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Äpfel und Birnen; Pfirsiche kommen in größerer Menge nur in den Rheinlanden vor, Aprikosen und Walnüsse mehr vereinzelt, noch seltener sind die echte Kastanie und die Maulbeere. Ausgezeichnet durch Obstkultur sind die Rhein-, Mosel- und Lahngegenden, auch einige Landstriche in Sachsen, [* 2] Brandenburg [* 3] (Werder) etc. Zahlreiche Baumschulen und die pomologischen Institute zu Geisenheim am Rhein und Proskau in Oberschlesien fördern den Obstbau. Der Weinbau ist nur in den Rheingegenden von Belang.
Hier liefern der Rheingau [* 4] und der südliche Fuß des Taunus in Hessen-Nassau [* 5] die schönsten Weine Deutschlands [* 6] (Rüdesheim, Johannisberg, Geisenheim, Eltville, Erbach, Rauenthal, Hattenheim, Schierstein und Hochheim Weißweine; Aßmannshausen Rotwein). In der Rheinprovinz [* 7] gibt es gute Weine am Rhein, an der Nahe, Mosel, Saar und Ahr. Die Polargrenze des Weinbaues trifft am Rhein Bonn, [* 8] an der Werra Witzenhausen, an der Saale Merseburg, [* 9] an der Havel Werder und in der Odergegend Züllichau in Brandenburg und Bomst in Posen. [* 10] Im ganzen nimmt der Weinbau im Staat eine Fläche von ca. 20,000 Hektar ein, und der jährliche Gewinn an Wein beläuft sich im Durchschnitt auf 250,000 hl. Die Rheinprovinz treibt Weinbau auf 13,000, Hessen-Nassau auf 3800, Schlesien [* 11] (bei Grünberg) [* 12] auf 1500, Sachsen (an der Unstrutmündung) auf 1020, Brandenburg auf 620 und Posen auf 160 Hektar.
Viehzucht, Fischerei.
Die Viehzucht [* 13] in Preußen [* 14] ist eng an die Wiesenkultur geknüpft. Umfangreiche und gute Wiesen gibt es an der Memel [* 15] und dem Pregel [* 16] in Ostpreußen, [* 17] in den Weichselwerdern in der Nähe des Frischen Haffs in Westpreußen, an der Oder von Schlesien abwärts bis Stettin, [* 18] an der Elbe und Saale in Sachsen; von geringerm Umfang sind die Wiesen in den westlichen Provinzen, aber die Güte derselben übertrifft die der östlichen Provinzen im allgemeinen. Für den Wiesenbau ist der Kreis [* 19] Siegen [* 20] in Westfalen [* 21] bahnbrechend geworden.
Die großen Weideländereien in den östlichen Provinzen, in Westfalen, auf der Eifel und dem Hohen Venn in der Rheinprovinz, in den sandigen Landstrichen in Hannover [* 22] haben oft nur einen geringen Wert und sind früher mehrfach als Unland bezeichnet worden. Fettweiden von größerm Umfang gibt es in der Nordspitze der Rheinprovinz und in den Marschen an der Nordsee. Der Viehstand hat sich neuerdings nicht unerheblich vermehrt. Man zählte 2,417,367 Pferde [* 23] (darunter 103,943 im J. 1882 geborne Fohlen), 592 Maultiere und Maulesel, 6446 Esel, 8,737,641 Stück Rindvieh (darunter 283,116 Kälber unter 6 Wochen alt), 14,752,328 Schafe, [* 24] 5,819,136 Schweine [* 25] und 1,679,686 Ziegen.
Von hervorragender Bedeutung ist die Pferdezucht, [* 26] welche vornehmlich in den Provinzen Ost- und Westpreußen und Hannover betrieben wird; 3 Hauptgestüte (Trakehnen, Graditz, Leberbeck) und 15 Landgestüte wirken auf die Veredelung der Rasse hin. Das trefflichste Rindvieh wird in den Marschländern an der Nordsee, in der Ebene der Rheinprovinz, auf dem Westerwald in Hessen-Nassau, in den Saalkreisen der Provinz Sachsen, den schlesischen Gebirgen und den Kreisen am Fuß derselben sowie in den Niederungen an der Oder, Weichsel und Memel gezogen.
