Geschichte. Die Sage nennt als Gründer Preßburgs den Römer Piso, einen Feldherrn des Tiberius, der hier Krieg führte, und nach
welchem es Pisonium benannt worden sein soll; doch deutet der slawische Name Brecislawa, Brecislawos-Burg, welchem der deutsche
»Preßburg« nachgebildet erscheint, auf eine Gründung in der slawischen, großmährischen Epoche (9. Jahrh.).
Im 11. Jahrh. spielt Preßburg als Feste in den Kämpfen Heinrichs III. mit Ungarn (1042-1053) eine nicht unbedeutende Rolle.
Die Kolonisation und Bildung einer rasch aufblühenden deutschen Stadt gehört dem 12. Jahrh. an; das älteste
uns erhaltene Stadtprivilegium datiert von 1291. König Ludwig I. mehrte 1343-76 wesentlich die Bürgerrechte, Gleiches
that 1402-19 König Siegmund. Preßburgs günstige Lage an der österreichischen Grenze machte es zur Abhaltung von Reichstagen,
zur Führung von Verhandlungen zwischen Österreich und Ungarn vorzüglich geeignet. Schon Siegmund versammelte hier im Dezember 1429 die
deutschen Fürsten zu einem Reichstag, und Maximilian I. schloß hier mit Wladislaw von Ungarn einen
Frieden, der jenem die Nachfolge in diesem Land in Aussicht stellte, wenn Wladislaw ohne männliche Nachkommen sterben sollte.
Als die Osmanen 1541 die Residenz Ofen genommen hatten, wurde Preßburg Landtags- u. Krönungsstadt von Ungarn, Sitz aller Reichsbehörden
und des Reichsprimas und blieb es noch geraume Zeit, nachdem schon die Türken wieder aus Ungarn vertrieben
worden waren. Hier schlossen die österreichischen u. ungarischen Stände mit Matthias einen Bund gegen Kaiser Rudolf
II. 1619 wurde die Stadt von Bethlen Gabor genommen, aber 1621 von den Kaiserlichen unter Buquoy wiedererobert. 1648 wurde
sie vom Erzherzog Leopold Wilhelm befestigt.
Auf dem Reichstag zu Preßburg 1687 veranlaßte Leopold I. die Stände Ungarns, ihre Zustimmung zur Aufhebung des Wahlkönigtums zu
geben. Seit 1732 war die Stadt Residenz des Palatins von Ungarn, bis Joseph II. 1784 die Statthalterei und andre Reichsbehörden
nach Ofen verlegte. Hier wurde nach der Schlacht von Austerlitz zwischen Napoleon I. und Franz II. der
Friede von Preßburg abgeschlossen. Sehr hart wurde Preßburg im Krieg von 1809 mitgenommen, indem es Davoût 4. Juni bis 4. Juli mehrmals beschießen
ließ. Am wurde Preßburg von einer großen Überschwemmung heimgesucht. 1866 drohte sich 22. Juli im
Norden von Preßburg, bei Blumenau, eine Schlacht zwischen den Preußen unter Fransecky und den Österreichern unter
Thun zu entspinnen,
als der Beginn des Waffenstillstandes den Feindseligkeiten ein Ende machte.
[* ] Vorrichtung, mit welcher vorübergehend auf Körper ein Druck (Pressung) ausgeübt wird. Im allgemeinen sucht
man durch Pressen zu erreichen:
1) eine Verdichtung der Körper, z. B. zum Verpacken von Baumwolle, Heu, Torf, Garn, Hadern etc.;
2) eine Trennung fester von flüssigen Substanzen, z. B. zur Gewinnung von Wein, Öl, Säften, Honig etc., zur Fabrikation von
Hefe, Käse, Porzellan, Schmiedeeisen etc., zum Trocknen von Papier, Gewebe etc.;
3) eine bleibende Formänderung, z. B. beim Schmieden, Prägen, Gaufrieren etc., zur Erzeugung von Bleiröhren,
Nudeln, Ziegelsteinen etc., zum Satinieren u. dgl.;
4) eine feste Verbindung, z. B. durch Schweißen, Ineinanderschieben (Räder auf die Achsen), durch Auftragen (Buchdruck), durch
Aneinanderschieben (Kalanderwalzen auf Papier) u. dgl.;
5) eine feste Lage während der Bearbeitung, z. B. beim Beschneiden von Büchern, beim Zusammenleimen oder
zum Aufbewahren von Spielkarten, Tischwäsche u. dgl.;
6) ein Verschieben, z. B. beim Brückenbau das Heben einzelner Teile, hydraulische Pressen bei Aufzügen, an Festigkeitsmaschinen
etc.
Nach den mechanischen und konstruktiven Mitteln zur Hervorbringung und Fortpflanzung der Preßkraft unterscheidet man: Hebel-,
Exzenter-, Keil-, Schrauben-, Walzen- und hydraulische Pressen und einzeln vorkommende Verbindungen: doppelte,
Kniehebel-, Hebelschrauben-, Keilschraubenpressen. Nach der Antriebskraft bezeichnet man die Pressen als Hand- und Maschinenpressen
(Transmissionspressen, Dampfpressen etc.). Bemerkenswert an den Pressen ist das Preßgerüst, welches aus drei Teilen besteht:
dem Preßhelm zur Aufnahme des Preßorgans (z. B. Schraube), dem Widerlager, gegen welches das Preßgut gedrückt wird, und
der Distanzhaltung, welche Helm und Widerlager in einem bestimmten Abstand erhält und rahmenartig verbindet.
