des bedeutendsten Teils der Altstadt nach dem eine volle Woche dauernden Brand vom Jahr 65, welcher sich über 11 Regionen erstreckte
und 3 völlig in Asche legte, der Stadt ein ganz neues Ansehen. Die bisher meist engen Straßen und Plätze wurden seitdem breiter
und geräumiger und mit Säulenhallen versehen; eine solidere Bauart trat an die Stelle der alten. Die
folgenden Kaiser, namentlich Trajan, Hadrian, die Antonine, gefielen sich besonders in der Schöpfung großartiger und schmuckreicher
Markt- und Gerichtsplätze, prächtiger Tempel und Basiliken, kolossaler Grabmonumente u. dgl.
Unter den spätern Kaisern zeichneten sich namentlich Septimius Severus und Caracalla durch Baulust aus,
welcher durch eine Feuersbrunst unter Commodus' Regierung bedeutend Vorschub geleistet ward. Um dieselbe Zeit beginnt in dem
Aussehen der Stadt sich ausländischer Geist und Geschmack bemerklich zu machen (z. B. Caracallas ägyptische Bauten und Heliogabalus'
syrische Tempel), so wie auch in der immer zunehmenden Menge von Kasernen sich der jetzt kulminierende Militärdespotismus
kundgibt.
Aurelian umgab die seit Sulla über die Servianische Mauer hinausgewachsene Stadt wiederum mit Befestigungswerken, welche sämtliche 14 Regionen,
also Altstadt und Vorstädte, umfaßten und erst durch Probus vollendet wurden. Diese Aurelianische Mauer stimmt mit den jetzigen
Mauern und Thoren Roms im wesentlichen überein. Die wichtigern der 14 Thore wurden nach den durch sie hinführenden
Landstraßen benannt, so: die Porta Flaminia (jetzt bei Porta del Popolo), Porta Aurelia (bei Porta San Pancrazio), Porta Portuensis
(bei Porta Portese) und Ostiensis (Porta San Paolo), Porta Appia (Porta
San Sebastiano), Porta Asinaria (bei der Porta San Giovanni),
Porta Nomentana (bei Porta Pia), Porta Salaria (Porta Salara) u. a. Die letzten Kaiser, welche bedeutendere
Restaurationen und Neubauten vornahmen, waren Diocletianus und Maxentius, dessen Bauten aber meist erst unter Konstantin d. Gr.
vollendet wurden.
Aus der Zeit dieses Kaisers stammt das Regionenverzeichnis her, die einzige einigermaßen vollständige Übersicht der ganzen
Stadt, welche wir aus dem Altertum noch besitzen. In der folgenden Zeit hat sich das Aussehen Roms vornehmlich
durch die Bedürfnisse des christlichen Kultus verändert, welche zahlreiche kirchliche Prachtgebäude hervorriefen, während
die profanen Monumente aus der klassischen Zeit, namentlich seit der Einnahme der Stadt durch Alarich (410) und Geiserich (455),
verfielen. Trotzdem war im Anfang des 9. Jahrh. noch vieles vorhanden,
wovon uns der sogen. Anonymus Einsiedlensis berichtet. Aber die Stürme des Mittelalters vernichteten das meiste von diesem,
und die »Mirabilia urbis« beweisen, daß im 12. und 13. Jahrh.
nicht allein schon ein völliger Ruin des Altertümlichen, sondern auch eine große Unsicherheit aller alten Erinnerungen und
Überlieferungen eingetreten war.
Hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Stadt fehlen uns zuverlässige statistische Angaben. Der Umfang des Aurelianischen
Mauerbaues wird jetzt als 22-23 km betragend angegeben, das von ihr umschlossene Areal auf ca. 1230 Hektar. Was die Bevölkerungsverhältnisse
betrifft, hat J. Beloch (»Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt«, Leipz. 1886) auf drei verschiedene
Arten für die ersten
drei nachchristlichen Jahrhunderte eine Einwohnerzahl von etwa 800,000 Seelen berechnet, für die Sullanische Zeit etwa 400,000;
Pöhlmann dagegen hat nachgewiesen, daß es auch nicht annähernd möglich ist, Roms Einwohnerzahl für irgend einen Zeitpunkt
zu bestimmen. Die Häuser der Stadt selbst waren entweder Domus oder Insulae. Jenes waren die zu eigner
Bewohnung splendider eingerichteten Häuser der Vornehmern (die palazzi des neuern Rom); diese dagegen wurden von den mittlern
und niedern Klassen bewohnt, waren daher meist Miethäuser mit mehreren Stockwerken übereinander (Trajan beschränkte ihre
Höhe auf 60 Fuß), jedes mit einem besondern Zugang.
Solche Häuser waren oft bis unter das Dach mit Menschen angefüllt. Die gepflasterten Fahr- und Hauptstraßen
hießen Viae oder Plateae. Solche waren: die Via sacra, die alte Prozessionsstraße, welche in der Richtung vom Kolosseum zum
Kapitol das Forum durchschnitt;
die Via nova am Palatin und die Prachtstraße gleiches ^[richtig: gleichen] Namens in der zwölften
Region;
die Via lata (der jetzige Corso) u. a. Clivi hießen die zu den Hügeln hinaufführenden, gleichfalls
gepflasterten Fahrwege (nur für Fußgänger waren die Gradus oder Semitae), z. B. der Clivus Capitolinus, die einzige Fahrstraße,
welche zum Kapitol hinaufführte, der Clivus publicus am Aventin u. a. Die Vici waren die kleinern
und gewöhnlichen Verbindungswege der Stadt, deren mehrere ein Compitum oder Straßenviertel (später
gleichfalls Vicus genannt) begrenzten;
die Angiportus endlich waren enge Sackgassen.
Die Zahl der Brücken nahm mit der Erweiterung
der Stadt zu. Die nördlichste war der Pons Milvius (jetzt Ponte Molle), welcher aber eigentlich nicht mehr zum städtischen
Gebiet gehörte; dann folgten innerhalb der eigentlichen Stadt: der Pons Aelius, von Hadrian zugleich mit
der Moles angelegt (Ponte Sant' Angelo), der Pons Agrippae, später Pons Aurelius (Ponte Sisto), Pons Fabricius und Pons Cestius (Ponte
Quattrocapi und Ponte San Bartolommeo) und Pons Aemilius, später Pons Probi (Ponte rotto, jetzt abgebrochen);
ferner unmittelbar
südlich von letzterm die uralte Holzbrücke, der Pons sublicius, dessen Reste gewisser heiliger Gebräuche
wegen erhalten wurden;
endlich die im Mittelalter Pons Probi Theodosii et Valentiniani genannte Brücke unter dem Aventin.
Unter
den Plätzen waren die Areae die zahlreichsten, freie Räume, wie sie bald als Umgebungen von Tempeln und Palästen sich notwendig
machten (Area Capitolina, Palatina), bald aber auch selbständig angelegt wurden, etwa mit einem Heiligtum
oder einem Denkmal, wonach sie genannt wurden. Manche derselben dienten auch als Verkaufsplätze oder hatten ihren Namen von
bestimmten Personen. Ein geräumigerer und von vielen und mannigfaltigen Gebäuden, Tempeln, Basiliken und Hallen eingeschlossener
freier Platz bildete ein Forum.
Auch diese Plätze dienten sowohl als Verkaufsplätze, wie das Forum boarium, olitorium, suarium u. a.,
als auch zu öffentlichen Versammlungen und Verhandlungen, wie das Forum Romanum und die spätern kaiserlichen Foren. Die größten
und weitesten Plätze, welche mit Rasen bewachsen, auch wohl mit Gartenanlagen versehen waren, hießen Campi und wurden zunächst
zu militärischen Übungen, Wettrennen, volkstümlichen Lustbarkeiten und Spielen benutzt, so: der Campus
Martius, der Campus Flaminius, der Campus Tiberinus, der Campus Agrippae, der Campus Esquilinus (vormals der gewöhnliche Begräbnisplatz)
und der Campus Viminalis.
Endlich sind noch
die Horti zu erwähnen, weitläufige Park- und Gartenanlagen mit Prachtgebäuden, Villen, Tempeln, Rennbahnen
etc., von denen die namhaftesten waren: die Horti Sallustiani zwischen Quirinal und Pincius;
die Horti
Lucullani oder Valeriani auf dem Pincius (Collis hortorum);
die Horti Maecenatis, welche einen Teil des Campus Esquilinus umfaßten;
die von Pallas, dem Freigelassenen des Kaisers Claudius, angelegten Horti Pallantiani im äußersten Osten;
endlich jenseit des
Stroms die Horti Agrippinae oder Neronis, mit einem berühmten Zirkus, und die Horti Domitiae;
unter dem
Janiculum die von Septimius Severus angelegten Horti Getae, weiter stromab die von Cäsar zu Volkslustbarkeiten hergestellten
und von Augustus mit einer Naumachie versehenen Horti Caesariani.
Unter den merkwürdigen Örtlichkeiten der Stadt steht das berühmte Forum Romanum obenan. Dieser Mittelpunkt
des städtischen und politischen Verkehrs in den Zeiten der Republik, 154 m lang, 52 m breit, lag zwischen dem Kapitol und Palatin
in der Hauptausdehnung von NW. nach SO. An der Nordseite stand schon in der Königszeit das Rathaus (die Curia Hostilia) auf
dem Comitium, wo sich die Patrizier in den Kuriatkomitien versammelten, diesem schräg gegenüber, am Fuß
des Palatin, der Vestatempel und die Regia (die Wohnung des Pontifex maximus); der freie Platz in der Mitte war der Versammlungsort
für die Plebs, seit dem Jahr 42 v. Chr. (s. unten) aber der Sitz des politischen Lebens mit der Rednerbühne
(rostra), anfangs von Straßen eingefaßt, auf die sich Laden und Verkaufshallen von Fleischern und andern Handwerkern, von
Wechslern etc. öffneten. Im Lauf der Zeiten wurden hier Tempel, öffentliche Gebäude und Denkmäler verschiedener Art errichtet.
Das älteste, noch jetzt erhaltene ist der am Abhang des Kapitols liegende Carcer Mamertinus, ursprünglich ein
Brunnenhaus in der Nordecke des Forums. Andre Hauptheiligtümer des Forums aus ältester Zeit waren der Saturntempel am Kapitol
und der Tempel der Dioskuren (Templum Castorum) vom Jahr 484 an der Südseite, dann östlich vom Carcer der Tempel der Concordia
(366). Dem immer mehr wachsenden Verkehr bei den Gerichtsverhandlungen suchte man durch Errichtung von
Basiliken (offenen, von Säulenhallen umgebenen Höfen) nach den Seiten hin Raum zu schaffen: 185 erbaute der alte Cato die Basilica
Porcia;
179 folgte die Basilica Aemilia, 169 die Basilica Sempronia, 121 die Basilica Opimia.
Unter den Stürmen der Bürgerkriege
sank die alte Kurie in Trümmer, wurde zwar von Sullas Sohn Faustus wiederhergestellt, aber später von
Cäsar niedergerissen. Durch letztern wie besonders durch Augustus erhielt das Forum eine ganz neue Gestalt, die durch die modernen
Ausgrabungen im wesentlichen zu Tage getreten ist. Cäsar begann 54 v. Chr. den Bau der Basilica Julia, die Augustus vollendete,
wobei die Läden und Laubengänge, welche das Forum früher umgaben, weggeräumt wurden.
Derselbe errichtete auch eine neue Kurie (Curia Julia, heute Sant' Adriano) und dem Cäsar zu Ehren die Aedes Divi Julii, an der
Ostseite des Forums, mit der Fronte nach dem Kapitol, in nächster Nähe des Kastortempels und der Regia, vor welchem Tempel
zugleich die neuen Rostra (Rednerbühne) ihren Platz fanden, die zum Unterschied von den alten, am Westende des Forums belegenen
(Rostra Nova, im Gegensatz zu der allerältesten, dicht vor der Curia Hostilia belegenen Rednerbühne) die Rostra Julia genannt
wurden.
mehr
Endlich erhoben sich zu derselben Zeit die beiden ersten Triumphbogen: der Arcus Augusti, welcher zum Andenken der Wiedererlangung
der von den Parthern eroberten Feldzeichen bei den Aedes Divi Julii, und der Arcus Tiberii, welcher wegen der Wiedererlangung
der bei des Varus Niederlage verlornen Feldzeichen am Saturnustempel errichtet ward. Wenig litt das Forum
durch den Brand des Nero. Unter Titus brannte die Curia Julia nieder, die Domitian wieder aufbaute. Am Clivus Capitolinus errichtete
derselbe 80 n. Chr. seinem Vater und Bruder zu Ehren einen Tempel (Templum Vespasiani et Titi) neben dem Tempel der Concordia und,
wie dieser, an das Tabularium (das Staatsarchiv) sich anlehnend.
