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umsinken oder in Krämpfe verfallen; ähnlich die Begonny oder Tänzer. Harmloser Art sind außer den sehr zahlreichen Starobradzen, welche nur die von der griechischen Kirche geweihten Priester nicht anerkennen, und den Jedinowertzen (»Glaubensgenossen«),
welche sich mit der Staatskirche so gut wie ausgesöhnt haben und sich von derselben nur durch Äußerlichkeiten, wie abweichende Aussprache des Namens Jesus (dreisilbig), eine andre Form des Kreuzschlagens, durch Verbot des Tabakrauchens, Kaffee- und Theetrinkens etc. unterscheiden, die jetzt in Russisch-Armenien angesiedelten Duchoborzen (s. d.) und Molokanen (Malakanen, »Milchesser«),
die zwar auch das Priesteramt, die Sakramente etc. sowie die Heiligenanrufungen verwerfen, nur die Bibel [* 2] anerkennen und als Chiliasten bei Napoleons I. Anrücken den Anbruch des Tausendjährigen Reichs erwarteten, im übrigen aber fleißige und ordentliche Leute sind. Ganze Gemeinden von Molokanen leben in durchgeführter Gütergemeinschaft. Ebenso arbeitsam und auf ein thätiges Christentum gerichtet sind die für Gütergemeinschaft und allgemeines Priestertum begeisterten, seit 1863 in Rußland eingedrungenen Stundisten und die von der Idee der Bruderschaft aller Menschen ausgehenden, Handel und Geldverkehr, aber auch alle Fleischspeisen und geistigen Getränke verwerfenden geistlichen Brüder (Schaloputen).
Noch andre Sekten sind: die Pomoranen (»Seeküstenbewohner«),
die Schtschelniken, welche beim Gebet nach einer Spalte, durch die das Licht [* 3] einfällt, blicken, die Maslowzen etc. Die Zahl sämtlicher ist äußerst schwer zu bestimmen, weil die meisten ihren Glauben verheimlichen. Offiziell wurden 1870 im europäischen Rußland 997,600 und im asiatischen Rußland 173,400 angegeben, dagegen wird von Kundigen die wirkliche Zahl derselben auf 12 Mill., also mehr als den zehnten Teil der Bevölkerung [* 4] des Reichs, veranschlagt. Die russische Regierung ging gegen Fanatiker, wie die Skopzen (s. oben), vielfach selbst noch gegen die harmlosen Stundisten energisch, zeitweise sogar grausam vor.
Wohl sichern die russischen Staatsgrundgesetze auch den Raskolniken Glaubensfreiheit, aber im Widerspruch damit verbieten ihnen andre Bestimmungen, Kirchen und Kapellen zu erbauen oder zu erneuern. Auch ist ihnen jede äußerliche Kundgebung ihres Glaubens untersagt. Dazu wurden dem »Abtrünnigen« die Verwaltung seines Vermögens, das Recht, über die Erziehung seiner Kinder zu verfügen, u. dgl. entzogen. Sind auch diese Bestimmungen im praktischen Leben jetzt größtenteils nur toter Buchstabe, so haben doch nicht selten ganze Dörfer, die nach der Methode der Dragonaden der orthodoxen Kirche zurückgebracht werden sollten, ihre ganze grausame Strenge an sich erprobt, und dem Raskolniken, der nicht auf jegliche äußerliche Bethätigung seines Glaubens verzichten wollte, blieb nichts übrig, als fortwährend das Gesetz zu übertreten und abzuwarten, ob er, je nach Laune der Beamten, nach Zeitverhältnissen und Instruktionen, verurteilt ward oder unbeachtet blieb.
Unter Alexander II. hat die Gesetzgebung einen wichtigen Schritt nach vorwärts gethan: das unterm allerhöchst bestätigte Reichsgutachten, betreffend »die Regeln über die Zivilstandsregister für Ehen, Geburten und Todesfälle der Raskolniken«, erkennt eine von Sektierern geschlossene Ehe als gesetzlich an, wenn sie bei den hierzu verordneten Zivilstandsregistern angemeldet wurde. Seitdem hat man auch eine Regelung ihrer anderweitigen Rechte und Pflichten, ihres Gottesdienstes etc. (wobei man jedoch einen strengen Unterschied zwischen den schädlichen und unschädlichen Sekten macht) ins Auge [* 5] gefaßt.
Gleichwohl sind die Maßregeln der Regierung den Raskolniken gegenüber fortdauernd schwankend und unbestimmt geblieben, weil ihr die unbeugsame sittliche Macht, gegen welche sie den Kampf aufgenommen hatte, unbekannt blieb. Der Protest der Raskolniken gilt dem ganzen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zerfall. Seit 1880 trat ein Bauer mit Namen Basil Soutaiew als Sektenstifter auf, eine großartige Organisation der christlichen Liebesthätigkeit in sozialistischen Sinn anstrebend. An ihn schloß sich der Schriftsteller Graf Tolstoi an, während die rein religiöse Bewegung eines andern Mitglieds der hohen Gesellschaft, Pachkow, weil sie des sozialistischen Prinzips entbehrte, keinen Erfolg hatte.
Vgl. Makarij, Geschichte des russischen Raskols (russ., Petersb. 1855);
Schtschagow, Der russische Raskolnik (Kasan [* 6] 1859);
»Le [* 7] Raskol, essai historique« (Par. 1859);
Libanow, Sektierer und Strafgefangene (russ., Petersb. 1872-1873, 4 Bde.);
Juzow, Die russischen Dissidenten (russ., das. 1881);
Gerbel, Russische [* 8] Sektierer (Heilbronn [* 9] 1883, mit Litteraturangaben);
Tsakni, La Russie sectaire (Par. 1888).
Von Interesse zur Kenntnis der Raskolniken sind die kulturgeschichtlichen Romane von Melnikow (s. d.).