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zur Unterwerfung, zog 1238 wieder in [* 2] ein und brach die Burgen [* 3] der ihm feindlichen Adelspartei. Als die Päpste während des neuen Kampfes mit dem Kaiser Rom wieder verließen, riß der Senator Brancaleone dort die Gewalt an sich und hielt durch grausame Strenge den Adel im Zaum. Er ließ 140 Adelstürme niederreißen, welche zum Teil auf antiken Monumenten erbaut waren, wobei diese zu Grunde gingen. Nach seinem Tod (1258) entstanden wieder heftige Parteikämpfe: die Ghibellinen riefen Manfred von Sizilien [* 4] zum Senator aus, die Guelfen Karl von Anjou, welcher 1264 durch Prosenatoren vom Kapitol Besitz ergriff und bis 1278 mit Strenge über Rom herrschte. Seitdem ernannten die Päpste die Senatoren.
Unter Bonifacius VIII. ward 1300 in Rom das erste Jubeljahr gefeiert. Als dieser Papst mit Philipp IV. von Frankreich in Streit geriet, unterlag das Papsttum, und Bonifacius' Nachfolger Clemens V. verlegte 1309 die Residenz der Päpste nach Avignon. In Rom brachen nun von neuem die blutigsten Kämpfe zwischen Adel und Volk aus, die Stadt verödete und verfiel mehr und mehr. Der Traum edler Männer, wie Dantes und Petrarcas, Rom könne sich auch ohne die Päpste wieder erheben und die Hauptstadt einer neuen Universalmonarchie werden, erwies sich als unmöglich.
Der abenteuerliche Versuch Cola di Rienzis (s. d.) hatte anfangs Erfolg, weil die ideelle Macht des alten Römertums ihn und das Volk einige Zeit mit Begeisterung und reiner Hingebung erfüllte; aber bald scheiterte er an den thatsächlichen Verhältnissen, und Rienzi selbst endete 1354 als weichlicher Tyrann. In den blutigen Parteifehden ward allerdings das Haus Colonna fast vernichtet und die Macht des Feudaladels gebrochen. Der Kardinallegat Albornoz (seit 1357) war daher im stande, mit Hilfe von Söldnern die Ruhe herzustellen, den Fehden ein Ende zu machen und 1362 die Herrschaft des Papstes wieder aufzurichten. 1367 zog Urban V. wieder in ein, dessen Einwohnerzahl auf 17,000 herabgesunken war. Das Schisma (1378) verwickelte Rom wieder in die Kämpfe zwischen Papst und Gegenpapst. Die Colonna und die Orsini stritten sich um die Gewalt in der Stadt, welche mehreremal von Wladislaw von Neapel [* 5] erobert und durch die Pest verheert wurde. Endlich ward durch die Wahl Martins V., eines Colonna, zum Papst auf dem Konzil zu Konstanz [* 6] 1417, welche dem Schisma ein Ende machte, auch in Rom Ruhe und Friede wiederhergestellt.
Eine neue Zeit begann jetzt für Rom, das in die Bewegung der Renaissance mit eintrat und durch die Anziehungskraft seiner antiken Monumente und die Fürsorge der Päpste zum Mittelpunkt derselben wurde. Die Stadt bot allerdings bei Martins V. Rückkehr ein Bild trauriger Verödung dar: nur die Tiberufer waren bewohnt, die engen Straßen waren nicht gepflastert, das Vieh lief wie auf dem Dorf umher, das Kapitol diente Ziegen, das Forum [* 7] Kühen zum Weideplatz, die Peterskirche drohte einzustürzen.
Indes Eugenius' IV. Legaten Vitelleschi gelang es, die großen Barone in Latium zu unterwerfen und die Autorität des Papstes in Rom wiederherstellen, und unter Nikolaus V. begann in Rom die Kultur der Renaissance: Baumeister und Maler wurden berufen, die Mauern, Brücken [* 8] und Brunnen [* 9] wurden wiederhergestellt, Kirchen restauriert und mit Malereien geschmückt;
der Bau des Vatikans begonnen und die vatikanische Bibliothek begründet.
