1874; hochdeutsch von Geyder, Bresl. 1844). Der Verfasser dieses trefflichen Werkes ist nicht
mit Gewißheit ermittelt. J. Grimm sieht ihn in einem zu Anfang des »Reinaert« genannten Willem
(de Matoc), während der niederländische Herausgeber Willems einen gewissen Willem Utenhove für den Dichter hält, jenem
Willem de Matoc aber eine gegen 1350 in schlechtem Stil abgefaßte Überarbeitung und Fortsetzung des
»Reinaert« zuschreibt. Diese letztere nun (welche im 15. Jahrh.
von Hinric von Alkmar mit einer prosaischen Glosse versehen wurde) erschien 1498 zu Lübeck in plattdeutscher Übertragung als
»Reynke de Vos«. Der Urheber der Übersetzung ist strittig. Nach einer Angabe G. Rollenhagens in der Vorrede
zum »Froschmäusler« galt für denselben lange Zeit Nikolaus Baumann, der 1526 zu Rostock als Sekretär des Herzogs Magnus von Mecklenburg
starb; Zarncke hat dagegen (Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 9) einen Hermann Barkhusen, weiland Stadtschreiber
und Buchdrucker zu Rostock, als Verfasser des »Reineke Vos« nachzuweisen versucht.
Diese niedersächsische Fassung, welche erst in der Neuzeit, besonders durch J. Grimm (Einleitung zum »Reinhart Fuchs«) und Hoffmann
von Fallersleben, als bloße, wenn auch sehr gelungene Übertragung eines fremden Originals, nämlich des »Reinaert«, dargethan
ist, hat mit letzterm die köstliche Frische und Lebendigkeit der Darstellung und die freilich zum Teil
im sprachliche Idiom liegende Naivität und Komik gemein. Sie erzählt die abenteuerlichen Handel des Fuchses mit dem Wolf, die
Begebenheiten am Hof König Nobels, des Löwen, die Überlistung der Hofleute und Unterthanen des Tierbeherrschers durch die
verschlagene Tücke Reinekes, welcher den biedern Vierfüßern Braun dem Bären, Hinz dem Kater, dem Hündlein
Wackerlos u. a. m. aufs ärgste mitspielt, trotzdem aber schließlich an Nobels Hof zu hohen Ehren gelangt. Von dem Originaldruck
des Lübecker »Reineke Vos« ist nur noch ein einziges Exemplar (zu Wolfenbüttel) vorhanden. Eine zweite Ausgabe erschien 1517 zu
Rostock, und dieser folgten während des 16. und 17. Jahrh. Ausgaben in großer Menge, in denen sich der
Text zusehends verschlechtert. Den Druck von 1498 ließ Hackmann (Wolfenb. 1711) in genauer Wiederholung auflagen; die letztere
liegt der von Gottsched (Leipz. 1752) besorgten Ausgabe zu Grunde, die auch eine prosaische Übersetzung (neuer Abdruck der letztern,
Halle 1886) und Auslegung nebst einer Abhandlung über Urheberschaft, Alter und Wert des Gedichts enthält.
Weitere Ausgaben rühren her von Bredow (Eutin 1798), Scheller (Braunschw. 1825), Scheltema (Haarl. 1826), die aber
sämtlich an Wert weit zurückstehen hinter der mit einem trefflichen Wörterbuch versehenen von Hoffmann von Fallersleben (Bresl.
1834, 2. Aufl. 1852) sowie hinter den Ausgaben von Lübben (Oldenb. 1867), Schröder (Leipz. 1872), Prien
(Halle 1887). Übersetzt wurde der »Reineke Vos« ins Holländische (von van der Putte, Amsterd. 1694),
ins Englische (Lond. 1681),
ins Dänische (1555),
ins Schwedische (1621). Die erste hochdeutsche Übertragung, die, obwohl sie »schattenhaft hinter dem
Original zurückbleibt«, mehr als 20mal aufgelegt worden ist, lieferte, wunderlicherweise
als zweiten Teil zu Paulis »Schimpf und Ernst«, M. Beuther (Frankf. 1544); fernere Übersetzungen ins Hochdeutsche sind die prosaische
»Der lustige reineke Fuchs« (ohne Ort und Jahr), die schon erwähnte von Gottsched, die beiden im Versmaß des Originals abgefaßten
von Soltau (Berl. 1803; neue Ausg.,
das.
1867) und K. Simrock (2. Aufl., Frankf. 1847), endlich die von Hartmann (Leipz. 1864). Mehr aber als alle
diese Übersetzungen trug Goethes Bearbeitung des in reineke Fuchs Hexametern (zuerst Berl. 1794), zu der Kaulbach später seine genialen
Zeichnungen schuf (Münch. 1847), dazu bei, das Interesse des lebenden Geschlechts für die alte Dichtung zu
beleben.
Vgl. Genthe, Reineke Vos, Reinaert, Reinhart Fuchs im Verhältnis zu einander (Eisl. 1866);
Rothe, Les romans du Renart
examinés, analysés et comparés (Par. 1845).
der Geldertrag, welchen eine Ertragsquelle (Boden, Bergwerk, Wald, Haus etc.) nach Abzug der für Ausbeutung
dieser Quelle erforderlichen Kosten abwirft (vgl. Ertrag).
diejenige Art der Waldbewirtschaftung, welche die größte Summe von
seinen Erträgen aus dem Wald zu erzielen sucht.
