Fabrikdorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Amtshauptmannschaft Chemnitz, hat eine schöne
Kirche, Strumpfwirkerei, Trikotagenfabrikation und (1885) 2766 evang.
Einwohner.
Die an der Chemnitz-Zwickauer Eisenbahn gelegenen Fabrikdörfer Reichenbrand, Grüna (Steinkohlengruben, 4207 Einw.),
Siegmar (1324 Einw.), Neustadt (1498 Einw.), Schönau (2824 Einw.) und Kappel (3433 Einw.; Nähmaschinenfabrikation) bilden
eine unter sich und mit Chemnitz zusammenhängende ununterbrochene Häuserreihe von mehr als 8 km Länge
mit insgesamt 16,052 Einw. und sind der Sitz einer sehr lebhaften Baumwollindustrie.
Stadt und besuchter Badeort im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Berchtesgaden, in romanischer
Alpengegend an der Saalach gelegen und auf drei Seiten von malerischen Bergen umgeben (westlich der Hohe
Staufen 1813 m, südwestlich das Müllnerhorn 1362, südöstlich der Dreisesselkopf 1752 und östlich der Untersberg 1975 m
hoch), an den Linien Freilassing-Reichenhall und Reichenhall-Berchtesgaden der Bayrischen Staatsbahn, 467 m ü. M., hat 2. kath.
Kirchen (die Pfarrkirche, von 1080, jetzt restauriert und mit Fresken von M. v. Schwind, die Kirche St. Zeno,
mit uraltem romanischen Portal und Kreuzgang), das Schloß Grottenstein, ein Kurhaus (Achselmannstein), ein Töchterinstitut der
Englischen Fräulein, eine heilgymnastische Anstalt, ein Amtsgericht, 2 Forstämter, ein Hauptzollamt, ein Hauptsalzamt, Maschinenbauwerkstätten,
Triftanlagen, Schneidemühlen, eine Holzstofffabrik und (1885) 3436 meist kath.
Einwohner.
Das Salzwerk von ist das bedeutendste des Königreichs. Die in eine Tiefe von ca. 25 m führenden Quellenbauten
sind durchweg aus Marmor und umfassen 15 Salzquellen, von welchen zwei (Edelquelle und Karl Theodor-Quelle) 25 Proz. Salzgehalt
haben. Die Salzproduktion Reichenhalls beträgt jährlich 120,000 Doppelzentner, der Anfall an Sole ist jedoch weit bedeutender.
Mit Berchtesgaden, Traunstein und Rosenheim steht Reichenhall durch eine 120 km lange Solenleitung in Verbindung,
die in ihrem ersten Teil bereits 1618 angelegt wurde; auf der Strecke von Berchtesgaden nach Reichenhall wird die Sole durch ein Druckwerk
bei Ilsank 355 m hoch gehoben.
Die Stadt Reichenhall, 1834 fast ganz abgebrannt, nahm infolge der 1846 erfolgten Errichtung des
Solbades Achselmannstein einen neuen mächtigen Aufschwung und ist jetzt der größte deutsche Alpenkurort, mit einer durchschnittlichen
Frequenz von 6000 Kurgästen. Als Kurmittel dienen: Sole von der Edelquelle (14-16° C.), welche sich durch ihren großen
Gehalt an Chlormagnesium (in 1 Lit. 1,730 g) auszeichnet, ferner Molke, Kräutersäfte, ein pneumatischer
Apparat, ein Inhalationsgradierwerk mit bedeutender Solfontäne, Inhalationssäle, Moorbäder, insbesondere aber die geschützte
Lage und die wunderbar weiche, reine Luft des schönen Thals (mittlere Sommertemperatur 19° C.). In der Umgebung die Stammburg
der 1219 ausgestorbenen Hallgrafen von Plain, die Ruine des gleichfalls uralten Schlosses Karlstein, die ebenfalls schon im 13. Jahrh.
erwähnten Schlösser Marzoll und Stauffeneck und die jetzt in Badeanstalten verwandelten Schlösser Achselmannstein
und Kirchberg.
Vgl. G. v. Liebig, Reichenhall, sein Klima und seine Heilmittel (5. Aufl., Reichenh. 1883);
Bühler, Bad Reichenhall und seine Umgebung
(10. Aufl., das. 1885).