Pius II., einer der gebildeten Humanisten, belegte die Beschädigungen der antiken Monumente mit kirchlichen und weltlichen Strafen. Unter Paul II., welcher die Karnevalszüge von der Piazza Navona nach dem Corso verlegte, wurde der venezianische Palast erbaut und ließen sich die ersten Buchdrucker in Rom nieder. Die Humanisten gründeten die Accademia Romana. Besonders Sixtus IV. gestaltete die Stadt durch zahlreiche Bauten (Ponte Sisto, Sixtinische Kapelle und viele Kirchen) und Erweiterung der Straßen um und steigerte den Glanz des päpstlichen Hofs.
Unter Alexander VI. (1492-1505) flossen aus der ganzen Christenheit ungeheure Summen nach Rom und dienten zur Ausschmückung der Stadt. Bramante baute mehrere seiner herrlichen Paläste, Pinturicchio schmückte den Vatikan [* 10] mit seinen Malereien, Michelangelo besuchte damals zuerst Rom. Neben der Pracht und Verschwendung des Vatikans, der päpstlichen Nepoten, der Kirchenfürsten und Barone lebte freilich die Masse des Volkes in Armut und Elend. Unter Julius II. (1503-13), welcher Italien [* 11] unter dem Papsttum einigen und auch zur politischen Hauptstadt Italiens [* 12] machen wollte, wurde der Bau der neuen Peterskirche nach Bramantes Plänen begonnen, Michelangelo mit der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle beauftragt, 1508 Raffael nach Rom berufen und ihm die von Soddoma und Perugino angefangene Ausschmückung der Gemächer des Vatikans, der ein der Größe und Herrlichkeit der Kirche entsprechender Palast werden sollte, übertragen. Am herrlichsten entfaltete sich aber die Blüte [* 13] der Renaissance unter dem Mediceer Leo X. Neben den Künsten kam auch die Wissenschaft zur Geltung, indem die Sapienza neu organisiert wurde.
Die Päpste und Kirchenfürsten begünstigten und trieben selbst klassische Studien, und die Herrschaft über die Kirche und die Christenheit schien bloß deshalb eifersüchtig gewahrt und zur Ausbeutung der Gläubigen benutzt zu werden, damit mit den gewonnenen Reichtümern die heidnische Kunst und Wissenschaft gepflegt und Rom zum prachtvollsten Herrschersitz umgeschaffen werde. Die Einwohnerzahl stieg auf 50,000. Die Tribute des gläubigen Abendlandes wurden mitunter in glänzenden Festen verpraßt, daneben aber der Bau der Peterskirche fortgesetzt und der Leitung Raffaels unterstellt, der zugleich zum Oberintendanten der antiken Bauwerke Roms ernannt wurde; auch malte Raffael damals die Loggien des Vatikans. Clemens VII., der zweite Mediceer auf dem päpstlichen Stuhl, setzte Leos Werk fort, ließ das Jüngste Gericht in der Sixtina durch Michelangelo malen, Peruzzi baute unter ihm prächtige Paläste; aber die Einnahme und Plünderung Roms durch das deutsch-spanische Heer 1527 (Sacco di Roma) [* 14] brachte eine Stockung in die großartige künstlerische Thätigkeit.
Unter Paul III. (1534-49) begann bereits die kirchliche Restauration, um die Hierarchie zum Kampf gegen den Protestantismus zu befähigen, und der Humanismus, das klassische Heidentum, wurde aus Rom verbannt. Die Kunst, vor allem soweit sie sich in den Dienst der Kirche begab und diese verherrlichte, wurde aber weiter gepflegt: Michelangelo entwarf die Pläne zu den Palästen des Kapitols und zur Kuppel des Petersdoms, deren Modell 1558 unter Paul IV. vollendet wurde. Aber schon unter Pius V. (1566-72) hatte die streng kirchliche, kulturfeindliche Richtung, die Knechtung des Geistes, den Sieg davongetragen. Pius verbot alle öffentlichen Schauspiele, auch den Besuch der Osterien, führte strenge Sittengesetze ein und handhabte die Inquisition mit unnachsichtiger Härte. In der Architektur trat der Jesuitenstil an die Stelle der Renaissance, die Malerei ¶
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wurde oberflächlich und geziert. Die Herrschaft der wiederhergestellt. Hierarchie lastete auf Rom mit einem alles ertötenden Druck. Sixtus V. (1585-1590) suchte zwar seine absolute Gewalt zur materiellen Hebung [* 16] Roms zu benutzen: er stellte Sicherheit und geordnete Rechtszustände her und entwickelte eine erstaunliche Bauthätigkeit (Acqua Felice, spanische Treppe, [* 17] vatikanische Bibliothek, Vollendung der Peterskuppel, Quirinal). Gegen die antiken Monumente verfuhr er aber mit rohem Fanatismus.