Auch seine eigne kolossale Reiterstatue ließ der genannte Kaiser mitten auf dem Forum aufstellen. Von andern, später errichteten
Monumenten daselbst sind besonders der Tempel des Antoninus und der Faustina vom Jahr 141 und der noch vorhandene Arcus Septimii
Severi vom Jahr 203 n. Chr., vor dem Tempel der Concordia, zu nennen. Nördlich vom Forum Romanum entstanden
in der glänzendsten Zeit des römischen Kaisertums eine Reihe andrer Foren (vgl. obenstehendes Plänchen), welche gewöhnlich
nach ihren gekrönten Urhebern benannt wurden, aber nicht mehr dem öffentlichen Staatsleben, sondern den Gerichtsverhandlungen
und sonstigen Zwecken dienten.
Sie wurden mit außerordentlicher Pracht ausgestattet, gewöhnlich in der Mitte mit einem Tempel und ringsum
mit Säulenhallen versehen. Hierher gehört zunächst das erst nach Cäsars Tod vollendete Forum Julium oder Forum Caesaris mit
einem prächtigen Tempel der Venus Genetrix, ganz in der Nähe des Forum Romanum; daran sich anschließend das 2 v. Chr. geweihte
Forum Augusti mit dem in der Schlacht von Philippi gelobten Tempel des Mars Ultor, zwei Triumphbogen des Drusus
und Germanicus und vielen auf die römische Kriegsgeschichte bezüglichen Denkmälern.
Auch der von Vespasian nach der Besiegung der Juden errichtete Friedenstempel (Templum Pacis) südöstlich vom vorigen war
eine forumartige Anlage, welche später auch Forum Pacis oder Forum Vespasiani genannt ward. Weiter gehört
hierher das von Domitian begonnene und von Nerva vollendete Forum transitorium (oder Nervae), zwischen Forum Augusti und Forum
Pacis, welches auf einem belebten Punkte des Verkehrs als Durchfahrt diente und mit einem Tempel der Minerva und des Janus quadrifrons
geziert war.
Die großartigste Anlage aber, welche sowohl an Ausdehnung als an Pracht alle andern derartigen übertraf,
war das Forum Trajani, welches sich weit nach NO. hin erstreckte und noch jetzt an bedeutenden Trümmern zu erkennen ist; in
ihm führte Trajan den schon von Cäsar geplanten Durchstich des das Kapitol mit dem Quirinal verbindenden Rückens aus.
Hier befanden sich nordöstlich von der quadratischen Area (Hof) mit Trajans Reiterstatue die berühmte Basilica Ulpia und
die Bibliotheca Ulpia, ein von Hadrian errichteter Tempel des D. Trajanus und der Plotina sowie ein Triumphbogen Trajans und
andre Monumente, unter welchen die berühmte, noch wohlerhaltene, 39 m hohe Trajanssäule (s. d.) das hervorragendste
war.
Nächst dem Forum war zur Zeit der Republik der wichtigste Stadtteil das Kapitol, die Burg, die auch später sowohl in äußern
Kriegen als auch während der innern Zerwürfnisse als höchst wichtiger Posten galt. Es besteht aus drei Teilen: dem nördlichen, 50 m
hohen Gipfel (jetzt Santa Maria in Araceli), dem südwestlichen, 47,5 m hohen Gipfel (Palazzo Caffarelli)
und einer Einsenkung zwischen beiden (Piazza del Campidoglio). Im Altertum werden entsprechend geschieden: Arx, Capitolium
und Inter duos lucos, und zwar lag die Arx auf der höhern Nordspitze und das Capitolium auf der Südwestspitze, beide waren
gesondert befestigt.
Auf der Arx waren das Auguraculum, von wo der Augur die himmlischen Zeichen beobachtete, der Tempel der
Juno Moneta von 344, mit dem später die Münze verbunden wurde, und derjenige der Concordia. Auf dem Capitolium finden wir mehrere
Heiligtümer erwähnt; besonders stand hier der große Tempel des Jupiter Capitolinus (dediziert 509, abgebrannt 83 v. Chr.,
von neuem 69 v. Chr. geweiht, 69 n. Chr. zum zweitenmal verbrannt, sofort wiederhergestellt, im J. 80 abgebrannt und zum viertenmal
prächtig von Domitian wiederhergestellt und erst 455 durch die Vandalen geplündert), in dem neben jenem Juno und Minerva verehrt
wurden; rings um ihn die Area Capitolina.
In der mittlern Vertiefung ist das Asylum des Romulus anzunehmen, am Abhang zum Forum lag das Tabularium
(Archiv und Schatz). Von der Seite des Forums waren im Altertum die einzigen Zugänge, nach NW. fiel der Berg steil ab; auf der
Südspitze werden wir auch den Tarpejischen Felsen zu suchen haben. Eine nähere Betrachtung verdient
ferner der Palatinus mit den jetzt zum größten Teil ausgegrabenen kaiserlichen Palästen und einigen uralten Heiligtümern.
Augustus verlegte nach der Schlacht von Actium seine Residenz dorthin und erbaute daneben den prächtigen Tempel des Apollo (abgebrannt
363); Tiberius erweiterte sie nach W. hin (Domus Tiberiana) oder baute dort, gegenüber dem Kapitol, einen
neuen Palast, Caligula setzte ihn sogar mit dem Forum und dem Kapitol durch Brücken in Verbindung. Bedeutende Erweiterungen
[* ]
^[Abb.: Plan des Forums zur Zeit der Republik.]
mehr
dieser Gebäude wurden von Nero vorgenommen, dessen »goldenes Haus« mit den dazu gehörigen Anlagen indessen auf dem gegenüberliegenden
Esquilin und der Velia stand. Vespasian beschränkte den kaiserlichen Palast wieder auf seinen alten Umfang; so wurde er als
Domus Flavia vollendet durch Domitian und zwar mit dem größten Aufwand von Pracht und blieb fortan
kaiserliche Residenz. Nachdem unter Commodus ein beträchtlicher Teil des Palastes durch eine Feuersbrunst zerstört worden
war, stellte wahrscheinlich Septimius Severus denselben wieder her und fügte bei dieser Gelegenheit sein Septizonium an der
Südspitze des Hügels hinzu.
Auch von den spätern Kaisern bauten einige noch an dem Palast, der bis in die Zeiten des Mittelalters hinein
sein Ansehen behauptete, wiewohl der kaiserliche Hof schon frühzeitig lieber in den Gärten auf den gesündern Höhen des Esquilin,
des Pincius und Vatikan seinen Sitz aufschlagen zu haben scheint. Das Marsfeld (Campus Martius), zwischen dem Tiber und der Via
Flaminia, in älterer Zeit unbewohnt, ward erst durch Augustus zur Stadt gezogen und ein durch öffentliche
Gebäude verschiedener Art, vorzüglich Theater und Thermen, ausgezeichneter Raum. Es war früher zu Versammlungen sowie zu
gymnastischen Übungen der Jugend bestimmt und dem Kriegsgott Mars geweiht. 221 v. Chr. ward hier der Circus Flaminius errichtet.
Am Tiber selbst sind die Navalia zu bemerken, das Marinearsenal, welches schon 416 genannt wird, und
das Terentum, wo die Säkularspiele abgehalten wurden.
Auf dem Marsfeld standen auch mehrere Theater (s. unten). Die ganze Straße von der Porta Carmentalis an nordwestlich bis zum
Theatrum Pompeji (55 v. Chr.) war mit Prachtgebäuden (die Portikus der Octavia, des Philippus, des Octavius,
die Theater des Marcellus und Balbus) besetzt, wovon sich hin und wieder ansehnliche Ruinen erhalten haben. An der andern Seite
des Marsfeldes aber, vom Quirinal bis zum Pantheon, führten Cäsar, Augustus und Agrippa eine Reihe von Gebäuden auf, darunter
die Septa Julia (Wahllokal) mit dem Diribitorium (Saal zur Verteilung etc. der Stimmtafeln), die Porticus
Argonautarum mit einem Tempel des Neptun und die Thermen des Agrippa mit dem prachtvollen Rundbau des Pantheons (s. d.), welch
letzteres vollständig erhalten ist.
Auch die das Marsfeld (Campus Martius) östlich begrenzende zweite Hauptstraße, die Via lata, gestaltete sich immer prächtiger
und ward im Lauf der Zeit mit mehreren Triumphbogen geziert. In der nördlichen Gegend des Marsfeldes, zwischen
der Via Flaminia, in welche die Via lata auslief, und dem Tiber, erhoben sich ebenfalls unter Augustus die ersten Prachtbauten,
darunter das noch jetzt in ansehnlichen Trümmern vorhandene Mausoleum Augusti, wo Augustus selbst und die
Glieder seiner Familie beigesetzt wurden, u. a. Die beiden großen Feuersbrünste unter Nero und Titus legten diese Herrlichkeiten
größtenteils in Asche und führten dadurch eine neue Gestaltung des Marsfeldes herbei, indem die frühern Gebäude teils
restauriert, teils durch neue, nicht minder prächtige ersetzt wurden.
Schon vor Neros Feuersbrunst waren die Thermae Neronianae (zwischen dem Pantheon und der Piazza Navona) entstanden,
nachmals durch Alexander Severus restauriert und erweitert und seitdem Thermae Alexandrinae genannt. Domitian baute an der
Stelle der heutigen Piazza Navona ein nach griechischer Weise eingerichtetes Stadium für gymnische samt einem Odeum für musische
Spiele. Hadrian und die Antonine endlich
begründeten in der Gegend der jetzigen Piazza Colonna eine neue
Reihe prächtiger Portikus und Tempel, durch welche das Marsfeld auch von dieser Seite von dem außerhalb der Stadt gelegenen
freien Feld abgeschlossen ward.
Die oben erwähnten 14 Regionen der Stadt (s. Plan) waren folgende:
1) Porta Capena, im S. östlich der Appischen Straße bis zur Aurelianischen Mauer, mit dem Drususbogen,
der schon unter Nero genannten Domus Lateranorum (dem heutigen Lateran), den Thermae Severianae. Außerdem sind hier die Grabmäler
längs der Appischen Straße zu erwähnen und unter diesen innerhalb der Porta Appia vornehmlich das 1780 entdeckte Grabmal
der Scipionen, außerhalb des genannten Thors das der Cäcilia Metella (jetzt nach den Stierköpfen des
Frieses Capo di Bove genannt).
2) Caelimontium, der Cälius. Auf der Höhe des Hügels waren die Castra peregrina, das Lager der fremden Hilfstruppen, die einen
Teil der städtischen Garnison bildeten. Von Baulichkeiten erwähnen wir hier den Tempel des Claudius, das
Macellum magnum, einen mit einem Schlachthaus versehenen Platz zum Verkauf täglicher Lebensbedürfnisse, und eine Gruppe
von Gebäuden, welche zum Amphitheatrum Flavium, dem Schauplatz aller Gladiatorenspiele des kaiserlichen Rom, gehörten,
welches selbst in der dritten Region liegt. Den Bau desselben, des jetzigen Kolosseums (s. d.), hatte Vespasian begonnen, Titus
vollendet.
3) Isis et Serapis (nach dem Heiligtum dieser beiden Gottheiten genannt), enthielt die Moneta, die Münze
der kaiserlichen Zeit; die Thermae Titianae, die zum Teil auf den Trümmern des »goldenen
Hauses« erbaut wurden, und von denen noch ansehnliche Ruinen vorhanden sind; die Thermen des Trajan und die von Augustus erbaute
und der Livia gewidmete Porticus Liviae mit einem Tempel der Concordia etc.
4) Templum Pacis (nach dem erwähnten Friedenstempel des Vespasian genannt) umfaßte die Via Sacra, die Subura (Bordellstraße)
und den Vicus Cyprius, lauter sehr belebte Quartiere. In der Nähe des Amphitheatrum Flavium, wo diese Region an die dritte grenzte,
stand der Colossus, eine Statue des Apollo mit Neros Porträt, nach welchem das Amphitheater seinen jetzt
gebräuchlichen Namen Kolosseum (Coliseo) erhielt, und die Meta sudans, ein prachtvoller, von Domitian angelegter Springbrunnen.
Ferner lagen in dieser Region der von Hadrian gegründete Doppeltempel der Roma und der Venus (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig.
17, 18), am Fuß des Palatin der Bogen des Titus und die in sehr bedeutenden Ruinen erhaltene Basilika des Konstantin.
