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Fort Winiary bildet gleichsam die
Citadelle; auf dem rechten
Ufer liegt die sogen. Dombefestigung. Posen
[* 2] hat meist schöne breite
Straßen, worunter die mit einer Kastanienallee bepflanzte Wilhelmsstraße mit dem Raczynskischen
Brunnen,
[* 3] die große Gerberstraße,
Friedrichsstraße,
Neue
Straße, Mühlenstraße,
Berliner
[* 4]
Straße, Bismarckstraße, die
Große und
Kleine Ritterstraße u. a. die
ansehnlichsten sind. Unter den vielen
Plätzen sind hervorzuheben: der
Alte
Markt, der Wilhelmsplatz mit
dem vom 5.
Armeekorps seinen im österreichischen
Kriege
Gefallenen errichteten Löwendenkmal (1870 enthüllt), der Sapiehaplatz,
der Königsplatz, der Kanonenplatz.
Von den 15 katholischen und 5 evang.
Kirchen Posens
verdienen Erwähnung: der 1775 in gotischem
Stil erbaute katholische
Dom
auf der Dominsel der Vorstadt Wallischei, mit zahlreichen Grabmonumenten und der sogen. goldenen
Kapelle, welche 1842
Graf
Raczynski in byzantinischem
Stil errichten und mit vielen Kostbarkeiten und Kunstwerken, namentlich
mit den vergoldeten Erzstandbildern der ersten polnischen
Könige,
Mieczyslaw und
Boleslaw (von
Rauch), ausstatten ließ; ferner
die katholische Stadtpfarrkirche, ehemals den
Jesuiten gehörig, ein Meisterwerk der italienischen
Baukunst;
[* 5] die alte Marienkirche (1859 restauriert), die evangelische Petrikirche (von 1841) und die evangelische Paulikirche (1867
eingeweiht).
Die griechischen Christen haben einen Betsaal, die Juden mehrere Synagogen. Die bemerkenswertesten Gebäude sind: das Rathaus (seit 1508 in slawisch-romanischem Stil erbaut) mit einem ansehnlichen Turm [* 6] (von 1730) und einem an alten Urkunden reichen Archiv;
ferner der prächtige, an der Fassade mit 24 korinthischen Säulen [* 7] aus Gußeisen gezierte Palast, welchen mit der darin befindlichen Bibliothek von 30,000 Bänden der frühere Besitzer, Graf Raczynski, 1832 der Stadt schenkte;
das Dzialynskische Palais mit reicher Sammlung polnischer Urkunden, der erzbischöfliche Palast, der Bazar, die Kavalleriekaserne, das Militärlazarettgebäude, das von dem Stadtrat Berger seiner Vaterstadt gestiftete monumentale Realschulgebäude, das Polizeipräsidium, die Post, der Justizpalast;
das Stadttheater, das polnische Theater, [* 8] das Diakonissenhaus und (vor der Stadt) die prächtigen, 1874 vollendeten Gebäude des 1875 aufgehobenen Klosters der Damen vom Herzen Jesu, welches jetzt zu einem Hospital eingerichtet ist.
Die Stadt hat doppelte Wasserleitung. [* 9] Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (1 Grenadierreg. Nr. 6, 1 Infanteriereg. Nr. 46, 2 Infanteriebat. Nr. 47, 1 Husarenreg. Nr. 2, 1 Feldartilleriereg. Nr. 20, 1 Fußartilleriereg. Nr. 5 und 1 Trainbat. Nr. 5) auf 68,315 Seelen, darunter 23,498 Evangelische, 37,960 Katholiken und 6719 Juden, der Nationalität nach etwa zur Hälfte Polen, im übrigen Deutsche. [* 10] Unter den Industrieanlagen nehmen diejenigen, welche sich mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse befassen, ein hervorragenden Platz ein.
Besonders bedeutend sind die Müllerei, die Spiritus- und Likörfabrikation, Bierbrauerei [* 11] etc. Sonst sind von Bedeutung: die Fabrikation künstlicher Dungmittel und landwirtschaftliche Maschinen, von Dachpappe, Möbeln, Watte, Tabak [* 12] und Zigarren, Leder, Gold- und Silberwaren, Schokolade, Konserven, Billards, Wagen etc. Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Börse, eine Handelskammer, eine Reichsbankhauptstelle, eine Provinzialaktienbank und eine Landschaftsbank, beschäftigt sich vorzugsweise mit dem Vertrieb der landwirtschaftlichen Produkte, namentlich von Getreide, [* 13] Kartoffeln, Futterstoffen, Vieh; ferner von Spiritus, [* 14] der hier börsenmäßig gehandelt wird, landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, Wolle etc. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn.
Neben dem Vertrieb auf der
Eisenbahn kommt hier auch noch der auf der Wasserstraße, auf der
Warthe, in Betracht. An Bildungsanstalten
etc. hat Posen
2 Gymnasien, ein
Realgymnasium, ein
Priester-, ein israelitisches
Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar,
eine
Taubstummenanstalt, eine Hebammenlehranstalt, 2
Theater, ein
Museum für die
Altertümer der
Provinz eine
Historische
Gesellschaft für
die
Provinz Posen
etc. In Posen
erscheinen 11 deutsche und 21 polnische
Zeitungen und
Zeitschriften. An öffentlichen Anstalten
befinden sich dort: eine Diakonissenkrankenanstalt, ein
Krankenhaus
[* 15] der
Grauen
Schwestern, ein städtisches
Krankenhaus, mehrere
Hospitäler und
Waisenhäuser, eine Kinderrettungsanstalt etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen
aus 13 Magistratsmitgliedern und 36
Stadtverordneten.
