mehr
beträgt (1881) 169,329 (1885 auf 175,332 berechnet), von denen fast die Hälfte Deutsche [* 2] und je fast ein Vierteil Letten und Russen sind; den Rest bilden Esthen, Juden und andre Nationalitäten. Der Konfession nach sind 64 Proz. Protestanten und Reformierte, 18 Proz. Griechisch-Katholische (inkl. Sekten), 6 Proz. Römisch-Katholische, 12 Proz. Juden. Die Industrie ist durch Fabriken mit 11,658 Arbeitern vertreten, deren Produktionswert 1885 sich auf 24 Mill. Rubel belief.
Hervorragend sind: Branntweinbrennerei und Likörfabrikation, Tabaksindustrie, Sägemüllerei, Korkenfabrikation, Ölschlägerei, Bierbrauerei, [* 3] Maschinenbau und Eisengießerei, [* 4] Draht- und Nägelfabrikation, Waggonfabrikation. Von größter Wichtigkeit ist der Handel, der als Ausfuhrartikel besonders Getreide, [* 5] Hanf, Hanfsaat, Flachs, Leinsamen, Holz [* 6] und Ölkuchen umfaßt, während Salz, [* 7] Heringe, Korkholz, Steinkohlen, Petroleum, künstliche Dünger, Wein, Kolonial- und Manufakturwaren eingeführt werden.
Die Ausfuhr zur
See belief sich 1887 auf 52,2 Mill., die Einfuhr auf 20,7
Mill.
Rub. Seeschiffe können auf der
Düna bis zur
Schiffbrücke gelangen; doch fehlt der Stadt selbst ein
Hafen,
denn dieser liegt bei der die Strommündung verteidigenden
Festung
[* 8]
Dünamünde (s. d.). Die weitaus meisten
Schiffe
[* 9] löschen
und laden trotzdem an den neuausgebauten, ausgedehnten
Kais bei Riga
[* 10] oder in dem zu diesem
Zweck angelegten Vorhafen bei Mühlgraben,
etwa auf dem halben Weg zwischen Riga
und
Dünamünde.
Die Zahl der eingelaufenen
Schiffe betrug 1887: 2080 mit 124,238
Ton. Die Zahl der in Küstenschiffahrt
Angehenden
Schiffe war 434 mit 93,414 T. Die hauptsächlichsten
Banken sind: die
Rigaer Börsenbank mit einem
Umsatz von (1883) 394 Mill.
Rub., die
Rigaer Kommerzbank (471¾ Mill.
Rub.), die Stadtdiskontobank (47½ Mill.
Rub.), die zweite
Rigaer
Gesellschaft gegenseitigen
Kredits (74 ⅔ Mill.
Rub.), die dritte
Rigaer
Gesellschaft gegenseitigen
Kredits (84¼ Mill.
Rub.). Von Unterrichtsanstalten
bestanden in Riga
1885: ein
Polytechnikum (1122 Studierende), 5 Gymnasien, ein geistliches
Seminar und eine griechisch-kath.
Pfarrschule, ein
Lehrerseminar, eine
Navigations-, eine
Handwerker- und 5
Sonntagsschulen und eine
Taubstummenanstalt; ferner
eine Stadtbibliothek mit zahlreichen
Inkunabeln, ein städtisches
Museum, mehrere
Hospitäler und
Krankenhäuser
und verschiedene
gelehrte Gesellschaften. In früherer Zeit (bis 1859)
Festung ersten
Ranges und (bis 1876) Sitz des jetzt aufgehobenen
Generalgouvernements von
Livland,
[* 11]
Esthland und
Kurland, ist es jetzt nur noch Sitz des livländischen
Gouverneurs, des 3. Armeekorpskommandos,
des griechisch-orthodoxen
Erzbischofs von Riga
und
Mitau,
[* 12] mehrerer
Konsuln, darunter eines deutschen
Generalkonsuls.
Seit 1878 ist die städtische
Verwaltung dem
Rat entzogen und die russische
Städteordnung (mit Stadtamt und Stadtverordnetenversammlung)
eingeführt. - Die erste Niederlassung an der
Stelle des heutigen Riga
wurde schon 1158 von
Bremer Seefahrern, die dorthin verschlagen
worden waren, die eigentliche Stadt selbst aber erst 1201 von
Albrecht I. von
Buxhöwden,
Bischof von Riga, gegründet,
der 1206 seinen Sitz hierher verlegte. 1253 erhob
Papst
Innocenz IV. Riga zum Sitz eines Erzbistums. Zu dieser Zeit war eine
blühende Stadt und nahm thätigen
Anteil an dem
Handel der
Hansestädte, mit welchen es sich seit dem 13. Jahrh.
verbunden hatte. Es kündigte dem
Erzbischof in weltlichen
Dingen den
Gehorsam auf, sträubte sich aber auch gegen die Herrschaft
der
Deutschen
Ritter, denen
es
Dünamünde abnahm. 1420 mußte sich Riga der Herrschaft des
Erzbischofs wieder unterwerfen.
Die Reformation fand schon 1523 in Riga Eingang, doch das Erzbistum ward erst 1566 aufgehoben. 1547 mußte sich die Stadt dem König von Polen, Siegmund, unterwerfen, und durch den Vertrag von 1561 mit dem letzten Heermeister von Livland, Gotth. Kettler, wurde sie vom Deutschen Orden [* 13] ganz an Polen abgetreten. 1581 mußte sich Riga dem König Stephan Báthori ergeben; derselbe garantiert freie Ausübung der lutherischen Religion. 1587 versuchte er zwar die Wiedereinführung der katholischen Religion, aber die Angriffe Karls IX. von Schweden [* 14] 1605 und 1609 vereitelten sein Vorhaben. 1621 wurde Riga von Gustav Adolf erobert und mit Livland unter schwedischer Herrschaft vereinigt. 1656 wurde Riga von den Russen vergeblich belagert, desgleichen 1700 von den Sachsen [* 15] dank der tapfern Verteidigung durch den schwedischen Statthalter Dahlberg.
Doch nach der Niederlage Karls XII. bei Poltawa, ergab sich die Stadt nach hartnäckiger Verteidigung dem Feldmarschall Scheremetjew und kam unter russische Botmäßigkeit. 1812 ward Riga von den Franzosen und Preußen [* 16] unter Macdonald bombardiert, und 1814 wurde es durch den Eisgang abermals hart mitgenommen. Überhaupt ist die Stadt infolge ihrer niedrigen Lage häufigen Überschwemmungen ausgesetzt. Im Frühjahr 1854 wurde Riga von den Engländern blockiert, 1854 und 1855 die Festungswerke in und um Riga erweitert und verstärkt.
Vgl. Bunge, Die Stadt Riga im 13. und 14. Jahrhundert (Leipz. 1878);
F. v. Jung-Stilling, in den Jahren 1866-70 (Riga 1876);
Karlberg, Sammlung statistischer Nachrichten über das Gouvernement Livland (das. 1886, in russischer Sprache); [* 17]
Geuter, Neuer Führer durch Riga (das. 1884).