Handelsgesetzbuch
(Code de commerce) insbesondere war das Vorbild der meisten neuern
Handelsgesetzbücher, und der
Code pénal
(Strafgesetzbuch) beeinflußte auch die deutsche Strafgesetzgebung in erheblicher
Weise. Durch
Kant und
Hegel wurde das wissenschaftliche
Studium des
Strafrechts (s. d.) mächtig angeregt, und die ausgezeichneten
Arbeiten des großen
KriminalistenFeuerbach gaben
der Strafrechtswissenschaft einen gewaltigen Aufschwung, der zuerst in dem von
Feuerbach selbst redigierten
bayrischen
Strafgesetzbuch von 1813 praktische Bedeutung gewann.
Zahlreiche
Strafgesetzbücher der einzelnen deutschen
Staaten folgten, während gleichzeitig auf dem Gebiet des
Strafprozesses
(s. d.) das englische Vorbild vielfache
Nachahmung in dem öffentlichen und mündlichen
Verfahren und in der Heranziehung des
Laienelements im Schwurgerichtsprozeß fand. Jetzt ist nicht nur auf dem Gebiet des
Strafprozesses, sondern
auch auf dem des
Zivilprozesses (s. d.) in
Deutschland
[* 2] die Rechtseinheit hergestellt, wie dies schon zuvor in Ansehung des
Strafrechts durch den
Erlaß des norddeutschen, jetzt deutschen
Strafgesetzbuchs geschehen war.
Ein deutsches
bürgerliches Gesetzbuch ist in der Vorbereitung begriffen, und das einheitliche Reichsrecht
hat bereits eine reichhaltige Litteratur hervorgerufen, welche durch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des gemeinsamen
Reichsgerichts wesentlich gefördert worden ist. Auf dem Gebiet des
Staatsrechts (s. d.) sind namentlich die englischen Rechtsschriftsteller
von großem Einfluß gewesen, und das konstitutionelle Verfassungsleben des
Kontinents hat durch dieselben vielfache Anregung
erhalten.
Das deutsche Reichsstaatsrecht der Gegenwart hat bereits viele Bearbeiter gefunden. Die moderne ist aber nicht bei der Bearbeitung
des positiven
Staatsrechts stehen geblieben, sie hat vielmehr auch die allgemeinen Merkmale staatlicher Wirksamkeit und die
Grundbedingungen zu entwickeln gesucht, welche in dem besondern
Staatsrecht der einzelnen
Staaten zur
Erscheinung kommen.
So ist die
Wissenschaft des allgemeinen
Staatsrechts ins
Leben gerufen, welche in
Deutschland an
KarlSalomoZachariä,
Bluntschli,
Robert v.
Mohl und
Held namhafte Bearbeiter fand.
Auch die kirchenrechtliche Litteratur gewann in neuerer Zeit infolge des in
Deutschland zwischen
Staat und
Kirche bestehenden
Konflikts an Bedeutung (s.
Kirchenrecht). Eine wichtige
Disziplin ist ferner das
Völkerrecht (s. d.) geworden,
ein Gebiet, auf welchem wissenschaftliche Forschung vielfach den Mangel positiver Rechtsvorschriften auszugleichen wußte.
Eine noch junge
Wissenschaft ist die vergleichende Rechtswissenschaft, welche sich eine systematische Vergleichung der Rechtsinstitute
verschiedener
Völkerschaften zur Aufgabe stellt, eine wissenschaftliche Thätigkeit, an welcher
Juristen aller Kulturvölker
Anteil nehmen. An encyklopädischen
Darstellungen und Übersichten der gesamten ist in
Deutschland kein
Mangel.
Neben den Werken von
Ahrens,
Arndts,
Bluhme,
Goldschmidt,
Walter und
Warnkönig ist namentlich des »Rechtslexikons« von Weiske
(Leipz. 1839-61, 15 Bde.) und der
»Encyklopädie der Rechtswissenschaft« von
Holtzendorff (4. Aufl., das. 1882), verbunden mit einem Rechtslexikon
(3. Aufl. 1880 ff., 3 Bde.),
zu gedenken.
ReciprokeBegriffe
und
Urteile, solche, welche miteinander vertauscht werden können, z. B. die
Begriffe: gleichwinkeliges und gleichseitiges
Dreieck
[* 5] und die
Urteile: ein gleichseitiges
Dreieck hat gleiche
Winkel,
[* 6] und ein gleichwinkeliges
Dreieck hat
gleiche Seiten;
reciprokeZahlen, solche, welche, miteinander multipliziert, als
Produkt die
Einheit oder
Eins geben, z. B. ¼
und 4, n und 1/n.
(engl., spr. rißeit'l),Vortrag, auch musikalischer und zwar (seit
Liszt) besonders für
Konzerte gebräuchlich, in denen nur Klaviervorträge durch einen einzigen
Spieler gegeben werden.
diejenige Art des
Gesangs, welche zu gunsten der natürlichen Accentuation und selbst des
Tonfalls
der
Worte das rein musikalische
Element auf ein
Minimum beschränkt, sowohl hinsichtlich der Melodiebildung
als der rhythmischen
Gliederung, sozusagen die prosaische
Rede des
Gesangs. Die
Erfindung des Recitativs fällt zusammen mit
der Entstehung der
Oper (s. d.). Das Bestreben, dem durch kontrapunktische
Künste von der
Musik ganz überwucherte poetischen
Text wieder zu seinem
Recht zu verhelfen und einen natürlichen
Ausdruck der
Empfindung im
Gesang zu ermöglichen,
führte auf dem Weg ästhetischen Räsonnements zur
Erfindung des
Stilo rappresentativo, dessen
Kern das ist.
Die Instrumentalbegleitung, welche gleich von seinen Schöpfern
Peri,
Caccini,
Cavalieri dem Recitativ beigegeben wurde, war zunächst
nichts weiter als eine harmonische
Stütze für die Sicherheit der
Intonation, ein bezifferter
Baß (s.
Generalbaß), welcher auf dem
Klavier oder auf der
Laute,
Theorbe,
Gambe ausgeführt wurde. Wenn es den ersten Schöpfern des
neuen
Stils nicht gleich gelang, der
Sprache
[* 7] die natürlichste Art der
Deklamation abzulauschen, sondern sie anfänglich in
das ihnen als Sologesang so ziemlich als einzigesMuster vorliegende Psalmodieren des Gregorianischen
Gesangs gerieten, so ist das gewiß nicht verwunderlich. Erst die Förderer des dramatischen
Stils, voran
Monteverde und später
Alessandro
Scarlatti, gestalteten die
Begleitung des Recitativs lebendiger und schufen das
Accompagnato, das Recitativ mit ausgearbeiteter,
musikalisch bedeutsamerer
Begleitung, während das Recitativ mit
Generalbaß als Seccorecitativ oder
¶
mehr
schlechtweg Secco sich daneben bis in unsre Zeit hielt. Den Übergang vom Recitativ zu der zuerst in der Kirche und Kammer ausgebildeten
Arie bildet das Arioso. Das moderne Recitativ, besonders wie es Wagner schreibt, unterscheidet sich von dem ältern nur dadurch, daß
der Musik wieder ein reicherer Anteil zugewiesen ist und die Instrumentalmusik interessante Gestaltung entwickelt,
während die Singstimme im getreuen Anschluß an die (kunstgemäß gesteigerte) natürliche Deklamation sich frei bewegt. Das
Vollkommenste dieser Art ist vielleicht der Dialog von HansSachs und Eva im zweiten Akte der »Meistersinger«.