Minderjährigkeit des Königs u. im Fall, daß derselbe durch Krankheit zur Regierung unfähig wurde, die einstweiligen Verwalter
der königlichen Würde. Die Ernennung der Reichsverweser war anfangs dem König überlassen; aber schon die Goldene Bulle von 1356 erkannte
es als altes Herkommen an, daß der Herzog von Sachsen in den Landen sächsischen Rechts und der Pfalzgraf
bei Rhein in den schwäbischen, rheinischen und fränkischen Landen das Reichsverweseramt von Rechts wegen zu führen habe.
Als die deutsche Nationalversammlung 1848 ein neues Deutsches Reich herzustellen sich bemühte, entschied sie sich 28. Juni für
Einsetzung eines Reichsverwesers an Stelle des Bundestags und ernannte 29. Juni den Erzherzog Johann von Österreich
(s. Johann 13) zum provisorischen unverantwortlichen Inhaber der deutschen Zentralgewalt unter dem Titel »Erzherzog-Reichsverweser«
(s. Deutschland, S. 889).
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Namslau, an der Studnitza, hat eine evangelische und eine
kath. Kirche, ein schönes, neues Rathaus, Bierbrauerei und (1885) 1364 Einw.
ein relativer Begriff, welcher ein gegenüber den eignen Bedürfnissen und dem Besitz andrer verhältnismäßig
großes Vermögen bezeichnet.
Derselbe ist demnach zeitlich und örtlich wandelbar.
Der Nationalreichtum
begreift alle Güter in sich, über welche ein Volk in seiner Gesamtheit verfügt.
Die Bedeutung desselben für Volkswohl und
Kultur hängt nicht allein von seiner Größe, sondern auch ganz vorzüglich davon ab, in welchem Maß er den einzelnen Gliedern
des Volkes zu gute kommt.
(spr. rihd),1) Thomas, schott. Philosoph, geb. zu Strachan in der schottischen Grafschaft Kincardine,
studierte Theologie, wurde 1737 Pfarrer zu New Machar in Aberdeenshire, 1752 Professor der Moralphilosophie am King's College zu
Aberdeen und 1764 zu Glasgow, trat jedoch 1780 von seinem Amt zurück und starb ist der Urheber
der Philosophie des sogen. gesunden Menschenverstandes (common sense), welche er dem von ihm
so genannten »Idealsystem«, d. h. der Lehre, daß wir keine äußern Dinge, sondern nur gewisse »Ideen« (Bilder, Eindrücke in
uns) wahrnehmen, entgegen stellte.
Letztere, von Locke ausgegangen und von Berkeley fortgesetzt, führe, wie Humes Beispiel lehre, zum Skeptizismus
und könne nur durch die Überzeugung, von welcher der gesunde Menschenverstand durchdrungen sei, daß die Natur uns sowohl
von unserm eignen als von dem Dasein der sinnlichen Dinge außer uns eine unmittelbare Gewißheit gewähre, überwunden werden.
Dieselbe bildet mit einer Anzahl andrer (theoretischer und praktischer) »Grundwahrheiten«
den unverlierbaren Besitz des »gesunden Menschenverstandes«, welcher durch keine wissenschaftliche
Überlegung erschüttert, von welchem aus aber alle dem Geist wahrhaft fruchtbringende (theoretische und praktische) Wissenschaft
abgeleitet werden kann.
Die Ausbildung derselben hat die sogen. schottische Schule (Beattie, Oswald, Thomas Brown, Dugald Stewart) und ihre Anhängerschaft
in England, wo später James Mackintosh und besonders W. Hamilton diese Lehre mit andern Lehren zu verschmelzen
suchten, u. in Frankreich (Maine de Biron, Jouffroy, Royer-Collard) übernommen. Reids Hauptwerk
ist: »An inquiry into the human
mind on the principle of common sense« (Edinb. 1765; deutsch, Leipz.
