Blüte
[* 2] entfaltet wurde (besonders am
Rhein, in
München,
[* 3]
Würzburg,
[* 4]
Dresden,
[* 5]
Berlin
[* 6] und
Potsdam)
[* 7] und bis um 1770 herrschend blieb,
nachdem schon seit
ca. 1750 die
Reaktion des nüchternen und steifen
Zopfstils eingetreten war. Der Rokokostil brachte keine
neuen konstruktiven
Elemente mit, sondern war vorzugsweise
Dekoration.
Semper bezeichnet es als Eigentümlichkeit
des Rokoko, daß »das Rahmenwerk in ihm selbständig und zum
Organismus wird, alle andern traditionellen
Formen der
Baukunst
[* 8] zu
ersetzen beginnt«.
Eine willkürliche, aber äußerst anmutige Ornamentik, bei der eine eigentümliche Muschelform die Hauptrolle spielt, macht
sich auf
Kosten einer strengen
Stilistik geltend. Besonders in der Innendekoration übt das Rokoko einen märchenhaft
bestrickenden
Reiz aus. Die Bemalung hielt sich in hellen, gebrochenen
Farben; viel wurde namentlich auch Vergoldung angewandt.
Die Hauptschöpfungen des Rokoko, welches sich von
Frankreich über ganz
Europa
[* 9] verbreitete, und das jetzt wieder sehr in
Aufnahme
gekommen ist, sind die
Schlösser in
Versailles,
[* 10] in
Brühl und
Benrath am
Rhein, in
München
(Nymphenburg),
Würzburg, der
Zwinger und das
JapanischePalais in
Dresden,
Schloß Friedrichskron und
Sanssouci bei
Potsdam.
Das Rokoko erstreckte sich auch auf das gesamte
Kunstgewerbe des 18. Jahrh. und hat namentlich der Porzellanfabrikation ihr Gepräge
gegeben. Es nahm auch chinesische
Elemente in sein dekoratives
System auf.
Seine Thaten und
Abenteuer bildeten seit frühster Zeit den
Inhalt zahlreicher französischer
Volkslieder, denen dann die bezügliche
Erzählung in
Turpins (s. d.)
»Chronik« (um 1095) ihre Entstehung verdankte, wie nach denselben Liedern ein
Sänger des 11. Jahrh.
das französische Volksepos
»Chanson de Roland« dichtete, das seinerseits wieder dem deutschen
Rolandslied
(s. d.) des
PfaffenKonrad zur Grundlage diente (vgl.
Karlssage). Auch die zahlreichen spanischen
Romanzen von Roland aus dem 13. Jahrh.
(abgedruckt bei
Wolf u.
Hofmann, »Primavera de romances«, Berl. 1856)
gehen auf französische
Quellen zurück, wogegen die italienische Bearbeitung des
Stoffes durch den
Florentiner
[* 12] Sostegno di Zanobi unter dem
Titel: »La Spagna« (14. Jahrh.) auf
ältern, in
Italien
[* 13] selbst verfaßten Gedichten beruht. Die spätern italienischen
Epen, welche die
Kampfes- und Liebesabenteuer
Rolands zum Gegenstand haben, wie »Morgante maggiore«vonL.Pulci,
»Orlando innamorato« von
Bojardo und namentlich der
»Orlando furioso«
von
Ariosto, entfernen sich weit von der ursprünglichen
Sage.
delaPlatière (spr. -lāng d'la platjähr),JeanMarie, franz. Staatsmann, geb. zu
Thizy bei
Villefranche
im
Beaujolais, trat in seinem 19. Jahr inNantes
[* 14] bei einem Schiffsreeder, dann in
Rouen
[* 15] bei dem Inspektor
der Manufakturen in
Dienst und ward dann selbst Inspektor in
Amiens.
[* 16]
BeimAusbruch der
Revolution war er Generalinspektor der
Manufakturen und
Fabriken in
Lyon,
[* 17] wurde um diese Zeit in die Munizipalität dieser Stadt berufen und gründete 1790 einen
Jakobinerklub.
Zur Vertretung der gewerblichen
Interessen 1791 von
Lyon zur
Nationalversammlung nach
Paris
[* 18] gesandt, trat
er hier in
Verbindung mit den
Girondisten, siedelte im
Dezember nach
Paris über und erhielt durch
Brissot im Girondeministerium
vom März 1792 das
Portefeuille des Innern, bis ihn
Ludwig XVI. eines allzu freimütigen
Briefs wegen 13. Juni entließ.
