(ital. ritornello, »Wiederkehr«)
heißen die
Instrumental-Vor-, Zwischen- und
Nachspiele in Vokalkompositionen
(Arien, Oratorien etc.), auch wohl die
Tutti in
Konzertstücken. Als Erfinder des Ritornells gilt
Carissimi. ist ferner die älteste Form der italienischen Volkspoesie, die
noch jetzt in zahlreichen Volksliedern angewendet wird. Sie besteht aus einer dreizeiligenStrophe, deren
erste und dritte
Zeile zu reimen pflegen; die
Verse sind gewöhnlich fünffüßige
Iamben, doch ist die erste
Zeile häufig ein
Halbvers. Im
Deutschen wurde das Ritornell besonders von
Fr.
Rückert und W.
Müller mit
Glück nachgeahmt.
(poln.
Ryczywol), Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Posen,
[* 3]
Kreis
[* 4]
Obornik, an der Flinta (Nebenflüßchen
der
Welna), hat (1885) 983 meist kath. Einwohner.
1)
FriedrichWilhelm, berühmter Philolog, geb. zu Großvargula bei
Erfurt,
[* 5] vorgebildet unter Spitzner
zu
Erfurt und
Wittenberg,
[* 6] studierte seit 1825 in
Leipzig
[* 7] unter
Hermann und seit 1826 in
Halle unter
Reisig,
wurde 1829
Privatdozent und 1832 außerordentlicher
Professor in
Halle, 1833 außerordentlicher und 1834 ordentlicher
Professor
in
Breslau
[* 8] an
PassowsStelle, 1839 nach einer längern
Reise in
Italien
[* 9] (1837-38)
Professor der klassischen
Philologie und Mitdirektor
des philologischen
Seminars zu
Bonn,
[* 10] 1854 auch Oberbibliothekar sowieDirektor des akademischen
Kunst- und
des rheinischen Altertumsmuseums daselbst, erhielt 1856 den
Titel eines
GeheimenRegierungsrats, nahm 1865 infolge einer vom
preußischen Kultusminister wegen
Differenzen mit O.
Jahn eingelegten Disziplinaruntersuchung seine Entlassung, folgte im
Herbst
d. J. einem
Ruf nach
Leipzig und starb dort Als Universitätslehrer hat eine Wirksamkeit und
einen Einfluß ausgeübt wie keiner seiner Zeitgenossen.
Ein beredtes
Zeugnis dafür sind die »Symbola philologorum Bonnensium
in honoremFr. Ritschelii collecta« (Leipz. 1864-67),
43 Abhandlungen
von
Schülern Ritschls zur
Feier seiner 25jährigen akademischen Thätigkeit in
Bonn, und die
»Acta societatis philologae Lipsiensis«
(das. 1871-76, 6 Bde.). Seine wissenschaftlichen
Leistungen bezogen sich im Anfang auf die
griechische Litteratur. Hierher gehören seine
AusgabedesThomasMagister
(Halle 1832),
zu
Dionysios von Halikarnaß (das. 1838 u.
Bonn 1846),
über »Die alexandrinischen
Bibliotheken unter den ersten
Ptolemäern und die Sammlung der Homerischen Gedichte durchPisistratus« (Bresl.
1838; ein umfangreiches Korollarium dazu,
Bonn 1840),
aus späterer Zeit besonders seine
Ausgabe von
Äschylos'
»Sieben gegen Theben«
(Elberf. 1853; 2. Aufl. unter Mitwirkung von F.
Schöll, Leipz. 1875). Seine Hauptverdienste liegen jedoch auf dem Gebiet
der römischen Litteratur; hier waren seine
Schriften bahnbrechend für
Plautus, die
Inschriften und die
historische
Grammatik.
Sein Hauptwerk ist die kritische Bearbeitung des
Plautus mit umfassenden Prolegomenen (unvollendet,
Bonn
u. Elberf. 1848 bis 1854, 3 Bde., 9
Stücke enthaltend; fast völlig neue Bearbeitung, von Ritschl begonnen, von
Götz,
Löwe und
Schöll fortgesetzt, bis jetzt Bd. 1-3, Leipz. 1881 bis
1887), vorbereitet besonders durch die
»Parerga zu
Plautus und
Terentius« (1. Bd., nicht fortgesetzt, das.
1845). Auf dem Gebiet der lateinischen Epigraphik heben wir das Prachtwerk »Priscae
latinitatis monumenta epigraphica« (Berl. 1864) hervor, in welchem
er denInschriften
durch Verwertung für die Sprachgeschichte
eine neue
Stellung zuwies. Sonst legte er die
Resultate seiner Forschungen in zahlreichen Abhandlungen
nieder. Dieselben sind gesammelt als
»Kleine philologische
Schriften« oder »Opuscula philologica« (Leipz.