Mitunter wird der Helm selbst bewegt und das Preßschraubenpaar zugleich Distanzhaltung. Gewöhnlich befindet sich das Preßgut
zwischen zwei Preßplatten, wovon die eine fest auf dem Widerlager, die andre beweglich zwischen dem Preßrahmen angebracht
ist. Zusammenhangslose Substanzen (Weinbeeren, Ölsamen, Schlamm u. dgl.)
werden entweder in Preßtücher eingeschlagen, oder in Preßsäcke oder Preßbottiche mit entsprechenden Löchern gefüllt,
oder zwischen gelochte Metallplatten gebracht.
Bei den Hebelpressen wirkt entweder ein einarmiger Hebel direkt auf die Preßplatte und zwar durch angehängte Gewichte, Steine
oder auch durch Keil-, Schrauben- oder Handdruck (Siegelpresse), oder ein sogen. Kniehebel (s. d.) sehr zweckmäßig nach der
in
[* ]
Fig. 1 gezeichneten Anordnung in Verbindung mit einer Schraube. Man erkennt an dieser Obstpresse (Kelter)
bei H den Helm, bei W das Widerlager und in der runden Stange D die Verbindung zwischen H und W. Die an D geführte Preßplatte
P drückt mittels einer größern Platte auf das in den Bottich B geschüttete Preßgut und empfängt ihren Druck durch den
doppelten Kniehebel d, d'; welcher von dem Handrad b aus durch die linksrechte Schraube c angetrieben wird.
Um die außerordentlich kräftige Wirkung der Kniehebel erst später als eine Kraftsteigerung zu benutzen, wird bei Beginn
des Pressens der ganze Hebelapparat durch das Drehkreuz a mit Mutter längs der oben mit Schraube versehenen Stange D abwärts
bewegt und erst, wenn der Widerstand es fordert, der Kniehebelapparat in Thätigkeit gesetzt.
Zum Auffangen der ausgepreßten Flüssigkeit ist das Widerlager mit einem Teller T versehen. Am häufigsten finden Schraubenpressen
Anwendung, weil die Schraube (Preßspindel) mit einer großen Kraftübersetzung die einfachste Anlage gestattet. Sie werden
vielfach ganz aus Holz, oft auch aus hölzernem Helm und Widerlager mit eisernen Verbindungsstangen oder
ganz aus Eisen konstruiert und in letzterm Fall zweckmäßig so eingerichtet, daß sie sowohl direkt mit der Hand als indirekt
von einer Transmission aus betrieben werden können.
Eine typische aufrecht stehende eiserne Schraubenpresse zeigt.
[* ]
Fig. 2. Der Helm H ruht auf vier gußeisernen
Säulen s, durch die vier schmiedeeiserne Stangen gehen, welche unter dem gußeisernen Widerlager W verkeilt und über dem Helm
durch Mutterschrauben so angezogen werden, daß alles fest verbunden ist. Die Preßspindel S trägt drehbar die Preßplatte
P, geht durch die Mutter m und wird durch das Rad R gedreht, welches durch die Räder r, 1, 2, 3 und 4 von
dem Speichenrad K aus die Bewegung mit großer Kraftübersetzung erhält. R sitzt auf einer drehbaren Büchse, die mit Keil
in eine längs der Spindel hinlaufende Nute eingreift.
Das Gefäß F dient zur Aufnahme des Preßguts und kann beliebig ausgewechselt werden. Aus dieser Presse wird
in der Anordnung eine sehr einfache und daher viel angewendete, wenn die Spindel S durch ein über der Preßplatte angebrachtes
Handrad (punktiert) gedreht wird und somit die ganze Transmission R, r, 1, 2, 3, 4, K in Wegfall kommt. Um Gegenstände auf einen
bestimmten Raum zusammenzupressen, z. B. Garn in Strähnen zu Bündeln, beim Prägen von Münzen, Medaillen, muß die Preßplatte
eine Hubbegrenzung erhalten; in solchen Fällen verwendet man außer dem Kniehebel wohl Exzenter oder verstellbare Kurbeln (Schlitzkurbeln)
zur Bewegung der Platte, wenn die Widerstände klein sind. Zur Erzeugung der größten in der Technik notwendigen
Drucke (bis 500 Atmosphären) dienen ausschließlich hydraulische Pressen (s. d.).
Keilpressen wurden früher ausschließlich
zur Ölgewinnung aus Samen in Ölmühlen benutzt, sind jetzt aber durch hydraulische Pressen fast verdrängt. Eine Keilpresse
[* ]
(Fig. 3) besteht aus einem Kasten a, den Preßplatten c c, zwischen welchen die gefüllten Preßbeutel b b sich
befinden, den starken Eisenplatten d d, den Rippen e e und den Keilen g und f. Durch Aufschlagen auf den Keil f erfolgt das Zusammendrängen
aller Teile im Kasten und das Auspressen von b. Das Öl läuft durch die Löcher der Platten d ab und wird aufgefangen. Durch
Einschlagen des Keils g lockern sich alle Teile zum Herausnehmen. In vielen Fällen wird die Wirkung der
Pressen bedeutend durch Erwärmung des Preßguts unterstützt, manchmal allein möglich (Stearin-, Bleiröhren-, Tuchpressen
u. dgl.); dann erfolgt die Erwärmung gewöhnlich
dadurch, daß man die Preßplatten oder Preßkörbe doppelwandig macht und in den Hohlraum Dampf eintreten
läßt.