Die Schafzucht, von hoher Wichtigkeit in den Landesteilen, wo der Großgrundbesitz vorherrscht, geht neuerdings immer mehr zurück (1867: 22,304,984, 1873: 19,666,794 Schafe) auf Grund der Konkurrenz der von außerhalb eingeführten Wolle. Die Zahl der feinen Wollschafe (Merinos) belief sich 1873 auf 8,177,649, 1883 auf 5,318,550, diejenige der veredelten Fleischschafe 1873 auf 1,829,944, 1883 auf 1,833,941. Über 8000 Schafe auf 100 qkm zählt die Provinz Pommern, [* 27] über 6000 Posen, über 5000 Sachsen und Westpreußen, während Schleswig-Holstein [* 28] und Rheinland noch nicht 2000 und Hohenzollern [* 29] noch nicht 1000 Schafe auf 100 qkm zählt.
Die Wollproduktion beträgt jährlich kaum 200,000 Doppelztr. Die Schweinezucht ist in der Provinz Sachsen am stärksten, demnächst in Hannover und Westfalen. Die Zahl der Ziegen nimmt fortwährend zu, da diese Tiere in kleinen Haushaltungen verhältnismäßig sehr leicht zu erhalten sind. Federvieh wird in allen Provinzen in großer Menge gezogen. Die Bienenzucht [* 30] geht neuerdings zurück; sie blüht besonders in Hannover, demnächst in Schlesien und Pommern, auch in Ostpreußen und Schleswig-Holstein und liefert Honig in genügender Menge, Wachs nicht ausreichend für den Bedarf im Innern. 1883 zählte man im Staat 1,238,040 Bienenstöcke (1873: 1,459,415). Die Seidenzucht, in Brandenburg noch am stärksten, vermag nicht sich einzubürgern.
Die Fischerei [* 31] ist von großem Belang. Neben der unmittelbaren Förderung durch den Staat ist ihr ein erhöhter Schutz durch das Fischereigesetz vom zu teil geworden. Es bestehen 14 Oberfischmeisterämter. Im J. 1882 waren in der See- und Küstenfischerei 11,890, in der Binnenfischerei 14,838 Personen berufsthätig. Der Hering wird in der Ostsee von Hela bis Schleswig-Holstein gefangen. Sprotten gibt es in großer Menge an der Küste von Schleswig-Holstein (Kieler Sprotten), ebenda auch Butten.
Andre Seefische in der Ostsee sind: Flundern, Dorsche, Lachse, Makrelen, Aale;
in der Nordsee sind Gegenstand der Fischerei Heringe (Emden), [* 32] Schellfische und Austern, von denen letztere ganz besonders im Wattenmeer an der Westküste von Schleswig [* 33] gezüchtet werden.
Die Binnenfischerei wird durch Fischzuchtanstalten sehr gefördert. Karpfen werden vornehmlich bei Kottbus in Brandenburg, Störe in der Elbe, Oder und im Frischen Haff (Elbkaviar, Kaviar von Pillau), Lachse im Rhein (Salm), in der Weser, Oder, Elbe etc., Welse (oft mehr als 50 kg schwer) in der Oder und Elbe, Aale in allen größern Gewässern Brandenburgs, Pommerns, Ost- und Westpreußens, Hechte allenthalben, Zander vornehmlich in den Gewässern der Provinz Brandenburg, Maränen im Madüesee in Pommern und in einigen Seen der Neumark, Forellen in den Flüssen und Bächen der gebirgigen Landesteile gefangen. Außerdem finden sich See- und Flußkrebse in Menge, hier und da Perlenmuscheln (Queis) und Blutegel. [* 34]
Waldkultur.
Von der Gesamtfläche des Staats nehmen die Forsten und Holzungen 8,153,947 Hektar oder 23,4 Proz. ein; auf die Staatsforsten entfallen 30,3, auf die Gemeindeforsten 12,0 und die Privatforsten 53,7 Proz. der Gesamtwaldfläche, der Rest besteht aus Stiftungs- und Genossenschaftsforsten. Die waldreichsten Provinzen sind Brandenburg und Schlesien, dann folgt die Rheinprovinz, während als die waldärmste neben Hohenzollern Schleswig-Holstein dasteht. Von der gesamten Forstfläche des Staats nimmt das Nadelholz ⅔, das Laubholz ⅓ ein; ersteres wiegt in den nordöstlichen, letzteres in den westlichen Provinzen vor. Die Staatsforsten sind gleichfalls vorwiegend in den nordöstliche Provinzen vertreten (in Ostpreußen mit 56, Westpreußen mit 52 Proz., dagegen in Rheinland nur mit 17,1 und Westfalen nur mit 8 Proz. der Gesamtwaldfläche); bezüglich ¶
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der Privatforsten ragen dagegen neben der Stadt Berlin, [* 36] welche wie Hohenzollern überhaupt keine Staatsforsten hat, die Provinzen Schlesien und Westfalen hervor, in denen 77,4, bez. 72,4 Proz. der Gesamtwaldfläche aus Privatforsten bestehen. Die Gemeindeforsten sind am ausgedehntesten in Hohenzollern vertreten, wo sie 54 Proz. der Gesamtwaldfläche einnehmen, dann folgen die Provinzen Rheinland und Hessen-Nassau, wo sie 39,2, bez. 34,6, und Westfalen, wo sie 10,8 Proz. der Waldfläche betragen; in allen übrigen Provinzen bleiben die Gemeindeforsten mit ihrem Areal weit hinter 10 Proz. der Waldfläche zurück.
