kaisergeschichte durch die Einrichtungen, die er zu dem Zweck traf, um das wankende Reich auf neuer Grundlage zu befestigen. Er teilte, um die Verteidigung der Grenzen zu erleichtern, das Reich in vier Teile, indem er sich Maximianus als Augustus und Galerius und Constantius Chlorus als Cäsaren an die Seite setzte und dem Erstern Italien und Afrika, Galerius die illyrischen Provinzen, Constantius Gallien, Spanien und Britannien zur speziellen Verwaltung und Verteidigung übergab, während er sich Asien, Ägypten und Thrakien und die Oberleitung des Ganzen vorbehielt; er befreite die kaiserliche Herrschaft von dem noch übrigen Einfluß des Senats und der Prätorianer, indem er Nikomedeia in Bithynien zu seiner Residenz und somit zum Mittelpunkt des Reichs machte und auch seinen Mitaugustus Maximianus veranlaßte, die seinige in Mediolanum aufzuschlagen, und um das Kaisertum mit einem größern Glanz zu umgeben, nahm er das Diadem an, ließ sich Dominus (Herr) nennen, zog sich von dem Verkehr mit andern zurück und führte ein weitläufiges Zeremoniell ein.
Alles dies entsprach seinem Zweck, solange Diokletian durch seine persönliche Überlegenheit die Einheit unter den verschiedenen Herrschern erhielt. Als aber Diokletian 305 die Regierung niedergelegt hatte, um sich in den Privatstand zurückzuziehen, und auch Maximianus bestimmt hatte, ein Gleiches zu thun, brach das von ihm aufgerichtete Gebäude bald wieder zusammen. Nach der von ihm getroffenen Bestimmung traten die Cäsaren Constantius Chlorus und Galerius in die Stellung als Augusti ein, und zu Cäsaren wurden Severus und Maximinus ernannt.
Allein als Constantius 306 gestorben war, warf sich dessen Sohn Constantinus wider den Willen des Galerius zum Cäsar auf; in Rom wurde der Sohn des Maximian, Maxentius, als Cäsar ausgerufen, und auch Maximian selbst kehrte 307 nach Rom zurück, um an der Herrschaft teilzunehmen; Galerius schickte zwar 307 Severus mit einem Heer gegen Maxentius und Maximian nach Italien, allein derselbe wurde geschlagen und getötet, und so gab es jetzt, nachdem Licinius an der Stelle des Severus von Galerius zum Augustus ernannt worden war, da auch die übrigen Herrscher den Titel Augustus annahmen, sechs Augusti: Galerius, Maximinus, Constantinus, Licinius, Maximianus und Maxentius.
Von diesen wurde Maximianus, der in Rom seinen Sohn zu stürzen suchte, aber geschlagen wurde, 310 von Konstantin getötet. Maxentius ward 312 von Konstantin an der Milvischen Brücke geschlagen und ertrank im Tiber;
Maximinus ward 313 von Licinius bei Adrianopel geschlagen und starb auf der Flucht;
Galerius war schon 311 gestorben;
es blieben also nur Konstantin und Licinius zurück.
Zwischen diesen kam es zuerst 314 zum Krieg, der aber, nachdem Licinius wiederholt geschlagen worden, durch einen Vergleich beendet ward. Aber 323 brach der Krieg von neuem aus; Licinius ward zweimal, bei Adrianopel und Chalkedon, geschlagen, fiel selbst in die Hände Konstantins und ward von diesem gegen das gegebene Wort 324 in Thessalonika getötet.
So war Konstantin, gewöhnlich der Große genannt, jetzt Alleinherrscher (324-337). Dessen Regierung ist besonders dadurch merkwürdig, daß er Byzanz, das nunmehr nach ihm Konstantinopel genannt ward, zu seiner bedeutend von ihm erweiterten und verschönerten Residenz machte, daß er das Reich in 4 Präfekturen, 13 Diözesen und 116 Provinzen teilte, daß er überall die Militär- und Zivilverwaltung trennte, daß er eine streng gegliederte Beamtenhierarchie mit einer bestimmten Rangordnung einführte (s. oben [Verfassung], S. 935 f.), endlich aber und hauptsächlich dadurch, daß er das Christentum zur Staatsreligion erhob. Schon in dem Mailänder Edikt von 313 hatte er den Christen Religionsfreiheit verkündigt und benahm sich seitdem selbst immer als Christ, so daß er z. B. 325 in dem ökumenischen