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Feuerwehr und zahlreiche
Pferdebahnen, die den
Verkehr auch mit den entferntesten Vorstädten vermitteln. Unter den
Straßen
der
Altstadt ist die Rua direita hinter dem
Kai die belebteste. Sie ist Sitz der Kaufleute, und in ihr liegen das Zollhaus,
die
Börse, das Postgebäude und die
Kathedrale; südlich mündet sie in den
Largo do
Paco mit dem alten
kaiserlichen
Palast (in welchem die bei Hoffesten benutzten Galaräume liegen, der aber nicht vom
Kaiser bewohnt wird), dem
Abgeordnetenhaus und einer
Markthalle.
Die in die Rua direita einmündende Rua do
Ouvidor ist eine der schönsten der Stadt mit zahlreichen luxuriös ausgestattete
Läden; sie führt auf den
Largo de
São Francisco de Paulo, den eine
Statue José
Bonifacios ziert.
Schön
angelegt ist der Praça da Constitução mit dem zweiten
Theater
[* 2] der Stadt
(São Pedro d'Alcantara) und dem Denkmal des
Kaisers
Pedro I. Der ausgedehnte Praça de Acclamação, zur
Erinnerung an die
Erklärung der Unabhängigkeit
Brasiliens
so genannt, trennt die
Altstadt von der Cidade nova. An diesem zu einem
Park umgeschaffenen Platz liegen die St. Annakirche,
eine große
Kaserne, die
Münze, der Senatspalast, das Nationalmuseum, das Stadthaus, das Opernhaus und der
Bahnhof der
Dom
Pedro
II.-Bahn.
In der Neustadt [* 3] sind die Straßen breiter und weniger belebt als in der Altstadt, sie bietet aber sonst nichts Bemerkenswertes, wogegen sich die Vorstädte durch zahlreiche Villen und üppige Gärten auszeichnen. In der Vorstadt Matoporcos, beim Morro de São Rodrigues (117 m), im SO., befindet sich das großartige Zuchthaus; an sie grenzt Engenho velho. Nördlicher, an der Bai, liegt São Christovão mit dem kaiserlichen Schloß Boa Vista in unvergleichlich schöner Lage.
Wichtiger sind die südlichen Vorstädte, zunächst Ajudá und da Gloria, mit dem Jardim publico, einem englischen Park, am Ufer der Bai, der Nationalbibliothek und dem reich ausgestatteten Casino Fluminense, einem Klub. Auf dieses folgt Cateba, dessen Villen sich die Hügelhänge hinanziehen, mit dem Hospital des Portugiesischen Wohlthätigkeitsvereins. Im Hintergrund einer Bai, zwischen dem Corcovado und einer gegen den offenen Ozean hin liegenden Hügelreihe, erstreckt sich die südlichste Vorstadt, Botafogo, mit der großen Irrenanstalt Dom Pedros II. und dem Quartél de Praia Vermelha, einer befestigten Kaserne, jetzt Militärschule.
Südwestlich von Botafogo liegt der botanische Garten [* 4] mit seiner berühmten Allee von Königspalmen. Alt- und Neustadt von Rio de Janeiro [* 5] sind nur 3000 m lang und etwa 1600 m breit, aber mit ihren Vorstädten mißt die Stadt fast 10 km von NW. nach SW. und erstreckt sich 16 km weit längs der Bai. Das Klima [* 6] galt früher für gesund, aber seit 1849 fordert das gelbe Fieber fast jährlich seine Opfer (Januar bis Mai). Nach Beobachtungen auf der Sternwarte [* 7] ist die Temperatur des Januars 26,5° C., die des Juli 21,4° C., und es fallen jährlich an 99 Tagen 1110 mm Regen.
Rio de Janeiro soll 1872: 228,743 Bewohner gehabt haben, von denen 37,567 Sklaven waren;
1885 schätzte man aber die Bevölkerung [* 8] auf 357,332 Seelen.
Unter den Ausländern sind, abgesehen von den Portugiesen, die Franzosen am zahlreichsten; ihnen gehören die reichsten Verkaufsläden, sie beteiligen sich aber auch am Großhandel. Ihnen zunächst kommen die Deutschen (etwa 5000), meist Kaufleute, Gastwirte, Lehrer und Handwerker, mit eignen Schulen, protestantischer Kirche (seit 1845) und dem schönen Germaniaklub. Auf sie folgen die Engländer, die indes im Großhandel die hervorragendste Stellung einnehmen. ist vorwiegend Handelsstadt, hat aber auch bedeutende gewerbliche Anstalten.
Abgesehen von dem
Arsenal da
Corte (der Marinewerkstätte auf der Ilha dos
Cobras), sind hier zu erwähnen:
Eisengießereien, Maschinenbauwerkstätten,
Baumwoll- u. Segeltuchwebereien,
Tabaks- und Zigarrenfabriken,
Destillationen,
Brauereien,
Korn-,
Säge- und
Ölmühlen, Hutfabriken, Diamantenschleifereien,
Gerbereien etc. Eigentümlich ist Rio de Janeiro die Herstellung von
Blumen
aus dem vielfarbigen
Gefieder der
Vögel.
[* 9] Der
Handel ist ungemein wichtig, denn ist der Hauptstapelplatz
Brasiliens sowie der
ganzen Ostküste
Südamerikas.