Kaum war jedoch der Umsturz des
Throns erfolgt (10. Aug.), als Roland de la Platière wieder in das
Ministerium eintrat. Er bewies sich als einen ebenso
entschiedenen Feind der anarchischen Bestrebungen der
Bergpartei, wie er jeden
Angriff auf die wahre Volksfreiheit energisch
zurückwies. Von den
Jakobinern des Bestrebens beschuldigt, die
Provinzen politisch selbständig und von der
Hauptstadt unabhängig zu machen, gab Roland de la Platière seine Entlassung ein.
BeimSturz der
Girondisten Anfang Juni 1793 ward auch
RolandsVerhaftung dekretiert; doch entkam er nach
Rouen und gab sich auf die Nachricht vom
Tod seiner
Gattin15. Nov. selbst den
Tod. Unter seinenSchriften sind die an seine spätere
Gattin gerichteten »Reisebriefe« (Amsterd.
1782, 6 Bde.) und das
»Dictionnaire des manufactures et des arts qui en dépendent« (3 Bde.)
zu erwähnen, das er für
Panckouckes »Encyclopédie méthodique« schrieb. - Seine
GattinMarieJeanne Roland de la Platière, geb. zu
Paris, Tochter des Goldschmiedes Phlipon, wurde durch das
Studium des
Altertums für republikanische
Ideen
gewonnen und unterstützte ihren
Gatten, den sie heiratete, in seinen
Geschäften als
Minister; namentlich war sie
die Verfasserin mancher
Aufsätze und
Adressen, welche im
Interesse der
Politik ihres
Gatten zur
Öffentlichkeit gelangten.
Gedichts ist im wesentlichen folgender: KaiserKarl d. Gr. von einem Engel gemahnt, zieht nach Spanien gegen die Heiden. Fast das
ganze Land ergibt sich ihm bis auf Saragossa,
[* 22] wo König Marsilie thront. Auf seines NeffenRolandRat sendet Karl dessen Stiefvater
Genelun als Abgeordneten an den königlichen Gegner. Genelun, hinter RolandsVorschlag schlimme Absicht
vermutend, beschließt, jenen zu verderben. Er rät dem Heidenkönig, sich scheinbar dem Kaiser zu unterwerfen, um dann seine
Feinde desto sicherer zu vernichten, heuchelt bei Karl guten Erfolg der Botschaft und überredet ihn, abzuziehen und Roland
als Statthalter im eroberten Land zurückzulassen.
Eilig zieht dieser herbei, doch zu spät; er trifft seine Paladine als Leichen, unterwirft die Heiden im Kampf und rächt dann
den Verrat an Genelun, welcher zu Aachen,
[* 25] wie der Schluß des Gedichts berichtet, von Pferden zerrissen wird.
Das Rolandslied bleibt in der Form hinter den bedeutendern epischen Erzeugnissen einer spätern Zeit zurück, ist
aber reich an gewaltigen, echt volksmäßigen Zügen; die Glaubensfreudigkeit der Zeit spricht sich darin in oft großartiger
Lebendigkeit aus. Ein Bruchstück des Gedichts wurde zuerst in Schilters »Thesaurus antiquitatum teutonicarum«, Bd. 2 (Ulm
[* 26] 1727), veröffentlicht. Vollständige Ausgaben besorgten W. Grimm (mit Einleitung über die Geschichte der zu Grunde liegenden
Sage, Götting. 1838) und Bartsch (Leipz. 1874). Das Gedicht des PfaffenKonrad erfuhr um 1250 durch den Stricker (s. d.), einen
österreichischen Dichter, welcher dabei jedoch auch noch französische Gedichte über Karl d. Gr. benutzte,
eine verbreitende und poetisch abschwächende Bearbeitung, welche unter dem Titel: »Karl« bekannt ist und sich gleichfalls
bei Schilter findet (hrsg. von Bartsch, Quedlinb. 1857). Eine treuere Umarbeitung enthält das dem Anfang des 14. Jahrh.
angehörende, in niederfränkischer Sprache geschriebene cyklische Gedicht »Karlmeinet« (hrsg. von Keller, Stuttg. 1858).
Vgl.
W. Wald, Über Konrad, den Dichter des deutschen Rolandsliedes (Halle 1879).