5) Esquiliae, der nördliche Teil des Esquilin mit den Gärten des Mäcen und dem kleinen Amphitheatrum castrense, von welchem
sich bei der Kirche Santa Croce ansehnliche Reste erhalten haben.
6) Alta Semita, der Quirinal und die Gegenden nordöstlich bis zur Mauer. Hier lagen die Thermen des Diokletian,
von denen noch bedeutende Trümmer sichtbar sind, und die Thermen Konstantins; endlich, über den Zug
der Aurelianischen Mauer vorspringend,
die große Prätorianerkaserne, die Castra Praetoria.
7) Via lata, der Bezirk zwischen der gleichnamigen Straße, dem Quirinal und dem Pincius, welcher in der alten
Zeit nicht, wie jetzt, vollständig ausgebaut war. Hier lag das Forum suarium und neben dem von Aurelian erbauten Tempel des
Sol der Campus Agrippae.
8) Forum Romanum vel magnum, außer dem alten Forum auf der einen Seite die kaiserlichen Foren und das
Kapitol, auf der andern den größten Teil
mehr
der Gegend zwischen dem Palatin und dem Kapitol bis an das Forum boarium und oliorium umfassend.
9) Circus Flaminius, die Region des Marsfeldes (s. oben).
10) Palatium, die Region des Palatinus (s. oben).
11) Circus maximus enthielt den angeblich unter den Tarquiniern bereits angelegten, von Cäsar erweiterten und zu wiederholten
Malen restaurierten Hauptzirkus Roms für 150,000 Zuschauer, in der Niederung zwischen dem Palatin und Aventin, nebst der nächsten
Umgebung an den Abgängen des Aventin, am Velabrum und Forum boarium. Hier lagen die Tempel des Merkur, der Flora, Luna, Ceres und
des Herkules.
12) Piscina publica (nach einem alten Badeteich genannt), zwischen dem Circus maximus und der Porta Ostiensis
gelegen und von Caracalla mit den noch in großartigen Trümmern erhaltenen Thermen des Caracalla, auch Thermae Antoninianae
genannt (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 11), geziert. An der Porta Ostiensis selbst war eine Reihe von Grabmonumenten errichtet,
unter denen die Pyramide des Cestius in die Aurelianische Mauer als Stützpunkt aufgenommen und so erhalten
ward.
13) Aventinus, dieser Hügel selbst und die Vorstadt zwischen dem Aventin und Tiber. Zwischen der Via Ostiensis und dem Strom
liegt hier jener Scherbenhügel (Monte Testaccio), dessen Entstehung bis jetzt noch nicht ganz klar ist. Unter dem Aventin
vor der Porta Trigemina befand sich das sehr belebte Emporium, wo die von Ostia heraufgebrachten Waren aufgestapelt
wurden, daher die vielen Hallen und Magazine für Salz, Holz, Korn, Baumaterial etc.
14) Trans Tiberim, die Gegend jenseit des Stroms (jetzt Trastevere), umfaßte das Janiculum, ursprünglich Brückenkopf des Pons
sublicius und Grenzkastell zur Abwehr von Einfällen von Etrurien her, den Mons Vaticanus mit den darunter
längs des Flusses sich hinstreckenden Abhängen und die Tiberinsel. Die Region enthielt wenig hervorragende Gebäude, aber
viel Parkanlagen. Am Strom selbst lagen zwei Naumachien, die eine, von Augustus angelegt, unter dem Janiculum in den Gärten
Cäsars, die andre, von Domitian hergerichtet, unter dem Vatikan.
Gleich jenseit des Pons Aelius (Engelsbrücke) lag die gewaltige Moles oder das Mausoleum Hadriani (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig.
8-10), welches die Gräber aller Kaiser und deren Familienmitglieder von dem Gründer bis auf Commodus, wenn nicht bis Caracalla
enthielt, seit Honorius aber die Hauptfeste der Stadt bildete (die jetzige Engelsburg). Westlich davon
lag der Neronische Zirkus. Hier ward auf dem vom Blute der Märtyrer geheiligten Boden unter Konstantin d. Gr. die Basilica Sancti
Petri erbaut, welche mit der Zeit das erste Heiligtum des christlichen Rom ward.
Große Sorgfalt ward auf die Versorgung der Stadt mit Wasser verwendet. Die erste Wasserleitung (s. Aquädukt)
war die des Appius Claudius (312 v. Chr.); dann folgten der Anio vetus (273), die Aqua Marcia (144) u. a. Die erste Wasserleitung
jenseit des Flusses legte Augustus an, die Aqua Alsietina, zu welcher unter Trajan die für diesen Stadtteil noch wichtigere
Aqua Trajana hinzukam (jetzt Acqua Paola). Diesseit des Tiber legte Agrippa noch die Aqua Julia (33) und die
Aqua Virgo (20), Caligula und Claudius die Aqua Claudia (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 3) und den Anio novus an, die riesenhaftesten
Werke dieser Art. Später kamen die Aqua Severiana, Antoniniana und Alexandrina hinzu. Im engsten Zusammenhang
mit den Aquädukten standen die Fontes, Lacus, Nymphaea, Piscinae, Balnea und Thermae der Stadt, Anlagen, deren
große Zahl und
schöne Ausstattung, zum Teil auch kolossale Ausdehnung dem alten ein eigentümliches Ansehen verliehen.
Naturquellen (fontes) waren in ziemlicher Anzahl vorhanden und wurden sorgsamst überwacht. Die Lacus waren große,
mit Bildwerken verzierte und danach benannte Wasserbassins, zum Teil mit Springbrunnen (salientes). Hierzu kamen die Nymphaea,
große, kuppelförmige, prächtig ausgestattete Quellengebäude, deren die Regionen im ganzen 15 zählen. Die Piscinae waren
offene oder bedeckte Teiche zum Schwimmen, die Balnea Badeanstalten, deren die Regionen im ganzen 856 zählen.
Die Thermae waren nicht bloße Badeanstalten, sondern vielmehr Orte, wo gymnastische Übungen, gesellschaftliche
Unterhaltungen stattfanden und auch mancherlei Kunstgenüsse geboten wurden, weshalb sie zahlreiche und verschiedenartige
Räumlichkeiten in sich schlossen und zuletzt so weitläufige und komplizierte Anlagen wurden, wie sie uns die Thermen Caracallas
und Diokletians wenigstens in Trümmern noch vor Augen führen. Die Säuberung der Stadt von Unrat und
abfließendem Wasser ward bewirkt durch die Kloaken, großartige, zur Zeit der Könige schon begonnene, in der republikanischen
und der Kaiserzeit erweiterte und öfters restaurierte Werke; sie standen unter einer besondern Behörde, die seit Trajan
mit der Strompolizei vereinigt wurde.
Hier mögen auch genannt werden die öffentlichen Bedürfnisanstalten (latrinae), deren das Regionsverzeichnis 144 zählt,
und die Bordelle (lupanaria), deren es 46 anführt. Als öffentliche Anstalten für Unterhaltung, Zerstreuung und Bildung bestanden
Theater, Amphitheater, Zirkusse u. Stadien, Bibliotheken u. dgl. Die Theater dienten zur Aufführung szenischer Spiele und wurden
geraume Zeit nur von Holz aufgerichtet und, obwohl manchmal mit verschwenderischer Pracht ausgestattet,
nach geschehener Benutzung wieder abgebrochen. An die Stelle dieser traten dann die stehenden, von Stein und zum Teil im großartigsten
Stil ausgeführten Theater des Pompejus (55), des Cornelius Balbus (12) und das von Augustus dem Andenken seines früh verstorbenen
Neffen geweihte Theater des Marcellus (12), alle drei auf dem Marsfeld.
Das Theater des Pompejus soll 17,580, das des Balbus 11,600 und das des Marcellus 20,500 Sitzplätze gehabt haben. Nero und Domitian
führten auch regelmäßige Wettkämpfe in der Musik, Poesie und Beredsamkeit ein, für welche letzterer das Odeum erbaute mit
10,800 Plätzen. Die Amphitheater für Gladiatorenspiele, Tierkämpfe und Schauspiele, bei denen ein komplizierter
Mechanismus gebraucht wurde, datieren als besondere und stehende Gebäude gleichfalls erst aus der Kaiserzeit.
Gajus Scribonius Curio und nach ihm Cäsar errichtete das erste eigentliche Amphitheater, aber noch von Holz; dann entstand das
Amphitheater des Statilius Taurus (29) und, da dieses bald nicht mehr ausreichte, das Amphitheatrum Flavium
(s. Kolosseum). Die Circi waren die ältesten der in Rede stehenden Anstalten, denn die circensischen Spiele waren die ersten
volkstümlichen und so beliebt, daß es zuletzt der Rennbahnen und der damit verwandten Anstalten in eine beträchtllich ^[richtig:
beträchtliche] Menge gab (s. Circus). Öffentliche Bildungsanstalten waren die Bibliotheken, deren die Regionen 28 zählen.
Die erste derselben war die im Atrium Libertatis von Asinius Pollio begründete, andre die von Augustus angelegte palatinische,
die in der Porticus Octaviae und die des Vespasianus im Templum Pacis; ferner die Bibliotheca Ulpia
mehr
Trajans, endlich eine wahrscheinlich von Hadrian gestiftete Bibliotheca Capitolina; eine jede bestand aus zwei Abteilungen,
für lateinische und griechische Litteratur. Die erste eigentliche Bildungsanstalt errichtete Hadrian in dem Athenaeum, in
welchem unter Anleitung besonderer Professoren Übungen in griechischer und lateinischer Poesie und Beredsamkeit angestellt
wurden. Was endlich die Anstalten zur Verschönerung der Stadt betrifft, so gereichten außer den oben
genannten Prachtgebäuden die Porticus, die Jani und die Triumphbogen der Stadt zur besondern Zierde.
Erstere waren entweder bedeckte, an die Häuser angebaute Kolonnaden oder selbständige Hallen, welche zuletzt alle bedeutendern
Straßen und Plätze umgaben. Die Jani waren Durchgangsbogen auf frequenten Straßen und entweder Gemini oder
Quadrifrontes, je nachdem der Durchgang ein einfacher oder ein Kreuzweg war und demgemäß das Janusbild nach zwei oder vier
Seiten sah. Die Arcus schmückten dagegen als Triumphbogen vornehmlich solche Plätze und Straßen, welche bei Triumphzügen
oder sonstigen militärischen Festlichkeiten frequentiert zu werden pflegten; sie wurden meist schon
oben einzeln aufgeführt (s. auch S. 909). Endlich ist hier noch der Kolossalstatuen, der riesigen Säulen und Obelisken zu gedenken,
deren das Breviarium der Regionen 22 zählt, und von denen namentlich die des Domitian auf dem Forum, die des Trajan auf dessen
Forum und die noch erhaltene Marc Aurels (einst auf dem Forum Romanum, dann beim Lateran, jetzt auf dem Kapitolplatz)
auszuzeichnen sind.
Augustus und Agrippa schmückten die Kreuzwege, die öffentlichen Plätze, die Hallen, Parke, Thermen und Theater mit plastischen
Kunstwerken aller Art (besonders ließ Augustus auf dem nach ihm benannten Forum die Statuen berühmter Römer seit Äneas aufstellen
und mit Elogien versehen), und ihrem Beispiel folgten die spätern Kaiser. Namentlich ward der Friedenstempel nachmals der
Sammelplatz der ausgezeichneten Kunstwerke. Alexander Severus ließ allenthalben in der Stadt, besonders aber auf dem Forum
Trajani und dem Forum transitorium, Statuen berühmter Männer aufstellen. Infolge der Bevorzugung Konstantinopels verlor die
alte Kaiserstadt manches schöne Kunstwerk, doch fand noch der Ostgote Theoderich eine bedeutende Menge
besonders eherner Statuen vor. - Die Geschichte des alten Rom fällt zusammen mit der Geschichte des römischen Staats (s. Römisches Reich,
S. 940).
Unter den alten Quellen der Topographie Roms steht das Regionenverzeichnis der Stadt Rom obenan. Dasselbe
ist in einer zweifachen Redaktion vorhanden, einer ältern unter dem Titel: »Curiosum urbis Romae regionum XIV cum breviariis
suis«, und einer jüngern, welche, meist in den Handschriften der »Notitia dignitatum« überliefert, schlechthin »Notitia«
genannt wird. Beide (hrsg. von Jordan in »Forma urbis Romae regionum XIV«, Berl. 1875) rühren aus einer
unter Konstantins d. Gr. Regierung aufgenommenen Urkunde her, welche eine Übersicht über die 14 Regionen des Augustus gab.