Buchdruckpresse.
»Presse« oder »Handpresse«
heißt in Buchdruckereien die mechanische Vorrichtung zur Erzeugung der Abdrücke des Typensatzes auf Papier. Welcher Art die
Presse gewesen, deren sich Gutenberg bediente, ist nicht mehr nachzuweisen; doch ist anzunehmen, daß er die bereits vorhandene
Schraubenpresse seinen Zwecken angepaßt und sie mit einem Mechanismus versehen hat, welcher gestattete,
Form und Papier leicht unter den druckenden Teil der Presse und ebenso leicht wieder aus demselben herauszubringen.
Die erste Abbildung einer Buchdruckpresse gibt 1507 das Druckerzeichen des Pariser Buchdruckers Jodocus Badius; es zeigt die Holzpresse,
wie sie noch viertehalb Jahrhunderte nach der Erfindung gebraucht worden ist, in ihren charakteristischen,
noch sehr rohen Formen. Die Hauptteile einer solchen sind das Gestell und der Karren. Ersteres besteht aus zwei senkrechten,
durch einen obern Querbalken (Krone) verbundenen Seitenwänden (Wangen); ein unterer Verbindungsbalken trägt die Schienen,
auf welchen der Karren, d. h. der die Druckform tragende Teil der Presse, mit Fundament (einer geschliffen
Eisenplatte), Deckel und Rähmchen vermittelst Kurbel und Treibgurt in und aus der Presse gedreht (ein- und ausgefahren) wird.
Der Druck wird ausgeübt durch den Tiegel, dieser aber, eine Platte aus Metall (an den ältesten Pressen aus Holz), hängt an Hakenstangen
horizontal am untern Ende einer mächtigen Schraube, der Preßspindel, welche in zwei zwischen den Preßwänden
befindlichen innern Verbindungsbalken läuft, von denen der obere in Zapfenlöchern mit elastischen Lagern ruht, während
der untere (die Brücke) feststeht; sie ist oben umfaßt von einer kräftigen Schraubenmutter, unten übt sie mit gehärteter
Stahlspitze ihren Druck auf die Mitte des Tiegels in einer Pfanne aus. Von der Mitte der Spindel steht wagerecht
ab ein starker eiserner Hebel mit Holzgriff (Bengelscheide) und Schwungkugel, der Preßbengel; dessen Heranziehen bewirkt
den Niedergang des Tiegels, resp. die Ausübung des Druckes. Der Deckel sitzt in Gewin-
den am Karren, ebenso das Rähmchen an ersterm; im Deckel aber werden durch Schraubenköpfe die Punkturen, an gabelartigen,
verstellbaren Eisen befindliche Stahlspitzen, gehalten, in welche die Bogen vor dem Druck eingestochen werden, um beim Druck
der zweiten Form (des Widerdrucks) genau Register halten zu können, d. h. der Druck muß so erfolgen, daß
die Seiten der Vorder- und die der Rückseite sich durchaus decken. Das Rähmchen hat den eingelegten Bogen im Deckel festzuhalten
und ihn vor dem Beschmutzen an den weiß bleibenden Stellen zu schützen; es wird deshalb vor Beginn des Druckes ganz mit Papier
beklebt, und nur diejenigen Stellen werden ausgeschnitten, welche auf dem Bogen wirklich bedruckt werden
sollen. Zur Presse gehört der Farbtisch, auf welchem die Farbe dünn ausgestrichen und mit der Walze verrieben, dann aber auf
die Form durch wiederholtes Überrollen mit der Walze »aufgetragen« wird.
Der erste Verbesserer der Presse soll etwa hundert Jahre nach Gutenberg ein Buchdrucker, Danner, zu Nürnberg
gewesen sein, indem er die bis dahin aus Holz oder Eisen angefertigt Spindel durch eine solche aus Messing ersetzte; ihm folgte
um 1620 der Holländer Willem Janszoon Blaeu (s. d.), welcher oberhalb des Tiegels (unter der sogen. Brücke) eine nach unten
gebogene, stark federnde Platte anbrachte, die durch ihr Geradewerden beim Druck demselben seine stoßartige
Plötzlichkeit nahm und ihn verstärkte, zugleich aber auch bei dessen Nachlassen den Preßbengel zurückschnellte.
Eine fast in allen Teilen aus Eisen konstruierte Presse schuf zuerst der Schriftgießer Wilhelm Haas (1772), und sein gleichnamiger
Sohn und Nachfolger verbesserte dieselbe. Die Haassche Presse war einem Prägewerk nachgebildet,
und wie bei diesem befand sich der Bewegungsmechanismus, der Bengel, oberhalb des gußeisernen Preßgestells. Die Verbreitung
der Haasschen Presse wurde durch zünftlerische Engherzigkeit beeinträchtigt. Eine Presse ganz aus Eisen baute um 1800 Charles Stanhope
(s. d.), deren kräftig wirkender Mechanismus den Druck einer Form mit einem einzigen Zug,
mit Einer Hand ausgeführt,
gestattete, während die Holzpresse deren zwei und das Ziehen mit beiden Händen erforderte.