Der gesamte Reinertrag der Staatsforsten stellte sich im Etatjahr 1883/84 auf 22,6 Mill. Mk. (1887/88 auf 26¼ Mill. Mk. veranschlagt). Von jagdbaren Tieren finden sich Hasen und das gewöhnliche Hochwild in allen Provinzen; auch die Wildschweine sind in einigen Gegenden zahlreich und richten großen Schaden an. Das Elentier wird in dem Ibenhorster Forst [* 37] am Kurischen Haff noch gepflegt. Wildes Geflügel, als Auer-, Birk-, Reb-, Hasel- und Wasserhühner, Schnepfen, Trappen, wilde Gänse und Enten, [* 38] Drosseln, Kramtsvögel und Lerchen, ist in Menge vorhanden.
Von Raubwild kommt der Luchs nur noch in vereinzelten Exemplaren, der Wolf in Ost- und Westpreußen und Posen, häufiger auf dem Hunsrück in der Rheinprovinz, die Wildkatze sehr selten, Füchse, Marder, [* 39] Dachse und Iltisse in allen Provinzen, wenn auch nicht in großer Zahl, vor. Adler [* 40] und Falken sind selten. Im ganzen ist die Jagd in Preußen von untergeordneter volkswirtschaftlicher Bedeutung. Im J. 1885/86 wurden 2,987,672 Stück Haarwild im Wert von 8,7 Mill. Mk. und 4,573,634 Stück Federwild im Wert von 3 Mill. Mk. geschossen; unter ersterm waren 2,373,499 Hasen, 109,702 Rehe, 85,247 Füchse, unter letzterm 2,521,868 Feld- (Reb-) Hühner, [* 41] 139,628 Fasanen, 270,071 wilde Enten, 1,295,702 Drosseln (Kramtsvögel).
Vgl. hierzu die im Art. Jagd (S. 124) gemachten Angaben über die Jagdverhältnisse u. den Wildbestand im Königreich Preußen.
Industrie.
Preußens [* 42] Industrie hat noch kein hohes Alter; ihre erste Entwickelung fällt in die Zeit des Großen Kurfürsten, welcher in ihr eine feste Grundlage für die Wohlfahrt und Größe des Staats zu gewinnen suchte. Die nächsten Herrscher, vor allen Friedrich d. Gr., folgten seinem Beispiel. Die Gesetzgebung von 1810 gab der industriellen Thätigkeit die nötige Freiheit; während von seiten der Regierung durch Errichtung von Gewerbeschulen, Aussetzung von Prämien, Verbesserung und Vermehrung der Verkehrsmittel und andre Maßregeln der Gewerbfleiß gefördert wurde, geschah dies von seiten der Privaten durch Gewerbvereine, Gewerbeausstellungen, Hilfskassen etc. Eine Gewerbeordnung für den preußischen Staat erschien dieselbe hielt grundsätzlich an der Gewerbefreiheit fest, wenn diese auch in der Folgezeit einige Einschränkungen erlitt.
Nach dem Erlaß des Freizügigkeitsgesetzes vom für den Norddeutschen Bund wurde eine neue Gewerbeordnung erlassen, die als Reichsgesetz in Kraft [* 43] trat und in neuer Fassung als Reichsgesetz herausgegeben wurde. Die Gewerbefreiheit wurde auch hierbei, wenn auch mit gewissen Beschränkungen, als leitender Grundsatz anerkannt (s. Gewerbegesetzgebung, S. 292 f.). Die industriereichsten Provinzen sind die Rheinprovinz, Westfalen und Schlesien, dann Brandenburg, Sachsen und Hessen-Nassau.
Bergbau und Hüttenwesen.
