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Innern ist hervorzuheben das königliche Mausoleum von weißem Marmor, ein schönes Werk reinen Renaissancestils, welches Rudolf II. 1589 durch Alexander Colins von Mecheln [* 2] ausführen ließ, mit den ruhenden Gestalten Ferdinands I., seiner Gemahlin Anna und Maximilians II. Außerdem enthält der Dom das 1736 vollendete silberne Grabdenkmal des heil. Johann von Nepomuk (über 2000 kg schwer), mehrere andre Grabdenkmäler böhmischer Herzöge, Könige und Bischöfe, wertvolle Holzschnitzereien, neue Wandmalereien von Swerts sowie die Domschatzkammer und die Kammer, worin die böhmischen Krönungsinsignien bewahrt werden.
Dem Alter nach geht dem Dom die gleichfalls auf dem Hradschin befindliche Georgskirche voran, eins der wenigen romanischen Baudenkmäler Prags (1150 erbaut, nach einem Brand 1541 großenteils neu hergestellt), mit der Ludmillakapelle, welche das Grabdenkmal der heil. Ludmilla, aus dem 15. Jahrh., enthält. Nächst dem Dom ist der wichtigste gotische Kirchenbau aus Karls IV. Zeit die 1377 vollendete achteckige Kirche des Karlshofs in der Neustadt, [* 3] mit kühn gewölbter Kuppel, das Innere jedoch in geschmackloser Weise bemalt und mit Goldbronze bedeckt.
Ein stattlicher gotischer Bau ist die gleichfalls in der obern Neustadt gelegene Kirche des Stifts Emaus (1372 unter Karl IV. vollendet). Aus derselben Zeit stammt die Kirche Mariä Verkündigung in Slup, ein kleines Kabinettsstück der Gotik, mit zierlichem Turm, [* 4] gegenwärtig zur Irrenanstalt gehörend. Einschiffige Kirchenbauten derselben Zeit sind die hohe Franziskanerkirche Maria-Schnee, von Karl IV. 1347 gegründet, und St. Apollinar auf dem Windberg. In den Anfang des 15. Jahrh. fällt der Bau der Teynkirche, welche die Prager Kaufmannschaft aufführen ließ.
Sie ist zwar durch Anbauten verstellt, blickt aber über dieselben malerisch auf den Altstädter Ring herab, hat zwei stattliche Türme, ein schönes nördliches Seitenportal, im Innern die Marmorstatuen der Slawenapostel Cyrill und Method (von Emanuel Max), das Grabmal Tycho Brahes und mehrere Kunstwerke. Am Frontgiebel prangten ehemals der utraquistische Kelch und darunter die Statue Georgs von Podiebrad, doch wurde beides unter Ferdinand II. durch ein kolossales Marienbild ersetzt.
Interessante Kirchen sind außerdem: die Stephanskirche in der Neustadt, historisch als Ausgangsstätte des Hussitenkriegs denkwürdig, von einfacher Basilikenanlage;
die im Barockstil vom Jesuitenorden erbaute Nikolaikirche auf der Kleinseite, mit mächtiger Kuppel, im Innern mit Marmor, Gold, [* 5] bunten Fresken und Statuen prunkhaft überladen;
die Klemenskirche und die sogen. Welsche Kapelle, welche 1602 von den Jesuiten in dem an die Salvatorkirche angebauten Collegium Clementinum vereinigt wurden, das somit drei Kirchen enthält;
dann die Ignatiuskirche mit reichen Stukkaturen und Fresken, anstoßend an das ungeheure ehemalige Ordenshaus der Jesuiten am Karlsplatz;
die Thomaskirche auf der Kleinseite (Hochaltarbild von Rubens);
St. Johann in Skalka;
die Altstädter Nikolaikirche (jetzt dem russischen Kultus eingeräumt) mit polygoner Hochkuppel;
die langschiffige Jakobskirche;
dann die Kuppelkirche der Kreuzherren auf dem Altstädter Brückenplatz und die Prämonstratenserstiftskirche von Strahow am Hradschin mit reichem Barockornament und den Grabmälern des heil. Norbert, des Ordensstifters, und Pappenheims, letztere vier zu den bessern Rokokobauten gehörend.