Mit Hilfe des Technikers Walker wurde die Stanhopepresse hergestellt, welche zuerst in der Druckerei Bulmers, eines damals renommierten
Druckers in London, zur Aufstellung kam. Unabhängig von Stanhope hatte auch Friedr. König (s. d.) gestrebt,
die Presse zu verbessern; nach jahrelangen Mühen gelangte er zur Erfindung der Schnellpresse (s. d.), doch war auch diese zuerst
nur eine Handpresse mit mechanischer Färbung und ebensolchem Betrieb. Eine sehr kräftig wirkende Presse schuf 1817 der
Amerikaner George Clymer in der Columbiapresse, bei welcher die Schraubenspindel durch ein kombiniertes Hebelwerk
ersetzt und die Presse selbst zum Druck der schwersten Formen geeignet gemacht, die Arbeit aber dem Drucker durch den vortrefflich
konstruierten Mechanismus wesentlich erleichtert wurde.
Die »verbesserten Konstruktionen« folgten sich jetzt rasch, so die »schottische Presse« von
John Ruthven, bei welcher nicht, wie bei allen bisher gebräuchlichen, der Tiegel, sondern das Fundament
feststand, während ersterer auf Rollen hin- und hergeführt ward; zu allgemeiner Aufnahme gelangten aber erst die Pressen der
Amerikaner W. Hagar und S. Rust, die Hagarpresse und die Washingtonpresse, erstere zuerst in Deutschland von Christian Dingler
in Zweibrücken gebaut und nach ihm Dinglerpresse genannt.
Sie übt den Druck durch Geradestellung eines oder mehrerer
Kniee beim Anziehen des Bengels aus und wirkt
sehr kräftig bei einfachster Konstruktion. Die gleichen Prinzipien liegen den seit Dingler in Deutschland von zahlreichen andern
Fabrikanten gebauten Pressen zu Grunde, und auch die Albionpresse, jetzt in England allgemein verbreitet und zuerst erbaut von
R. C. Cope, ist nur eine vereinfachte und verbesserte Hagarpresse, deren Grundprinzipien von den Pressenerbauern
in Belgien und Frankreich ebenfalls adoptiert und je den Bedürfnissen entsprechend angewendet worden sind. Die Schnellpressen
und Accidenzmaschinen haben indes den Handpressen jetzt nur noch ein sehr beschränktes Arbeitsgebiet gelassen.
[* ] der Inbegriff der durch den Druck veröffentlichten Geisteserzeugnisse, im engern Sinn diejenige
geistige Produktion, welche auf die öffentlichen Angelegenheiten Bezug hat. Über die periodische Presse im besondern
s. Zeitungen und Zeitschriften. Der Gebrauch der Presse ist einerseits durch den Schutz des Urheberrechts (s. d.) im privatrechtlichen
Interesse des Urhebers, anderseits durch die Preßgesetzgebung, insbesondere durch die Preßpolizei, d. h.
durch Rechtsregeln, welche dem Mißbrauch der Presse vorbeugend entgegenwirken und die Verfolgung von Preßvergehen sichern sollen,
im öffentlichen Interesse beschränkt.
Die Erfindung der Buchdruckerkunst gab der schriftlichen Meinungsäußerung die Möglichkeit größerer Verbreitung, und durch
die so geöffneten Schranken ergoß sich die große Bewegung der Reformation, welche in dem Humanismus des 15. Jahrh.
ihren Vorläufer hatte. Nur durch die Presse wurde die Reformation möglich, und in der Presse erkannten gleich nach der Erfindung der
Buchdruckerkunst die herrschenden Gewalten in Kirche und Staat ihren gefährlichsten Gegner.
Als Verteidigungsmittel setzten sie demselben die präventive Zensur entgegen, indem sie die Vervielfältigung durch die
Presse von der vorgängigen Prüfung der Schriften und von der für jeden Fall einzuholenden polizeilichen Erlaubnis abhängig machten
(Präventivsystem). In Deutschland führte zuerst Erzbischof Berthold von Mainz 1486 die vorgängige Zensur für seinen Sprengel
ein. In Frankreich wurde die neu eingeführte Buchdruckerkunst anfänglich unter Ludwig XII. durch Steuerbefreiungen begünstigt,
dann aber mit dem Aufkommen der hugenottischen Bewegung unter Franz I. gänzlich verboten.
Später wurden schwere Leibesstrafen und selbst die Todesstrafe gegen denjenigen angedroht, welcher ein Buch ohne vorherige
Autorisation drucken würde. In Deutschland fehlte es zwar an einer reichsgesetzlichen Vorschrift über die Anwendung der Präventivzensur,
denn der Reichsabschied von 1570 und die Reichspolizeiordnung von 1577 bestimmten bloß, daß die Errichtung
von Buchdruckereien nur tauglichen Personen verstattet werden solle, welche auf die Beobachtung der Reichsgesetze über den
Druck von Büchern vereidet worden seien.
