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des bedeutendsten Teils der Altstadt nach dem eine volle Woche dauernden Brand vom Jahr 65, welcher sich über 11 Regionen erstreckte und 3 völlig in Asche legte, der Stadt ein ganz neues Ansehen. Die bisher meist engen Straßen und Plätze wurden seitdem breiter und geräumiger und mit Säulenhallen versehen; eine solidere Bauart trat an die Stelle der alten. Die folgenden Kaiser, namentlich Trajan, Hadrian, die Antonine, gefielen sich besonders in der Schöpfung großartiger und schmuckreicher Markt- und Gerichtsplätze, prächtiger Tempel [* 2] und Basiliken, kolossaler Grabmonumente u. dgl. Unter den spätern Kaisern zeichneten sich namentlich Septimius Severus und Caracalla durch Baulust aus, welcher durch eine Feuersbrunst unter Commodus' Regierung bedeutend Vorschub geleistet ward. Um dieselbe Zeit beginnt in dem Aussehen der Stadt sich ausländischer Geist und Geschmack bemerklich zu machen (z. B. Caracallas ägyptische Bauten und Heliogabalus' syrische Tempel), so wie auch in der immer zunehmenden Menge von Kasernen sich der jetzt kulminierende Militärdespotismus kundgibt.
Aurelian umgab die seit
Sulla über die Servianische
Mauer hinausgewachsene Stadt wiederum mit Befestigungswerken, welche sämtliche 14
Regionen,
also
Altstadt und Vorstädte, umfaßten und erst durch
Probus vollendet wurden. Diese Aurelianische
Mauer stimmt mit den jetzigen
Mauern und
Thoren Roms
im wesentlichen überein. Die wichtigern der 14
Thore wurden nach den durch sie hinführenden
Landstraßen benannt, so: die
Porta
Flaminia (jetzt bei
Porta del Popolo),
Porta Aurelia (bei
Porta
San Pancrazio),
Porta Portuensis
(bei
Porta Portese) und Ostiensis
(Porta
San
Paolo),
Porta Appia
(Porta
San Sebastiano),
Porta Asinaria (bei der
Porta
San Giovanni),
Porta Nomentana (bei
Porta
Pia),
Porta Salaria
(Porta Salara) u. a. Die letzten
Kaiser, welche bedeutendere
Restaurationen und Neubauten vornahmen, waren
Diocletianus und
Maxentius, dessen Bauten aber meist erst unter
Konstantin d. Gr.
vollendet wurden.
Aus der Zeit dieses
Kaisers stammt das Regionenverzeichnis her, die einzige einigermaßen vollständige Übersicht der ganzen
Stadt, welche wir aus dem
Altertum noch besitzen. In der folgenden Zeit hat sich das Aussehen Roms
vornehmlich
durch die Bedürfnisse des christlichen
Kultus verändert, welche zahlreiche kirchliche Prachtgebäude hervorriefen, während
die profanen
Monumente aus der klassischen Zeit, namentlich seit der
Einnahme der Stadt durch
Alarich (410) und
Geiserich (455),
verfielen. Trotzdem war im Anfang des 9. Jahrh. noch vieles vorhanden,
wovon uns der sogen. Anonymus Einsiedlensis berichtet. Aber die
Stürme des
Mittelalters vernichteten das meiste von diesem,
und die »Mirabilia urbis« beweisen, daß im 12. und 13. Jahrh.
nicht allein schon ein völliger
Ruin des Altertümlichen, sondern auch eine große Unsicherheit aller alten
Erinnerungen und
Überlieferungen eingetreten war.
Hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Stadt fehlen uns zuverlässige statistische Angaben. Der Umfang des Aurelianischen Mauerbaues wird jetzt als 22-23 km betragend angegeben, das von ihr umschlossene Areal auf ca. 1230 Hektar. Was die Bevölkerungsverhältnisse betrifft, hat J. Beloch (»Die Bevölkerung [* 3] der griechisch-römischen Welt«, Leipz. 1886) auf drei verschiedene Arten für die ersten
[* 1] ^[Abb.: Plan des alten Rom [* 4] unter Augustus.] ¶
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drei nachchristlichen Jahrhunderte eine Einwohnerzahl von etwa 800,000 Seelen berechnet, für die Sullanische Zeit etwa 400,000;
Pöhlmann dagegen hat nachgewiesen, daß es auch nicht annähernd möglich ist, Roms
Einwohnerzahl für irgend einen Zeitpunkt
zu bestimmen. Die Häuser der Stadt selbst waren entweder Domus oder Insulae. Jenes waren die zu eigner
Bewohnung splendider eingerichteten Häuser der Vornehmern (die palazzi des neuern Rom); diese dagegen wurden von den mittlern
und niedern Klassen bewohnt, waren daher meist Miethäuser mit mehreren Stockwerken übereinander (Trajan beschränkte ihre
Höhe auf 60 Fuß), jedes mit einem besondern Zugang.
Solche Häuser waren oft bis unter das Dach [* 6] mit Menschen angefüllt. Die gepflasterten Fahr- und Hauptstraßen hießen Viae oder Plateae. Solche waren: die Via sacra, die alte Prozessionsstraße, welche in der Richtung vom Kolosseum [* 7] zum Kapitol das Forum [* 8] durchschnitt;
die Via nova am Palatin und die Prachtstraße gleiches ^[richtig: gleichen] Namens in der zwölften Region;
die Via lata (der jetzige Corso) u. a. Clivi hießen die zu den Hügeln hinaufführenden, gleichfalls gepflasterten Fahrwege (nur für Fußgänger waren die Gradus oder Semitae), z. B. der Clivus Capitolinus, die einzige Fahrstraße, welche zum Kapitol hinaufführte, der Clivus publicus am Aventin u. a. Die Vici waren die kleinern und gewöhnlichen Verbindungswege der Stadt, deren mehrere ein Compitum oder Straßenviertel (später gleichfalls Vicus genannt) begrenzten;
die Angiportus endlich waren enge Sackgassen.
Die Zahl der Brücken [* 9] nahm mit der Erweiterung der Stadt zu. Die nördlichste war der Pons Milvius (jetzt Ponte Molle), welcher aber eigentlich nicht mehr zum städtischen Gebiet gehörte; dann folgten innerhalb der eigentlichen Stadt: der Pons Aelius, von Hadrian zugleich mit der Moles angelegt (Ponte Sant' Angelo), der Pons Agrippae, später Pons Aurelius (Ponte Sisto), Pons Fabricius und Pons Cestius (Ponte Quattrocapi und Ponte San Bartolommeo) und Pons Aemilius, später Pons Probi (Ponte rotto, jetzt abgebrochen);
ferner unmittelbar südlich von letzterm die uralte Holzbrücke, der Pons sublicius, dessen Reste gewisser heiliger Gebräuche wegen erhalten wurden;
endlich die im Mittelalter Pons Probi Theodosii et Valentiniani genannte Brücke [* 10] unter dem Aventin.
Unter den Plätzen waren die Areae die zahlreichsten, freie Räume, wie sie bald als Umgebungen von Tempeln und Palästen sich notwendig machten (Area Capitolina, Palatina), bald aber auch selbständig angelegt wurden, etwa mit einem Heiligtum oder einem Denkmal, wonach sie genannt wurden. Manche derselben dienten auch als Verkaufsplätze oder hatten ihren Namen von bestimmten Personen. Ein geräumigerer und von vielen und mannigfaltigen Gebäuden, Tempeln, Basiliken und Hallen eingeschlossener freier Platz bildete ein Forum.
Auch diese Plätze dienten sowohl als Verkaufsplätze, wie das Forum boarium, olitorium, suarium u. a., als auch zu öffentlichen Versammlungen und Verhandlungen, wie das Forum Romanum und die spätern kaiserlichen Foren. Die größten und weitesten Plätze, welche mit Rasen bewachsen, auch wohl mit Gartenanlagen versehen waren, hießen Campi und wurden zunächst zu militärischen Übungen, Wettrennen, volkstümlichen Lustbarkeiten und Spielen benutzt, so: der Campus Martius, der Campus Flaminius, der Campus Tiberinus, der Campus Agrippae, der Campus Esquilinus (vormals der gewöhnliche Begräbnisplatz) und der Campus Viminalis.
