Gesellschaft besitzt 111 Stationen (66 an der Ostsee, 45 an der Nordsee, und zwar 39 Doppelstationen mit Boot und Raketenapparat, 53 Bootsstationen
und 19 Raketenstationen), 57 Bezirksvereine, 242 Vertreterschaften und 47,173 Mitglieder. Die Jahresbeiträge bezifferten
sich im J. 1887/88 auf 141,171 Mk., die Gesamteinnahme auf 278,253 Mk. Seit
Gründung der Gesellschaft wurden 1703 Menschen gerettet. Die Bedienung der Rettungsapparate erfolgt durch
freiwillige Mannschaften, welche sich durch den Ortsausschuß zum festen Dienst einschreiben lassen.
Festen Gehalt bezieht nur der Vormann der Station, welcher dafür zugleich die Rettungsgeräte in Ordnung zu halten hat. Den
Mannschaften werden für Übungs- und Rettungsfahrten bestimmte Vergütungen und für geglückte
Rettungen Prämien (20-40 Mk. pro Kopf der Geretteten) gezahlt. Auch wer der Station die erste Nachricht von einer Strandung überbringt,
erhält eine Prämie. Jene Prämien werden auch an Besatzungen fremder Schiffe gezahlt, die durch aktives Eingreifen deutsche
Seeleute an deutschen Küsten retten, während an außerdeutsche Rettungsstationen, die Mannschaften deutscher
Schiffe geborgen, oder an deutsche Schiffe, welche in außerdeutschen Gewässern Rettungen vollführt haben, Diplome und Medaillen
verliehen werden.
Bis jetzt hat die Gesellschaft 60,020 Mk. an Prämien gezahlt. Gegen Tod im Rettungs- oder Übungsdienst versichert die Gesellschaft
die Mannschaften der Rettungsstationen mit 2500 Mk., auch hat sie einen Fonds für Extraunterstützungen
an die Hinterbliebenen der Verunglückten gebildet. Zur Belehrung der Seeleute über die Benutzung der ihnen vom Land zugebrachten
Hilfe dient ein in 20,000 Exemplaren verteiltes Büchlein: »Seemann in Not«. Organ der Gesellschaft ist die seit 1872 in Bremen
erscheinende Vierteljahrsschrift: »Von den Küsten und aus der See« ^[richtig: »Von den Küsten und aus
See«].
Vgl. Lewis, History of the life-boat and its work (Lond. 1874);
Schumacher, Das Rettungswesen (Berl. 1868);
Werner, Die Gefahren der
See und die Rettung Schiffbrüchiger (Heidelb. 1880);
»Annual report of the Royal National Life-boat Institution«.
Stadt in der niederösterreich.
Bezirkshauptmannschaft Oberhollabrunn, an der Nordwestbahn,
im Mittelpunkt eines bedeutenden Weindistrikts gelegen, hat ein altes Dominikanerkloster, Rathaus, Weinhandel, ist Sitz eines
Bezirksgerichts und zählt (1880) 1285, mit der Altstadt 2992 Einw.
(Rais, spr. rähs oder räh), 1) Gilles de Laval, Baron von, Marschall von Frankreich, geb. 1404 zu Machecoul, zeichnete
sich unter Karl VII. im Kriege gegen die Engländer aus, namentlich bei Orléans, wo er an der Seite der Jungfrau
focht, erhielt den Marschallsstab, zog sich aber 1433 auf sein Schloß in der Gegend von Nantes zurück, wo er glänzenden Hof
hielt und, um sein durch Verschwendung zerrüttetes Vermögen wiederherstellen, sich der Alchimie ergab
und viele Knaben und Mädchen teils seinen unnatürlichen Gelüsten, teils seinem Aberglauben opferte. Er ward 25. Okt. 1440 zum
Feuertod verurteilt. Ein Manuskript über diesen Prozeß befindet sich in dem Archiv der Präfektur zu Nantes.
2) Albert de Gondi, Baron von, geb. 4. Nov. 1522 zu Florenz, wurde 1547 von Katharina von Medici an den französischen
Hof gezogen, erwarb durch Heirat die Baronie Retz, nahm an mehreren Kriegen Frankreichs mit Auszeichnung teil, ward 1573 zum Marschall von
Frankreich ernannt und übte unter Heinrich III. großen Einfluß, ergriff dann die Partei Heinrichs IV. und starb 12. April 1602 in
Paris.
