wenn nicht sogar die Einheitlichkeit der ministeriellen Leitung des Deutschen Reichs und der des preußischen Staats eine Bedingung
der Stärke und des Einflusses der Reichsregierung. Rechtlich notwendig ist die derzeitige Vereinigung der Stellung des Reichskanzlers
und der des preußischen Ministerpräsidenten in Einer Person keineswegs, wohl aber politisch zweckmäßig, wenn nicht
notwendig. Verschiedene Versuche, ein kollegiales Reichsministerium mit verantwortlichen Ressortministern einzurichten, waren
erfolglos.
Dagegen ist durch Reichsgesetz vom bestimmt, daß für den gesamten Umfang der Geschäfte und Obliegenheiten des
Reichskanzlers ein Stellvertreter (Reichsvizekanzler) allgemein ernannt werden kann. Auch können für diejenigen einzelnen
Amtszweige, welche sich in der eignen und unmittelbaren Verwaltung des Reichs befinden, die Vorstände
der dem Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der Stellvertretung des Kanzlers im ganzen Umfang oder in einzelnen Teilen
ihres Geschäftskreises beauftragt werden. Doch ist es dem Reichskanzler unbenommen, jede Amtshandlung auch während
der Dauer einer Stellvertretung selbst vorzunehmen. Übrigens kommt der Titel auch in andern Staaten vor
(s. Kanzler).
früher eine dem Reichskanzler unterstellt Zentralbehörde des Deutschen Reichs für die gesamte dem
Kanzler obliegende Verwaltung und für die Beaufsichtigung der Gegenstände der Reichsverwaltung und derjenigen Gegenstände,
welche verfassungsmäßig dem Kaiser untergeordnet sind. Hervorgegangen war das Reichskanzleramt aus dem Bundeskanzleramt des
Norddeutschen Bundes, von welchem aber schon zur Zeit des Bundes das »Auswärtige Amt« abgezweigt wurde. Nach und nach wurden
dann einzelne Zweige der Reichsverwaltung, namentlich die Reichspost- und Telegraphenverwaltung und die Finanzverwaltung,
von dem Reichskanzleramt losgelöst, daneben auch neue Reichsämter ins Leben gerufen, und das Reichskanzleramt erhielt die
offizielle Bezeichnung Reichsamt des Innern (s. d.), nachdem sich mit den wachsenden Bedürfnissen
der Reichsverwaltung ein komplizierter Behördenapparat ausgebildet hatte (s. Reichsbehörden).
das auf Grund des Gesetzes vom vom Deutschen Reich ausgegebene Papiergeld. Nach diesem
Gesetz sollte jeder Bundesstaat das von ihm seither ausgegebene Papiergeld bis einlösen. Statt
desselben wurden 174 Mill. Mk., welche bis 1891 auf 120 Mill. zu ermäßigen sind, in Reichskassenscheinen
und zwar in Stücken von 5, 20 und 50 Mk. ausgegeben. Diese Scheine werden bei allen Kassen des Reichs und sämtlicher Bundesstaaten
nach ihrem Nennwert in Zahlung angenommen und von der Reichshauptkasse für Rechnung des Reichs jederzeit
auf Erfordern gegen bares Geld eingelöst. Im Privatverkehr findet ein Zwang zu ihrer Annahme nicht statt. Von den Bundesstaaten
darf auch ferner nur auf Grund eines Reichsgesetzes Papiergeld ausgegeben oder dessen Ausgabe gestattet werden.
(Reichsinsignien), die im ehemaligen Deutschen Reich bei der Krönung der deutschen
Kaiser und Könige gebrauchten Kleinodien: die goldene Krone, das vergoldete Zepter, der goldene Reichsapfel, das Schwert Karls
d. Gr., das des heil. Moritz, die vergoldeten Sporen, die Dalmatika und andre Kleidungsstücke, seit 1797 in Wien befindlich.