Die Litteratur über die Topographie des alten Rom beginnt mit dem Wiederaufleben der klassischen Studien und wurde dann besonders
gefördert durch die seit Anfang dieses Jahrhunderts (zuerst unter Feas Leitung) angestellten Ausgrabungen. Die
wichtigsten Werke lieferten Donatus (Rom 1638), Nardini (das. 1660; 4. Ausg. von Nibby, das.
1818-20, 4 Bde.), du Perac (Par. 1674),
Desgodetz (das. 1682), Oberbecke (Haag 1763, 2 Bde.), Venuti
(Rom 1763, 2.
Bde.; 4. Aufl.
von Piale, das. 1824, 2 Bde.), Piranesi (das. 1756; Par. 1836 ff., 29 Bde.),
Guattani
(Rom 1806, 2. Bde.), Fea
(Rom 1820, 3. Bde.), Burton (Oxf. 1821, 2 Bde.; deutsch,
Weim. 1823), Rossini (Rom 1822-23), Canina (»Indicazione topografica ecc.«, 4. Aufl.,
das. 1850; »Edifizj di Roma antica«, das. 1848-56), Nibby (das. 1838-40, 2 Bde.),
Dyer (2. Aufl., Lond. 1883), Parker (Oxf. 1873-77, 12 Bde.).
Aus der neuern deutschen Litteratur vgl. Platner, Bunsen, Gerhard, Urlichs u. a., Beschreibung der Stadt Rom (Hauptwerk,
Stuttg. 1830-1843, 3 Bde.; im Auszug 1845);
Preller, Die Regionen der Stadt Rom (Jena 1846);
Jordan, Topographie der Stadt Rom im
Altertum (Berl. 1870 bis 1885, 2 Bde.);
Ziegler, Illustrationen zur Topographie des alten Rom (2. Aufl., Stuttg.
1877);
O. Richter, Topographie von (in J. Müllers »Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft«, Bd.
3, Nördling. 1889);
Gilbert, Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Altertum (Leipz. 1883-85).
(Roma), Provinz des Königreichs Italien, welche 1870 aus dem bis dahin dem Kirchenstaat verbliebenen Gebiet gebildet
wurde, grenzt im N. an die Provinzen Grosseto, Siena und Perugia, im O. an Aquila und Caserta, im S. und W. an
das Tyrrhenische Meer und umfaßt einen Flächenraum von 11,917, nach Strelbitsky 12,170 qkm (221,05
QM.). Das Land wird von den Vorlagen der Apenninen, dem Albaner-, Volsker- und Sabinergebirge, den Bergen von
Viterbo und Tolfa, durchzogen.
An der Küste breitet sich die Tiberebene mit der öden Campagna di Roma (s. d.) und südlich das Pontinische Sumpfland aus.
Hauptfluß ist der Tiber mit dem Anio, außerdem wird die Provinz von mehreren Küstenflüssen bewässert und enthält einige
Seen (von Bolsena, Bracciano, Albano u. a.). Das Klima ist mit Ausnahme der Campagna mild und gesund. Die Bevölkerung
belief sich 1881 auf 903,472 Einw., d. h. 74 pro QKilometer, und
weist eine bedeutende Zunahme auf.
Der Ackerbau ist großenteils vernachlässigt, doch liefert er Getreide, zumal Weizen, in ansehnlicher Menge (1886: 1,4 Mill.
hl), daneben Mais (642,700 hl) und Hafer (341,125 hl) als Hauptprodukt. Auch die Kultur von Südfrüchten, Oliven-
und Maulbeerbäumen, dann der Weinbau (1,8 Mill. hl) sind von Wichtigkeit. Die Viehzucht ist ein Haupterwerbszweig der Bewohner,
insbesondere in der Campagna. Die Provinz besitzt nach den 1876-1881 gemachten Erhebungen 44,326 Pferde, 35,598 Esel, 96,587 Rinder,
708,165 Schafe, 101,057 Ziegen, 33,258 Schweine.
Mineralische Produkte sind: Alaun, Seesalz, Asphalt, Schwefel und Bausteine. Von geringerm Belang ist die Industrie; abgesehen von
den Erwerbszweigen der Stadt sind die Gewinnung von Rohseide (1886: 59,036 kg Kokons), die Seidenweberei, Gerberei, Eisenmanufaktur
und Thonwarenfabrikation zu erwähnen. Der Handel findet in den Häfen, darunter Civitavecchia, seine Ausgangspunkte,
außerdem in den von Rom auslaufenden Eisenbahnen die wichtigsten Verkehrswege. Die Provinz zerfällt in die Kreise: Civitavecchia,
Frosinone, Rom, Velletri und Viterbo.
(Roma, hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der gleichnamigen Provinz (s. oben), zugleich Haupt- und Residenzstadt des
Königreichs Italien und Sitz des Papstes, liegt 40-85 m ü. M., unter 41° 54' nördl.
Br. und 12° 30' östl. L. v. Gr. in einer welligen
Ebene, die ein stilles, einsames Trümmer- und Gräberfeld bildet, hier und da noch mit schönen antiken Bauresten, sonst
eine mit Binsen, Gebüsch und Gras
Maßstab 1:22500
Die antiken Bauten sind in schwarzer Farbe und die dazu gehörigen Namen
in Groteskschrift eingetragen.
Zum Artikel »Rom«.
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bedeckte Steppe, die nur von einzelnen Pinien, Cypressen oder Ölbäumen unterbrochen ist. Der Tiberstrom, von dessen Mündung
Rom 23 km entfernt liegt, trennt, in drei Windungen 4450 m lang die Stadt durchschneidend, die Großstadt vom Gebiet
des Vatikans und dem Stadtteil Trastevere (»jenseit des Tiber«) und verläßt, nachdem er unter sieben Brücken
und an zwei Häfen vorbeigezogen und den Vatikan, die Tiberinsel und den Aventin bespült hat, im SW. die Stadt. Seine Breite
wechselt zwischen 52 und 103 m, seine Tiefe zwischen 5 und 13 m.
Stadtteile.
Der Umfang der jetzigen Mauern, welche großenteils die restaurierte alten Aurelianischen sind, umfaßt
den ganzen Raum, den das antike kaiserliche Rom einnahm; dazu die sogen. Città Leonina (mit Vatikan und Engelsburg) und einige
Teile von Trastevere, welche nicht in der alten Stadt inbegriffen sind. Die Stadt zerfällt in 15 Quartiere (rioni) und zwar:
1) Monti, das östliche Gebiet bis zur Porta Pia (mit dem Viminalis);
2) Trevi, von der Porta Pia und Porta Salara bis zur Piazza di Venezia (mit dem Quirinal);
3) Colonna, von der Porta Pinciana über die Piazza Barberini bis zum Panthéon;
4) Campo Marzio, von der Porta del Popolo den Tiber entlang bis Santa Lucia, dann zum Campo Marzio;
5) Ponte, von Santa Lucia zur Engelsbrücke und am Tiber entlang bis Santa Anna, dann zur Piazza Navona;
6) Parione, westlich vom Circo agonale und der Piazza San Carlo bis zur Chiesa nuova;
7) Regola, längs des Tiber von Santa Anna bis zum Ghetto;
8) Sant' Eustachio, zwischen Sant' Agostino, Sant' Antonio und dem Panthéon;
9) Pigna, vom Panthéon bis zum Corso und um den Palazzo di Venezia herum bis zur Via della Rotonda;
10) Campitelli, das Gebiet im S. (mit dem Palatinus und Capitolinus);
11) Sant' Angelo, von der Via di San Marco bis zur Tiberinsel;
12) Ripa, von San Teodoro längs des Circus maximus nach Porta San Sebastiano und bis zum Tiber (mit dem Aventinus);
13) Trastevere, der ganze Stadtteil am rechten Tiberufer bis in die Nähe St. Peters;
14) Borgo, die Gegend des Vatikans (Città Leonina);
15) Esquilino e Castro Pretorio, das neubebaute südöstliche Gebiet mit dem Esquilinus. Den Umfang der
Stadt berechnet man zu 23 km, die von der Mauer umschlossene Fläche zu 1416 Hektar. Der in zwei ungleiche Teile durch den Fluß
zerlegte Raum umfaßt ein originelles, wechselndes Hügelbild, wie keine andre Metropole es gewährt. Sämtliche Hochränder
ziehen gegen den Tiber und bilden mit ihren Bauten eigentümliche, malerische Reliefabschnitte. Von Porta
Maggiore tritt das Hügelterrain der Stadt mit dem höchsten Teil der Campagna in Verbindung, gegen den alle zu den Höhen der
Stadt ziehenden antiken Wasserleitungen konvergieren und die drei Eisenbahnen von Neapel, Livorno und Florenz in einen einzigen
Strang auslaufen.
Diese Verhältnisse, welche in etwas veränderter und noch ausgesprochenerer Form auf dem rechten Tiberufer
sich wiederholen, gestalten die Lage Roms in strategischer Beziehung ziemlich günstig und für die militärische Verteidigung
vorteilhaft. Es ist deshalb seit 1877 die Befestigung der Hauptstadt aufs neue durch Anlage von 14 Forts in einer Entfernung
von 2-4 km von der Stadtmauer aufgenommen worden. Am Fuß der Hügel bis zum Ufer des Tiber liegt der größte
Teil der modernen Stadt auf einem ziemlich niedrigen Boden angehäuft, dessen Höhe zwischen
20 und 11 m wechselt.
Seitdem Rom wieder die Hauptstadt Italiens geworden, haben sich große neue, noch immer wachsende Stadtteile, namentlich
um Santa Maria Maggiore und die Diokletiansthermen, gebildet, auf einer Höhe bis zu 65 m. Der bewohnte Teil des neuen Rom liegt
fast ganz im N. des alten, und zwar steht ein großer Teil der neuen Stadt auf dem alten Marsfeld. Die Neustadt erhielt ihren
jetzigen Charakter erst durch Julius II., Leo X., Paul III. und Sixtus V. Die besondere architektonische Physiognomie
wird namentlich durch den raschen Wechsel größerer, mit schönen Palästen des 16. und 17. Jahrh. geschmückte Straßen und
enger Nebenstraßen (vicoli), die oft etwas Düsteres und Verwahrlostes haben, bedingt.
Während der Corso, die Via Babuino und Ripetta, die Via Condotti und Angelo Custode, die hohe Via Sistina
und Quattro Fontane sowie die neue Via nazionale und ihre obern Durchschneidungen als stattliche, gut gebaute, belebte und
mit Palästen geschmückte Straßen dahinziehen, zeigen ihre Querstraßen und Ausläufer in den ältern Stadtteilen oft winkelige,
enge Straßen mit primitiven Behausungen. Die zwei wunderlichen Erscheinungen sind das Ghetto (das schmutzige
Judenviertel) und im O. die Feldarbeit mitten in der Stadt. In jüngster Zeit werden übrigens die Wohnungsverhältnisse
der Stadt durch die Ausführung des großartigen Bauregulierungsplans vom Jahr 1882, insbesondere durch Anlage des neuen Stadtteils
im SO. und jenes am rechten Tiberufer nördlich von der Engelsburg (Prati di Castello), durch mehrfache
Straßenverbreiterungen im Innern der alten Stadt (so der Fortsetzung des Corso bis zum Kapitol und des als Fortsetzung der
Via nazionale dienenden neuen Straßenzugs von der Piazza di Venezia bis zur Engelsbrücke etc.), durch die Regulierung des
Tiber zwischen Ponte Sisto und der Tiberinsel und Anlage zweier großer Tiberkais wesentlich verbessert.
Das Klima von Rom würde ohne die Malaria, die aber nur die niedrigsten Stadtteile wirklich bedroht, ein sehr angenehmes sein.
Der Winter, wenn auch mit heftigen Regengüssen beginnend, ist mild, seine Mitteltemperatur beträgt 8,7°
C. (Neapel 9,6°), und wenn auch schon -5,9°
C. beobachtet worden sind, so fällt das Thermometer doch selten unter Null. Im Sommer (23,6° C., Neapel 24° C.) wirkt der
Seewind kühlend.
Unter den berühmten alten sieben Hügeln der Stadt ist der Palatinische Berg (s. d.), 51 m, das Zentrum des alten römischen
Reichs, mit den Ruinen der Kaiserpaläste geschmückt. Auf dem Kapitolinischen Berg (46 m, s. Kapitol), nördlich
vom Palatin, befinden sich jetzt die städtischen Behörden, Kunstsammlungen und die Kirche Santa Maria Araceli; auch wird hier
das großartige Denkmal Viktor Emanuels errichtet. Der Quirinalische Hügel (auch Monte Cavallo genannt, s. Quirinal), 55 m, nördlich
von jenem, trägt den königlichen Residenzpalast.