3) Jean François Paul de Gondi, Kardinal von, Großneffe des vorigen, geb. 1614 zu Montmirail en Brie, ward für den geistlichen
Stand bestimmt und suchte sich demselben vergeblich durch einen liederlichen Lebenswandel zu entziehen. Seit 1643 Doktor der
Theologie an der Sorbonne, ward er Koadjutor des Erzbischofs von Paris, seines Onkels Henri de Gondi, und bald
dessen Nachfolger. Durch scheinbaren Eifer in seinem Amte, durch seine Beredsamkeit und liebenswürdiges Benehmen erlangte Retz beim
Volk große Beliebtheit.
Da er sich mit Mazarin verfeindet hatte, so stellte er sich 1648 an die Spitze des Aufstandes der Fronde, fiel aber, als Mazarin
dem eitlen, gewissenlosen Mann den Kardinalshut zusicherte, 1649 von seiner Partei ab. Dennoch wurde er
nach Bewältigung des Aufstandes 1652 verhaftet, brachte 15 Monate in der Bastille zu und ward dann auf das Schloß zu Nantes
versetzt, von wo er jedoch entwich. Viele Jahre irrte er nun unter romanhaften Erlebnissen durch alle
Länder Europas, bis ihm nach Mazarins Tode die Rückkehr nach Frankreich 1664 verstattet wurde. Er entsagte seinen Ansprüchen
auf das Erzbistum Paris, erhielt dagegen den Titel eines Abbés von St.-Denis und lebte in großer Zurückgezogenheit den Wissenschaften;
starb 24. Aug. 1679 in St.-Denis. Sein Hauptwerk sind die »Mémoires« (1717, beste Ausg. von Champollion-Figeac,
1859, 4 Bde.),
welche die Ereignisse und Persönlichkeiten der Zeit geistvoll und interessant, wenngleich parteiisch schildern.
Eine vollständige Ausgabe der »Œuvres du cardinal R.« ^[»Œuvres du cardinal R.«] besorgten Feillet und Gourdault (Par. 1872-88,
Bd. 1-9).
Vgl. Curnier, Le cardinal Retz et son temps (Par. 1863, 2 Bde.);
Topin, Le cardinal de Retz, son genie et ses écrits (3. Aufl. 1872);
Chantelauze, Le kardinal de Retz et ses missions diplomatiques
à Rome (Par. 1879);
Derselbe, Le cardinal de Retz et l'affaire du chapeau (das. 1878, 2 Bde.);
Gazier, Les dernières années du cardinal de Retz (das. 1876).
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Anders Johann Retzius, geb. 1742 zu Christianstad, Professor der Naturgeschichte
in Lund, gest. 1821 in Stockholm (Botaniker und Zoolog).
Marktflecken im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, Bezirksamt Karlstadt, an der Mündung des Retzbachs in
den Main und an der Linie Treuchtlingen-Würzburg-Aschaffenburg der Bayrischen Staatsbahn, 169 m ü. M.,
hat eine Wallfahrtskirche, Weinbau, Makronenbäckerei und (1885) 1047 Einw.
Dabei die Benediktushöhe am Main und gegenüber das mit Retzbach durch eine eiserne Brücke verbundene Dorf Zellingen.
Anders Adolf, Anatom und Naturforscher, Sohn des gleichfalls als Naturforscher berühmten Anders Johann Retzius, geb. 13. Okt. 1796 zu
Lund, studierte daselbst, in Kopenhagen und London Medizin, ward 1820 Professor an der Veterinäranstalt in
Stockholm und begründete hier ein anatomisches Museum, erhielt 1824 eine Professur am Karolinischen Institut und wirkte daneben
seit 1839 als Professor der Anatomie an der Akademie der schönen Künste zu Stockholm; er starb 18. April 1860 in Stockholm.
Retzius übte als ausgezeichneter Lehrer einen weitreichende Einfluß. Die Anthropologie erfuhr durch seine Bemühungen, die Schädelform
genauer zu bestimmen (Brachykephalen, Dolichokephalen etc., s. Menschenrassen), eine wesentliche Förderung. Seine ethnographische
Schriften erschienen gesammelt in »Läkaresällskapets handlinger«
(Stockh. 1864; deutsch, das. u. Leipz.
1864). - Sein
mehr
Sohn Magnus Gustav, geb. 27. Okt. 1842, seit 1877 Professor der Histologie am Karolinischen Institut, gab 1875 mit Key »Studien in der
Anatomie des Nervensystems und des Bindegewebes« heraus;
auch schrieb er: »Das Gehörlabyrinth der Knochenfische« (Stockh. 1872)
und »Finska Kranier« (das. 1878);
»Das Gehörorgan der Wirbeltiere« (das. 1881-84, 2 Tle.);
»Finnland, Schilderungen
etc.« (Berl. 1885).