Die alte, im 18. Jahrh. umgebaute Peters- und Paulskirche in Wyschehrad wird gegenwärtig im gotischen Stil wiederhergestellt. Die bemerkenswertesten Klöster sind: das 1140 gegründete, am Hradschin malerisch gelegene Prämonstratenserstift Strahow mit Kirche, prächtigem Bibliotheksaal, Gemäldegalerie, großem Garten [* 6] etc.;
das gleichfalls am Hradschin gelegene Kapuzinerkloster mit einer Nachahmung der Santa Casa zu Loreto im Klosterhof, welche reiche Schätze enthält, und einer Klosterkirche mit Glockenspiel;
außerdem der Konvent des Malteserordens auf der Kleinseite, das Kreuzherrenordensstift und das Minoritenkloster St. Jakob (mit gotischem Kreuzgang) in der Altstadt, das Kloster Emaus in der Neustadt u. a.
[Profanbanten.]
Unter den weltlichen Gebäuden nimmt den ersten Rang ein die Hofburg, teilweise aus alter Zeit, aber mehrmals (zuletzt unter Maria Theresia) umgebaut und aus zahlreichen regellos aneinander gereihten Gebäuden zusammengesetzt. Den Charakter des alten Burgbaues tragen nur noch der kleine, stark vorspringende Flügel mit der alten Ratsstube, aus deren Fenstern Slawata, Martinitz und deren Sekretär [* 7] Fabricius in den Wallgraben hinabgeworfen wurden, und der Trakt des Wladislawschen Saals, eines hohen Rittersaals, mit reich verschlungenem Netzgewölbe.
Alles andre ist im italienischen Stil umgebaut. Der Portalbau an der Westfronte wurde 1614 von Scamozzi vollendet und enthält eine schön angelegte Haupttreppe. Die Burg schließt einen äußern, mit einem Gitter eingefaßten Platz, dann drei große innere Höfe ein, enthält eine Hofkapelle, 440 Zimmer und außer den schon erwähnten historischen Sälen zwei große, restaurierte Säle, nämlich den deutschen und den spanischen Saal. In dem Burghof, gegenüber der Domkirche, ist die 1373 gegossene eherne Reiterstatue St. Georgs aufgestellt, ein Kunstwerk der Brüder Clussenberg in Nürnberg. [* 8] So wie die Burg datiert auch das am Altstädter Ringe gelegene Rathaus aus verschiedenen Bauperioden.
Dasselbe enthält eine 1381 geweihte, neuerdings restaurierte Kapelle, welche nach außen ein stark vorspringendes Chor von schönen Verhältnissen und rein stilisierter Ornamentik besitzt. Übergangsformen von der Gotik zur Renaissance zeigt die alte, im J. 1884 restaurierte Ratsstube. Bemerkenswert sind ferner die alte Gerichtsstube, der 1884 vollendete große Festsaal und der Primatorensaal. Der Altstädter Rathausturm stammt von 1475. Ein dem eben genannten sowie dem Altstädter Brückenturm sehr verwandter Bau ist der schöne, am Ende der Zeltnergasse stehende sogen. Pulverturm, eigentlich ein Thorturm zwischen der Alt- und Neustadt (1475 erbaut, 1886 restauriert).
