(spr. -móng),Stadt im franz.
DepartementTarn,
ArrondissementAlbi, unweit des Dadou, hat eine katholische
und eine protest.
Kirche,
Silber- und Kohlengruben, Wollindustrie u. (1881) 2532 Einw.
Die ist eine jüngere
Schwester des schon dem
Mittelalter entstammenden und wesentlich durch die Humanisten des 16. Jahrh.
ausgebildeten
Gymnasiums. Der lateinischen Buchgelehrsamkeit der Humanisten gegenüber forderten seit dem Ende des 16. Jahrh.
Männer wie
Rabelais, Namus,
Montaigne,
Bacon, Ratich,
Comenius,
Schuppius,
Locke, Leibniz u. a. beim
Unterricht
der
Jugend eine sorgfältige Berücksichtigung der wirklichen gegenwärtigen
Welt
(Realien) und des in ihr demnächst auszuübenden
Berufs.
Derart waren besonders die aus dem
Kreis
[* 4] der sogen. Pietisten auf Anregung A. H.
Franckes (s. d.) hervorgehenden Lehranstalten.
In diesem
Kreis fand man sich auch zuerst bewogen, neben den ältern Gymnasien ganz neue Anstalten für
die
Zwecke der Realbildung zu errichten. Die erste derartige Anstalt, welche auch den
Namen Realschule trug, war, soweit bekannt ist,
die von
ChristophSemler in
Halle
[* 5] 1706 gegründete. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
Semler und
Francke ist nicht nachgewiesen,
wohl aber jenes Abhängigkeit von dem Jenenser
Mathematiker und pädagogischen Neuerer
ErhardWeigel.
Mehr Erfolg als dieser
Versuch hatte die 1747 von
Joh. Jul.
Hecker in
Berlin
[* 6] gestiftete Realschule, und gleichzeitig taucht der
Gedanke
der Einrichtung besonderer Nebenklassen an den gelehrten
Schulen »für die, so unlateinisch und ungriechisch bleiben wollen«,
mehrfach auf. Günstiger den Realschulen als
den Gymnasien und Lateinschulen des alten
Stils war die philanthropisch-pädagogische
Strömung, die im letzten Drittel des
Jahrhunderts im Anschluß an
Rousseaus
»Emil«, in
Deutschland
[* 7] namentlich durch
Basedow,
Oberwasser erhielt.
Des
KopenhagenerPredigersFr. Gabr.
ResewitzSchrift über »Die
Erziehung des
Bürgers« (1773) weckte hundertfachen
Widerhall und
führte ihren Verfasser als
Abt von
Klosterberge an die
Spitze einer der berühmtesten damaligen höhern
Lehranstalten
Deutschlands,
[* 8] wo er aber nur dürftige praktische Erfolge erzielte. Überhaupt ging wenig Haltbares unmittelbar
aus den pomphaft angekündigten Neuerungen hervor. Meist suchte man das
Alte mit dem
Neuen an denselben Anstalten zu vereinigen.
Nur in einzelnen großen
Städten waren neben den Gymnasien voll ausgestattete Realschulen zu ermöglichen.
Die meisten Gymnasien erhielten sogen. Bürgerklassen oder Realabteilungen, in welchen gegen
Wegfall des
Unterrichts im
Griechischen und Beschränkung des
Lateinischen Naturkunde,
Mathematik, neuere
Sprachen eine ausgedehntere
Pflege fanden. Der erste namhafte
Versuch, in die bunte Mannigfaltigkeit einheitliche
Gliederung zu bringen, war die »Vorläufige
Instruktion über die an den höhern
Bürger- und Realschulen anzuordnenden
Entlassungsprüfungen vom 8. März 1832«,
welche vom Geheimrat
Kortüm ausgearbeitet war und vom preußischen Unterrichtsministerium erlassen wurde.
Die Vorschriften dieser Instruktive verallgemeinern im wesentlichen nur das, was unter der umsichtigen Leitung des
Direktors
A. G. Spilleke an der
Berliner
[* 9] königlichen Realschule seit 1822 praktisch geworden war. Nur wurde gegen
Spillekes ursprünglichen
Plan das
Latein obligatorisch für die berechtigten Anstalten.