Der Monte Celio (s. Caelius mons), 51 m, südlich vom Kapitol, wird im äußersten Osten vom Lateran bekrönt. Auf dem Aventinischen
Hügel (s. d.), 48 m, südlich dicht am Tiber, liegen jetzt einige Kirchen und Klöster und einige moderne Villen. Der Esquilin
(s. d.), 65 m, wird auf seiner nördlichen Höhe von Santa Maria Maggiore sowie von dem neuen Häuserviertel
eingenommen; auf seiner südöstlichen Höhe steht San Pietro in Vincoli. Nördlich von ihm er-
[* ]
^[Abb.: Wappen der Stadt Rom (Senatus Populus Que Romanus).]
mehr
hebt sich der Viminalis, der zum Quirinal zurückläuft und mit diesem zusammen die Fortsetzung des Esquilin nach NW. bildet.
So vereinigen sich im O. Viminal, Quirinal und Esquilin fast gänzlich zu einer einzigen Hochebene, wo jetzt das neueste Rom mit
seinen nationalen Straßennamen um den Bahnhof sich lagert und in antiker Zeit die Diokletiansbäder standen.
Zu diesen sieben Hügeln kommen noch am Nordende der Monte Pincio (65 m, s. Pincius mons), der nahe an den Tiber herantritt und
in südöstlicher Richtung sich von ihm entfernt (jetzt wieder, wie in antiker Zeit, mit terrassierten Gartenanlagen reichgeschmückt
und einer der besuchtesten Vergnügungsplätze der Stadt); ferner in der südlich vom Aventin beginnenden
Ebene der Monte Testaccio (46 m), ein künstlicher Hügel von 165 m Umfang, wahrscheinlich aus dem vom nahen Emporium abgelagerten
Scherbenschutt entstanden. Am rechten Tiberufer erheben sich dem Pincio gegenüber der Monte Vaticano mit der Peterskirche
und dem vatikanischen Palast sowie südlich von diesem der 94 m hohe Monte Gianicolo (Janiculus) mit San Pietro
in Montorio und der Acqua Paola, welcher fast in der ganzen Breite der alten Stadt südlich hinzieht und dem Aventin gegenüber
in die Ebene ausläuft.
Thore, Brücken, Straßen, Plätze.
Unter den Thoren Roms sind zu bemerken auf dem linken Tiberufer: die Porta del Popolo, das nördlichste
Thor Roms, östlich neben der alten Porta Flaminia, angeblich nach dem Plan Michelangelos erbaut (die äußere Fassade führte Vignola
aus, die Innenseite Bernini);
die Porta Pia (1564 nach dem Entwurf Michelangelos ausgeführt), während in antiker Zeit südöstlich
davon die (1564 vermauerte) Porta Nomentana stand;
die Porta San Lorenzo, an der Stelle der alten Porta Tiburtina;
die Porta Maggiore, die Trägerin zweier antiker Aquädukte (der Aqua Claudia und des Anio novus, s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 3);
die Porta San Giovanni, beim Lateran neben der 1084 vermauerten Porta Asinaria;
die Porta San Sebastiano, einst
Porta Appia;
die Porta San Paolo, deren Innenbau größtenteils noch der antiken Porta Ostiensis aus der Aurelianischen Zeit angehört;
auf dem rechten Tiberufer: die Porta Angelica, nach der Engelsburg benannt;
die Porta San Pancrazio, an der Stelle der antiken
Porta Aurelia.
Von den Brücken, welche über den Tiber führen, sind zu erwähnen: der Ponte Sant' Angelo (Engelsbrücke),
ehedem Pons Aelius, von Hadrian erbaut, führt zur Engelsburg und zum Vatikan, hat drei große und zwei kleine Bogen und ist mit
Statuen Berninis geschmückt;
der Ponte Sisto, ehemals Pons Aurelius, wurde nach der Zerstörung im Mittelalter 1474 unter Papst
Sixtus IV. von Baccio Pontelli wiederhergestellt;
der Ponte San Bartolommeo, einst Pons Cestius, führt von
Trastevere auf die Tiberinsel und der Ponte di quattro Capi, sonst Pons Fabricius, von der Tiberinsel nach der Stadt.
Aus neuester
Zeit datiert die Ripettabrücke, welche von der Via di Ripetta zum neuen Stadtteil Prati di Castello führt.
Außerdem sind noch fünf neue Tiberbrücken projektiert. Von mehreren alten Brücken sind nur noch Trümmer vorhanden.
Durch die Porta del Popolo gelangt man zunächst auf die Piazza del Popolo, in deren Mitte sich seit 1587 ein ägyptischer
Obelisk aus Heliopolis erhebt. Von hier laufen in divergierender Richtung drei der schönsten und längsten
Straßen der Stadt aus, von denen die mittlere, der berühmte Corso, 1500 m lang, bis
zur Piazza di Venezia führt. Obschon
die Hauptstraße von Rom und der von den Römern am meisten bevorzugte Spaziergang, hat er doch keineswegs die Pracht und Breite
der Zentralstraße einer Weltstadt: die alten Fassaden, auf 10 m sich gegenüber gerückt, geben ihm etwas
Düsteres;
eine Reihe gewaltiger Paläste bewahren der Straße jedoch die grandiose Originalität.
Sie ist der Schauplatz der
täglichen Spazierfahrten der Römer und des Karnevaltreibens. Rechts vom Corso führt die Strada di Ripetta nach dem Pantheon,
links die Strada del Babuino zur Piazza di Spagna. Von der Kirche Trinità de' Monti läuft die Via Sistina
fast schnurgerade nebst ihrer Fortsetzung Via quattro Fontane nach der Kirche Santa Maria Maggiore. Den Corso durchschneidet in
rechtem Winkel die Strada Condotti, welche unter andern Namen bis nach dem Ponte di Sant' Angelo läuft. Die
Via del 20 Settembre führt von der Piazza del Quirinale nach der Porta Pia. Parallel mit ihr läuft von den Diokletiansthermen
zur Piazza di Venezia die moderne prächtige, 25 m breite, mit Bäumen bepflanzte Via nazionale, welche jenseit des Corso durch
die alten Quartiere bis zur Engelsbrücke verlängert wird. Die Via Lungara in Trastevere führt längs
des Tiber zum Vatikan.
Unter den Plätzen der Stadt ist vor allen der Petersplatz, die berühmte elliptische, im größern Durchmesser 273 m, im kleinern 226 m
messende Piazza di San Pietro, zu erwähnen, in deren Mitte sich außer zwei Springbrunnen ein 25½ m hoher
ägyptischer Obelisk von rotem Granit erhebt. Zu beiden Seiten des Platzes und mit der Peterskirche verbunden, läuft die herrliche
Kolonnade Berninis (1667) mit 284 dorischen Travertinsäulen. Zum Platz des Kapitols (s. Kapitol) gelangt man von der Piazza Araceli
auf einer Rampe, deren Fuß zwei altägyptische Löwen aus Basalt schmücken (s. Tafel »Bildhauerkunst I«,
[* ]
Fig. 5), während oben Marmorstatuen die Brüstung zieren; der Hauptschmuck des Platzes aber ist die bronzene Reiterstatue
Marc Aurels.
Gegenüber der Treppe steht der Senatorenpalast, links das Museo Capitolino und rechts der Konservatorenpalast. Vom Hügel
des Kapitols gelangt man südlich auf gewundener Straße zu dem berühmten Forum Romanum hinab. Den eigentlichen
Mittelpunkt des Stadtlebens bildet die Piazza Colonna, so genannt nach der Säule des Kaisers Marcus Aurelius, welche, durch Fontana
unter Sixtus V. wiederhergestellt, die Bildsäule des heil. Paulus von vergoldetem Erz trägt. An dieselbe schließt sich die
Piazza di Monte Citorio, mit dem Parlamentshaus und einem Obelisken, der durch Augustus vom Sonnentempel
zu Heliopolis weg 10 v. Chr. nach Rom kam, als Gnomon einer Sonnenuhr diente und 1798 hier aufgestellt wurde.
Der größte öffentliche Platz Roms ist der Circo agonale, ein beliebter Volksplatz mit drei prächtigen Brunnen. Die gesündeste
Lage hat die Piazza di Spagna, mit einem von Bernini in Schiffsform errichteten Brunnen. Die berühmte sogen.
spanische Treppe führt von diesem Platz nach der Kirche Trinità de' Monti, vor welcher ein Platz eine der umfassenden Aussichten
über Rom darbietet. Andre bemerkenswerte Plätze Roms sind: die Piazza Barberini;
die Piazza delle Terme, vor den Diokletiansthermen
mit der Fontäne der Acqua Marcia;
die Piazza dell' Esquilino mit einem Obelisken;
die Piazza del Quirinale,
welche durch die Fontana del Monte Cavallo mit den schönen antiken Kolossalstatuen des Kastor und Pollux geschmückt ist;
die
Piazza della
mehr
Fontana di Trevi, mit dem größten und am glänzendsten geschmückten Brunnen Roms (Acqua Vergine);
die Piazza di Venezia, das
südliche Ende des Corso, mit dem gleichnamigen Palast;
die Piazza della Minerva, die Piazza della Rotonda, vor dem Pantheon,
und der Lateranplatz, letztere drei mit ägyptischen Obelisken geschmückt;
endlich in dem neuen südöstlichen
Stadtteil die Plätze Vittorio Emmanuele und Dante.
Kirchliche Bauwerke.
Unter den 350 Kirchen Roms nimmt die neben dem Vatikan sich erhebende weltberühmte St. Peterskirche (San Pietro in Vaticano),
die »Grabkirche des Apostels Petrus«, den ersten Platz ein (s. Tafel »Baukunst XI«,
[* ] Fig. 2-5). Die alte Basilika wurde zur
Zeit Kaiser Konstantins d. Gr. auf Bitte des Papstes Silvester I. erbaut, an der Nordseite des Neronischen Zirkus, wo einst die
Christen als Märtyrer starben. Als diese Kirche dem Verfall entgegenging, entschied sich Nikolaus V. für einen Neubau, der aber
nur im Chor begonnen wurde und dann liegen blieb, bis der energische Papst Julius II. wieder Hand ans Werk
legte.
Derselbe wählte unter den eingereichten Plänen den des Bramante (griechisches Kreuz mit riesiger Mittelkuppel). Am wurde
der Grundstein gelegt. Nach dem Tod Bramantes (1514) leiteten Raffael, Antonio Sangallo und Peruzzi den Bau, welcher unter Leo X.
langsam vorrückte. 1546 übernahm Michelangelo Buonarroti die Bauführung und blieb bis 1564 thätig.
Die große Hauptkuppel wurde nach seinen Anordnungen 1590 vollendet. Leider wurde dann auf Pauls V. Beschluß (1605) der Plan
der Kirche durch Maderna geändert, der Kirche ein Langhaus angefügt und eine massive, 117 m breite, 50 m hohe Fassade
mit imposanter Vorhalle vorgelegt. Am erfolgte die Einweihung durch Urban VIII.
Das Innere der Kirche ist durch die schönen, weiten Raumverhältnisse von überwältigender Wirkung, doch tritt die volle Herrlichkeit
des Baues erst bei der Kuppel unverkümmert hervor. Die ganze Länge des Innern beträgt 187 m, die des
Querschiffs 137 m, die Höhe des Mittelschiffs 45 m, die der Kuppel bis zur Höhe der Laterne 117 m. Die Kuppel ruht auf vier ungeheuern
fünfeckigen Pfeilern. Das Innere der Kirche zeigt einen großen Reichtum von prachtvollen Monumenten und modernen Mosaikbildern,
Kopien nach berühmten Gemälden. Am letzten rechten Pfeiler des Mittelschiffs thront die Bronzestatue
des Apostels Petrus aus dem 5. Jahrh. (s. Tafel »Bildhauerkunst V«,
[* ] Fig. 1). Unter der Kuppel erhebt sich der den alten Altar
der Basilika einschließende Hauptaltar, an welchem der Papst allein (oder der mit seinem Breve Versehene) Messe liest.
