mehr
Kriegs gar nicht geglaubt und nicht nur unvollkommen gerüstet hatten, sondern auch den
Krieg selbst ohne jede ihres
Zweckes
bewußte
Energie führten. Zunächst gelang es, die hannöversche
Armee, welche zwar noch recht
zeitig bei
Göttingen
[* 2] gesammelt
worden war, dann aber tagelang plan- und ziellos zwischen dem
Harz und
Thüringer Wald hin und
her zog und
auf
die Ankunft des bayrischen
Heers harrte, welches seinerseits die Hannoveraner südlich des
Thüringer
Waldes erwartete,
in dem blutigen
Gefecht bei
Langensalza
[* 3] (27. Juni) zu stellen und 29. Juni zur
Kapitulation zu zwingen. Hierauf
rückte
Falckenstein 2. Juli über
den
Thüringer Wald gegen die
Bayern,
[* 4] welche in der
Stärke
[* 5] von 40,000 Mann unter dem
Prinzen
Karl von
Bayern
im
Begriff waren, vom
Thal
[* 6] der
Werra sich nach dem der
Fulda
[* 7] zu wenden, um dem aus Württembergern,
Hessen,
[* 8] Badensern, Nassauern
und Österreichern gebildeten 8. Bundesarmeekorps unter dem
Prinzen
Alexander von
Hessen, das von
Frankfurt
[* 9] a. M. sich ebenfalls
Fulda näherte, die
Hand
[* 10] zu reichen. Am 4. Juli lieferte die
Division
Goeben den
Bayern das
Gefecht bei
Dermbach, welches den
Prinzen
Karl veranlaßte, sich durch die
Rhön hinter die
Fränkische
Saale zurückzuziehen. Eine einzige preußische
Granate, welche
am 4. bei
Hünfeld in zwei Kürassierschwadronen eine verheerende
Wirkung hervorbrachte, scheuchte die
ganze bayrische
Kavallerie unter dem
Prinzen
Thurn und
Taxis bis nach
Schweinfurt
[* 11] zurück. Der
Prinz
Alexander wich einem jeden
Zusammenstoß sofort nach
Westen aus.
Falckenstein erzwang darauf
10. Juli die Saalübergänge bei
Hammelburg und
Kissingen,
[* 12] wo es
zu einem blutigen
Zusammenstoß kam, wandte sich plötzlich nach
Westen den
Main abwärts gegen das 8. Bundeskorps,
schlug 13. Juli die
Hessen bei
Laufach, zersprengte 14. Juli bei
Aschaffenburg
[* 13] die österreichische
Brigade
Neipperg und besetzte 15. Juli
Frankfurt.
Hier wurde
Falckenstein abberufen und
Manteuffel zum Oberbefehlshaber der Mainarmee ernannt. Dieser bekam den Befehl, in Süddeutschland
so weit wie möglich vorzudringen, während gleichzeitig eine aus preußischen und mecklenburgischen
Truppen gebildete Reservearmee unter dem
Großherzog von
Mecklenburg
[* 14] in das bayrische
Oberfranken einrückte.
Manteuffel marschierte
am linken Mainufer auf
wärts gegen die
Tauber, hinter welcher die
Bayern und Bundestruppen standen.
Sein
Plan, sich zwischen
beide zu schieben
und sie einzeln zu schlagen, wurde zwar durch
Goeben vereitelt, der 24. Juli bei
Werbach
und
Tauberbischofsheim sich mit solcher
Wucht auf
die Badenser und
Württembergs warf, daß
Prinz
Alexander sich sofort gegen
Würzburg
[* 15] auf
die
Bayern zurückzog.
Indes lieferte dieser 25. Juli nur das matte
Gefecht bei
Gerchsheim und entwich dann hinter
das rechte
Mainufer, wo sich sein
Korps auf
löste. Die
Bayern leisteten 25. und 26. Juli bei
Helmstadt und
Roßbrunn den
Divisionen
Beyer und
Flies hartnäckigern
Widerstand, zogen sich dann aber auch nach
Würzburg zurück. Jetzt beeilten
sich die süddeutschen
Regierungen, durch
Gesandte, welche sie nach
Nikolsburg schickten, von
Preußen
[* 16] einen
Waffenstillstand
zu erlangen, welcher ihnen 2. Aug. gewährt wurde.
Inzwischen war nämlich 27. Juli Nikolsburg der Präliminarfriede zwischen Preußen und Österreich [* 17] zu stande gekommen, welcher Österreich verpflichtete, zur Auflösung des Deutschen Bundes und zu einer neuen Gestaltung Deutschlands [* 18] ohne seine Beteiligung seine Zustimmung zu geben, an Italien [* 19] Venetien, an Preußen seine Rechte auf Schleswig-Holstein [* 20] abzutreten, 20 Mill. Thlr. Kriegskosten zu bezahlen und die von Preußen in Norddeutschland herzustellenden neuen Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen (von denen nur das Königreich Sachsen [* 21] ausgeschlossen war), anzuerkennen.