Thatsächlich aber war in allen deutschen Landen und in ganz Europa die Bücherzensur eingeführt, und auch die kirchlichen
Gesetze verordneten, daß kein Buch ohne vorherige Zensur der geistlichen Obrigkeit gedruckt werden dürfe. In England hatte
auch die Revolution von 1642 nur die Folge, daß die Zensur von der Sternkammer auf das Parlament überging, welches jährlich
den Bücherzensor mit den erforderlichen Vollmachten ausstattete, obgleich schon Milton in der »Areopagitica« 1644 die
gänzliche Aufhebung der Zensur, die Preßfreiheit, gefordert hatte. Erst nach der zweiten Revolution unter Wilhelm III. erlosch
die Präventivzensur,
mehr
indem jene Vollmachten 1694 nicht erneuert wurden. Die Presse hatte jedoch noch im 18. Jahrh.
in England gegen ein drückendes Repressivsystem zu kämpfen. Hierunter ist nämlich das auf die Bestrafung und nachträgliche
Beseitigung des mit der Presse verübten Mißbrauchs zu verstehen. In der Regierungszeit Georgs III. glänzen Wilkes, Horne Tooke,
Erskine u. a. als Vorkämpfer der unterdrückten Preßfreiheit, welche endlich 1794 durch eine Parlamentsakte,
nach welcher bei Preßvergehen nicht bloß die Thatfrage, sondern auch die Schuldfrage der Beurteilung der Geschwornen unterliegt,
befestigt wurde.
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ward 1790 durch einen Zusatzartikel zur Verfassung jede Beschränkung der Preßfreiheit
untersagt. Auf dem Kontinent von Europa machte zuerst Kaiser Joseph II. den vorübergehenden Versuch, die
Zensur zu beseitigen. In Frankreich wurde durch die Revolution ebenfalls vorübergehend die Preßfreiheit eingeführt, um unter
Napoleon I. wieder der strengsten polizeilichen Überwachung der Presse Platz zu machen. Erst die Verfassung von 1814 stellte im
Art. 8 dauernd den Grundsatz fest, daß die Preßgesetzgebung nur den Mißbrauch der Preßfreiheit unterdrücken
solle.
In Deutschland hatte die Bundesakte von 1815 im Art. 18 gleichförmige Verfügungen über die Preßfreiheit zugesichert. Statt
dessen wurde infolge der Karlsbader Konferenzen durch den Bundesbeschluß vom die vorgängige Zensur eingeführt,
und auf Grund dieses Beschlusses sah sich Baden genötigt, die 1832 angeführte Preßfreiheit wieder aufzuheben.
Infolge der geheimen Konferenzen von 1834 wurden sogar die sämtlichen Verlagsartikel einzelner Buchhandlungen sowie die sämtlichen
Werke einzelner Schriftsteller (Heine, Gutzkow, Laube etc.) einschließlich der künftig erscheinenden durch die Bundesbeschlüsse
von 1835 und 1845 verboten. In Preußen wurde 1843 durch Einsetzung des Oberzensurgerichts der Versuch
gemacht, die Präventivzensur unter die Kontrolle einer richterlichen Instanz zu stellen.
Die beschränkenden Bestimmungen der Bundesbeschlüsse wurden jedoch 1848 aufgehoben, und die Zensur hörte damit in allen
deutschen Staaten auf; in Preußen wurde sie durch Art. 27 der Verfassungsurkunde ausdrücklich ausgeschlossen.
Die seitdem in den einzelnen deutschen Staaten erlassenen Preßgesetze (unter welchen das preußische Preßgesetz vom und
das bayrische Preßedikt vom zu erwähnen sind) behielten gleichwohl eine Anzahl tief eingreifender Beschränkungen
der Preßfreiheit bei.
Durch die neue deutsche Reichsverfassung (Art. 4, Nr. 16) wurden die Bestimmungen über
die Presse der Reichsgesetzgebung unterworfen, und die bisherigen Landesgesetze wurden durch das Reichsgesetz über die Presse vom überall
außer Kraft gesetzt, mit Ausnahme von Elsaß-Lothringen, wo vorerst die ältere französische Preßgesetzgebung in Kraft verblieben
ist. Das Reichspreßgesetz hat den größten Teil der polizeilichen Präventivmaßregeln gegen die Presse beseitigt,
insbesondere die Konzessionsentziehung (§ 4), den Zeitungsstempel, die Inseratensteuer (§ 30) und die Kautionsleistung.
Schon durch die Gewerbeordnung vom war die Konzessionserteilung für die Preßgewerbe in Wegfall gekommen. Nach
der Gewerbeordnung (§ 14) besteht für die Drucker, Buchhändler, Zeitungsverkäufer, Bücherverleiher etc. nur noch die
Verpflichtung, bei Eröffnung ihres Gewerbebetriebs das Lokal desselben sowie jede spätere Veränderung desselben der Polizeibehörde
anzuzeigen. Für Elsaß-Lothringen ist
die Konzessionspflichtigkeit des Preßgewerbes auch nach Einführung der deutschen
Gewerbeordnung (Reichsgesetz vom beibehalten worden.
Kolporteure bedürfen nach der Novelle zur Gewerbeordnung vom eines amtlich genehmigten Verzeichnisses
der Druckschriften, welche sie verbreiten wollen. Eine Entziehung der Befugnis zum Betrieb irgend eines Preßgewerbes oder
sonst zur Herausgabe oder zum Vertrieb von Druckschriften darf nach § 4 des Preßgesetzes weder im administrativen noch im
richterliche Weg stattfinden. Die polizeiliche Vorschriften des Preßgesetzes beschränken sich für die Druckschriften im
allgemeinen auf die Bestimmung, daß auf jeder Druckschrift der Name und Wohnort des Druckers, bei den für den Buchhandel bestimmten
Schriften auch der des Verlegers (beim Selbstverlag der des Verfassers oder Herausgebers) genannt sein muß.