Unter seinen Nachfolgern verewigten sich noch große Künstler in Rom durch herrliche Werke, wie Carracci (Fresken im Palast Farnese), Caravaggio, G. Reni, Domenichino, Guercino, Maderna, Bernini u. a.; doch zeigte sich auch bei ihnen schon die Entartung der Kunst. Immerhin blieb Rom durch seine Tradition, seine Kunstschätze der Mittelpunkt der bildenden Künste und der Sammelplatz der hervorragendsten Künstler aller Länder. Zugleich aber erlosch im römischen Volk selbst durch den Druck des päpstlichen Despotismus alles freiere, höhere geistige Leben.
Alles Vermögen sammelte sich durch die Gunst der Päpste in den Händen einzelner großer Familien oder im Besitz der Toten Hand. Die Großen, die Farnese, Aldobrandini, Borghese, Barberini, Ludovisi, Pamfili, wohnten in herrlichen Palästen und Villen und entwickelten einen schwerfälligen, prunkvollen Luxus. Das Volk versank in dumpfe Trägheit und lebte von den Almosen der Reichen oder der immer zahlreichern Klöster. Die Einwohnerzahl betrug 1656 allerdings schon 120,000 Seelen.
Einige Bewegung in das öffentliche Leben der Stadt brachten nur die Fremden, welche besonders im 18. Jahrh. zahlreich nach Rom wallfahrten. Unter Clemens XI. (1700-21) begannen die ersten Ausgrabungen auf dem Palatin. Clemens XII. (1730-40) und Benedikt XIV. (1740-58) begannen wieder Rom mit Bauten zu schmücken, letzterer vermehrte namentlich die Kunstsammlungen; Clemens XIV. errichtete auf deutsche Anregung (Winckelmanns, welcher 1755-67 in Rom war) das Museo Pio Clementino. Im Februar 1798 ward Rom von den Franzosen besetzt, nachdem Vatikan und Kapitol infolge des Vertrags von Tolentino der herrlichsten Kunstschätze, die nach Paris [* 18] geschafft wurden, beraubt worden waren, im September 1799 vor den Neapolitanern geräumt, worauf der Papst (Pius VII.) wieder in Rom einzog; aber 1808 rückten Franzosen von neuem in ein. Die Stadt wurde mit dem französischen Kaiserreich vereinigt und zur zweiten Hauptstadt desselben und zu deren König 1811 Napoleons I. Sohn erhoben; französische Gesetze wurden eingeführt, die Bettelei abgeschafft und viele Übelstände beseitigt; auch für Ausgrabungen und Sammlungen geschah viel.
Nach der Rückkehr Pius' VII. wurden zwar die alten politischen Zustände wiederhergestellt, aber die Kunst gepflegt. Rom, das damals 165,000 Einw. zählte, sollte ein prächtiger Herrschersitz des Statthalters Christi auf Erden sein, aber dieser Ehre jeden Anspruch auf Selbständigkeit, freie Entwickelung, politische Rechte opfern. Der eiserne Druck der Reaktion unter Gregor XVI. hielt das Volk im Zaum und verhinderte den Ausbruch jeder Bewegung in Rom selbst (vgl. Kirchenstaat, S. 775 ff.). Die Reformthätigkeit Pius' IX. 1847 entfesselte aber den Freiheitsdrang der Römer, [* 19] welche eine neue Munizipalverfassung erhielten.