Die einzige Wirkung der französischen Vermittelung war der Zusatz zu Art. 5, daß die nördlichen Distrikte von Schleswig, [* 22] deren Bevölkerung [* 23] durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gäbe, mit Dänemark [* 24] vereinigt zu werden, an dieses abgetreten werden sollten. Was die Neuordnung der Verhältnisse in Deutschland [* 25] anbelangt, so beanspruchte Preußen allerdings über Norddeutschland die unbedingte Herrschaft; es war entschlossen, nicht nur Schleswig-Holstein und die norddeutschen Staaten, welche am Kriege gegen Preußen teilgenommen, Hannover, [* 26] Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M., seinem Gebiet einzuverleiben, sondern auch sämtliche norddeutsche Staaten zu einem staatlichen Gemeinwesen, dem Norddeutschen Bund, zu vereinigen.
Dagegen ward im Art. 4 des
Nikolsburger
Vertrags bestimmt, daß die südlich vom
Main gelegenen deutschen
Staaten einen besondern
unabhängigen
Bund bilden sollten. Indem jedoch
Preußen mit Ausnahme von Grenzberichtigungen auf
Gebietsabtretungen
von seiten der süddeutschen
Staaten verzichtete, gewann es dieselben für den
Abschluß eines
Schutz- und Trutzbündnisses,
in welchem sie bei
Ausbruch eines
Kriegs ihre
Truppen unter preußischen Oberbefehl zu stellen sich verpflichteten.
Auch wurde ihnen in den Friedensverträgen das absolute
Veto in dem neu zu begründenden
Zollverein entzogen;
außerdem mußte
Bayern im Friedensvertrag vom 22. Aug. 30 Mill.,
Württemberg
[* 27] 13. Aug. 8 Mill.,
Baden
[* 28] 17. Aug. 6 Mill.,
Hessen-Darmstadt 3. Sept. 3 Mill.
Gulden
Kriegskosten bezahlen. Am 23. Aug. ward der definitive
Friede mit
Österreich zu
Prag
[* 29] abgeschlossen; mit
Sachsen kam er erst 22. Okt. zu
stande. Der
Friedensschluß zwischen
Österreich und
Italien fand 1. Okt. statt. So war der
Krieg rasch und
in einer
Weise zu Ende geführt, die dem besiegten Teil jede überflüssige Schädigung und Demütigung ersparte und
Preußens
[* 30] Überlegenheit in staatlicher und militärische Beziehung so deutlich kundgab, daß sein moralisches Anrecht
auf die Führerschaft
des deutschen
Volkes fast allgemein anerkannt wurde.
Litteratur. »Der Feldzug von 1866 in Deutschland.« Redigiert von der kriegsgeschichtlichen Abteilung des Großen Generalstabs (Berl. 1867-68);
»Österreichs Kämpfe im Jahr 1866«, herausgegeben vom k. k. Generalstabsbüreau (Wien [* 31] 1867-70, 5 Bde.);
»Offizieller Bericht über die Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen« (das. 1867-68, 2 Bde.);
»Anteil der königlich bayrischen Armee am Krieg des Jahrs 1866« (Münch. 1868);
»Der Anteil des königlich sächsischen Armeekorps am Feldzug 1866 in Österreich« (2. Aufl., Dresd. 1870, 2 Bde.);
»Die Operationen des 8. deutschen Bundeskorps im Feldzug des Jahrs 1866« (Darmst. 1869);
Borbstädt, Preußens Feldzüge gegen Österreich (5. Aufl., Berl. 1867);
Blankenburg, Der deutsche Krieg von 1866 (Leipz. 1868);
Rüstow, Der Krieg von 1866 (2. Aufl., Zürich [* 32] 1867);
W. Menzel, Der deutsche Krieg im Jahr 1866 (Stuttg. 1867, 2 Bde.);
Fontane, Der deutsche Krieg (2. Aufl., Berl. 1871, 2 Bde.);
(May) Taktische Rückblicke auf 1866 (4. Aufl., das. 1873);
Trinius, Geschichte des Kriegs gegen Österreich und des Mainfeldzugs 1866 (das. 1886);
v. d. Wengen, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen und Hannover (Gotha [* 33] 1886);
Lamarmora, ¶
mehr
Un po' più di luce (Flor. 1873; deutsch, Mainz [* 35] 1873);
Vilbort, L'œuvre de M. de Bismarck (Par. 1869, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1870) u. a.