Über demselben erhebt sich das 28 m hohe formwidrige Tabernakel Berninis. Unter dem Altar ist das Grab
St. Peters und vor diesem die »Konfession« mit einer Brüstung, an welcher 89 vergoldete Bronzelampen Tag und Nacht brennen. Eine
Doppeltreppe von griechischen Marmor führt hinab; unten befindet sich die Statue Pius' VI., knieend, von Canova. Unter den Skulpturen
sind hervorzuheben: Michelangelos Pietà, die Grabmäler Sixtus' IV. und Innocenz' VIII. von Pollajuolo, Clemens'
XIII. von Canova, Pauls III. von Guglielmo della Porta und Pius' VII von Thorwaldsen.
In der Stanza Capitolare finden sich gemalte Tafeln von Giotto und Fresken von Melozzo da Forli; in der Schatzkammer die Dalmatika
Leos III, mit der die Kaiser bei der Krönung bekleidet wurden. In den Fußboden des Langschiffs ist vorn
eine Porphyrplatte aus der alten Kirche eingelassen, auf der über den kaiserlichen Kandidaten
vor der Krönung ein Gebet gesprochen
wurde. Die Mittelpforte der Kirche hat noch die Bronzeflügel der alten Basilika mit Reliefs (von 1445).
Im entgegengesetzten südöstlichen Teil der Stadt, nahe der Porta San Giovanni, liegt die Kirche San Giovanni in Laterano, Kathedrale
des Papstes als Bischofs von Rom und nach St. Peter die bedeutendste Kirche Roms. Sie wurde unter Papst Silvester 324 als Basilika
im Lateranpalast errichtet und erhielt durch Konstantins Schenkung des Palastes an den Papst die Bedeutung
der bischöflichen Kirche. Ihren Namen erhielt sie erst bei ihrer Erweiterung und Erneuerung durch Sergius III. (908). In den
Jahren 1308 und 1361 ward sie durch Feuersbrunst fast gänzlich zerstört.
Seit Gregor XI. war fast jeder Papst an der Renovation der Kirche thätig. Sixtus V. ließ den doppelten
schönen Portikus an der Nordfassade und die Scala Santa erbauen. Clemens VIII. ließ das Querschiff umbauen, Innocenz X. 1650 durch
Borromini die barocke Dekoration des Innern und die Ummauerung der Säulen durch starke, mittels Arkaden verbundene Pfeiler ausführen,
Clemens XII. die imposante Hauptfassade errichten. In neuester Zeit wurde unter Erweiterung des Chors die
alte Apsis zurückgerückt.
Das Innere ist fünfschiffig, es enthält eine prachtvolle Holzdecke und Marmorstatuen der zwölf Apostel mit dazu gehörigen
Reliefs. In der Tribüne befinden sich schöne alte Mosaiken. Die unter Clemens XII. nach dem Entwurf von Alessandro Galilei erbaute
Cappella Corsini gehört zu den schönsten Kapellen Roms. Neben der Kirche, an der südwestlichen Seite des
Lateranplatzes, steht die Taufkapelle San Giovanni in Fonte, das älteste Baptisterium Roms. Sie besteht aus zwei achteckigen,
durch acht antike Porphyrsäulen geschiedenen Schiffen, welche den Mittelraum mit dem Taufbecken (eine antike Wanne aus grünem
Basalt) umgeben. Zu beiden Seiten der Kapelle schließen sich Oratorien an. Dem Lateranpalast gegenüber
steht die Capella Sancta Sanctorum mit der nach der Tradition durch die Kaiserin Helena nach Rom gebrachten Treppe vor dem Amtshaus
des Pilatus, die nur auf den Knieen bestiegen wird. An diese Kapelle lehnt sich als isolierte Tribüne das
Triclinium Leonianum, ein Nischenbau von 1743 mit sorgfältige Kopie der Mosaiken der mittlern Tribüne des von Leo III. 798 errichteten
Speisezimmers im Lateranpalast.
Zwischen der Laterankirche und dem Kolosseum liegt die alte Kirche San Clemente, ein für die Kenntnis des alten Basilikenstils
sehr interessanter Bau, mit Unterkirche, alten Chorschranken und Ambonen, Mosaiken und mittelalterlichen
Fresken. Die vierte Patriarchalbasilika von Rom und eine der schönsten Kirchen der Stadt ist die Kirche Santa Maria Maggiore,
welche schon 432 zur Ehre Mariä von Sixtus III. prächtig umgebaut und geschmückt wurde. Die Kirche erfuhr vielfache Restaurationen;
ihre mit Loggien versehene Fassade stammt aus dem Jahr 1743. Das Innere enthält 36 herrliche antike ionische
Säulen aus weißem Marmor, darüber im Mittelschiff sowie auch am Triumphbogen, in der Halbkuppel der Tribüne und in einer
Loggia der Fassade eine Reihe von alten Mosaikbildern, zwei gleichsam als Querschiff erbaute prächtige Kapellen Sixtus' IV. und
Pauls V., letztere mit berühmten Fresken von Guido Reni, endlich die Grabmäler mehrerer Päpste, darunter
das Pius' IX. Eine der hervorragendsten Basiliken ist ferner San Paolo fuori le Mura, an der Via Ostiense südlich außerhalb
der Stadt gelegen, welche sich von 440 bis
mehr
1823 unversehrt erhalten hatte (s. Tafel »Baukunst VII«,
[* ] Fig. 1-3), dann leider durch Brand größtenteils zerstört wurde,
seit 1828 aber großartig im alten Stil erneuert wird. Von der alten Kirche blieben noch die große Tribüne mit Mosaiken und
andre Bauteile. 80 Säulen teilen die fünf Schiffe des Langhauses; die Wände des Mittelschiffs sind mit
Fresken und Mosaikbildern der Päpste geschmückt. An die Kirche schließt sich ein schöner Klosterhof an.
Von den übrigen Kirchen sind zu erwähnen: Santa Maria del Popolo (von 1477) mit schönen Grabmälern (namentlich von A. Sansovino),
Glasgemälden, Fresken (von Pinturicchio) u. Raffaels herrlicher Chigi-Kapelle (mit dessen Jonas);
Sant' Agostino
mit Raffaels Jesaias;
San Luigi dei Francesi, die französische Nationalkirche, mit berühmten Fresken von Domenichino;
Santa Maria
dell' Anima, die Nationalkirche der Deutschen, mit schöner Fassade und Mittelportal, Grabmal Hadrians VI. und Hochaltarbild der
heiligen Familie von Giulio Romano;
Santa Maria della Pace mit Raffaels Sibyllen;
die Chiesa nuova, vom heil.
Filippo Neri im 16. Jahrh. erbaut, mit drei berühmten Bildern von Rubens am Hochaltar;
San Giovanni de' Fiorentini, ein Meisterbau
des Jacopo Sansovino unter Beteiligung Michelangelos;
San Lorenzo in Damaso, von Bramante in die Cancelleria eingebaut und durch
harmonische Raumverhältnisse ausgezeichnet;
die Theatinerkirche Sant' Andrea della Valle mit berühmten
Fresken von Domenichino;
San Carlo ai Catinari mit Fresken von Domenichino;
Santa Maria sopra Minerva, die einzige gotische Kirche der
Stadt, nach einem vom Kaiser Domitian errichteten Minervatempel, auf dessen Fundamenten sie ruht, benannt, 1280 als Dominikanerkirche
erbaut, mit der berühmten Christusstatue von Michelangelo und dem Grabmal des Malers Fiesole (im linken
Korridor);
Sant' Ignazio, von 1685, mit virtuosem Deckengemälde des Jesuitenpaters Pozzi;
San Marcello, 1519 von Jacopo Sansovino
errichtet;
Santi Apostoli, von 1702, mit schöner Vorhalle und Grabmal Clemens' XIV. von Canova;
Santa Maria di Loreto am Trajansforum,
ein schöner Renaissancebau von Ant. Sangallo mit Statue der heil. Susanna von Duquesnoy;
San Marco, mit köstlicher
Vorhalle von 1465 und Mosaiken aus dem 9. Jahrh.;
die reiche Jesuitenkirche Gesù, ein gewaltiger einschiffiger Bau von Vignola
(1575) mit überladener Ornamentik;
Santa Maria Araceli, auf dem Kapitolinischen Hügel, 988 als Kirche des Senats erbaut, mit 22 antiken
Säulen und schönen Grabmälern aus der Renaissancezeit;
San Cosma e Damiano, 528 auf dem Forum unter Benutzung
eines antiken Rundtempels als Vorhalle erbaut, mit schönen alten Mosaiken in der Tribüne;
San Giorgio in Velabro, eine kleine,
altertümliche Basilika aus dem 7. Jahrh., mit einer Vorhalle von 840 und einem Turm aus derselben Zeit;
Santa Maria in Cosmedin, 380 in einen Tempel hineingebaut, von dem noch jetzt zehn Säulen erhalten sind, mit malerischem Glockenturm;
die große Basilika Santa Sabina auf dem Aventin, 422 erbaut, welche noch die 24 prächtigen korinthischen Säulen von parischem
Marmor des antiken Tempels enthält;
San Gregorio Magno mit den berühmten Konkurrenzbildern von Domenichino
und Guido Reni: die Leidensgeschichte des St. Andreas;
Santo Stefano Rotondo, eine interessante Rundkirche aus dem 5. Jahrh.,
welche einen Versuch darstellt, die Idee der Basilika auf den Zentralbau zu übertragen und die Kreuzesform mit der Rotunde zu
verbinden;
Santa Maria in Dominica, mit schöner Vorhalle von 1500, im Innern, welches Raffael restaurierte,
mit 18 antiken Granitsäulen;
San Nereo ed Achilleo, eine uralte Basilika, welche in der Tribüne noch Mosaiken von 800 und einen
alten Bischofstuhl enthält;
Santa Croce in Gerusalemme, eine der sieben Hauptkirchen Roms, zu Konstantins Zeit (336) angelegt,
aber durch viermalige Umänderung völlig entstellt, mit ausgezeichneten Deckenmosaiken nach Peruzzis
Entwürfen;
San Lorenzo fuori le Mura, eine der Patriarchalkirchen Roms, aus einer im 4. Jahrh. erbauten Vorder- und einer 578 restaurierten
Hinterkirche bestehend, welche 720 durch Niederreißung der Apsiden vereinigt wurden, mit einer 1220 errichteten Vorhalle,
einem Glockenturm, antiken Säulen und schönem Ambon;
San Prassede, eine von Paschalis I. 820 umgebaute
Basilika, von der trotz mehrfacher Restaurationen manches Ursprüngliche (Mosaiken, antike Säulen) erhalten ist;
San Martino
ai Monti, 500 erbaut, 1650 prächtig erneuert, mit antiken Marmorsäulen und Freskolandschaften von Gaspard Poussin;
San Pietro
in Vincoli, auf der südwestlichen Anhöhe des Esquilin, 442 von der Kaiserin Eudoxia erbaut und mit den
Ketten Petri beschenkt, später wiederholt verändert, mit 20 antiken Säulen und dem Grabmal Julius' II. von Michelangelo mit
der berühmten Kolossalstatue des Moses;
Santa Pudenziana, die erste eigentliche Kirche Roms, in das Haus des Senators Pudens eingebaut,
trotz späterer Umbauten noch erhalten, mit alten Mosaiken und schönem Glockenturm;
Santa Maria degli
Angeli, der basilikenartige Langhaussaal des Mittelraums der Thermen Diokletians, 1561 von Michelangelo zu einem prächtigen
Kirchenbau umgestaltet, mit acht hohen antiken Säulen und reichem, schön profiliertem Gebälk;
Santa Maria della Vittoria,
welche die Fahnen des Siegs bei Lepanto über die Türken und des Siegs vom welcher
Wien befreite, auch eine berühmte Skulpturgruppe (Santa Teresa, von Bernini) enthält;
Santa Agnese fuori Porta Pia, eine frühchristliche
Kirche, deren Hauptteile von 626 stammen, mit Säulenreihen in zwei Geschossen, schöner Konfession, Mosaik aus dem 7. Jahrh.
in der Tribüne und geschnitztem Plafond von 1600 (unter der Kirche befinden sich Katakomben);
Santa Costanza,
neben der vorigen, eine in ihren antiken Hauptteilen noch ziemlich gut erhaltene Kuppelrotunde von etwa 360 (wahrscheinlich
als Mausoleum der beiden Töchter des Kaisers Constantius II. erbaut und 1260 zur Kirche geweiht);
Santa Trinità de' Monti, aus
dem 15. Jahrh., mit Gemälden von Daniele da Volterra, Giulio Romano und Philipp Veit (berühmt sind hier
die Vespergesänge der Dames du sacré cœur, für welche Mendelsohn drei Motetten schrieb).