An der Spitze aller gewerblichen Thätigkeit in Preußen steht der Bergbau. [* 44] Derselbe ist namentlich in den gebirgigen Teilen des Staats von hervorragender Wichtigkeit. Für ihn ist das Staatsgebiet in fünf Oberbergamtsbezirke eingeteilt. Der Bezirk des Oberbergamtes zu Breslau [* 45] umfaßt die Provinzen Schlesien, Posen, West- u. Ostpreußen, des zu Halle [* 46] die Provinzen Sachsen, Brandenburg und Pommern, des zu Klausthal das östliche Hannover, den Regierungsbezirk Kassel [* 47] u. Schleswig-Holstein, des zu Dortmund [* 48] das westliche Hannover, den größten Teil von Westfalen und von der rechtsrheinischen Seite des Regierungsbezirk Düsseldorf [* 49] das Gebiet nördlich von der Düsseldorf-Schwelmer Landstraße, endlich der des Oberbergamtes zu Bonn den größten Teil der Rheinprovinz, den Regierungsbezirk Wiesbaden, [* 50] Hohenzollern, von Westfalen das ehemalige Herzogtum Westfalen und die Kreise [* 51] Siegen und Wittgenstein und das Fürstenthum Waldeck. [* 52]
Die gesamte Bergwerksproduktion ergab 1886 auf 1803 Werken (darunter 162 ohne Produktion) mit 285,113 Arbeitern eine Förderung von 71,002,166 Ton., davon betrug die absatzfähige Jahresproduktion 65,692,188 T. im Wert von 331 Mill. Mk. Das wichtigste Mineral ist die Steinkohle, die in fünf größern Becken in Oberschlesien bei Königshütte, [* 53] in Niederschlesien bei Waldenburg, [* 54] in Westfalen und der Rheinprovinz an der Ruhr und in der Rheinprovinz an der Saar und am nördlichen Fuß des Hohen Venn bei Eschweiler, [* 55] in kleinern Becken außerdem in Sachsen an der Saale bei Wettin, in Westfalen bei Ibbenbüren, in Hannover bei Osnabrück, [* 56] überdies noch in der Wealdenformation in den Gebirgen zwischen Leine und Weser sowie über diese hinaus in den Provinzen Hannover, Hessen-Nassau (Rinteln) und Westfalen gefördert wird. 1864 betrug die Ausbeute 16½ Mill., 1876: 34½ Mill., 1887: 54½ Mill. Ton. zum Wert von 263,9 Mill. Mk. Die Braunkohle ist noch verbreiteter; vorzüglich mächtig aber sind die Lager [* 57] derselben in der Provinz Sachsen von Zeitz [* 58] bis Aschersleben [* 59] zu beiden Seiten der Saale, an der Mulde, an der untern Bode etc., in Brandenburg in den Hügelplatten zu beiden Seiten der Oder, in den Rauenschen Bergen [* 60] etc. Gefördert wurden 1887: 12,7 Mill. T. zum Wert von 31,9 Mill. Mk. Asphalt (1886: 15,829 T.) und Erdöl [* 61] (2671 T.) liefert Hannover.
Der Bernstein [* 62] hat seine eigentliche Heimat in den Provinzen Ost- und Westpreußen und wird teils gegraben, teils von der Ostsee ans Land gespült. Eisenerze finden sich in allen Provinzen, als Raseneisenstein in den Sumpfgegenden des Tieflandes. Reichhaltige Eisenerzlager liegen zwischen der Wied und den nördlichen Nebenflüssen der Sieg im Kreise Siegen in der Rheinprovinz und in Westfalen, an der Lahn in Hessen-Nassau, in Oberschlesien etc., im Ruhrkohlengebiet, in Hannover und auf dem Thüringer Wald. 1864 wurden 1,4 Mill., 1876: 2,6 Mill., 1887: 3,8 Mill. T. Eisenerze im Wert von 21,6 Mill. Mk. gefördert.
Zinkerze (1887: 899,679 T. im Wert von 10 Mill. Mk.) werden vorzüglich in Oberschlesien bei Beuthen [* 63] gewonnen, dann auch in den Regierungsbezirken Köln [* 64] und Arnsberg; [* 65] Bleierze (1887: 154,385 T. im Wert von 15,5 Mill. Mk.) besonders in den Regierungsbezirken Aachen [* 66] (Bleiberg), Köln und auf dem Oberharz; Kupfererze (1887: 507,581 T. im Wert von 14,5 Mill. Mk.) in der Zechsteinformation auf der Südostseite des Harzes im Mansfeldischen und in derselben Formation in Westfalen und an der Diemel. Von geringerer Bedeutung sind die Gold- u. ¶