Vgl. Bock; Die Kleinodien des heiligen römischen Reichs (Wien 1864, Prachtwerk).
schlechthin wird die Kommission genannt, welche für die Entscheidung über Beschwerden gegen Verbote,
die auf Grund des Sozialistengesetzes erlassen werden, niedergesetzt ist (s. Textbeilage
Reichsbehörden II, 15).
ein im Deutschen Reich für den Fall eines Kriegs und zwar lediglich für Zwecke der Mobilmachung bereit
gehaltener Barbestand. Derselbe verdankt seine Entstehung der Übertragung der seit Friedrich Wilhelm I. bestehenden und bewährten
Einrichtung eines preußischen Staatsschatzes auf das Reich, indem hierzu nach Auflösung jenes preußischen
Staatsschatzes 120 Mill. Mk. aus der französischen Kriegsentschädigung durch Reichsgesetz bestimmt wurden (Reichsgesetz vom
Über den Reichskriegsschatz, welcher im Juliusturm der Spandauer Citadelle niedergelegt ist, kann nur mittels kaiserlicher Anordnung unter vorgängig
oder nachträglich einzuholender Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags verfügt werden. Der Reichskriegsschatz wird
von dem Reichskanzler unter Kontrolle der Reichsschuldenkommission durch die dazu bestellte Rendantur und den Kurator des Reichskriegsschatzes
verwaltet.
alles zum ehemaligen Deutschen Reiche gehörige Gebiet, wozu außer den eigentlichen deutschen Ländern
auch Böhmen, Mähren und Schlesien gehörten. In neuester Zeit erhielten die im Krieg von 1870/71 für Deutschland
wiedergewonnenen Gebiete von Elsaß und Deutsch-Lothringen den Namen »deutsches Reichsland«.
Reichsgesetz vom welches in Ausführung des Art. 61 der deutschen Reichsverfassung
die Friedenspräsenzstärke der Armee an Unteroffizieren und Mannschaften auf sieben Jahre (Septennat) feststellte
und über die Organisation und Ergänzung des Heers, über das aktive Heer, die Entlassung aus demselben, den Beurlaubtenstand
und die Ersatzreserve die nötigen Bestimmungen enthält. Auf Grund von § 71 dieses Gesetzes wurde vom Kaiser die
Heer- und die Wehrordnung erlassen (s. Deutschland, S. 844). Ergänzt wurde das Reichsmilitärgesetz durch das Gesetz über
den Landsturm vom und das Reichsgesetz vom über die Ausübung der militärischen Kontrolle über die
Personen des Beurlaubtenstandes, die Übungen derselben sowie die gegen sie zulässigen Disziplinarstrafmittel.
Modifiziert wurde das Reichsmilitärgesetz durch die Nachtragsgesetze vom und
welche zugleich die Friedenspräsenzstärke jeweilig auf weitere sieben Jahre bis bis
festsetzten und zwar durch das letztgedachte Gesetz auf 468,409 Mann ohne Anrechnung der Einjährig-Freiwilligen. Die Infanterie
ist hiernach vom ab in 534 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 364 Batterien,
die Fußartillerie in 31, die Pioniere sind in 19 und der Train in 18 Bataillone formiert worden. Zu diesem Gesetz kam dann noch
das Reichsgesetz vom betreffend Änderungen der Wehrpflicht, hinzu, welches die Landwehr und
unter Aufhebung des Gesetzes
mehr
vom auch den Landsturm in zwei Aufgebote teilte. Hiernach gehört der wehrfähige Deutsche 7 Jahre dem stehenden
Heer an und zwar 3 Jahre bei den Fahnen, 4 Jahre in der Reserve, die folgenden 5 Jahre aber der Landwehr ersten Aufgebots und
sodann bis zum 31. März desjenigen Kalenderjahrs, in welchem das 39. Lebensjahr vollendet wird, der Landwehr
zweiten Aufgebots. Die bisherige Einteilung der Ersatzreserve in zwei Klassen fällt hinweg. Der Landsturm besteht aus den Wehrpflichtigen
vom vollendeten 17. bis 45. Lebensjahr, welche weder dem Heer noch der Marine angehören. Das erste Aufgebot umfaßt die Landsturmpflichtigen
bis zum 31. März des Kalenderjahrs, in welchem sie ihr 39. Lebensjahr vollenden, das zweite Aufgebot die
Pflichtigen von ebendiesem Zeitpunkt an bis zum Ablauf der Landsturmpflicht.