Sonst ist Posen
Sitz des
Oberpräsidenten der
Provinz Posen
und der übrigen Provinzialbehörden, einer königlichen
Regierung, eines
Erzbischofs mit Metropolitankapitel; eines Kollegiatstifts, einer
Provinzial-Steuerdirektion, einer
Oberpostdirektion,
eines Oberlandesgerichts und eines
Landgerichts, der Ansiedelungskommission für
Ost- und
Westpreußen,
[* 16] eines Staatsarchivs,
einer
Rentenbank etc., ferner: des
Generalkommandos des 5.
Armeekorps, des
Kommandos der 10.
Division, der 19. und 20.
Infanterie-,
der 10.
Kavallerie-, der 5.
Feldartillerie- und der 5. Gendarmeriebrigade, der 3. Festungsinspektion etc.
An Spaziergängen und Vergnügungsorten sind der
Eichwald (Luisenhain), der Viktoriapark, der
Schilling und zoologische
Garten
[* 17] zu nennen. Zum Landgerichtsbezirk Posen
gehören die neun
Amtsgericht zu
Obornik,
Pinne, Posen
,
Pudewitz,
Rogasen,
Samter,
Schrimm,
Schroda
und
Wreschen. - Posen
war eine der ältesten und bedeutendsten
Städte im ehemaligen polnischen
Reich und seit 968 Bischofsitz
(s. S. 268). Zeitweilige
Residenz der ersten
Könige, namentlich
Boleslaws I., des Begründers der polnischen Macht, mit welchem
der
Erzbischof Tagino von
Magdeburg
[* 18] im Auftrag des deutschen
Königs
Heinrich II. 1005 hier einen
Frieden schloß, im 12. und 13. Jahrh.
Residenz der
Herzöge von
Großpolen, erhielt Posen
1253 das
Magdeburger
Recht, stand als königliche Stadt direkt
unter dem König von
Polen und war bis 1733 auf dem polnischen
Reichstag durch Abgeordnete vertreten.
Während des 16. Jahrh., namentlich unter den letzten Jagellonen, blühte Posen empor, besonders im Handel und Gewerbe; die Einwohnerzahl stieg bis über 30,000. Im J. 1571 erfolgte die Einführung der Jesuiten in es kamen die religiösen Wirren, die nordischen Kriege, die Bürgerkriege und mit ihnen Verheerungen der Stadt durch Brand, Plünderung und Epidemien, so daß im 18. Jahrh., kurz vor der ersten Besitznahme durch Preußen, [* 19] die Einwohnerzahl bis gegen 10,000 gesunken war.
Unter preußischer Herrschaft, zuerst als die zweite Stadt der Provinz Südpreußen (1793-1806), dann als Hauptstadt der Provinz Posen seit 1816, ist Posen in stetem, nur durch die Beschränkungen als Festung [* 20] und durch die Ungunst der östlichen Grenzverkehrsverhältnisse etwas gehemmtem Wachstum begriffen. In Posen wurde der Friede zwischen Napoleon I. und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen [* 21] geschlossen.
Vgl. Lukaszewicz, Geschichtlich-statistische Beschreibung der Stadt Posen in ältern Zeiten (deutsch, 2. Aufl., Pos. 1881, 2 Bde.);
Öhlschläger, Kurzgefaßte Geschichte und Beschreibung der Stadt Posen (das. 1866). ¶
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Der Regierungsbezirk Posen (s. Karte »Provinz Posen«) umfaßt 17,509 qkm (318 QM.), zählt (1885) 1,106,959 Einw. (darunter 287,605 Evang., 786,170 Kath. u. 32,891 Juden) u. besteht aus den 28 Kreisen:
Kreise | QKilom. | QMeilen | Einwohner | Einw. auf 1 qkm |
---|---|---|---|---|
Adelnau | 470 | 8.53 | 32096 | 68 |
Birnbaum | 642 | 11.66 | 27252 | 42 |
Bomst | 1036 | 18.82 | 58165 | 56 |
Fraustadt. | 480 | 8.72 | 28933 | 60 |
Gostyn | 600 | 10.90 | 38000 | 63 |
Grätz | 415 | 7.54 | 31437 | 75 |
Jarotschin | 715 | 12.98 | 43548 | 61 |
Kempen | 457 | 8.29 | 32988 | 72 |
Koschmin | 458 | 8.31 | 29444 | 64 |
Kosten | 607 | 11.02 | 42116 | 69 |
Krotoschin | 496 | 9.01 | 42403 | 85 |
Lissa | 521 | 9.46 | 37945 | 73 |
Meseritz | 1153 | 20.94 | 49663 | 43 |
Neutomischel | 537 | 9.75 | 31964 | 59 |
Obornik | 1095 | 19.89 | 48092 | 44 |
Ostrowo | 422 | 7.66 | 31624 | 75 |
Pleschen | 480 | 8.72 | 31551 | 66 |
Posen (Stadt) | 9 | 0.16 | 68315 | - |
Posen-Ost | 458 | 8.31 | 37658 | 82 |
Posen-West | 635 | 11.53 | 34128 | 54 |
Rawitsch | 495 | 8.99 | 49227 | 99 |
Samter | 1092 | 19.83 | 53113 | 49 |
Schildberg | 520 | 9.44 | 31584 | 61 |
Schmiegel | 554 | 10.06 | 34022 | 61 |
Schrimm | 928 | 16.85 | 53508 | 58 |
Schroda | 1015 | 18.43 | 52939 | 52 |
Schwerin a. W. | 650 | 11.80 | 22632 | 35 |
Wreschen | 567 | 10.29 | 32612 | 58 |