Endlich sind noch die Horti zu erwähnen, weitläufige Park- und Gartenanlagen mit Prachtgebäuden, Villen, Tempeln, Rennbahnen etc., von denen die namhaftesten waren: die Horti Sallustiani zwischen Quirinal und Pincius;
die Horti Lucullani oder Valeriani auf dem Pincius (Collis hortorum);
die Horti Maecenatis, welche einen Teil des Campus Esquilinus umfaßten;
die von Pallas, dem Freigelassenen des Kaisers Claudius, angelegten Horti Pallantiani im äußersten Osten;
endlich jenseit des Stroms die Horti Agrippinae oder Neronis, mit einem berühmten Zirkus, und die Horti Domitiae;
unter dem Janiculum die von Septimius Severus angelegten Horti Getae, weiter stromab die von Cäsar zu Volkslustbarkeiten hergestellten und von Augustus mit einer Naumachie versehenen Horti Caesariani.
Unter den merkwürdigen Örtlichkeiten der Stadt steht das berühmte Forum Romanum obenan. Dieser Mittelpunkt des städtischen und politischen Verkehrs in den Zeiten der Republik, 154 m lang, 52 m breit, lag zwischen dem Kapitol und Palatin in der Hauptausdehnung von NW. nach SO. An der Nordseite stand schon in der Königszeit das Rathaus (die Curia Hostilia) auf dem Comitium, wo sich die Patrizier in den Kuriatkomitien versammelten, diesem schräg gegenüber, am Fuß des Palatin, der Vestatempel und die Regia (die Wohnung des Pontifex maximus); der freie Platz in der Mitte war der Versammlungsort für die Plebs, seit dem Jahr 42 v. Chr. (s. unten) aber der Sitz des politischen Lebens mit der Rednerbühne (rostra), anfangs von Straßen eingefaßt, auf die sich Laden und Verkaufshallen von Fleischern und andern Handwerkern, von Wechslern etc. öffneten. Im Lauf der Zeiten wurden hier Tempel, öffentliche Gebäude und Denkmäler verschiedener Art errichtet.
Das älteste, noch jetzt erhaltene ist der am Abhang des Kapitols liegende Carcer Mamertinus, ursprünglich ein Brunnenhaus in der Nordecke des Forums. Andre Hauptheiligtümer des Forums aus ältester Zeit waren der Saturntempel am Kapitol und der Tempel der Dioskuren [* 11] (Templum Castorum) vom Jahr 484 an der Südseite, dann östlich vom Carcer der Tempel der Concordia (366). Dem immer mehr wachsenden Verkehr bei den Gerichtsverhandlungen suchte man durch Errichtung von Basiliken (offenen, von Säulenhallen umgebenen Höfen) nach den Seiten hin Raum zu schaffen: 185 erbaute der alte Cato die Basilica Porcia;
179 folgte die Basilica Aemilia, 169 die Basilica Sempronia, 121 die Basilica Opimia.
Unter den Stürmen der Bürgerkriege sank die alte Kurie in Trümmer, wurde zwar von Sullas Sohn Faustus wiederhergestellt, aber später von Cäsar niedergerissen. Durch letztern wie besonders durch Augustus erhielt das Forum eine ganz neue Gestalt, die durch die modernen Ausgrabungen im wesentlichen zu Tage getreten ist. Cäsar begann 54 v. Chr. den Bau der Basilica Julia, die Augustus vollendete, wobei die Läden und Laubengänge, welche das Forum früher umgaben, weggeräumt wurden.
Derselbe errichtete auch eine neue Kurie (Curia Julia, heute Sant' Adriano) und dem Cäsar zu Ehren die Aedes Divi Julii, an der Ostseite des Forums, mit der Fronte nach dem Kapitol, in nächster Nähe des Kastortempels und der Regia, vor welchem Tempel zugleich die neuen Rostra (Rednerbühne) ihren Platz fanden, die zum Unterschied von den alten, am Westende des Forums belegenen (Rostra Nova, im Gegensatz zu der allerältesten, dicht vor der Curia Hostilia belegenen Rednerbühne) die Rostra Julia genannt wurden. ¶