Nach Rossis Ermordung im November 1848 kam es zu offener Revolution, welche die Errichtung einer Republik und den Anschluß an das geeinte Italien zum Ziel hatte. Nach der Flucht des Papstes wurde wirklich die römische Republik proklamiert, aber 3. Juli d. J. nach der Eroberung der Stadt durch die Franzosen gestürzt. Am 12. Juli ward der päpstliche Despotismus wiederhergestellt, und zog Pius IX. wieder in ein. Zahlreiche Römer wurden verhaftet und zu schweren Kerkerstrafen verurteilt, viele retteten sich in das Ausland; mit der neuerrichteten eignen Armee und der französischen Hilfe hielt die päpstliche Regierung in drückender Knechtschaft.
Als Italien 1859 wieder zu nationalem Leben erwacht und die Einigung begonnen war, erkor man Rom sofort zur Hauptstadt des Reichs, ohne jedoch von ihr Besitz nehmen zu können, da die päpstliche Herrschaft durch die Franzosen geschützt war. Als diese Rom im Dezember 1866 infolge der Septemberkonvention räumten, machte Garibaldi im Oktober 1867 einen Versuch, durch einen Freischarenzug Rom zu befreien. Die Einwohnerschaft erwartete in fieberhafter Erregung seine Ankunft, um sich zu erheben; aber Garibaldi drang zu langsam vor, französische Truppen landeten wieder in Civitavecchia, und als Garibaldi, nur einen Tagemarsch von Rom entfernt, nun umkehrte, ward seine Schar 3. Nov. bei Mentana ereilt und vernichtet.
Aber zogen, nachdem die Franzosen den Kirchenstaat verlassen, die Italiener unter General Cadorna in ein, nachdem die päpstlichen Truppen, um die Gewalt zu konstatieren, kurzen Widerstand geleistet und die Italiener an der Porta Pia Bresche geschossen hatten. Am 31. Dez. besuchte Viktor Emanuel zum erstenmal die Stadt, welche offiziell zur Hauptstadt Italiens erklärt wurde. Der König, der seine Residenz im Quirinal aufschlug, die Ministerien u. die Kammern verlegten ihren Sitz nach Rom, wo zahlreiche Klöster expropriiert wurden, um Raum für die Behörden zu schaffen.
Die freisinnigen Gesetze Italiens wurden in Rom eingeführt, und so begann auch für Rom die moderne Zeit. Der Übergang war freilich auch mit mancherlei Unbequemlichkeiten und Härten verknüpft. Die äußere Physiognomie der Stadt wurde ebenfalls eine andre. Die Regierung Pius' IX. hatte außer zahlreichen Kirchenrestaurationen auch die antiken Monumente nicht vernachlässigt; die Ausgrabungen der Katakomben auf dem Palatin, an der Via Appia waren eifrig gefördert worden; auch den Anforderungen der Neuzeit hatte man mit Telegraphen, [* 20] Eisenbahnen, Gasfabriken u. dgl. entgegenkommen müssen.
Aber erst der italienische Staat ließ die Ausgrabungen auf dem Palatin und auf dem Forum Romanum mit größern Mitteln und systematisch betreiben und errang große Erfolge. Zugleich wurde die Erweiterung der Stadt planmäßig angeordnet; ganze Viertel, besonders am Bahnhof, erhoben sich mit neuen Gebäuden. Da die neuen Gesetze die Majorate und Fideikommisse der alten Adelsfamilien aufhoben, mußten allerdings bei Erbteilungen manche alte Paläste mit ihren Gärten verkauft werden und fielen der Bauspekulation zum Opfer, so daß prächtige Teile des Rom der Renaissance durch langweilige Straßen ersetzt wurden. Auch die Tiberregulierung beseitigte malerische Stadtteile, so daß sich mißbilligende Stimmen über diese neue »Zerstörung Roms« erhoben. Eine Befestigung durch Forts, die im weiten Umkreis um die Stadt liegen, soll Rom vor einem feindlichen Handstreich von der See aus schützen und die Kultivierung der Campagna Rom mit einer fruchtbaren Landschaft, statt mit einer Einöde, umgeben.