Von den Kirchen im Stadtteil am
rechten Tiberufer sind noch zu erwähnen: Sant' Onofrio mit Fresken von Domenichino und Peruzzi und dem Grabmal
Tassos, der in dem dazu gehörigen Kloster 1595 starb;
San Pietro in Montorio von 1500, durch ihre herrliche Lage ausgezeichnet,
mit Bildern von Sebastiano del Piombo u. a. (im angrenzenden Klosterhof steht das reizende, 1502 erbaute Tempelchen Bramantes);
Santa Maria in Trastevere, eine der schönsten mittelalterlichen Basiliken Roms, an der Fassade mit Mosaiken
von 1148 und im Innern mit 22 antiken Säulen, in der Tribüne mit Mosaiken aus dem 12. und 13. Jahrh. geschmückt;
San Crisogono
mit 22 antiken Säulen und Mosaiken aus dem 14.
mehr
Jahrh.; Santa Cecilia, 400 erbaut, deren Hof noch die altchristliche Form des Atriums und den alten Weihbrunnen aufweist, mit
Medaillons der 820 hier beigesetzten Heiligen auf dem Mosaikfries der Vorhalle, Mosaiken aus dem 9. Jahrh. in der Tribüne, der
liegenden Statue der heil. Cäcilia von Maderna (1600) und gotischem Marmortabernakel von Arnolfo di Cambio
von 1283 über dem Hochaltar. Auf der Tiberinsel steht die 1000 an Stelle eines Äskulaptempels erbaute Kirche San Bartolommeo.
Unter den Kirchen, welche aus antiken Tempeln erstanden, ist vor allen der Wunderbau der Santa Maria la Rotonda, das wohlerhaltene
antike Panthéon (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig. 14-16), hervorzuheben, ursprünglich ein von
Agrippa, Schwiegersohn des Kaisers Augustus, angelegter Tempel, 609 durch Papst Bonifacius IV. zur christlichen Kirche geweiht (s.
Panthéon). Das Panthéon enthält unter anderm die Gräber Raffaels und des Königs Viktor Emanuel (mit Denkmal).
Von den Katakomben, planmäßig ausgetieften Grüften in der Umgebung Roms, welche die Christen als ihre
gemeinsamen Begräbnisstätten in Form von unterirdischen Stollen und Kammern ausgraben ließen, sind die des heil. Callistus
an der Via Appia die bedeutendsten. Sie enthalten unter anderm die Papstgruft der römischen Bischöfe des 3. Jahrh., die Gruft
der heil. Cäcilia, die sogen. Sakramentskrypten, die Krypte des Papstes Eusebius, die Lucinakrypte etc.,
meist mit altchristlichen Bildern, Inschriften (die älteste von 107), symbolischen Bildern und Zeichen, allegorischen Darstellungen
etc. geschmückt.
Andre Katakomben sind die von San Sebastiano und Santa Agnese, die des Prätextatus, der Domitilla etc. Unter Papst Damasus (366-384)
wurden die Cömeterien nochmals hoch gepflegt und erhielten marmorne Gedenktafeln mit Strophen. Aber die
durch Kriege herbeigeführte Verödung der Campagna ließ sie bald nachher verfallen. Erst 1593 begann Antonio Bosio die Katakomben
zu durchforschen, und 1854 wurde von Rossi die Papstgruft entdeckt (weiteres s. Katakomben).
Profanbauten.
Unter den Palästen Roms nimmt der Vatikan (s. d.), die schief an die Peterskirche angelehnte Residenz des
Papstes, mit der Sixtinischen und Paulinischen Kapelle und weitläufigen Gärten, wegen seiner Großartigkeit und der Kunstschätze,
die er enthält, die hervorragendste Stelle ein. Am rechten Tiberufer vor der Engelsbrücke erhebt sich die kolossale Rotunde
des Castello Sant' Angelo oder der Engelsburg (s. d.), ursprünglich das Grabmal des Kaisers Hadrian, welche
durch einen gedeckten Arkadengang mit dem Vatikan in Verbindung steht.
Anstoßend an die Kirche zu San Giovanni in Laterano liegt der zweite päpstliche Palast, der Lateranpalast, der von Konstantin
bei dessen Übersiedelung nach Konstantinopel dem römischen Bischof geschenkt wurde. Seitdem hatten die Päpste bis zur Verlegung
des päpstlichen Stuhls nach Avignon im Lateran ihren Sitz. Der später verfallene Palast wurde 1586 unter
Sixtus V. durch Domenico Fontana wieder aufgebaut und unter Gregor XVI. zu einem Museum umgewandelt (näheres s. Lateran).
Der als Sommerresidenz der Päpste 1573-1608 erbaute Quirinal (Palazzo del Quirinale), mit Kapelle, glänzenden Sälen (in einem
befindet sich der Alexanderfries von Thorwaldsen) und schönem Garten, jetzt Residenz des Königs von Italien,
erhebt sich ziemlich mitten in der Stadt in gesunder Lage. Auf der Piazza del Monte Citorio steht das Parlamentshaus, ein imposanter
Bau Berninis von
1650, mit dem 1871 eingerichteten Parlamentssaal. Das Kapitol (Campidoglio) trägt den Senatorenpalast (jetzt
Sitz der Stadtbehörden), mit monumentale Freitreppe und Brunnenanlage von Michelangelo, und zwei Seitenpaläste: das Museo
Capitolino und den Konservatorenpalast, beide von Michelangelo entworfen, mit ausgezeichneten Sammlungen von antiken Skulpturen,
antiken Bronzen, etruskischen Altertümern und Gemälden (näheres s. Kapitol).
Außerdem sind zu nennen: der Palast der apostolischen Kanzlei (Cancelleria), von Bramante 1510 vollendet,
mit mächtiger Fassade und schönem Hof;
der Palazzo di Venezia, Eigentum der österreichischen Regierung, eins der mächtigsten
Bauwerke Roms, den Beginn der Renaissance bezeichnend;
der Palast des Ministeriums des Innern (ehemals Braschi, von 1790), an
dessen Westecke der berühmte Pasquino, der Platz für witzige Plakate, sich befindet;
das Gebäude der
Sapienza (Universität) und das Collegio Romano, das große Hospital Santo Spirito, die Theater Apollo und Argentina und von modernen
Bauten die Ministerien der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen, das Kunstausstellungsgebäude, die Neubauten des physiologischen,
chemischen und physikalischen Universitätsinstituts, die Poliklinik und der Bahnhof.
Projektiert sind noch ein Justizpalast,
ein großes Militärspital, ein zweiter Bahnhof in Trastevere, mehrere Kasernen, Markthallen und Magazine (besonders in dem neuen
industriellen Viertel beim Monte Testaccio) etc.
Nicht leicht gibt es eine Stadt, die so viele und großartige Privatpaläste aufzuweisen hat wie Rom. Die hervorragendsten
sind: der Palast Barberini (s. d.), auf dem Quirinalischen Hügel, mit vorzüglicher Gemäldegalerie, Skulpturen
und Bibliothek;
der Palast Borghese (s. d.), in der Nähe der Ripetta gelegen, mit reicher Gemäldesammlung;
der Palast Caffarelli
am Kapitol, Eigentum und Sitz der deutschen Botschaft;
der große Palast Colonna (s. d.), am Quirinal, mit trefflichen Gemälden;
der Palast Corsini, in Trastevere, mit Kupferstich- und Gemäldesammlung, Bibliothek und schönem Garten,
jetzt Sitz der Accademia dei Lincei;
der Palast Doria, mit schönem Hof und reicher Gemäldesammlung (darunter Bilder von Raffael,
Velazquez und Sebastiano del Piombo);
der Palast Farnese (s. d.), in Trastevere, jetzt Sitz der französischen Gesandtschaft,
eins der grandiosesten Gebäude Roms, der echteste Typus des römischen Palastes;
die Villa Farnesina (s. d.),
der graziöseste Renaissancebau Roms;
der Palast Giraud-Torlonia, 1504 von Bramante erbaut;
der Palast Massimi, 1535 von Peruzzi
erbaut, mit schönem Säulenhof;
der Palast Rospigliosi, mit dem berühmten Deckengemälde der Aurora von Guido Reni;
der Palast
Sciarra, mit Gemäldesammlung (darin der Violinspieler von Raffael);
der Palast Spada, mit der Statue des
Pompejus, an der Julius Cäsar ermordet worden sein soll, der des Aristoteles, einer Reihe antiker Reliefs und einer Gemäldesammlung;
endlich die Paläste Chigi, Mattei, Valentini u. a. Viele Privatpaläste Roms führen wegen der sie umgebenden Gartenlandschaft
den Namen Villa.
Hierher gehören: die Villa Medici (s. d.), auf dem Monte Pincio, jetzt Sitz der französischen
Malerakademie;
die Villa Borghese (s. d.), vor der Porta del Popolo, mit prächtigem Park und einem Kasino, in dessen eleganten
Sälen ein großer Reichtum antiker Skulpturen ausgebreitet ist;
die Villa Ludovisi (s. d.), in hoher Lage, an der Stelle der Gärten
des Sallust, mit
mehr
vorzüglicher Sammlung antiker Statuen;
die Villa Albani (s. d.), mit einer 1758 von Kardinal Alessandro Albani angelegten hochberühmten
Sammlung antiker Statuen u. Reliefs;
die Villa Massimi, beim Lateranplatz, mit Fresken von Schnorr, Koch, Veit, Overbeck und Führich
im Kasino;
die Villa Pamfili (s. d.), der schöne Lieblingspark der römischen Welt, vor der Porta San Pancrazio,
u. a.
Antike Überreste.
Von den Baudenkmälern des alten Rom sind zunächst die bedeutenden Überbleibsel des Forum Romanum, vom Fuß des Kapitols längs
des Palatinischen Hügels gegen das Kolosseum hin, zu erwähnen, dessen im Lauf der Jahrhunderte durch Verschüttungen bedeutend
erhöhter Boden seit 1872 in seinem ganzen Umfang bloßgelegt ist. Dieselben bestehen in dem Triumphbogen
des Septimius Severus, den Säulen des Vespasian-, des Saturn- und des Kastortempels, den Resten der Basilica Julia, der Phokassäule
und der Basis des Cäsartempels (weiteres s. Forum).
An der Nordseite des Forums erhebt sich der Tempel der Faustina und des Antoninus, daneben die gewaltigen
Gewölbe der Basilika Konstantins und der Doppeltempel der Venus und Roma (s. Tafel »Baukunst V«,
[* ] Fig. 17 u. 18); an der Südseite
der Triumphbogen des Titus, das Denkmal seines Sieges über die Israeliten, mit ausgezeichneten Reliefs (s. Tafel »Bildhauerkunst
IV«,
[* ] Fig. 14). Nordwärts vom Forum Romanum liegen die Reste des Minervatempels (vom Forum des Nerva) und
die Überbleibsel des Augustusforums mit dem Tempel des Mars Ultor, von dem noch vier herrliche Säulen (18 m hoch) sowie Cellareste
und Gebälk vorhanden sind; noch weiter nördlich das Trajansforum mit den Resten der Basilica Ulpia u.
der hochragenden Triumphsäule Trajans (s. Trajanssäule) mit schönen Reliefs der Kriegszüge dieses Kaisers.
An der Südseite des Forum Romanum steigt der Palatinhügel empor (s. Palatinischer Berg), mit den Überbleibseln des Flavischen
Kaiserpalastes, des Jupiter-Victortempels und des Hauses des Vaters von Tiberius mit trefflichen Malereien, ferner den Ruinen der
Paläste des Tiberius und Caligula sowie der des Septimius Severus. Vor allen Bauten des Altertums ragt aber
noch in stolzer Pracht das Kolosseum (s. d.) hervor, das ehemalige Flavische Amphitheater für die Gladiatorenspiele und Tierhetzen.
Auf dem Vorplatz steht noch das Postament, auf welchem einst die Erzstatue Neros stand; südwestlich die Reste der Meta sudans,
eines berühmten Springbrunnens von Domitian, und der imposante Triumphbogen des Konstantin (s. Tafel »Baukunst
VI«,
[* ] Fig. 7), der besterhaltene in Rom, zum Teil mit Bildwerken aus der trefflichen
Kunstperiode Trajans (s. Konstantinsbogen); ostwärts liegen noch Reste der Titusthermen und schön verzierte Gänge des Goldenen
Hauses Neros.
Bei den Thoren der Stadt und in der Campagna finden sich noch Grabmäler aus der Kaiserzeit, ja einige sogar
noch aus der republikanischen Epoche, z. B. die Gräber der Scipionen. Nordwestlich von Porta Maggiore erheben sich die dem Kuppelbau
des Pantheons ähnlichen Reste des sogen. Tempels der Minerva medica, des Teils eines großen Wasserwerkes. In der Stadt, unweit
der Porta del Popolo, steht der cylindrische Unterbau des Mausoleums des Augustus, in welches ein Theater
(Anfiteatro Umberto) hineingebaut ist, weiterhin die Säule Marc Aurels auf der Piazza Colonna, noch 11 m höher als die Trajanssäule,
mit Reliefs, welche sich auf die Kriege Marc Aurels gegen die Markomannen beziehen.