Von dieser Vorschrift sind nur ausgenommen: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten, Stimmzettel und dergleichen zum materiellen
Gebrauch, nicht zur Gedankenmitteilung bestimmte Drucksachen (§ 6). Umfassendere Vorschriften sind in
Bezug auf die periodischen Druckschriften getroffen, d. h. diejenigen Zeitungen und Zeitschriften, welche in monatlichen oder
kürzern, wenn auch unregelmäßigen Zwischenräumen erscheinen. Jedes Stück einer solchen Zeitschrift muß den Namen und Wohnort
des verantwortlichen Redakteurs enthalten (§ 7). Als solcher darf nur eine verfügungsfähige Person im
Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte benannt werden, welche im Deutschen Reich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat
(§ 8). Von jedem Stück muß, sobald die Austeilung beginnt, ein sogen. Pflichtexemplar gegen Bescheinigung
an die Polizeibehörde des Ausgabeortes unentgeltlich abgeliefert werden, ausgenommen die Zeitschriften, welche ausschließlich
den Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, des Gewerbes oder der Industrie dienen (§ 9). Amtliche Bekanntmachungen der öffentlichen
Behörden müssen gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren aufgenommen werden.
Berichtigungen der in einer periodischen Druckschrift mitgeteilten Thatsachen müssen auf Verlangen der beteiligten Behörde
oder Privatperson ohne Einschaltungen und Weglassungen aufgenommen werden, soweit sie sich auf thatsächliche
Angaben beschränken. Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der berichtigten Mitteilung überschreitet,
darüber hinaus gegen die üblichen Einrückungsgebühren (§ 10 f.). Anklageschriften
dürfen durch die Presse nicht eher veröffentlicht werden, bis dieselben in öffentlicher Verhandlung kundgegeben sind. Öffentliche
Sammlungen zur Aufbringung erkannter Geldstrafen durch die Presse sind verboten (§ 16 f.). Gegen die sozialdemokratische
Presse sind besondere Maßregeln im Sozialistengesetz festgesetzt worden (s. Sozialdemokratie).
Preßdelikte (Preßvergehen) sind einesteils diejenigen strafbaren Handlungen, welche zufällig im Weg der Presse begangen werden,
ohne daß der Gebrauch der Presse zum Wesen des Delikts gehört (Beleidigung, Fälschung, Erpressung, Gotteslästerung
etc.), andernteils solche Vergehen, welche nur durch die Presse begangen werden können, und deren Wesen in dem Mißbrauch der Öffentlichkeit
besteht. Zu dieser letztern Klasse der eigentlichen Preßdelikte gehören die Vergehen gegen die Ordnung der Presse (Preßpolizeivergehen),
welche in dem Preßgesetz selbst mit Strafe bedroht sind. Hieran schließen sich diejenigen im Strafgesetzbuch
bezeichneten Vergehen, zu deren Thatbestand die öffentliche Aufforderung oder Anreizung
mehr
durch Verbreitung, Anschlag oder Ausstellung von Schriften gehört, nämlich die Aufforderung zu einem hochverräterischen Unternehmen,
zum Ungehorsam gegen die Gesetze oder die obrigkeitlichen Anordnungen, zur Begehung einer strafbaren Handlung und die Anreizung
verschiedener Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegeneinander (Strafgesetzbuch, § 85, 110, 111, 130).
Die Verantwortlichkeit für die durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen bestimmt sich nach den allgemeinen
Strafgesetzen. Die Preßgesetzgebung hat jedoch ergänzende und verschärfende Bestimmungen hinzugefügt. Das belgische Preßgesetz
von 1831 führte in dieser Hinsicht zuerst das System der stufenweisen Verantwortlichkeit ein, nach welchem der Verfasser,
der Redakteur oder der Verleger, der Drucker und der Verbreiter verfolgt werden können, jedoch immer nur
einer der Beteiligten und zwar in der angegebenen Reihenfolge.
Kann der zuerst Angegriffene seinen Vormann im Bereich der inländischen Gerichtsbarkeit nachweisen, so fällt die gegen jenen
gerichtete Verfolgung fort. Kann oder will er dagegen diesen Nachweis nicht führen, so trifft ihn die Strafe des
Thäters auch ohne den Nachweis der eignen Verschuldung. Dieses System hatte in der frühern deutschen Preßgesetzgebung,
insbesondere in der preußischen Verordnung vom sowie in Baden, Württemberg etc., ebenfalls Anwendung gefunden.
Dasselbe erscheint jedoch verwerflich, weil es eine Strafe eintreten läßt, ohne daß der Beweis der Schuld erbracht
ist. Das deutsche Preßgesetz hat deshalb nach dem Vorgang des preußischen Preßgesetzes dieses System der stufenweisen Verantwortlichkeit
verlassen. Nur der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift wird nach § 20 des Reichspreßgesetzes auch
ohne den besondern Beweis seiner Schuld als Thäter bestraft, sofern nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner Thäterschaft
ausgeschlossen wird.