1) August, ultramont. Abgeordneter, geb. 1808 zu Koblenz, studierte 1827-30 in Bonn,
Heidelberg und Berlin die Rechte, trat dann in den Staatsdienst und ward zum
Landgerichtsrat in Trier und 1849 zum Appellationsgerichtsrat
in Köln ernannt. 1879 nahm er seine Entlassung aus dem Staatsdienst. 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments, hielt er sich
zur Rechten, stimmte als Mitglied des Erfurter Parlaments 1850 gegen die Union und war 1850-63 Mitglied der
preußischen Zweiten Kammer, seit 1867 Mitglied des norddeutschen, dann bis 1884 des deutschen Reichstags und seit 1879 auch
wieder Mitglied des Abgeordnetenhauses.
Während er früher mit seinem Bruder Peter (s. unten) konstitutionelle Grundsätze gegen die Manteuffelsche Reaktion verteidigte,
stiftete er 1852 die katholische Fraktion, die sich 1861 Zentrum nannte, und ist einer der begabtesten
Redner dieser 1871 erneuerten und im Abgeordnetenhaus und Reichstag mächtigen Partei. Von seinen der Kunst gewidmeten Schriften
sind hervorzuheben: »Die christlich-germanische Baukunst« (Trier 1852);
»Fingerzeige auf dem Gebiet der christlichen Kunst«
(Leipz. 1854);
»Vermischte Schriften über christliche Kunst« (das. 1856, namentlich zahlreiche Aufsätze
über Dombau enthaltend);
»Georg Gottlob Ungewitter und sein Wirken als Baumeister« (das. 1866);
»Matthias Merian und seine Topographie«
(das. 1856);
»Augustus Pugin, der Neubegründer der christlichen Kunst in England« (Freiburg
1877);
ferner: »Zur neuern Geschichte des
Dombaues in Köln« (Köln 1880);
»Phrasen und Schlagwörter« (4. Aufl., Paderb.
1872);
»Erinnerungen an E. v. Steinle« (Frankf. 1887) u. a.
2) Peter Franz, ultramont. Abgeordneter, geb. 28. Mai 1810 zu Koblenz, studierte in Bonn und Heidelberg die Rechte, ward 1850 Appellationsgerichtsrat
in Köln, dann bis zur Auflösung des Obertribunals (1879) Obertribunalsrat in Berlin, 1848 Mitglied der preußischen Nationalversammlung, 1850 des
Volkshauses in Erfurt, seit 1858 des preußischen Abgeordnetenhauses und seit 1867 des norddeutschen, dann des deutschen Reichstags.
Früher zur liberalen Opposition, dann zum Zentrum gehörend, gleich seinem Bruder (s. Reichensperger 1), ließ er seit 1866, namentlich
aber seit dem Kulturkampf seine ultramontane Gesinnung mehr und mehr hervortreten.
Seine Reden zeigten jedoch Streben nach Mäßigung und gesetzlicher Haltung. Von seinen Schriften sind zu
nennen: »Die Agrarfrage« (Trier 1847);
»Die preußische Nationalversammlung und die Verfassung vom 5. Dez. 1848« (Berl. 1848);
»Entwurf eines Hypothekengesetzes« (Köln 1851);
»Die freie Agrarverfassung« (Regensb. 1856);
»Gegen die Aufhebung der Zinswuchergesetze« (Berl.
1861);
»Kulturkampf oder Friede in Staat und Kirche« (1.-4. Aufl., das. 1876);
»Erlebnisse eines alten Parlamentariers
1848« (das. 1882) und »Deutschlands nächste Aufgaben« (mit August Reichensperger, Paderb. 1860).
Vgl. »Reden der Gebrüder August und Peter
Franz Reichensperger« (Regensb. 1858).
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Frankenstein, 356 m ü. M., hat eine evangelische und 2 kath.
Kirchen, ein Amtsgericht, Bergbau auf goldhaltigen Arsenik, Arsenik- und Zündhölzchenfabrikation, Kalkbrennerei, Ziegeleien,
Getreidehandel und (1885) 2249 Einw. Von der Stadt führt das
Reichensteiner Gebirge den Namen, welches die Grafschaft Glatz im NO. abschließt, vom Eulengebirge durch den Neißedurchbruch
bei Wartha getrennt wird, mit dem schlesisch-mährischen Gebirge aber am Wetzstein (1128 m), dem östlichsten
Punkte der Grafschaft Glatz, in Verbindung steht und im Jauersberg 872 m Höhe erreicht.
Kreis Rappoltsweiler, an den Vogesen, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Schloßruine, Weinbau und (1885) 1698 Einw.
Reichenweier gehörte vor der französischen Revolution zu Württemberg.