Nach Ziskas Tod zum Oberanführer der Taboriten ernannt, obwohl er nicht selbst die Waffen führte, entriß er 1425 den Sachsen
Dux, siegte, von den Pragern unter Korybut unterstützt, 16. Juni 1426 bei Aussig über die Deutschen und schlug darauf im November
d. J. Herzog Albrecht von Österreich bei Lundenburg. Nachdem er ein neues deutsches Kreuzheer 2. Aug. 1427 bei
Tachau in die Flucht geschlagen, stürzte er die gemäßigte Partei der Hussiten und bemächtigte sich Prags und der obersten
Herrschaft.
Auf seinen Betrieb unternahmen die Hussiten zahlreiche Raubzüge in die Nachbarlande Ungarn, Schlesien und Meißen, die er teilweise
selbst anführte. Nachdem sich 1431 die zu Eger mit Siegmund gepflogenen Waffenstillstandsunterhandlungen
zerschlagen hatten, schlug Prokop das deutsche Heer bei Tauß 14. Aug. abermals in schmähliche Flucht. Als die gemäßigten Kalixtiner 1433 die
Prager Kompaktaten abschlossen, zog Prokop gegen sie, erlitt aber bei Lipan, unweit Böhmisch-Brod, 30. Mai 1434 eine vollständige
Niederlage und fand selbst in der Mitte der Feinde den Tod.
2) Prokop (Procupek) der Kleine, nach Ziskas Tod Heerführer der Orphaniten oder Waisen, befehligte dieselben bei Tauß (1431) und
auf vielen Plünderungszügen u. fiel an der Seite Prokops d. Gr. 30. Mai 1434.
aus Cäsarea in Palästina, daher Prokopios von Cäsarea genannt, griech. Geschichtschreiber
aus dem 6. Jahrh. n. Chr., begleitete 527-547 Belisar auf dessen Feldzügen als juristischer Beirat und Geheimschreiber, starb
nach 558 in Konstantinopel. Er verfaßte in griechischer Sprache mehrere historische Werke, namentlich eine »Geschichte seiner
Zeit« in 8 Büchern, die Beschreibung der Kriege mit den Vandalen, Mauren, Persern und Goten von 395-553 enthaltend;
ferner »Ktismata«, eine Schrift über die unter Justinian neuerrichteten Gebäude, und die »Anecdota«
(Historia arcana, Geheimgeschichte), worin er das in seinen übrigen Werken über Justinian und dessen Gattin gesagte Rühmliche
zurücknahm und die Lasterhaftigkeit des Hofs in grellen Farben schilderte. Die beste Ausgabe seiner Werke lieferte Dindorf
(Bonn 1833-38, 3 Bde.), eine besondere der »Anecdota«
Orelli (Leipz. 1827) und Isambert (Par. 1856, mit Übersetzung); eine Übersetzung der »Geschichte
seiner Zeit« Kanngießer (Greifsw. 1827-31, 4 Bde.),
der Geheimgeschichte Reinhardt (Erlang. 1753),
des Gotenkriegs Coste (Leipz. 1885).
Vgl. Dahn, Prokopios von Cäsarea (Berl. 1865).
(»Ausrecker«),
im griech. Mythus Beiname des Polypemon oder Damastes, eines Räubers in der
Umgegend von Eleusis, der seine Opfer auf eine Bettstelle legte und, wenn sie sich als zu kurz erwies, ihnen die überschüssigen
Gliedmaßen abhackte. Im entgegengesetzten Fall hämmerte und reckte er ihnen die Glieder auseinander. Er ward von Theseus am
Kephisos getötet.
Daher der Ausdruck »Bett des Prokrustes« sprichwörtlich für jedes ungerechtfertigte Abkürzen
oder Ausdehnen wie überhaupt für eine peinliche Lage, in welche jemand gezwungen wird.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, Kreis Memel, an der Minge und der Linie Insterburg-Memel der Preußischen
Staatsbahn, mit evang. Kirche, Amtsgericht und (1885) 197 Einw.
Flecken im Königreich Serbien, Kreis Toplitza, am linken Ufer des Toplitzaflusses und 32 km
westlich von Nisch gelegen, mit 2560 serb. Einwohnern;
Sitz der Kreisbehörden.
