mannigfachen Zeremonien begangen. In der Regel werden die jungen Männer, denen der Bart sproßt, und die Mädchen, sobald sich
die erste Menstruation zeigt, von ihren Angehörigen getrennt und dann bestimmten strengen Prüfungen unterworfen, die meist
in heftigen körperlichen Peinigungen bestehen, welche sie ohne Schmerzensäußerung ertragen müssen. Bei den Australiern
besteht der Hauptakt in dem Ausschlagen und Spitzfeilen der Schneidezähne, anderwärts in blutigen Geißelungen,
Tättowierung, und in vielen Gegenden Australiens und Afrikas wird damit die Beschneidung verbunden.
Bei den Indianern Nordamerikas dauern die mit langen Fasten und Kasteiungen eingeleiteten Zeremonien monatelang; die Jünglinge
erwarten dabei die Erscheinungen eines Schutzgeistes (meist in Gestalt eines lebenslang zu schonenden Tiers,
s. Totem) im Traum, anderwärts haben sie ein gefährliches Jagdabenteuer zu bestehen oder einen Kopf zu erjagen (s. Kopfjagden).
Hier und da sind mit der Absonderung der jungen Leute von ihren Angehörigen und mit den körperlichen Prüfungen Belehrungen
über ihre Pflichten gegen Stammesgenossen und Fremde verbunden, die durch einen Schamanen oder eine kluge
Frau gegeben werden, und endlich findet unter lärmenden Feierlichkeiten und Festen die Aufnahme der jungen Leute in die Gemeinschaft der
Erwachsenen statt. In Mexiko und Peru näherten sich diese Prüfungen mehr denen unsrer Firmung; anderseits herrschten in einigen
alten Kulturstaaten den Sitten der Wilden analoge Zeremonien, z. B. blutige Geißelungen der spartanischen
Jünglinge am Altar der Artemis, Geißelung und Tättowierung der Jünglinge im Tempel der syrischen Göttin zu Hierapolis. Später
traten an Stelle dieser Standhaftigkeitsprüfungen die Abscherung des bis dahin wachsenden Haars, das Anlegen der Toga virilis
u. Nachweis von Zeichen geistiger Reife.
(sc. collegium, lat.), auf Universitäten eine durch das Semester fortlaufende Vorlesung, zu der jedermann Zutritt
hat, ohne ein Honorar zu zahlen. Im lateinischen Verzeichnis wird daher angekündigt, daß der Lehrer über den betreffenden
Gegenstand »publice et gratis« (öffentlich und unentgeltlich) lesen werde.
Zum Gegenstand derselben werden meist Fragen von allgemeinem Interesse, Zeitfragen etc. gewählt. Vgl. Kollegium.
Veröffentlichung, Eröffnung (s. d.), z. B. Verkündigung eines Gesetzes, eines richterlichen Urteils, welch
letztere oft in einem besondern Publikationstermin erfolgt (s. Verkündigung).
(lat.), im allgemeinen die gesamte Einwohnerschaft einer
Stadt oder eines Landes und in diesem Sinn dem Begriff Volk entsprechend, besonders aber die Gesamtheit einer gemachten, jedoch
zu Einem Zweck verbundenen Menschenmasse.
Insofern spricht man von einem lesenden, schreibenden, musikalischen, kunstliebenden,
Theater-Publikum etc.
(Poblilius), Name eines röm.
plebejischen Geschlechts, von dessen Gliedern sich besonders zwei
hervorgethan haben: Volero Publilius brachte 472 v. Chr. als Volkstribun den Gesetzesantrag an das Volk und setzte ihn 471 in seinem
zweiten Tribunat mit großer Energie durch, daß die plebejischen Magistrate künftighin in den Tributkomitien gewählt werden
sollten. Q. Publilius Philo, einer der bedeutendsten Männer seiner Zeit, war 339 Konsul und dann in demselben
Jahr Diktator, als welcher er mehrere volkstümliche Gesetze gab, und bekleidete dann noch dreimal (327, 320, 315) das Konsulat.