Neuen Aufschwung erhielt das Realschulwesen
durch die besonders vom Bürgerstand ausgehenden freiheitliche
Bewegungen der 40er Jahre und durch den gleichzeitig wachsenden
Einfluß der
Naturforschung auf das gewerbliche
Leben.
Auch arbeiteten in jener Zeit begabte und begeisterte Vertreter der Realschule, wie
Klumpp,
Mager,
Langbein u. a.,
für deren
Anerkennung und Vervollkommnung mit großem
Glück. In
Österreich
[* 10] erfolgte 1851 eine gesetzliche Regelung des Realschulwesens,
nach welcher
Ober- und Unterrealschulen unterschieden werden.
Dort, wie in
Bayern,
[* 11] wo statt der
Real- meist Spezialschulen für
Landwirtschaft,
Gewerbe etc. bestehen, wird das Hauptgewicht auf technische Vorbildung
(Zeichnen etc.) und Naturkunde
(Chemie) gelegt; die sprachliche
Bildung tritt mehr zurück. In andrer
Weise wurde die vielverhandelte
Frage in
Preußen
[* 12] zum vorläufigen
Abschluß gebracht durch die
»Unterrichts- und Prüfungsordnung der Realschulen und höhern
Bürgerschulen vom 6. Okt. 1859«. Diese
Ordnung unterschied Realschulen erster, Realschulen zweiter
Ordnung
und
Bürgerschulen.
Die Realschulen erster
Ordnung standen in Bezug auf Zahl der
Klassen, Dauer des Besuchs (in den drei untern
Klassen je ein Jahr,
in den drei obern je zwei), wissenschaftliche Vorbildung der Lehrkräfte etc. ganz den Gymnasien
gleich. Von den alten
Sprachen war die lateinische als pflichtmäßiges Unterrichtsfach beibehalten. Die
Realschulen zweiter
Ordnung hatten keinen so bestimmt vorgezeichneten
Lehrplan, sondern konnten sich hierin wie in der Zahl
und Auswahl der Lehrkräfte freier den örtlichen Verhältnissen anschließen. Sie durften, wenn sie auf die entsprechenden
Berechtigungen verzichteten, das
Latein ausschließen oder in die
Wahl der
Schüler stellen und die Besuchsdauer
sämtlicher
Klassen auf
¶
mehr
je ein Jahr einschränken. HöhereBürgerschulen endlich hießen diejenigen Realschulen, welche nach obenhin nicht abgeschlossen
waren, sondern der ersten Klasse ermangelten. Insofern sie bis zur zweiten Klasse einschließlich entwickelt und nach dem Lehrplan
der Realschulen erster Ordnung angelegt waren, konnten sie das Recht der Abgangsprüfungen erhalten. Innerhalb dieses Rahmens
haben sich die Realschulen von 1859 bis 1882 zahlreich und mannigfaltig entwickelt.
Die kleinern deutschen Länder folgten mit geringen Modifikationen Preußen nach, zumal seit 1866 wegen der Rücksicht auf
den einjährig-freiwilligen Militärdienst. Indessen wachte die schon 1848 und 1849 vielfach erhobene Forderung wieder auf,
den Realschulen in Bezug auf den Universitätsbesuch gleiche Rechte mit den Gymnasien einzuräumen, während
anderseits völliger Verzicht auf den lateinischen Unterricht von allen Realschulen verlangt wurde. Der Minister v. Mühler forderte
daher über die Zulässigkeit einer erweiterten Kompetenz der Realschulen an den UniversitätenGutachten von sämtlichen
Fakultäten der Landesuniversitäten ein, welche überwiegend ablehnend ausfielen.
Doch ward verfügt, daß die Reifezeugnisse der Realschulen erster Ordnung in Bezug auf die Immatrikulation bei der
Universität und die Inskription bei der philosophischen Fakultät dieselbe Gültigkeit haben sollten wie die der Gymnasien,
und daß künftig Schulamtskandidaten, die eine Realschule erster Ordnung besucht und nach Erlangung eines von
derselben erteilten Zeugnisses der Reife ein akademisches Triennium absolviert hätten, zum Examen pro facultate docendi in
den Fächern der Mathematik, der Naturwissenschaften u. der neuern Sprachen, jedoch mit Beschränkung der Anstellungsfähigkeit
auf Real- u. höhere Bürgerschulen, zugelassen würden. Im Oktober 1873 berief der MinisterFalk eine Versammlung sachverständige
Männer nach Berlin, um über Fragen des höhern Schulwesens, besonders die Realschulfrage, ihren Rat zu hören.