(v. lat. pro cura, »für Mühe«),
Honorar für Bemühungen in Handelsangelegenheiten; dann s. v. w. Vollmacht,
insbesondere die von dem Eigentümer einer Handelsniederlassung (Prinzipal), sei es einem Einzelnen oder
einer Handelsgesellschaft, erteilte Vollmacht, im Namen und für Rechnung des Prinzipals das Handelsgeschäft zu betreiben und
die Firma per procura (abgekürzt prokura pr. oder pr. Pa.) zu zeichnen. Die Prokura, welche auch an mehrere Personen gemeinschaftlich erteilt
werden kann (Kollektivprokura), ermächtigt den also Bevollmächtigten (Prokuraträger, Prokuristen) zu allen gerichtlichen
und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.
Dagegen darf derselbe ohne Einwilligung des Prinzipals weder für eigne noch für Rechnung Dritter Handelsgeschäfte machen.
Auch ist er zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken des Prinzipals nur dann ermächtigt, wenn ihm die Befugnis hierzu
besonders übertragen worden ist. Ebensowenig darf der Prokurist die ihm erteilte Prokura ohne Zustimmung des
Prinzipals auf einen andern übertragen. Die Zeichnung der Firma durch den Prokuristen erfolgt in der Weise, daß er der Firma einen
die Prokura andeutenden Zusatz und seinen Namen beifügt; bei der Kollektivprokura hat jeder Prokurist der mit
diesem Zusatz versehenen Firmenzeichnung seinen Namen beizufügen.
Die Erteilung der Prokura ist bei Vermeidung von Ordnungsstrafen zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden, indem der Prokurist
bei dieser Gelegenheit die Firma nebst seiner Namensunterschrift persönlich vor dem zuständigen Gericht zu zeichnen oder
die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen hat. Ebenso ist das Erlöschen der Prokura in
das Handelsregister einzutragen. Die Unterlassung der Anmeldung beim Gericht hat die Folge, daß der Prinzipal sich Dritten gegenüber
nur dann auf das Erlöschen der Prokura berufen kann, wenn er nachweist, daß dies dem Dritten bei dem Abschluß des fraglichen
Geschäfts bekannt war. Bei ordnungsmäßiger Eintragung und öffentlicher Bekanntmachung dagegen
muß jeder Dritte das Erlöschen gegen sich gelten lassen, sofern nicht durch die Umstände die Annahme begründet wird, daß
er das Erlöschen beim Abschluß des Geschäfts weder gekannt habe, noch habe kennen müssen.
Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch,
Art. 10, 41-46, 52-56, 104, 118.
(lat.), Stellvertretung, insbesondere der vorläufige Abschluß eines Ehekontrakts zwischen
fürstlichen Personen durch Vermittelung eines Bevollmächtigten.
Dem Vermählungsakt per procurationem, wobei der abwesende
Teil durch einen Bevollmächtigten vertreten wird, folgt regelmäßig eine nochmalige Einsegnung des Paars.
Früher war in solchen
Fällen sogar ein symbolisches Beschreiten des ehelichen Lagers üblich.
(lat.), Sachwalter; Vertreter, der im Auftrag eines andern und auf Grund einer Vollmacht
(Prokuratorium) dessen Geschäfte, insbesondere vor Gericht, führt. Der von einer Gemeinde oder sonstigen Korporation bestellte
Prokurator heißt
mehr
Syndikus. Die Vertretung der Parteien in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist die Hauptaufgabe der Rechtsanwalte, und zwar
besteht nach der deutschen Zivilprozeßordnung die Vorschrift, daß vor den Kollegialgerichten, also vor den Landgerichten
und allen Gerichten höherer Instanz, die Parteien sich durch einen Rechtsanwalt als Prokurator vertreten lassen müssen (Anwaltsprozeß).
Außerdem, also namentlich vor den Amtsgerichten, können die Parteien ihre Sache selbst führen oder sich
durch Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen.
Staatsprokurator (Procureur d'État) ist in Frankreich s. v. w. Staatsanwalt. In der römischen Kaiserzeit hießen Prokuratoren
(»Landpfleger«) die Verwalter des kaiserlichen Privatvermögens, welche in kleinen Provinzen zugleich die Stelle des Statthalters
versahen oder diesen in den zu einer Provinz gehörigen kleinen Territorien vertraten.
Vgl. Liebmann, Beiträge
zur Verwaltungsgeschichte des römischen Reichs, Bd. 1 (Jena 1886).
In Klöstern heißt der Konventual, welcher die ökonomische und sonstigen weltlichen Angelegenheiten zu besorgen hat, Pater
Prokurator oder Klosterschaffner. Prokurator von St. Markus war in Venedig ehemals Titel der vornehmsten Staatsbeamten; es
gab neun wirkliche, aus denen der Doge gewählt ward, u. viele Titularprokuratoren, die des damit verbundenen Ranges wegen
große Summen für den Titel bezahlten.