1782). Den Inhalt desselben wiederholte er in weitläufiger Ausführung in den beiden Werken: »Essays on
the intellectual powers of man« (Edinb. 1785, neue Ausg. 1884)
und »Essays on the active powers of man« (das. 1788),
welche später als »Essays on the powers of the human mind« (Lond. 1803, 3 Bde.)
zusammen erschienen. Gesamtausgaben seiner Schriften besorgten D. Stewart (Edinb. 1804, 4 Bde.)
und Sir W. Hamilton (6. Aufl. 1863, 2 Bde.).
Vgl. Ferrier, Reid and the philosophy of common sense (in dessen »Lectures«,
Bd. 2, Edingb. ^[richtig: Edinb.
für Edinburgh] 1866).
2) Sir William, Meteorolog, geb. 1791 in Fifeshire, wurde in der Militärakademie zu Woolwich erzogen, trat 1809 als
Leutnant in das Geniekorps, diente bis 1814 unter Wellington in Spanien, kämpfte 1815 bei Waterloo und begleitete 1816 Lord Exmouth
nach Algier. 1831 ging er zur Wiederherstellung der durch einen Sturm zerstörten Regierungsgebäude nach Barbados, und 1838 wurde
er zum Gouverneur der Bermudasinseln, 1846 von Barbados ernannt. Nach rühmlicher, sehr erfolgreicher Verwaltung
dieser Kolonien kehrte er nach England zurück und wurde 1848 Kommandant von Woolwich, 1851 Vorsitzender des Exekutivkomitees
der Weltausstellung und, nachdem er zum Ritter geschlagen, Gouverneur von Malta, wo er besonders während des Krimkriegs durch
seine musterhafte Verwaltung glänzte. 1856 kehrte er zurück und starb in London. Auf Barbados
begann er meteorologische Studien, deren sehr bedeutsame Resultate er in dem Werk »An attempt to develop the law of storms,
by means of facts arranged according to place and time« (1838, 3. Aufl. 1850) veröffentlichte.
Die Fortsetzung dieser Studien auf den Bermudas und auf Barbados verarbeitete er in dem Werk »Progress of
the development of the law of storms« (1849).
3) Mayne, engl. Romanschriftsteller, geb. 1818 im Norden Irlands, war für den geistlichen Stand bestimmt, begab sich aber aus
Neigung zum Abenteuerlichen 1838 nach Nordamerika, wo er von New Orleans aus mehrere Jahre lang Handels- und
Jagdzüge den Red River und Missouri hinauf bis in die Felsengebirge unternahm. Nachdem er seit 1843 fast alle Staaten der Union
bereist, machte er 1846 den Krieg gegen Mexiko mit und avancierte bis zum Kapitän. Sein Vorhaben, 1849 mit einer Freischar der
ungarischen Revolution zu Hilfe zu kommen, wurde durch die in Paris ihn treffende Kunde von der Besiegung
des Aufstandes vereitelt; er ließ sich nun in London nieder, wo er seine reichen Erlebnisse schriftstellerisch verwertete.
Seine ersten Werke waren die Romane: »Rifle rangers« (1850) und »The
scalp hunters« (1850),
Schilderungen des Lebens in den Wäldern und Prärien des Westens, denen nun eine
lange Reihe ähnlicher Erzählungen nachfolgte. Wir nennen nur: »The boy hunters« (1853);
»The Quadroon« (1856);
»The young voyageurs« (1857);
»The hunter's feast« (1860);
»The Maroon« (1862);
»The white gauntlet«
(1865);
»The headless horseman« (1866);
»The child wife« (1868);
»The yellow chief« (1870);
»The finger of fate«
(1872);
»The death shot« (1873);
»Flag of distress« (1876);
»Gwen Wynn« (1877) u. a. In diesen Romanen, die meist auch in deutschen
Übersetzungen und Bearbeitungen für die Jugend erschienen, ist von künstlerischer Verarbeitung des überreichen Stoffes
wenig zu finden;
aber die anziehenden Schilderungen, der Reflex des Selbsterlebten, die mit lebhaften Farben
entworfenen
mehr
Skizzen von Land u. Leuten verleihen den Erzählungen einen gewissen Reiz, auch einiges ethnographische Interesse. Reid starb in
London.