Eine Umgehung des Gesetzes kann freilich insofern bewirkt werden, als nicht der wirkliche Redakteur, sondern ein Strohmann (Sitzredakteur)
auf den Druckexemplaren als verantwortlicher Redakteur bezeichnet wird. Um solchem Mißbrauch einigermaßen zu begegnen, bedroht
§ 18 des Preßgesetzes den Verleger einer periodischen Druckschrift mit Geldbuße bis zu 1000 Mk. oder
Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten, wenn er wesentlich geschehen läßt, daß auf der Druckschrift eine Person fälschlich
als Redakteur bezeichnet wird.
Dem Verleger, dem Drucker und dem gewerbsmäßigen Verbreiter und in erster Linie dem verantwortlichen Redakteur, welcher die
Vermutung der wissentlichen Veröffentlichung widerlegt hat, gegenüber stellt das Reichspreßgesetz (§
21) die Vermutung einer fahrlässigen Handlungsweise in Bezug auf die Veröffentlichung des strafbaren Inhalts auf und bedroht
dieselben, falls sie nicht als Thäter oder Teilnehmer nach den allgemeinen Strafgesetzen zu bestrafen sind, mit einer außerordentlichen
Strafe bis zu 1000 Mk. oder mit Haft oder Festungshaft oder Gefängnis bis zu einem Jahr.
Von dieser außerordentlichen Strafe kann der Angeschuldigte sich befreien, wenn er die Anwendung pflichtmäßiger Sorgfalt
oder Umstände nachweist, welche diese Anwendung unmöglich gemacht haben. Die Bestrafung bleibt ferner auch dann ausgeschlossen,
wenn er den Verfasser oder einen der in der Reihenfolge des § 21 vor ihm Benannten im Bereich der deutschen
Gerichtsbarkeit nachweist. Für diese außerordentliche Bestrafung ist also das System der stufenweisen Verantwortlichkeit
in der Weise angenommen, daß neben dem Thäter des Preßdelikts nur eine der mitwirkenden Personen (Redakteur, Verleger, Drucker
u. Verbreiter) und nur in der angegebenen Reihenfolge belangt werden kann.
Mit der Bestrafung des Thäters verbindet sich nach § 40 des Strafgesetzbuchs die Vernichtung der noch
nicht in den Privatgebrauch übergegangenen Exemplare der strafbaren Druckschrift, wobei zugleich die zur Herstellung bestimmten
Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Eine vorläufige Beschlagnahme kann sowohl durch das für die Untersuchung zuständige
Gericht als auch durch die Polizeibehörden verfügt werden. Die Beschlagnahme von Druckschriften ohne
richterliche Anordnung findet jedoch nur statt bei gewissen Übertretungen des Preßgesetzes (§ 6, 7, 14 und 15), sowie wenn
der Inhalt der Druckschrift den Thatbestand einer der in den § 85, 95, 111, 130 und 184 des Strafgesetzbuchs mit Strafe bedrohten
Handlungen begründet.
Die Bestätigung der vorläufigen Beschlagnahme muß von der Staatsanwaltschaft binnen 24 Stunden bei dem
zuständigen Gericht beantragt und von dem Gericht binnen fernern 24 Stunden erlassen werden. Die Beschlagnahme tritt außer
Kraft, wenn nicht binnen fünf Tagen der bestätigende Gerichtsbeschluß der anordnenden Behörde zugegangen ist. Eine Beschwerde
gegen die Freigebung findet nicht statt. Die Beschlagnahme muß ferner wieder aufgehoben werden, wenn
nicht binnen zwei Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist.
Die Verjährung der Strafverfolgung wegen derjenigen Verbrechen und Vergehen, welche durch die Verbreitung von Druckschriften
strafbaren Inhalts begangen werden, sowie der im Preßgesetz mit Strafe bedrohten Vergehen gegen die Ordnung
der Presse tritt nach § 22 binnen sechs Monaten ein, welche von dem Tag der ersten Verbreitung gerechnet werden (wogegen die Strafverfolgung
wegen der Verbreitung des Nachdrucks nach § 34 des Gesetzes über das Urheberrecht vom binnen drei Jahren vom Tag
der letzten Verbreitung verjährt).
Die Kompetenz der Schwurgerichte ist auf die mit höhern Strafen bedrohten Verbrechen beschränkt. Die 1848 von der Nationalversammlung
in Frankfurt beschlossenen Grundrechte enthielten dagegen den Satz, daß über alle Preßvergehen, welche von Amts wegen verfolgt
werden, die Schwurgerichte entscheiden sollen. Auch bei der zweiten Lesung des Preßgesetzes und der deutschen
Strafprozeßordnung wurde ein gleich lautender Beschluß vom Reichstag gefaßt. Derselbe scheiterte jedoch an dem Widerspruch
der Regierungen, welche nur so viel zugestanden, daß in dem Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz, § 6, die Beibehaltung
der Kompetenz der Schwurgerichte für Preßvergehen in denjenigen Ländern (Bayern, Württemberg, Baden und Oldenburg), wo
dieselbe durch die Landesgesetzgebung begründet ist, ausgesprochen wurde.
Jene Forderung ist seitdem oft, aber ohne Erfolg wiederholt worden. Auch die Beseitigung des Zeugniszwanges ist nicht gelungen.
