mehr
zurückgeführt worden. Dieser
späterhin von
Schleiermacher zurückgestellte ästhetische
Faktor fand einstweilen besondere
Ausbildung und
Pflege bei
Fries, welcher, ähnlich wie
Jacobi, in den
Ahnungen und
Gefühlen der eine übersinnliche
Welt sich ankündigen
sieht und die
Berechtigung einer dermaßen gefühlsmäßig wirkenden
Urteilskraft, die uns den ewigen
Wert der
Dinge und
die letzten
Zwecke des Daseins ahnen lehrt, aus der ästhetischen Weltanschauung erklärt.
Diesen ästhetischen
Maßstab
[* 2] für
die Beurteilung der Religion haben dann teils
De Wette, teils
Apelt weiter verfolgt, wie ihn auch noch in der Gegenwart nicht wenige
Theologen praktisch handhaben.
Aber schon als Schleiermacher auf der Höhe seines Wirkens stand, haben nicht bloß Fichte [* 3] und Schelling, jeder in seiner Weise, der Religion vom Standpunkt einer mystischen Spekulation wieder Geschmack abzugewinnen vermocht, sondern es bereitete auch die Schule Hegels derjenigen Schleiermachers eine immer erfolgreichere Konkurrenz auf dem Gebiet der Religionsphilosophie. Zunächst identifizierte man hier die Religion mit der religiösen Vorstellung. Sie selbst zwar sei denkende Erhebung des endlichen Geistes zum Absoluten; aber als bloße Vorstellung vertrete sie nur die niedere, sinnliche Weise des Denkens, und ihre Bestimmung sei, in dem philosophischen Begriff aufgehoben zu werden.
Daraus konnte nun freilich, sofern mit der unzureichenden Form auch der Inhalt in Frage gestellt wird, gefolgert werden, daß die Religion vom Standpunkt der Philosophie aus als ein aufgehobenes Moment, als ein überwundener Standpunkt erscheine, und so schloß sich an Hegel außer einer orthodoxen Rechten auch eine radikale Linke an, als deren Vertreter Ludwig Feuerbach den Satz von der in der Religion zu Tage tretenden weltgeschichtlichen Selbsttäuschung des sein eignes Wesen in vorgestellten Gottheiten objektivierenden Menschen ausführte.
Noch immer ist dies
die Hauptfrage, welche die
Sphinx
[* 4] allen Vorübergehenden auf der
Heerstraße des religiösen
Verkehrs zu
lösen aufgibt: die
Frage nach der objektiven Wirklichkeit des religiösen Verhältnisses selbst. Während die französischen
Positivisten, die deutschen
Materialisten, überhaupt aber auch der ganze
Radikalismus den Illusionscharakter
der Religion bekennt, hat die theistische
Schule der
Philosophie die in einer bald mehr an
Schleiermacher, bald mehr an
Hegel erinnernden
Weise zu stützen und zu begründen gesucht.
Nachdem die Gefühlslehre des erstern kaum aufgetaucht war, wurde dieses
Gefühl bald mit der erkennenden,
bald mit der wollenden
Funktion in Beziehung gesetzt, bald endlich auch, sofern ein lediglich Abhängigkeit aussagendes
Gefühl
schwerlich zu konstatieren sein dürfte, durch einen entsprechenden Freiheitstrieb korrigiert und ergänzt. Gleichzeitig
brach sich angesichts einer geradezu unübersehbar gewordenen
Menge von
Versuchen, das
Geheimnis der Religion zu erschließen, das
Bewußtsein
Bahn, daß die
Lösung des
Rätsels auf dem
Boden allgemeiner psychologischer Voraussetzungen
überhaupt nicht gefunden werden könne, daß die Religion auf keiner einzelnen Seite des menschlichen
Bewußtseins ihren »Sitz«
haben könne, daß ihr kein eigentümliches
»Organ« zu
Gebote stehe.
Man fing an, den religiösen Vorgang aus des Menschen Situation in der Welt entweder als einen allenthalben, wo persönliches Bewußtsein herrscht, empfundenen »Druck des Unendlichen« (Max Müller) oder umgekehrt als eine von innen erfolgende Reaktion gegen die Beschränkung seines äußern, in den Naturmechanismus vermochtenen Daseins zu erklären. In letzterer Richtung haben namentlich Ritschl und Herrmann die Religion ganz auf die unmittelbare Evidenz der ethischen, den Menschen an Wert der ganzen Welt überlegen erklärenden Urteile zu gründen, von aller Metaphysik dagegen abzusehen unternommen.
Aber auch die direkter an Schleiermacher anknüpfende Richtung von Alexander Schweizer und A. Baur einerseits, Lipsius und Graue anderseits sucht dem Religionsbegriff durch theologische Beziehung auf den höchsten ethischen Zweck der Gemeinschaft eine feste, über die wechselnden Stimmungen und Empfindungen hinausführende Grundlage zu geben, während Biedermann und O. Pfleiderer damit noch ein aus der Hegelschen Schule stammendes Interesse an spekulativer Weltanschauung verbinden.
Vgl. Kant, Religion innerhalb der Grenzen [* 5] der bloßen Vernunft (Königsb. 1793);
Schelling, Philosophie und Religion (Tübing. 1804);
Jacobi, Von den göttlichen Dingen und ihrer Offenbarung (Leipz. 1811);
Drobisch, Grundlehren der Religionsphilosophie (das. 1840);
Hegel, Vorlesungen über Philosophie der Religion (2. Aufl., Berl. 1840, 2 Bde.);
Pünjer, Geschichte der christlichen Religionsphilosophie seit der Reformation (Braunschw. 1880-83, 2 Bde.);
W. Herrmann, Die Religion im Verhältnis zum Welterkennen und zur Sittlichkeit (Halle [* 6] 1879);
O. Pfleiderer, Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage (2. Aufl., Berl. 1883-84, 2 Bde.);
A. Lipsius, Philosophie und Religion (Leipz. 1885);
W. Bender, Das Wesen der Religion und die Grundgesetze der Kirchenbildung (Bonn [* 7] 1886);
Teichmüller, Religionsphilosophie (Bresl. 1886);
W. Vatke, Religionsgeschichte (Bonn 1888);
weiteres s. Religionsgeschichte.