Insofern dieselbe mit der Erreichung anderweit wichtigern Zwecke nicht im Einklang
steht, würde so weit vom Streben nach dem größten Geldgewinn abzuweichen sein, als zur Erfüllung dieser Zwecke notwendig
ist.
Stadt und Badeort im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Glatz, an der Weistritz, 537 m ü. M.,
hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Weberei, Glasschleiferei, Federbesatzstofffabrikation,
Papier- und Sägemühlen, Kalkbrennerei und (1885) 3307 meist kath. Einwohner.
Die Mineralquellen, fünf alkalisch-erdige Eisenquellen von 9-18,4° C., mit starkem Kohlensäuregehalt,
befinden sich 15 Minuten südlich von der Stadt und werden vornehmlich bei Blutarmut, Menstruationsstörungen,
Katarrh der Luftwege, Tuberkulose, Nervenschwäche, Magen- und Blasenkatarrh empfohlen. Mit ihnen steht eine Molkenanstalt in Verbindung,
auch Moorbäder werden verabreicht. Das neue, große Badehaus enthält auch ein Palmenhaus und eine 166 m lange Wandelbahn.
Die Zahl der Kurgäste betrug 1886: 2991.
Vgl. Drescher, Der Kurort Reinerz (Reinerz 1873);
Teller, Bad Reinerz (Prag
1869);
Dengler, Bad Reinerz (Zür. 1882);
Hohaus, Führer (Glatz 1883).
(Reinettenessenz, spr. rä-), Fruchtäther vom Geruch der Reinetten, besteht aus einem Gemisch von Essigsäureamyläther,
Essigsäureäthyläther und Valeriansäureäthyläther, dient in der Konditorei.
Flecken in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, Kreis Stormarn, an der Lübeck-Büchener Eisenbahn, hat ein
Amtsgericht, eine bedeutende fiskalische Mühle und (1885) 1032 evang. Einwohner. ist Geburtsort des
Dichters Matthias Claudius.
Das ehemalige, sehr reiche Cistercienserkloster wurde 1186 begründet und 1582 aufgehoben.
1) Franz Volkmar, protest. Theolog und Kanzelredner, geb. 12. März 1753 zu
Vohenstrauß im ehemaligen Fürstentum Sulzbach, ward 1778 zu Wittenberg Adjunkt der philosophischen Fakultät, 1780 außerordentlicher
Professor der Philosophie und 1782 ordentlicher Professor der Theologie, 1784 Propst an der Universitätskirche. 1792 als Oberhofprediger,
Kirchenrat und Oberkonsistorialassessor nach Dresden berufen, starb er daselbst 6. Sept. 1812. In philosophischer
Beziehung ist er vom Eklektizismus und Skeptizismus zum Supernaturalismus übergegangen. Mehr noch der frühern Periode gehören
die beiden ersten Bände seines »Systems der christlichen Moral« (Wittenb. 1788-1815, 5 Bde.; wiederholt aufgelegt)
an, der spätern seine
mehr
epochemachende Wirksamkeit als Kanzelredner in Dresden. Seine Predigten haben die Theorie und Praxis der deutschen Kanzelberedsamkeit
auf lange Zeit hinaus bestimmt. Die vollständige Sammlung derselben umfaßt 35 Bände (Sulzb. 1793-1813); einen Supplementband
lieferte Kenzelmann (Meiß. 1825), einen andern Haas (Leipz. 1833). In Dresden ward zu Reinhards Andenken eine Stiftung (Reinhards-Stiftung)
gegründet, welche jährlich homiletische Preisaufgaben stellt.
Vgl. Pölitz, Reinhard nach seinem Leben und Wirken dargestellt (Leipz.
1813-15, 2 Bde.).
2) Karl Friedrich, Graf von, franz. Diplomat, geb. 2. Okt. 1761 zu Schorndorf in Württemberg, studierte zu Tübingen Theologie und
Philologie, wurde 1787 Erzieher in einem Handelshaus zu Bordeaux, erhielt 1791 zu Paris durch Sieyès eine
Sekretärstelle im Ministerium des Auswärtigen und ging 1792 als erster Gesandtschaftssekretär nach London und 1793 nach Neapel.
Unter der Schreckensherrschaft bekleidete er die Stelle eines Divisionschefs im Ministerium des Auswärtigen, wurde 1795 französischer
Gesandter bei den Hansestädten, 1798 in Florenz, 1799 auf 13 Tage Minister des Auswärtigen, dann Gesandter
in der Schweiz, 1801 in Mailand, 1802 wieder in Hamburg und endlich 1805 französischer Generalkonsul und Resident in Jassy, wo
er beim Einmarsch der Russen 1806 mit seiner Familie verhaftet, auf des Kaisers Befehl aber wieder Beigegeben wurde.
Nach Frankreich zurückgekehrt, lebte er auf seinem Gut Falkenlust am Rhein, bis ihn Napoleon I. 1808 zum
Gesandten am westfälischen Hof zu Kassel und zum Grafen ernannte. Nach der ersten Restauration wurde er Kanzleidirektor im Ministerium
des Auswärtigen und Staatsrat und nach der zweiten Restauration Gesandter beim deutschen Bundestag in Frankfurt a. M. 1829 in
den Ruhestand versetzt, war er nach der Julirevolution bis 1832 wieder Gesandter am sächsischen Hof und
wurde 1832 zum Pair ernannt. Er starb 25. Dez. 1837 in Paris. Er war seit 1795 Mitglied des Instituts. Sein »Briefwechsel mit Goethe«
erschien Stuttgart 1850.