Er war der erste Plebejer, der 337 die Prätur und 332 die Zensur erlangte, und der erste, dem nach Ablauf seines zweiten Konsulats,
um die von ihm begonnene Belagerung von Paläpolis zu Ende zu führen, der Oberbefehl für 326 verlängert
wurde.
Syrus, röm. Mimendichter, von Geburt ein syrischer Sklave, blühte um 43 v. Chr. und erfreute sich auch noch
in späterer Zeit einer großen Beliebtheit wegen der kurzen, treffenden Spruchverse in seinen Mimen.
Wir besitzen eine alphabetische
Sammlung von fast 700 seiner »Sententiae«.
Neueste Ausgaben von Wölfflin (Leipz. 1860),
Ribbeck in »Comicorum
romanorum fragmenta« (das. 1873), Meyer (das. 1880), Friedrich (Berl. 1880).
(spr. -tschero), span. Nationalgericht, welches der
Olla potrida ähnlich ist, wird bereitet aus Rindfleisch, Schinken, Kichererbsen und einer sehr scharf gewürzten Wurstart.
Dem
weichgekochten Puchero werden Farceklößchen aus einer Mischung von Speck, Schinken, Eiern, Knoblauch, Petersilie
und geriebener Semmel, die in Fett gebacken sind, hinzugefügt.
1) Wolfgang Heinrich, verdienter Jurist, geb. zu Mährendorf bei Erlangen, studierte in dieser Stadt,
praktizierte sodann kurze Zeit als Advokat in Ansbach und ward hierauf von der preußischen Regierung zum
Kriminalrat und 1797 zum Justizrat befördert. Als Ansbach an Bayern fiel, wurde er als Landrichter nach Kadolzburg versetzt. 1811 erhielt
er das Direktorium des Landgerichts in Erlangen, wo er starb. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: Ȇber die Grenzen
des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen« (Nürnb. 1819);
»Handbuch des gerichtlichen Verfahrens in Sachen der freiwilligen
Gerichtsbarkeit« (Erlang. 1821, 2 Bde.; 2. Aufl.
1831-32);
»Beiträge zur Gesetzgebung und Praxis des bürgerlichen Rechtsverfahrens« (das. 1822-27, 2 Bde.);
»Über die gerichtlichen Klagen« (Gieß. 1833, 2. Aufl. 1840);
»Das Prozeßleitungsamt des deutschen Zivilrichters« (das.
1836);
»Über die rechtliche Natur der bäuerlichen Gutsabtretung« (das. 1837);
»Der Inquisitionsprozeß« (Erlang. 1844);
»Erinnerungen
aus dem Leben und Wirken eines alten Beamten« (Nördling. 1842).
2) Georg Friedrich, ausgezeichneter Jurist, Sohn des vorigen, geb. zu Kadolzburg,
mehr
studierte in Erlangen, habilitierte sich daselbst 1820 als Privatdozent, ward 1823 zum außerordentlichen Professor ernannt, 1828 als
ordentlicher Professor nach München berufen, wo er mit Schelling in nahen Verkehr trat, und übernahm 1835 eine Professur in
Marburg, 1837 in Leipzig, 1842 als Savignys Nachfolger in Berlin. 1844 wurde er zum Geheimen Obertribunalrat
und 1845 zum Mitglied des Staatsrats und der Gesetzgebungskommission ernannt; starb Puchta verband mit gediegener philosophischer
Bildung (er gehörte Schellings Schule an) eine seltene Schärfe und Klarheit des Gedankens wie des Ausdrucks.
Seine bedeutendsten Schriften sind: »Zivilistische Abhandlungen« (Berl. 1823);
»Das Gewohnheitsrecht« (Erlang. 1828-37, 2 Bde.);
»Lehrbuch der Pandekten« (Leipz. 1838; 12. Aufl. von Schimmer, 1877);
»Einleitung in das Recht der Kirche« (das. 1840);
»Kursus der Institutionen« (das. 1841-47, 3 Bde.; 9. Aufl.,
besorgt von Krüger, 1881, 2 Bde.);
die von Rudorff herausgegebenen »Vorlesungen über das heutige römische Recht« (das. 1847-48, 6. Aufl.
1873-74) und »Kleine zivilistische Schriften« (das. 1851).