Unweit derselben steht
das schönste und besterhaltene Denkmal aus der Cäsarenzeit, das Pantheon (s.
oben). Jenseit der Engelsbrücke ragt noch das Grabmal Kaiser Hadrians (jetzt Castello Sant' Angelo, s. oben) in gewaltiger Rundform
auf. Die Tiberinsel bewahrt noch ihre antike, künstliche Gestalt in Form eines Schiffs, der Campo Maccao die Erinnerungen an
das Prätorianerlager der Kaiserzeit; beim Bahnhof erhielten sich noch Stücke des Serviuswalles und der Serviusmauer und die
großartigen Reste der Diokletiansthermen, bei der Pescaria der antike Haupteingang zum Porticus Octaviae mit Giebel und Säulen,
nahe dabei die Reste des Marcellustheaters, eines Prachtbaues von Julius Cäsar, gegen den Fluß hin der
Tempel der Fortuna virilis aus republikanischer Zeit und der zierliche Rundtempel der Vesta, eine rein römische Schöpfung mit 19 im
Kreise stehenden, edel gebildeten Marmorsäulen.
Bei San Giorgio in Velabro steht noch der antike Janus quadrifrons, ein Bogen mit 32 Nischen für Götterstatuen; gegenüber
lehnt sich an die Kirche die Ehrenpforte des Septimius Severus, welche ihm die Handeltreibenden errichteten,
und ihr gegenüber gelangt man zum Eingang der trefflich erhaltenen Cloaca maxima (s. d.), einer der großartigsten Bauschöpfungen
der alten Kaiserzeit, durch welche jetzt noch das Abwasser in den Tiber strömt. Weiterhin, unterhalb des Palatin, ist vom
Circus maximus, der schon in der Königszeit zu Rennspielen diente, nur noch die Form nebst einigen
Resten der Carceres (worin die Wagen aufgestellt wurden) erhalten (s. Circus).
Als prächtige Trümmer ragen dagegen die nahen Caracallathermen auf, einst die prachtvollsten Luxusbäder der Welt, von der
kühnsten, riesigsten Baukonstruktion (s. Tafel »Baukunst VI«,
[* ] Fig. 11). Noch sind vor der Porta San Sebastiano
vom Zirkus des Maxentius die Spina und Meta sowie die untern Teile der Langseiten samt der Porta triumphalis vorhanden. An der
Via Appia erheben sich die Grabmonumente des antiken Rom noch in zahlreichen Resten, und vor allen tritt der Rundbau
des Grabmals der Cäcilia Metella (s. d.), aus der Zeit des Augustus, hervor, während an der Porta San Paolo
die Pyramide des Cestius (s. d.), eines Zeitgenossen des Augustus, sich erhebt. Stadtwärts erinnern die Marmorblöcke der antiken
Marmorata an das alte Emporium, die Anlandestelle des antiken Tiberhafens. - Die Aquädukte sind wahrhaft stolze Denkmäler
der alten Größe Roms.
Noch jetzt werden vier davon benutzt: die Acqua Vergine (erneuert 1450), welche den schönsten Springbrunnen Roms, die Fontana di Trevi
(s. d.), bildet;
die Acqua Marcia (erneuert 1870), welche auf der Piazza delle Terme eine prächtige Fontäne speist;
die Acqua
Felice, von Sixtus V. (Fra Felice) errichtet, welche als Hauptbrunnen die Fontana di Termini bildet;
auf
dem rechten Ufer, von Paul V. hergestellt, die Acqua Paola mit der Fontana Paolina auf der Höhe des Janiculus und den beiden Fontane
del Vaticano auf dem Petersplatz.
Auf jeden Bewohner der Stadt kommen alle 24 Stunden 700 Lit. Wasser, wovon 500 zum häuslichen
Gebrauch verwendet werden können.
Bevölkerung.
Die Zahl der Einwohner Roms hat seit einer Reihe von Jahren regelmäßig zugenommen; sie betrug 1840: 154,630, 1850: 170,820,
1860: 184,050, 1870: 226,022 und 1881: 273,268 (als Gemeinde mit dem Agro Romano 300,467) Seelen. Was den Charakter des Römers
betrifft, so herrscht in ihm ein Zug
von Ernst, Bedächtigkeit und Maß, verbunden
mehr
mit stolzer und doch freier Haltung. Herkommen und Gebrauch haben eine große Macht über den Römer. Dieselbe Äußerlichkeit
dringt aber auch durch alle höhern Lebensgebiete. Eine Religion ohne glänzende Zeremonien würde kaum verstanden werden;
die Pracht der Kirchen, wie sie nicht nur in St. Peter, sondern auch in den neuesten Kirchenausschmückungen
herrscht, geht ganz aus dem Geiste des Römers hervor. Auch in den Wissenschaften, die in Rom gedeihen, machen diejenigen, die
auf äußern Beobachtungen beruhen, die glänzendsten Fortschritte (Astronomie, Physik, Archäologie etc.). Sinn für äußern
Schmuck zeigt selbst die Anordnung u. Ausschmückung der Lebensmittel in den öffentlichen Laden; ambulante, malerisch
gruppierte Buden ziehen bei Kirchenfesten, wo es irgend erlaubt ist, in die unmittelbare Nähe des Gotteshauses.
Die Frauen ziehen in der Bekleidung das Bunte vor; auch der Mann schmückt sich mehr als anderswo. Geselligkeit, sei es im
Café oder im Theater oder in gesellschaftlichen Zirkeln, ist dem Römer wie dem Italiener überhaupt in weit
höherm Grad Bedürfnis als dem Nordländer, und nur aus diesem Zug
läßt sich das wunderbare Gewoge des täglichen Passeggio auf
bestimmten Straßen und Plätzen erklären. In der häuslichen Einrichtung herrscht dagegen eine auffallende Genügsamkeit.
Für die Natur hat der Römer einen gewissen äußerlichen Sinn, aber den Phantasie- und Stimmungsgenuß
kennt er weit weniger als der Nordländer. Merkwürdig sind bei der mangelhaften Bildung des Römers in den untern und selbst
in den mittlern Schichten die außerordentliche Lebhaftigkeit des Verstandes, die Gelehrigkeit, der Scharfsinn und der Geist
behaglicher Ironie, der schöne Gebrauch der Sprache sowie das Gewandte und das Sinnreiche in der Unterhaltung.
Fremde Sprachen, selbst die naheliegende französische, engen den Römer ein; dagegen werden das verwandte Latein und die Pflege
der Muttersprache hochgehalten. Es herrscht in eine ziemlich scharfe Scheidung der Stände; der hohe Adel (darunter die einst
souveränen Feudalgeschlechter der Colonna und Orsini, der Borghese, Chigi, Rospigliosi; ferner die Doria,
Cesarini, Odescalchi; die durch päpstliche Investitur geadelten Caetani, Massimi, Gabrielli; die durch Kauf von fürstlichen
Gütern geadelten Torlonia, Grazioli etc.) lebt ziemlich abgeschlossen für sich; der Chef der Familie trägt den ältesten Titel
derselben und der älteste Sohn, wenn er sich verheiratet, den zweitältesten Titel.
Der Adel besitzt den größten Teil der Campagna, und einige seiner Familien gehören zu den reichsten des Landes. Einen höhern
Mittelstand bilden außer den Beamten die Pachtunternehmer der Campagna, die Künstler und Kaufleute der bedeutendsten Magazinhallen.
Eigentümlich ist in den untern Volksschichten das Gemisch antiker Erzählungen, wie sie die vielen Ruinen
darbieten, und der täglichen geistigen Nahrung durch biblische Geschichten und Legenden. Der Römer hat ein angebornes Talent
für die Musik; seine Liebhaberei für die Laute ist sprichwörtlich.
Auf dem Land begleitet den Saltarello (s. d.), den echt römischen Nationaltanz, eine sehr einförmige
Musik; auch die Melodie des Ritornello ist monoton. Für die Oper ist der Römer, wie jeder Italiener, leidenschaftlich
begeistert; aber er liebt auch hier vornehmlich das Effektstück. Die Römerinnen haben die antiken Verhältnisse des Körpers
noch am treuesten bewahrt; namentlich sind Kopf und Büste oft auffallend schön geschnitten, und ist in dieser Beziehung die
Metropole der weiblichen Schönheit.
Wie in allen
italienischen Städten, ersetzt für die Gewerbe die Straße Magazin und Küche: auf der Straße wird gebraten, gehämmert,
gehobelt, gekrämert etc. Das Krämern ist im Volk fast eine Leidenschaft; dagegen wird das Handwerk als mühsame, andauernde
Arbeit weniger gesucht. Arbeitet aber der Römer einmal, so arbeitet er meist sehr fleißig, gewandt und
tüchtig. Dabei lebt er äußerst einfach und mäßig. Das große hat viel Kleinstädtisches; man kennt sich weit mehr als
in andern großen Städten, und mit eleganten Magazinen, großartigen Einrichtungen ist es immer noch spärlich versehen.
Schmutz, Arbeitsscheu und Bettelei haben allerdings, seit Rom Kapitale ist, sehr abgenommen. Der Bettler
ist kein privilegierter Stand mehr, wie ehedem. Auch die Zahl der Verbrechen hat sich erheblich vermindert. Industrie und Handel
sind in Rom nicht von großem Belang und werden meist nur im kleinen betrieben. Unter den Industrieerzeugnissen sind
hervorzuheben: Gold- und Silberarbeiten, Perlen, Mosaiken, Kameen, römische Seidenbänder, Schärpen und
andre Seidenwaren, Darmsaiten, Malerutensilien etc. In Verbindung mit der außergewöhnlichen Bauthätigkeit der letzten Jahre
hat sich das Baugewerbe, insbesondere die Ziegelbrennerei, beträchtlich entwickelt.
Hauptgegenstände der Einfuhr sind: Kolonialwaren, Fische, Vieh, Getreide u. Reis, Mehl, Wein, Orangen, Feigen, Manufakturwaren,
Brenn- und Baumaterialien, Eisen;
Hauptgegenstände der Ausfuhr: Häute und Felle, Wolle, Käse, Artikel der
Kunstindustrie und als Ballast die treffliche Puzzolanerde aus der Umgegend Roms. Von der größten wirtschaftlichen Bedeutung
für ist natürlich der Fremdenbesuch. Unter den Kreditinstituten ist die Nationalbank des Königreichs Italien (Emissionsbank)
mit einem Aktienkapital von 200 Mill. Lire das bedeutendste. Eisenbahnen führen von Rom nach Neapel, nach
Pisa (Küstenbahn), über Orte und Siena nach Florenz, über Foligno nach Florenz und Ancona, endlich nach dem Hafen von Fiumicino,
welcher nebst Civitavecchia den Handel Roms zur See vermittelt. Für den städtischen Verkehr sorgen Pferdebahnen, Omnibusse und
zahlreiche Mietwagen. Nach Tivoli führt außerhalb der Porta S. Lorenzo ein Dampftramway.
Bildungs- und Wohlthätigkeitsanstalten, Behörden.
Die Unterrichtsanstalten Roms sind in der Neuzeit einer völligen Reorganisation unterworfen worden. Die Universität (Sapienza)
zählt vier Fakultäten (für Jurisprudenz, Medizin, mathematische und Naturwissenschaften und philologisch-philosophische Fächer)
und hatte 1883-84: 149 Dozenten und 1058 Studierende. Mit derselben verbunden sind: die Biblioteca Alessandria, mehrere Kliniken
und andre medizinische und naturwissenschaftliche Institute, ferner das neue astronomische Observatorium auf dem Kapitol (das
ältere berühmte Observatorium befindet sich auf dem Collegio Romano), der botanische Garten und das chemische Laboratorium.
Andre höhere Lehranstalten sind: das technische Institut Leonardo da Vinci, die königliche Ingenieurschule, das königliche Lyceum
Ennio Quirino Visconti (im frühern Collegio Romano), das königliche Institut der schönen Künste. Auch
das Elementarschulwesen hat in Rom, seit es die Hauptstadt Italiens geworden, sehr erfreuliche Fortschritte gemacht. Privatinstitute
unter geistlicher Direktion sind die vom päpstlichen Stuhl erhaltenen Anstalten, als: das vatikanische Seminar, das Collegio
Romano (mit dem Museum Kircherianum), das Kollegium de propaganda fide (für Missionäre), das Kollegium des
heil. Thomas von Aquino