Zu gunsten des Redakteurs, des Verlegers, des Druckers und des Hilfspersonals der Presse wollte nämlich der Reichstag seiner Zeit
eine Ausnahme von der allgemeinen Zeugnispflicht für solche Untersuchungen einführen, in welchen der
Redakteur einer periodischen Druckschrift wegen einer darin abgedruckten Zuschrift strafrechtlich verfolgt werden könnte.
Dies scheiterte jedoch ebenfalls an dem Widerspruch der Bundesregierungen. Wahrheitsgetreue Berichte über
mehr
die Verhandlungen eines Landtags oder einer Kammer eines zum Deutschen Reiche gehörigen Staats und insbesondere über Verhandlungen
in den öffentlichen Sitzungen des Reichstags bleiben übrigens von jeder Verantwortlichkeit frei.
In Österreich ist die Preßfreiheit im Art. 13 des Staatsgrundgesetzes vom über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger
gewährleistet. Doch sind das Kautionswesen, der Zeitungs- und Kalenderstempel und die Möglichkeit der
administrativen Entziehung der Befugnis zum selbständigen Betrieb des Preßgewerbes (§ 3 des Preßgesetzes vom
beibehalten. Die vorläufige Beschlagnahme von Druckschriften, welche gegen die Vorschriften des Preßgesetzes ausgegeben oder
verbreitet werden, oder welche ihres Inhalts wegen im öffentlichen Interesse zu verfolgen sind, kann von der
Sicherheitsbehörde unmittelbar oder auf Veranlassung des Staatsanwalts erfolgen.
Letzterer hat alsdann binnen 3 Tagen bei dem zuständigen Gericht um die Bestätigung der Beschlagnahme nachzusuchen, und das
Gericht hat binnen weitern 3 Tagen die Bestätigung oder die Aufhebung der Beschlagnahme auszusprechen. Innerhalb 8 Tagen
nach erfolgter Bestätigung hat der Staatsanwalt entweder den Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung zu stellen, oder keine
Anklageschrift zu überreichen, oder aber das sogen. objektive Verfahren einzuleiten. Letzteres ist eine Eigentümlichkeit
des österreichischen Rechts.
Der Staatsanwalt kann nämlich bei Preßdelikten die Anklage nicht gegen eine bestimmte Person als den Thäter
richten, sondern er kann von dem Gericht nur den Ausspruch begehren, daß der Inhalt einer Druckschrift eine strafbare Handlung
begründe, und daß daher jene Druckschrift nicht weiter verbreitet werden dürfe. Der hierbei Beteiligte, welcher sich durch
eine dem entsprechende Entscheidung verletzt fühlt, hat jedoch das Recht des Einspruchs gegen ein solches
Erkenntnis. Wahrheitsgetreue Mitteilungen öffentlicher Verhandlungen des Reichsrats und der Landtage können nicht den Gegenstand
strafrechtlicher Verfolgung bilden.
In Frankreich ist ein sehr freisinniges Preßgesetz erlassen, welches namentlich die wichtige Bestimmung enthält,
daß der Gerant (verantwortliche Redakteur) einer Zeitung neben dem Verfasser in strafrechtlicher Hinsicht haftbar
ist, während Drucker und Verbreiter nur wegen Handlungen, die mit ihrem Gewerbe nicht in Verbindung stehen, in Anspruch genommen
werden können. Die Preßdelikte, ausgenommen die Beleidigung und Verleumdung von Privatpersonen durch die Presse, gehören vor
die Schwurgerichte. Eine Ergänzung, betreffend Verteilung von unsittlichen Schriften, Bildern u. dgl., hat das franz.
Preßgesetz durch ein späteres Gesetz vom erfahren. In der Schweiz ist die Preßfreiheit durch die Verfassung vom (Art.
55) gewährleistet. Auch in der Schweiz und ebenso in Italien (Gesetze vom und gehören die Preßvergehen
vor die Schwurgerichte. In Spanien dagegen (Preßgesetz vom bestehen für Preßdelikte besondere
Gerichtshöfe. In Holland ist volle Preßfreiheit gewährleistet, indem dort ebenso wie in den Vereinigten Staaten von Nordamerika
Preßvergehen lediglich nach den allgemeinen Strafnormen zu beurteilen sind.
Nur gegen die Verbreitung unsittlicher Schriften besteht in Nordamerika eine Akte vom
Vgl. die
Kommentare zum deutschen Preßgesetz von Schwarze (2. Aufl., Erlang. 1885), Marquardsen (Berl. 1875), Koller
(Nördling. 1888);
ferner Jaques, Grundlagen der Preßgesetzgebung (Leipz. 1874);
Berner, Lehrbuch des deutschen Preßrechts (das. 1875);
Liszt,
Österreichisches Preßrecht (das. 1878);
Derselbe, Das deutsche Reichspreßrecht (Berl. 1880);
Honigmann, Die Verantwortlichkeit
des Redakteurs (Bresl. 1885);
Schuermans, Code de la presse (2. Aufl., Brüssel 1882, 2 Bde.);
Barbier, Code
explique de la presse (Par. 1887, 2 Bde.);
Duboc, Geschichte der englischen Presse (Hannov. 1873);
Paterson, Liberty of the press (Lond. 1880);
Ghirelli, Comento alla legge
di stampa (2. Aufl., Neap. 1883).