Von den ältern Baudenkmälern ist noch das alte Universitätsgebäude (Carolinum) in der Altstadt mit großer Aula und gotischer Erkerkapelle, dann die weitläufige, 1360 angelegte krenelierte Mauer (angeblich während einer Hungersnot von Karl IV. gebaut, um den Armen Erwerb zu schaffen, daher Hungermauer genannt) zu nennen, die, von einigen kastellartigen Türmen unterbrochen, sich über die Höhe des Laurentiusbergs malerisch hinzieht. Ein Muster edelster Renaissance bildet das zierliche, unter Ferdinand I. 1538 erbaute Ferdinandeische Lustschloß oder Belvedere in dem Garten der Kaiserburg, im stattlichen Saal 1850-56 mit Fresken aus der böhmischen Landesgeschichte versehen. Drei interessante, auch durch ihre räumliche Ausdehnung [* 9] bemerkenswerte Paläste sind: das Czerninsche Palais am Hradschin (zweite Hälfte des 17. Jahrh.), ein ungeheurer Bau (gegenwärtig als Kaserne dienend);
das Waldsteinsche Palais von 1623 auf der Kleinseite, eine ausgedehnte Palastanlage mit Nebengebäuden, ¶
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Gärten etc., die Residenz des Friedländers, im Garten eine heitere, prächtige Loggia, im Innern einen großen Festsaal enthaltend, mit Fresken u. Stuckornamenten an der Decke [* 11] und großem welschen Kamin von der ursprünglichen Ausstattung des Saals und neuer Marmorverkleidung; endlich das hoch ragende fürstlich Schwarzenbergsche Majoratshaus am Hradschin, im altflorentinischen Stil, mit Sgraffitobemalung. An die von den Jesuiten in Prag [* 12] mit außerordentlichem Eifer und großen Mitteln betriebene Bauthätigkeit mahnen: das gewaltige Clementinum mit den drei oben erwähnten Kirchen (jetzt eins der Universitätsgebäude, in dessen Hof [* 13] sich seit 1868 das von Joseph Max ausgeführt Denkmal des Prager Studenten in der Kriegstracht des Dreißigjährigen Kriegs erhebt);
ferner das ebenfalls schon genannte ungeheure ehemalige Ordenshaus am Karlsplatz (jetzt Militärhospital) mit der Ignatiuskirche;
das sich an die Nikolauskirche anschließende sogen. Landhaus (ehemaliges Profeßhaus, jetzt Sitz des Oberlandesgerichts) auf der Kleinseite u. a. Die Paläste der böhmischen Adelsgeschlechter aus dem 17. und 18. Jahrh. zeigen meist einen gemäßigten, edlen und imposanten Stil.
Dahin gehören: die Paläste Morzin und Thun in der Kleinseitener Spornergasse, der Palast Toscana am Hradschin, Nostitz am Kleinseitener Malteserplatz, Lobkowitz am Fuß des Laurentiusbergs, Nostitz am Graben, Kinsky am Altstädter Ring, der erzbischöfliche Palast, dann als Perle der Prager Paläste der Palast Clam-Gallas von Fischer von Erlach u. a. Nennenswerte Gebäude aus neuerer Zeit sind: das frühere Gebäude des Museums, das Neustädter Rathaus (jetzt Strafgerichtsgebäude) mit altem Turm, das Hauptzollamt (ehemals Kloster und Kirche des Hibernerordens), das Generalkommando, die Statthalterei, das Landtagsgebäude, das Gendarmeriekommando- und das Landesgerichtsgebäude, das deutsche Landestheater, das allgemeine Krankenhaus, [* 14] das Provinzialstrafhaus, welches gegenwärtig aufgelassen und in einen nach dem Pavillonsystem angelegten Neubau in dem nahen Pankraz verlegt wird, das Gebäude der Irrenanstalt mit der Katharinenkirche u. a. Aus jüngster Zeit stammen und zwar in der Altstadt: das Altstädter Wasserwerk (mit altem Turm), das gräflich Lazanskysche Palais, die Gebäude der böhmischen Sparkasse und der Polizeidirektion, das für Kunstzwecke erbaute, 1884 vollendete Rudolfinum am Kai und mehrere Schulgebäude;
in der Neustadt: das tschechische Landestheater (1881 vollendet, in demselben Jahr durch Brand zerstört, im Wiederaufbau 1883 vollendet), ein schöner Bau im Renaissancestil, im Innern elektrisch beleuchtet, mit Raum für 2200 Personen, das neue Saalgebäude auf der Sophieninsel, das Gebäude der tschechischen technischen Hochschule am Karlsplatz, die Landesgebäranstalt, die neuen anatomischen und chemischen Universitätsinstitute, der Neubau des böhmischen Landesmuseums am Wenzelsplatz, das neue (zweite) deutsche Theater in [* 15] der Nähe des Stadtparks, das deutsche Kasino am Graben, das Gebäude der Postdirektion etc. Größere Projekte sind: der Bau eines Zentralschlachthauses und eines Moldauhafens in Holleschowitz, die Anlage einer Trinkwasserleitung, der Neubau der Josephstadt, die Regulierung der Moldau.
Die öffentliche Beleuchtung [* 16] der Stadt geschieht durch zwei städtische Gasanstalten.
[Bevölkerung, Industrie und Handel.]