1867-79, 5 Bde.). Auch gab er seit 1841 mit
Welcker, seit 1866 mit
Klette eine
»NeueFolge« des
»RheinischenMuseums für
Philologie«
heraus.
Seine in der jüngern theologischen
Welt
sehr verbreitete
Schule kennzeichnet sich dadurch, daß sie unter Bezugnahme auf
Kant alle nicht von ethischen
Prinzipien ausgehende und geleitete
Metaphysik überhaupt ablehnt und die ganze
Glaubenslehre durch die religiös-ethische
Idee des Gottesreichs als des objektiven
Zweckes der Gottesoffenbarung und der sittlichen Bethätigung der
Gemeinde beherrscht
sein läßt.
(lat. Equites),
Krieger zu
Pferd,
[* 20] welche im alten
Rom und
[* 21] später in den
Staaten des
Mittelalters
einen besondern
Stand bildeten. In
Rom wurde die Begründung des
Standes der Ritter auf
Romulus zurückgeführt, welcher aus den
drei patrizischen
Tribus der
Ramnes,
Tities und
Luceres drei
Centurien (= 300)
Reiter für den
Kriegsdienst aufstellte, welche Zahl
noch unter den ersten
Königen auf sechs erhöht wurde.
Servius Tullius, der auch die Nichtbürger
(Plebejer)
zu militär. Leistungen heranzog, indem er alle Einwohner
Roms nach dem
Vermögen in fünf
Klassen teilte u. danach die Art
ihres Militärdienstes bestimmte, schuf aus denjenigen, deren
Vermögen den
Satz der ersten
Klasse überstieg, zwölf (plebejische)
Reitercenturien, die auch besondereRechte erhielten. Diese 1800 Mann Legionsreiterei in
Rom bildeten die
Anfänge des Ritterstandes (ordo equester); sie erhielten ihr
Pferd vom
Staat gestellt (equus publicus) und einen Geldbeitrag
für den Unterhalt
¶
mehr
desselben (aes hordearium), aber keinen Sold. Bald wurde auch für die Qualifikation zum Reiterdienst und demnach auch zur Ritterwürde
ein Vermögenssatz (400,000, später 600,000 Sestertien) fixiert; die Zahl der Ritterfähigen überstieg trotzdem schon in
den ersten Jahrhunderten der Republik die der zu besetzenden Stellen, und es lag dem Zensor ob, aus den befähigten
Personen durch Verleihung des equus publicus die Ritter zu ernennen, ebenso wie durch Entziehung desselben bei gesunkenem Vermögen
oder sittlichem Makel jemand aus dem Ritterstand zu stoßen. Es ist erklärlich, wenn der Zensor, der selbst senatorischen
Standes war, bei der Verleihung des Ritterpferdes seine Standesgenossen vorzugsweise berücksichtigte; allmählich
aber übertrug man die Bezeichnung auch auf alle diejenigen, die durch ihr Vermögen zum Eintritt in den Reiterdienst befähigt
waren, denselben wohl auch mit eignen Pferden in besondern Freiwilligenkorps ausübten (equites equo privato). So umfaßte
also mit der Zeit der Ritterstand die gesamte senatorische und nichtsenatorische reiche Gesellschaft in
Rom, die Adels- und die Geldaristokratie.
Eine Trennung hierin brachte der im J. 129 v. Chr. gefaßte Volksbeschluß, daß jeder in den Senat eintretende Ritter sein Ritterpferd
abzugeben und auf den Stimmplatz in den 18 Rittercenturien zu verzichten habe. Vergrößert wurde die Trennung durch die
Untersagung aller öffentlichen Geldgeschäfte von seiten der Senatoren, wodurch die Ritter zum besondern
Stande der Financiers und großen Kaufleute wurden. Besondere Gelegenheit zu ihren Finanzoperationen und dadurch vergrößerte
Kapitalmacht gab ihnen GajusGracchus, indem er durch die Volksversammlung ein neues System der Steuererhebung in der kürzlich
erworbenen ProvinzAsien
[* 23] votieren ließ und dabei die Interessen der Ritter vorzugsweise bedachte.