Obwohl die Versammlung im allgemeinen sich zu den Forderungen der Realschulmänner günstig stellte, blieb zunächst alles
beim alten. Dagegen hat seitdem die Kreise
[* 14] der Reallehrer eine lebhafte Bewegung ergriffen, die, teilweise anknüpfend an die
patriotische Erhebung seit 1870, der Realschule, als der eigentlich »deutschen Schule«, völlige Gleichberechtigung
mit dem Gymnasium, ja hier und da allgemeine Verbreitung an Stelle desselben zu erstreiten suchte. Versammlungen zu Eisenach,
[* 15] Gera,
[* 16] Braunschweig
[* 17] u. a. O. haben in dieser Richtung mehr oder minder weit greifende Beschlüsse gefaßt und Forderungen aufgestellt.
Eine festere Gestalt erhielt diese Bewegung in dem am begründeten Verein der deutschen Realschulmänner,
der seitdem seine Forderung nach unbedingter Gleichberechtigung der voll organisierten Realschulen mit den Gymnasien rührig
vertreten und durch gründliche statistische Nachweise manches unbegründete Vorurteil gegen die Realschulbildung, das ungeprüft
der eine dem andern nachspricht, siegreich bekämpft hat. Verwickelter noch wurde die Realschulfrage,
als 1879 das technische Schulwesen an das Kultusministerium überging und gleichzeitig die frühern Gewerbeschulen nach dem
Muster einer vom Direktor Gallenkamp in Berlin geleiteten lateinlosen Realschule erster Ordnung zu Anstalten dieser Art umgewandelt wurden.
Im Kultusministerium war man nicht abgeneigt, diese neue Form der Realschule im Sinn Spillekes als deren reinste
Ausgestaltung anzuerkennen und gegenüber den bisherigen Realschulen erster Ordnung, deren Leistungen im Lateinischen durchschnittlich
gering waren, zu begünstigen, was freilich an dem Vorurteil, das in allen andern Ministerien, bei der Post etc., gegen diese
lateinlosen Schulen herrschte, völlig gescheitert ist.
Die neuen Lehrpläne,
welche der Minister v. Goßler für alle höhern Schulen in Preußen erließ,
haben die sonach vorhandene Mannigfaltigkeit auf dem Gebiet des Realschulwesens nicht vereinfachen können. Die Anstalten
haben fast nur die Namen gewechselt, indem die Realschulen erster Ordnung nach dem Lehrplan von 1859 nun Realgymnasien, die
höhern Bürgerschulen Realprogymnasien, die lateinlosen Realschulen erster Ordnung (Gewerbeschulen) Oberrealschulen
und, wenn ihnen die oberste Klasse mit zwei Jahrgängen
fehlt, Realschulen heißen. Der Name der höhern Bürgerschulen ist, im Anschluß an ein Vorbild lateinloser höherer Bürgerschule
in Kassel,
[* 18] auf diejenigen lateinlosen Realanstalten übergegangen, deren Lehrplan sechs Jahrgänge umfaßt,
und die bis auf geringfügige Abweichungen einer unvollständigen Oberrealschule gleicht, welcher die obersten drei Jahrgänge
(Prima, Obersekunda) fehlen. Während die höhere Bürgerschule mit der Erlangung des Rechts auf den einjährig-freiwilligen
Heerdienst abschließt, führen Realschulen und Realprogymnasien um ein Jahr, Realgymnasien und Oberrealschulen um drei Jahre
darüber hinaus.
Als gelöst kann durch den gegenwärtigen Zustand die Realschulfrage noch nicht angesehen werden. Solange die Hauptform der
Realschule dem Gymnasium so nahe steht wie jetzt, werden die Vertreter der Realschule stets versucht sein,
wenn nicht völlige Gleichberechtigung mit jenem, doch
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