Die Bevölkerung von Prag im jetzigen Umfang belief sich 1880 auf 170,521 Seelen, wozu noch die Garnison mit 6505 Mann kommt. Mit Einschluß der vier Vorstädte Karolinenthal, Zizkow, Weinberge und Smichow dagegen zählte Prag samt Garnison 255,303 und mit Einbeziehung der oben aufgeführten Vororte 293,822 Einw. Der Religion nach waren von der Zivilbevölkerung der eigentlichen Stadt 88 Proz. Katholiken, 2 Proz. Protestanten und 10 Proz. Juden. Der Umgangssprache nach wurden 1880 über 81 Proz. Tschechen und mehr als 18 Proz. Deutsche [* 17] gezählt. In gewerblicher und kommerzieller Beziehung ist Prag gleichfalls die wichtigste Stadt Böhmens.
Doch hat sich infolge der örtlichen Verhältnisse der Stadt die Großindustrie überwiegend in den vier Vorstädten und in mehreren der Vororte angesiedelt, mit denen Prag ein großartiges Industriezentrum bildet. Insbesondere bestanden 1885 in Prag und den Vororten hervorragende Fabriketablissements für folgende Industriezweige: Fabrikation von Motoren aller Art, von Werkzeug- und Nähmaschinen, [* 18] Löschrequisiten, Maschinen, Eisengußwaren, Waggonbau (großes Etablissement in Smichow), Fabrikation von Zement- und Asphaltwaren (6), Thon- und Schamottewaren (3), Porzellan (2), Dampfbrettsägen (3), Parkett- und Möbelfabriken (4), Fabrikation von Gummi- und Guttaperchawaren (2), Lederfabriken (8), Baumwollspinnereien und -Webereien (2), Kattundruckereien (4), Hutfabriken (2), Wäscheerzeugung (33), Papierfabriken (2), Tapetenfabriken (2). Sehr entwickelt ist ferner die Mühlenindustrie (45), Bierbrauerei [* 19] (38), Schokolade- und Kanditenfabrikation (7); außerdem gibt es Rollgerste- und Malzfabriken (4), Spiritus [* 20] und Pottaschefabriken (3), zahlreiche Likörfabriken (50) u. a. Schwunghaft ist auch die chemische Industrie, insbesondere gibt es Fabriken chemischer Produkte überhaupt (6), Stärkefabriken (3), Fabriken für Albumin (2), Farben (8), eine großartige Zündhütchen- und Patronenfabrik (in Zizkow), Fabriken für Kerzen, Seifen und Parfümerien (3), ätherische Öle [* 21] und Essenzen (6). Neben der Großindustrie hat sich auch das Kleingewerbe zu erhalten gewußt; besondere Erwähnung verdienen die Gold-, Silber-, und Juwelenarbeiter (146 Unternehmer), die Wagenbauer (25), die Ateliers für Instrumente und Apparate aller Art (90), das blühende Handschuhmachergewerbe (116), welches meist für den Export arbeitet, das Baugewerbe etc. Das Kunstgewerbe ist unter anderm durch 24 Buch- und 57 Steindruckereien, 3 Metall- und 3 Kupferdruckereien vertreten.
Als Knotenpunkt eines reichverzweigten Eisenbahnnetzes ist Prag der Hauptsitz des böhmischen Handels. Außer der nördlichen Linie der Österreichisch-Ungarischen Staatseisenbahn (Wien-Prag-Bodenbach) nehmen von hier ihren Ausgangspunkt: die Österreichische Nordwestbahn mit der Anschlußlinie nach Lissa, [* 22] die Staatsbahnlinie Prag-Wien (Franz Josephsbahn), die Buschtiehrader Bahn, die Böhmische Nordbahn, die Böhmische Westbahn, die Prag-Duxer Bahn und die Prag-Modrzaner Lokalbahn.
Geld- und Kreditinstitute sind: die Börse, welche in Bezug auf das Warengeschäft, namentlich in Zucker, [* 23] von Bedeutung ist, die Böhmische Sparkasse (mit einem Einlagenstand von 100 Mill. Gulden), die Städtische Sparkasse, 10 Vorschußkassen, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, die Hypothekenbank des Königreichs Böhmen [* 24] (87 Mill. Guld. Kapital), die Landwirtschaftliche Kreditbank, 4 andre Bankinstitute, schließlich (ungerechnet die Filialen andrer auswärtige Institute) 8 Versicherungsanstalten. Verkehrsmittel bilden für den Lokalverkehr die Pferdebahn (18 km Länge), 6 Dampfboote der Prager Moldau-Dampfschiffahrtsgesellschaft für den Personenverkehr oberhalb Prag, ein ¶