Zugleich überließ er ihnen durch die Lex judiciaria vom Jahr 123 die Funktionen in den Schwurgerichten, indem er die Geschwornenliste
nach Analogie der Rittercenturien aus sämtlichen ritterfähigen Personen jährlich neu formieren ließ und die Senatoren geradezu,
die Söhne der Senatoren durch Festsetzung einer gewissen Altersgrenze von den Gerichten ausschloß. Zu
derselben Zeit kamen auch äußere Vorrechte für die Ritter auf, das Tragen des goldenen Ringes statt des gewöhnlich eisernen
oder kupfernen, der Augustus clavus, ein aus zwei schmalen Streifen bestehender Purpursaum an der Toga,
[* 24] besondere Plätze in
den Theatern.
Was Gracchus den Rittern gegeben, nahm ihnen Sulla im vollsten Umfang wieder (82-79); Pompejus dagegen gab
im J. 70 den Rittern wiederum zwei Drittel aller Plätze in den Gerichtshöfen, stellte die alte Pachterhebungsweise in Asien
wieder her, und im J. 67 erhielten die Ritter durch Volksbeschluß auch die 14 reservierten Bänke im Theater
[* 25] wieder. Inzwischen
hatte der Heerdienst der Ritter so gut wie aufgehört; Marius ließ die römische Legionsreiterei ganz eingehen,
und die Ritter erschienen von jetzt an nur noch als eine städtische berittene Nobelgarde bei Aufzügen und Volksfesten, kommandiert
von dem Princeps juventutis, der in der Kaiserzeit meist ein Prinz des kaiserlichen Hauses war. Wer aus dem
Ritterstand noch in das Heer eintrat, diente als Reiter in der Cohors praetoria des Feldherrn oder übernahm eine Offizierstelle
als Tribunus legionum oder Praefectus cohortium.
Vgl. Zumpt, Über die römischen Ritter und den Ritterstand in Rom (Berl. 1840);
Madwig, Kleine philologische Schriften, S. 477-560 (Leipz. 1875). -
Die Ritter des Mittelalters sind keineswegs als aus
jenem römischen Ritterstand hervorgegangen und als dessen
Fortsetzung aufzufassen; vielmehr entwickelte sich dieser mittelalterliche Ritterstand aus dem Gefolgs- und Lehnswesen (s.
Ritterwesen) -
In Österreich
[* 26] ist Ritter noch jetzt die Bezeichnung für die zweite Stufe des niedern Adels, indem der Ritter zwischen dem »Edlen«
und dem »Freiherrn« steht. Einige Ordensverleihungen haben die Erhebung in den Ritterstand oder doch die taxfreie Verleihung
des Ritteradels für den darum Nachsuchenden zur Folge. In England gibt es einen nicht erblichen Ritterstand und Rittertitel
(knights), der vom König auf Lebenszeit verliehen wird. Im allgemeinen Bezeichnung der Inhaber eines Ordensritterkreuzes.
Zur Einsammlung von geographischen Anschauungen und litterarischen Hilfsmittel für die Erdkunde
[* 30] von Europa
[* 31] durchwanderte er
auf jährlichen Reisen fast alle LänderEuropas. Er starb in Berlin. Seine Vaterstadt errichtete
ihm 1864 ein Denkmal. ist der Begründer der sogen. vergleichenden Erdkunde und hat hiermit erst die Geographie zur Wissenschaft
erhoben. Sein (unvollendet gebliebenes) Hauptwerk ist: »Die Erdkunde im Verhältnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen«
(Berl. 1817-18, 2 Bde.), welches er in
der 2. Auflage nach einem großartig erweiterten Plan bearbeitete, so daß der 1. Band
[* 32] (2. Aufl., das. 1822)
Afrika
[* 33] als abgeschlossenes Ganze behandelt, während die folgenden 9 Bände in 19 Teilen (das. 1832-59) der Beschreibung von
Asien gewidmet sind (vgl. Erdkunde, S. 752 f.). Außerdem schrieb Ritter: »Europa, ein geographisch-historisch-statistisches Gemälde«
(Frankf. 1804-1807, 2 Bde.);
»Vorhalle europäischer Völkergeschichten vor Herodot«
(Berl. 1820);
»Die Stupas oder die architektonischen Denkmale an der indobaktrischen Königsstraße und die Kolosse von Bamiyan«
(das. 1838).
»Allgemeine Erdkunde« (das. 1862) und »Europa«
(das. 1863) von Daniel, sein Briefwechsel mit dem Mineralogen Hausmann von Wappäus (Leipz. 1879) veröffentlich. Zu seinem
Andenken wurden die Karl Ritter-Stiftungen in Berlin und Leipzig gegründet, welche die Förderung der Geographie überhaupt
¶