Monatlich gehen 15 Postdampfer nach
Europa
[* 10] und 2 nach
Nordamerika
[* 11] ab, und noch häufiger ist die
Verbindung mit den Küstenstädten.
Auch führen bereits mehrere
Eisenbahnen in das
Innere. Die Stadt bietet jegliche Bequemlichkeit für die Reparatur von
Schiffen
und hat mehrere
Docks. Unter den Anstalten, die den
Handel fördern, sind auch seine 9 größern
Banken
zu erwähnen (darunter die
Banco do
Brazil mit 33 Mill.
Milreis
Kapital). Im J. 1885/86 liefen 11,160
Schiffe
[* 12] von 1,287,119
Ton.
Gehalt vom
Ausland ein.
Unter den vom Ausland eingelaufenen Schiffen waren 503 englische, 112 französische, 120 deutsche, 53 brasilische, 80 schwedische und 84 nordamerikanische. Die Ausfuhr (ohne Küstenhandel) betrug 1863-64: 54,225,000 Milreis, 1882-83: 90,994,216, 1885-86: 92,469,238 Milreis;
die Einfuhr in denselben Jahren belief sich auf bez. 20,075,000, 99,196,638 und 100,164,914 Milreis. Von der Ausfuhr kommen etwa 94 Proz. auf Kaffee (1885-86: 86,827,722 Milreis). Wichtig sind ferner: Zucker, [* 13] Gold, [* 14] Tabak, [* 15] Häute, Rosenholz, Jakaranda und Diamanten. Die Einfuhr besteht zwar vorwiegend aus Fabrikwaren (namentlich Zeugen, Gold-, Silber- und Platinawaren, Maschinen etc.); daneben werden aber auch Getreide, [* 16] Fleisch, Fische [* 17] und andre Lebensmittel in Masse eingeführt.
Von der Einfuhr kamen 1885-86: 40 Proz. aus England, 12 Proz. aus Frankreich und 9½ Proz. aus Deutschland; [* 18]
von der Ausfuhr gingen 66 Proz. nach den Vereinigten Staaten. [* 19] ist Sitz eines deutschen Berufskonsuls. Unter den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten ist die Santa Casa de Misericordia, ein 1605 gegründetes Krankenhaus [* 20] mit einem Vermögen von 17 Mill. Milreis, wohl die bedeutendste. Ebenbürtig schließt sich derselben die Irrenanstalt Dom Pedros II. an. Ferner verdienen Erwähnung: die Blinden- und Taubstummenanstalt, das Findelhaus, das Waisenhaus, ein Hospital für Aussätzige und die Erziehungsanstalt von Santa Theresa.
Als Sitz des Hofs und der vorzüglichsten wissenschaftlichen und Kunstinstitute des Landes ist Rio de Janeiro der Mittelpunkt des geistigen Lebens Brasiliens. Unter den Anstalten dieser Art verdienen Beachtung: die Sternwarte, das Nationalmuseum (mit naturhistorischen und anthropologischen Sammlungen) und die Nationalbibliothek (130,000 Bände). An Bildungsanstalten besitzt die Stadt: eine medizinische Schule, eine polytechnische Schule, eine Akademie der schönen Künste (mit Gemälde- und Skulpturengalerie), eine Kriegsschule, eine Seeschule, eine Handelsschule, eine Gewerbeschule, eine landwirtschaftliche Schule, ein Konservatorium der Musik und das vortrefflich eingerichtet Collegio Dom Pedros II. (ein Realgymnasium). Unter den wissenschaftlichen Vereinen sind das historisch-geographische Institut, die medizinische Akademie, ein Juristenverein, die Vellosische Gesellschaft (für Naturgeschichte und Anthropologie), ein Landwirtschaftlicher ¶
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Verein (der auch den botanischen Garten verwaltet) und ein Verein zur Förderung der Nationalindustrie zu erwähnen. - Rio de Janeiro bildet einen Teil des Municipio neutro oder da Corte (»des Hofs«),
welches sich westlich von der Bai bis zum Rio Guandú erstreckt und 1394 qkm (25,6 QM.) mit (1885) 435,568 Bewohnern umfaßt, unter denen 34,180 Sklaven waren. Eingeteilt wird dasselbe in 21 Kirchspiele, wovon 13 zur Hauptstadt gehören. Abgesehen von letzterer ist Ackerbau und namentlich Kaffeekultur und Gemüsegärtnerei Haupterwerbszweig.
Dias de Solis lief zuerst in die Bai von ein (1515), nach ihm Magelhaens (1519); 1555 setzten sich Franzosen unter Durand de Villegagnon in der Bai fest. Mem de Sá zerstörte 1560 das von denselben auf der jetzigen Insel Villegagnon angelegte Fort Coligny und vertrieb sie 1567 vollständig, nachdem schon im vorhergehenden Jahr sein Neffe Estacio de Sá der Gründer der Stadt geworden war. Im J. 1710 nahmen die Franzosen ein. Sie wurden zwar vertrieben, kehrten aber im folgenden Jahr zurück, plünderten die Stadt und räumten sie nur nach Zahlung eines Lösegeldes von 600,000 Cruzados. Erst seit der Übersiedelung des Hofs (1807) hat Rio de Janeiro rascher an Bevölkerung zugenommen. Im J. 1834 wurde es mit den umliegenden Ortschaften als »Municipio neutro« von der Provinz Rio de Janeiro getrennt. Vgl. Allain, Rio de Janeiro (Par. 1885).